schäfte schließt; 4) wer unter wissentlicher Benutzung des Leichtsinns oder der Unersahrenheit eines andern für oder mit demselben Zeitkaufgeschäste schließt.
Schweinfurt, 16. Sept. (Arbeiterkolonie.) Der hiesige „Zentralverein zur Unterstützung bedürftiger Durchreisender" ladet alle Männer, ohne Unterschied der Konfession oder politischen Richtung, des Standes und Berufes, zu einer am 30. September nachmittags stattftndenden Becsammlung ein, welche einen „Verein für Arbeiterkolonien in Bayern" konstituieren soll.
Auf der Brauerei-Ausstellung in München erhielt die Löwenvrauerei den ersten Preis.
Bon Leipzig wird gemeldet: Zwei Landwchrleutc, welche sich kürzlich bei einer Landwchrübung weigerlen, in einem Viehwagen zu fahren und sich dieserhalb telegraphisch an den Kaiser wendeten, sind zu je 8 Jahren Zuchthaus (?) verurteilt worden. Die Bestrafung eines dritten, des Rädelsführers, ist »och nicht erfolgt.
Eine große Anzahl von gefälschten Fünfzigmarkscheincu sind während der letzten Wochen in Chemnitz, Zwickau und anderen sächsischen Ortschaften angehalten worden, und die Frau eines sächsischen Handwerkers ist als die Verbreiterin dieser Falsifikate zur Haft gebracht worden, nachdem sie eingeräumt hatte, daß sie von dem ihr angeblich unbekannten Fälscher 15 Stück dieser Falsifikate für 300 gekauft hatte, obwohl ihr die Fälschung bekannt gewesen war. Diese Falsifikate bilden eine ausnehmend kunstfertige Nachahmung der erst seit wenigen Jahren kursierenden gefaserten Fünfzigmarkscheine und sind bei nicht besonderer Aufmerksamkeit von den echten Scheinen nicht zu unterscheiden. Bei besonderer Aufmerksamkeit aber sind die Falsifikate an folgenden unterscheidenden Merkmalen zu erkennen. Das starke mit einem Fascrstreifen versehene Papier der echten Scheine ist durch Aufeinanderkleben zweier Papierblättcr in der Weise nachgeahmt, daß ein Blatt gewöhnlichen Schreibpapiers an der betr. Stelle blau ausgetuscht, mit Fasern und Haaren bestreut und dann mit einem zweiten Blatt feinen Sei- denpavicrs überklebt ist. Diese beiden zusammengeklebtcn Blätter lösen sich durch Befeuchten mit lauwarmem Wasser von einander und die Fälschung kann daher durch Cintauchon einer Ecke des Scheins in lauwarmes Wasser leicht erkannt werden. Die Falsifikate sind ferner auf Druckplatten in Litographie her- gestellt, während bei den echten Scheinen die braune Zeichnung von gestochenen Kupferplattcn gedruckt und der rote Aufdruck in Buchdruck hcrgestellt ist.
Berlin, 14. Sept. Der römische Korrespondent der „Times" teilt mit, daß unter den vielen Beweisen der Teilnahme, die anläßlich der Heimsuchung Italiens durch die Cholera dem Könige Hum- bert zugehen, sich auch eine herzliche Botschaft vom deutschen Kaiser befindet, worin dieser die wärmste Bewunderung für das mutvolle Auftreten des Königs ausdrückt.
Berlin, 15. Sept. Das Ergebnis der letzten hiesigen Herbstprüfung für den einjährig-freiwilligen Dienst, bei welchem von 12 Prüflingen nur 2 bestanden, hat Aufsehen erregt. Es wird zugegeben, daß absichtlich nicht allzu milde verfahren werde, damit es jenen jungen Leuten, welche die Aneignung der erforderlichen Kenntnisse durch regelmäßigen Schulbesuch versäumt haben, nicht zu leicht gemacht werde.
Berlin, 16. Sept. Der „Kreuzzeitung" zufolge stunde die Gesellschaft für deutsche Colonisation im Begriff, eine umfassende Ländererwerbuug in Westafrika vorzunehmen. Die betreffende Expedition werde in den nächsten Tagen über Southampton an ihren Bestimmungsort abreisen.
