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Leichen und der Verwundeten sind auf ein fürchterliches Zusammendrücken namentlich der Brust und des ganzen Oberkörpers zurückzuführen, während die unteren Gliedmaßen weniger verletzt sind. Sämtliche Verletzte außer den zum Zugpersonals gehörigen sind Passagiere 4. Klasse, es sind zumeist Marktleute aus der Gegend von Schlüchtern und Gelnhausen. Auf der Unglücksstätte sieht es noch immer trostlos aus. Die Trümmer von 10 Personen- und Güterwagen, sowie einer Lokomotive liegen teils noch auf dem linksseitigen Geleise, von Hanan aus gerechnet, teils zu beiden Seiten des Bahnkörpers umher. Die fürchterliche Gewalt des Zusammenstoßes der Züge ist an den gräulichen Verwüstungen des Betriebsmaterials deutlich zu erkennen. Das Geleise nach Bebra ist wieder frei, an der Freimachung des anderen Geleises wird mit aller Macht gearbeitet. Ein sehr großes Publikum strömt noch fortwährend zu der Unglücksstätte.
Hanau, 15. Nov. Telegraphisch Gutberlet, der mit die Hauptschuld an dem Eisenbahnunglück trägt, ist seit heute morgen verhaftet.
Hanau, 16. Nov. Gestern Abend hat sich hier ein zweiter Eisenbahnunfall ereignet. Der fahrplanmäßig 9 Uhr 4 Min. sm Ostbahnhof eintreffende gemischte Zug der Friedbergerbahn wurde kurz vor der Haltestelle in Folge falscher Weichenstellung auf einen links stehenden Güterzug der Hess- Ludwigsbahn übergeführt. Es erfolgte ein furchtbarer Zusammenstoß. Zwei Wagen des Güterzugs sind zertrümmert, ein dritter ist stark beschädigt. Von dem Friedberger Zug ist die Lokomotive stark beschädigt. Ein Kohlenwagen ist in einen leeren Personenwagen
I. und 2. Klasse ganz hineingerannt, ein Wagen 3. und 4. Klasse durch den Hinteren Druck eines schweren Güterwagens aus dem Geleise in die Höhe gehoben und die Böschung zur linken Seite hinabgestürzt. Beide sind total zertrümmert. Im Wagen 3. Klasse wurde ein Passagier, der beim Umfallen herausgekrochen ist, leicht kontusioniert, ebenso ein Schaffner und der Lokomotivführer. Alle übrigen Passagiere waren zuvor am Nvrdbahnhof ausgestiegen, sonst wäre wieder ein namenloses Unglück vorgekommen.
(Eine verhängnisvolle Ohrfeige.) In Scham merwitz bei Ralibor ließ sich neulich ein Steuerbeamter durch eine augenblickliche Erregung dazu Hinreißen, seiner Frau eine Ohrfeige zu geben. Diese unbesonnene Thar hat leider die schrecklichsten Folgen gehabt. Die Frau stürzte leblos zusammen und blieb trotz aller sofort angewandten Hilfsmittel tot.
Ein entietzliches Unglück suchte die Gesellschaft der Eisenwerke von Curville (Paul Jamiu u. Co.) heim. Der Lothr. Ztg. schreibt man darüber unterm
II. Nov.: Am Montag morgen gegen 3 Uhr zerplatzte ein senkrecht stehender, an vier Brennöfen angelehnter Kessel, woselbst 60 Arbeiter beschäftigt waren. Als die Arbeiter bemerkten, daß der Kessel Wasser verlor, benachrichtigten sie ihren Aufseher, sowie den Maschinenmeister, welcher sofort den Direktor hievon in Kenntnis setzte. Es wurde Befehl gegeben, anzuhallen und das Feuer zu löschen. Man war eben im Begriff, die Offen zu leeren, als eine furchtbare Explosion stattfand. Dies war das Signal zu einem großen Auflauf der Arbeiter und der Dorfbevölkerung. Der Kessel war gesprungen und wurde dessen Hauptteil 80 Meter weit in den Marne- Kanal geschleudert. Die Offen waren von Grund aus zertrümmert und Maschinenteile nach allen Seiten hin zerstreut. Als man mit der Hilfe begann, hob man 8 Tote, 7 Sterbende und 38 Verwundete, von welchen 6 schwer verletzt waren, im Ganzen 58 Personen auf, meistenteils Familienväter.
Oesterreich-Ungarn.
Sternberg in Mähren, 17. Nov. Gestern erfolgte eine Dynamit-Explosion im Bezirksgerichts- gebäude. Die Kamine sind eingestürzt, Thüren und Fenster wurden zerschmettert. Niemand wurde beschädigt. Man vermutet, daß es sich um den Versuch zur Befreiung eines Sozialisten handelte, den man im Sternberger Gefängnisse wähnte, während er seit Wochen in der Olmützer Frohnfeste sich befindet.