Berlin, 16. Sept. Kaiser Wilhelm trifft hier morgen Abend ein und wird, entgegen sämtlichen Zeitungsangaben, hier übernachten und erst am Donnerslag nach Benrath Weiterreisen. — Der Zar wird demnächst den Besuch des Kaisers von Oesterreich erwidern.
Berlin, 18. Sept. Der Kaiser ist gestern abend 8 Uhr hier wieder angekommcn und reiste heute früh 7 Uhr nach Benrath (Monöverfeld) ab. Der Bundesrat hält heute eine Sitzung ab. Auf der Tagesordnung derselben steht nichts von einer Auflösung des Reichstags, sondern nur kleinere Nor- j lagen, darunter der Antrag Württembergs auf Zulassung privater Getreide Transitlager in Friedrichs- Hasen.
Im Vordergründe aller Tagesereignisse steht begreiflicherweise die Dreikaiserzusammenknnst. So viel steht fest, daß der 16. September dieses Jahres für die Entwicklung der großen europäischen Politik von nachhalliger Bedeutung sein wird. Die Zwecke der Entrevue mögen in noch so tiefes Dunkel gehüllt sein, darüber ist alle Welt einig, daß es sich in Skiernicwice nur um Friedenszwecke handeln wird. Auch in England bringt man, wie aus den Londoner Journalstimmcn zu entnehmen ist, der Monar- chen-Eutrevuc Vertrauen entgegen, wiewohl die Meinung die am meisten verbreitere gewesen, daß die festere Aneinanderschließung der Zennalmächte die
Isolierung Englands zur Kehrseite haben werde. Desto sicherer darf erwartet Werdens, daß England nichts, auch auf dem Gebiete der cgyptischen Frage, unternehmen werde, wodurch es in einen Gegensatz zu den anderen Mächten geraten könnte. Die Anregung zur Monarchenzusammenkunft scheint von dem Zaren ausgegangen zu sein, welchem u. a. besonders daran gelegen sein mochte, sich mit dem Kaiser von Oesterreich auf einen ebenso freundlichen Fuß zu stellen, wie mit dem Kaiser des deutschen Reichs, eine Absicht, welche in Wien offenbar mit Sympathie ausgenommen wurde. Eine solche Kordialität hat nicht eintreten können, ohne daß umfassende diplomatische Vecstäudigungsversuche vorhergegangen sind; auf diese sind ohne Zweifel die Konferenzen zwischen Giers und Bismarck, zwischen Bismarck und Kalnoky zurückzuführen. Diese Konferenzen müssen eine vollkommene Uebereinstimmuug der leitenden Staatsmänner ergeben haben. Eine Bestätigung Vieser Auffassung finden wir in dem heute telegraphisch gemeldeten Artikel des Journal de St. Pe- tersbourg, auf welchen wir hiemit verweisen.
Als besonders bedeutsam für die Begegnung der Kaiser von Deutschland, Oesterreich und Rußland heben die Wiener der österreichischen Regierung nahe stehenden Blätter hervor, daß die Kaiserbegegnung sich die Beseitigung aller den europäischen Frieden störenden Momente und den Schutz und dis Sicherung des zu Recht Bestehenden zum Ziele gesetzt habe. Ganz besonders erleichtert sei diese Aufgabe durch die günstige Wendung, welche in dem Verhältnisse Frankreichs zu ^Deutschland, das jetzt nahezu ein freundschaftliches sei, eingetreten wäre.
Wie die „Bert. Pol. N." hören, ist Graf Wilhelm Bismarck znm Rittmeister befördert worden.
Aus Pommern. Folgende grausige Geschichte berichtet der ,,Kösl. Generalanz.": Sievert, der frühere Besitzer des Kruges zu Turzig bei Rummelsburg, ist seit Jahr und Tag nach Amerika ausgewandert. Er war ein schlanker, ansehnlicher Mann mit blondem Vollbart, im Alter von ungefähr 40 Jahren und seines Handwerks ein Schuster. Der gegenwärtige Besitzer des Kruges fand in diesen Tagen im Keller unter dem Sande 6 menschliche Gerippe. Obenauf lag der seit 1881 vermißte Handelsmann und vielfach gesuchte B. Fürstenberg jun. aus Zanow. Kleidungsstücke und dessen Handelskasten lassen es gewiß erscheinen, daß der seit vier Jahren spurlos verschwundene Fürstenberg junior endlich gefunden ist. Die übrigen fünf Gerippe im Keller des Kruges zu Turzig waren jedenfalls arglose Geschäftsleute gewesen, welche von dem damaligen Wirt Sievert getötet, beraubt und verscharrt morden sind. Diese schauerliche Entdeckung ist sofort der königlichen Staatsanwaltschaft mttgeteilt und dieselbe hat nicht verfehlt, ihren weitgreisenden Einfluß zur Erlangung des Verbrechers un fernen Amerika anzuwendcn.
Ocstcrreich-Uiigarn.
Pilsen, 15. Sept. Ans der Jagd in Nabr- schen unweit Pilsen erhielt, wie dem ,,Berl. T." gemeldet wird, die Gräfin Lchmising-Kerssenbrvck, Gemahlin des Grafen Clemens-Kerssenbrock aus Westfalen, durch die Unvorsichtigkeit eines Gerichtsadjunkten einen lebensgefährlichen Schuß in den Unterleib. Bei dem in Folge dessen entstandenen Tumult ging einem Treiber das Gewehr los; die Ladung durchbohrte seinen Kops; der Treiber blieb sofort tot. Die Gräfin ist bereits der Verwundung erlegen.
Frankreich.
Die Weineruteberichte aus Frankreich lauten fortwährend sehr günstig hinsichtlich der zu erwartenden Qualität, dagegen mißlich in Betreff der Quantität, die so ziemlich überall den Betrag einer mittleren Ernte nicht erreichen wird.
Paris, 16. Scpt. Aus die jetzt im Vordergründe der politischen Erörterungen stehende Frage: Was geht im ostchiacfischen Meere vor? Wird von halbamtlicher Seile geantwortet: Admiral Courbet bereitet sich vor, um einen „großen Schlag" zu führen. Er verfügt jetzt über ungefähr 2600 Mann Landungstruppen, welche nach Ansicht französischer Militärs genügen dürsten, um einen LandnngSver- snch mit Aussicht ans Erfolg zu unternehmen. Man glaubt, daß Courbet, um die chinesische Negierung einzuschüchtern, eine der bevölkertsten chinesischen Seestädte angreifen werde und nennt Shanghai und Kanton als solche. Doch dürste sich die französische Regierung einen solchen Schritt, der ihr endlose Proteste und Widerwärtigkeiten bringen würde, zweimal überlegen. Schon die bloße Möglichkeit einer!
Besetzung der den Europäern geöffneten Städte hat eine Reihe von Protesten, Beschwerden und Verwahrungen von Handelskammern und kaufmännischen Korporationen hervorgerufen, welche eine Störung des internationalen Handels hintanhalten wollen.
Eine Depesche Courbets sagt, die Chinesen veranschlagten den durch das Bombardement des Arsenals und Futscheus entstandenen Schaden auf 15, die Verluste der chinesischen Flotte auf 18 Millionen.
Italien.
Rom, 13. Sept. Die ital. Zeitung „Raffeg- na" bringt folgenden Artikel: Humbert ist König von Italien. Greoh ist Präsident der französischen Republik. Ferry ist Minister des Innern in Frankreich und Präsident des Ministecrats. Depretis ist Minister des Innern in Italien und Ministerpräsident. (Beiläufig wollen wir bemerken, daß Ferry noch jung ist und Depretis sehr bejahrt, und beifügen, daß Depretis früher reich genannt werden konnte, und daß ec jetzt arm ist, daß aber Ferry früher arm war und jetzt reich ist.) Die Cholera bricht aus in Toulon und Marseille und Grcvy begibt sich . . . nach Mont-sous Vaudrey. Die Cholera bricht in Italien aus und König Humbert begibt sich — dahin, wo die Krankheit und Ansteckungsgefahr am schlimmsten ist. Ferry Präsident des Kabinets, ahmt die Klugheit des Präsidenten der Republik nach und begibt sich in Achtung gebietende Entfernung. Depretis, ebenfalls Präsident des Kabinets, folgt seinem mutigen Herrn, und ungeachtet der Beschwerden des hohen Alters verläßt er den Ort der Erholung während seiner parlamentarischen Ferien und trotz den Gefahren der gräßlichen Seuche. Gebt acht, o ihr menschenfreundlichen Leser, wir wollen keine Vergleiche anstellcu, denn Vergleiche sind immer schlimm, aber wenn ein Präsident trotz der grausamen Cholera in Toulon — ans die Jagd geht, wenn dagegen ein König die Vergnügungen der Jagd verläßt, um die Ställe und Heuböden aufzusuchen, wo die Cholerakrankcn schmachten, ist es möglich, daß der Verstand unterstützt von den Gefühlen des Herzens nicht unwillkürlich zu ernstem Nachdenken hingerissen werde über das Verhalten des Königs?