Frankreich.
Paris, 17. Nov. Der hiesige Times-Kor- respondent hatte angekündigt, Bismarck habe, um Frankreich nützlich zu sein, nicht allein die Beteiligung Deutschlands an der projektierten Weltausstellung im Jahre 1889 zugejagt, sondern bemühe sich auch,
andere Monarchien, namentlich Oesterreich und Rußland, dafür zu gewinnen. Diese Mitteilung wird von der Oppositionspresse gehörig ansgebeutet, um Ferry wiederholt als Schützling Bismarck's hinzustellen und dadurch eine patriotische Entrüstung hervorzurufen.
Paris, 14. Nov. In der heutigen Munici- palratssitzung constatirte der Seinepräfect: Die Zahl der Choleratodessälle erreichte Montag mit 98 ihren Höhepunkt, ging allmählig Dienstag auf 89, Mittwoch auf 86 und gestern auf 75 herab. Man dürfe annehmen, daß die energischen Maßregeln der Behörden wesentlich hiezu beigetragen.
Serbien.
Belgrad, 13. Nov. Die serbische Regierung hat bei Mauser in Oberndorf eine größere Anzahl von Repetiergewehren und Repetierkarabinern bestellt. Weiter Bestellungen sollen folgen.
Spanien.
Madrid, 18. Nov. Aus Beniopa (Provinz Valenzia) werden 9 Choleratodesfälle gemeldet.
Rußland.
In Kattowitz soll in nächster Zeit eine Konferenz jüdischer Notablen aus Rußland, Polen, Deutschland und Oesterreich zusammentreten, welche die jüdische Kolonisation Palästina's fördern soll. Der zu diesem Zwecke gesammelte Fonds soll bereits 200000 ffL übersteigen.
Fünflinge und zwar lauter Knaben brachte am 24. v. M. eine Frau in dem bosnischen Flecken Z a- widowic zur Welt. Alle fünf wurden lebend geboren, jedoch nur die ersten drei waren vollkommen ausgebildet und keiner hatte sich einer langen Lebensdauer zu erfreuen, da in Zeit von einer Viertelstunde alle fünf gestorben waren.
Handel L Verkehr.
Stuttgart, 17. Noa. (Laiidesproduktenbörsc.) Unser heutiges Geschäft war nicht von Belang; den Müllern fehlt cs an Wasser, weswegen ihr Bedarf an Rohmaterial beschränkt bleibt. Wir notieren her 100 Kilogr.: Weizen bayer. ^ 18.25 bis 18.50, russisch. Sax. 18—18.25, Kernen 18.25,
Gerste württ. 16.50—17, ungar. 18.75, Haber 12.80 bis 14.
Stuttgart, 17. Nov. (Hopsen.) Bei guter Zufuhr wurden bis abends 71 Ballen verkauft. Preise von 70—90 mit Trinkgeld, womit sich viele Produzenten nicht begnügten.
Stuttgart, 17. Nov. (Mehlborsc.) Au heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1595 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen (per Sack von 100 Kilo, Brutto für Netto, bei Abnahme größerer Posten): Nr. 0 -4c 30—31.50, Nr. 1 28- 29.50, Nr. 2 26 bis
27.50, Nr. 3 -4L 24—25.50, Nr. 4 19.50—21.50. In
ausländischen Mehlen wurden 300 Sack verkauft in verschiedenen Sorten und zu verschiedenen Preisen.
Ansbach, 15. Nov. (Ansbach-Gunzenhauscner Eisen- bahnanlehen.) Bei der heutigen 56 Serienziehung wurden nachstehende Scrien-Nummern gezogen: 74 96 154 168 220 498 502 615 656 760 877 883 911 1160 1209 1219 1354
1381 1559 1569 1613 1625 1677 1969 2059 2194 2219
2230 2237 2289 2335 2447 2454 2796 2907 3211 3340
3395 3495 3544 3583 3615 3681 3838 3888 3922 4311
4584 4699 4747 4754 4811.
Kothkäppchen.
Erzählung von C. Wald heim.
(Fortsetzung.)
„Das Mädchen hatte sich bei seiner Erscheinung halb aufgerichtet und sah in, die eine Hand auf das Moos gestützt, mit ihren großen seuchtbraunen Augen erstaunt an.
„Wer het Ihnen denn meinen Namen gesagt, ich kenne Sie doch gar nicht," forschte sie jetzt verwundert.
Der Fremde nannte seinen Namen, und fügte hinzu: „Man darf hier noch gar nicht lange bekannt sein, um vom Rothkäppchen zu hören; mir hat Ihr Herr Vater davon gesagt. Aber wozu sind denn die Beeren und das Moos bestimmt, die sie.da eben bereit legten, Rothkäppchen?" Er ließ sich auf der natürlichen Moosbank am Fuße einer alten Kiefer nieder.
„O, die setze ich hübsch in ein Körbchen nnd stelle es auf die Kommode, daß Herbert sich freut, wenn er heim kommt. Sie wissen doch, wer Herbert ist?" — Nun ja, er mag die Blumen so gern und wenn er sieht, daß ich die Stube für ihn ausgeschmückt habe, dann freut er sich und lächelt zufrieden; ich mag ihn so gern, wenn er lächelt und er thut es sonst so selten."
„Und dann küßt er sie und spricht, mein liebes Rothkäppchen, nicht wahr?"
Sie blickte ihn erstaunt an. „O nein," sagte sie dann errötend, „das thut er nicht, ich bin ja noch nicht — ich bin ja erst seine Braut."
„So, so," sagte der Fremde, auch seinerseits etwas erstaunt, „aber wollen Sie sich nicht hier neben mich setzen, Rothkäppchen, und die Blumen ein- setzen. Ich möchte, wenn Sie es mir erlauben wollten, ein wenig dabei zu helfen versuchen."
Sie nahm unbefangen neben ihm Platz und reichte ihm das Moos.
„Weißt Du auch, Rothkäppchen, wo ich hergekommen?" Und er erzählte ihr von seiner schönen Heimat am blauen Rhein, wo die Nixe auftaucht mit dem goldenen Haar, und wie sie die Unerfahrenen lockt mit ihrer süßen Stimme, bis sie im Strudel untergehen. Rothkäppchen schauerte es bis ins Herz hinein. Und dann sprach er von den alten Burgruinen mit. den zerfallenen Thürmen, in denen die Sage vieler Jahrhunderte haust und Rothkäppchen ward es still und feierlich zu Mut wie in der Kirche.
Er schwieg endlich und sie schwieg auch.
„Und warum blieben Sie nicht dort?" fragte sie nach einer langen Pause. „Es ist viel schöne dort, als hier."
„Meine Mutter ist gestorben, Rothkäppchen, und da war unser Haus zu still. Ich streife heimatslos durch die Welt und mag nicht eher wieder heim, bis ich ein liebendes Wesen gefunden, das mit mir zieht in unser einsames Haus. Aber Niemand liebt mich jetzt mehr, ich stehe so ganz allein in der Welt."
Er blickte düster vor sich hin. Unendliche Wehmut malte sich in seinen Zügen. Rothkäppchens Augen füllten sich mit Thränen.
„Ich denke nicht ganz," sagte sie leise.
„Meinst Du, Rothkäppchen; glaubst Du, daß mich noch Jemand lieb haben könnte?" fragte er hoffnungslos.
„O gewiß, gewiß," tröstete sie zuversichtlich.
„Und willst Du morgen wieder hierher kommen, Rothkäppchen?"
„Ich gehe alle Tage in den Wald; wenn Herbert nicht zu Hause ist, wird's mir auch zu leer bei uns."
„Sie rief das schon im Abgehen, in ihrer silberhellen Stimme zitterte kaum noch ein leiser Ton der augenblicklichen Rührung und doch war es ihr eigentümlich enge und schwer ums Herz, und das verging selbst nicht, als Herbert heimkam und sie nach allen Vorkommnissen des heutigen Tages fragte.
Sie erzählte ihm nichts von ihrer Begegnung mit dem Fremden. Warum nicht? Sie hatte nicht Lust, sie konnte es ja auch ein ander Mal ebenso gut thun.
IV.
Ein Gesellschaftsabend.
Ein Gesellschaftsabend in der Tucheler Haide, auf welchem die Honorationen der Gegend, die Förster mit ihren Familien, sich versammeln, und der schöne, der elegante, der vornehme Arthur Rhoden hatte zugesagt! Er, der in den aristokratischen Soireen der Residenz gesehen und gefeiert worden! Die Wahrheit zu gestehen, wunderte sie sich selbst ein wenig über seine Herablassung, indessen sagte er sich, daß alle Soireen der Residenz nicht eine Perle wie Rothkäppchen aufzuweisen hatten, und da er hoffen durste, sie zu treffen, hatte er sich entschlossen, Leonie in die Gesellschaft zu begleiten.
Sein Erscheinen erregte allgemeine Sensation. Auf dem Lande ist jeder Fremde eine äußerst interessante Person, und selbst wo die Bevölkerung so dünn ist, wie in der Haide hat sie ihre unsichtbare Telegraphenverbindung, durch die sie jede Neuigkeit mit Blitzesschnelle verbreitet.
_(Fortsetzung folgt.)_
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Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nazold. — Drult »>d Berlar der G. W. Zaifer'schen vuchhandlunz in Nar»ld.