Rußland.
Skiernicwice. 15. Scpt. (Drei-Kaiser-Zusammcn- kuuft.) Einem Bericht der „Köln. Z." entnehmen wir noch folgendes: Kaum war der Empfang des Kaisers von Oesterreich vorüber, da zog das Regiment, dessen Chef Kaiser Wilhelm ist. mit klingendem Spiele auf den Bahnhof. Die Kapelle spielte die Wacht am Rhein. Kaiser Franz Joseph hatte inzwischen im Schlosse dem rassischen Thronsoiger sowie den Grofzsürstcn Wladimir und Nikolaus Besuch gemacht. Gegen 3 Uhr versammelte sich am Bahnhof dieselbe glänzende Gesellschaft, welche vorher z»m Empfange des Kaisers Franz Joseph zugegen gewesen war: mir hatte» die Minister und Generale , welche im Besitze höchster preußischer Orden sind, diese an Stelle der vorher getragenen österreichischen angelegt. Giers und Kalnoky trugen das Orangeband deS Schwarzen AdlerordcnS. 10 Minuten vor 4 Uhr erschien der Zar in der preußischen Generals- unisvrm seines Alexander-Regiments, gefolgt von st inen Söhnen, der Thronfolger als preußischer Garde-Alexander-Lientcnant. Beide, sowie die Großfürsten Wladimir (blaue Husaren-Uni- form), Nikolaus (in preußischer Feldmarschalls-Unisorm) waren geschmückt mit dem Schwarzen Adlcrorden. Kister Alexander unterhielt sich besonders lebhaft mit Giers. Schlag 4 Uhr traten die Zarin und die Großfürstin Maria Pawlowna aas den Perron. Gleichzeitig fuhr der Kaiscrzng ein. während der Hohenfriedberg-Marsch von der Militärkapelle angestimmt wurde, als der Zag kielt. Als Kaiser Wilhelm in rassischer Generais- Uaiform mit dem Andreasordcn mit wunderbarer Rüstigkeit den Wagen verließ, ertönte das „Heil Dir im Siegerkranz". Zar Alexander eilte dem Kaiser Wilhelm entgegen und wiederum niit vollster, wärmster Herzlichkeit schlossen sich die Monarchen in die Arme und küßten sich dreimal. Daraus trat Kaiser Wilhelm heiter lächelnd zur schöne» Zarin, küßte ihr ritterlichherzlich die Hand und ebenso mil verwandtschaftlicher Zärtlichkeit der Großfürstin Maria Pawlowna, der Schwester des regierenden Großherzogs von Mecklenburg. Kaiser Wilhelm küßte auch die Kinder des Zaren und die Großfürsten. Darauf trat dann plötzlich Kaiser Franz Joseph in preußischer Generals- Uniform mit dem Schwarzen Adlerordcn hervor, und mit derselben ungemeinen freundschaftlichen Innigkeit umarmten und küßten sich dreimal die Herrscher der treu verbündeten Reiche und schüttelten sich lange und fest die Hände. Die Ueberreichaug des Rapports, die Abschreitnng der Front, die gegenseitige Vorstellung der Offiziere vollzog sich wie beim früher» Empfange des österreichischen Kaisers. Wo ist Bismarck? wurde überall gefragt. Man spähte vergeblich nach der gelben Kürassier-Uniform. Plötzlich sah man die Riesengestalt unseres Kanzlers in der ungewohnten dunkelgrünen russischen Generals-Uniform vom 26. Regiment mit dem Andrcasorden auftauchen, gefolgt von seinen beiden Söhnen Herbert und Wilhelm in Garde-Drago- ncr-Unifvrm. Beide Kaiser reichten dem Kanzler herzlich die Hand. Der ganze Empfang machte einen mächtigen und doch überaus freundschaftlich-herzlichen Eindruck. Allgemein gab sich freudiges Erstaunen über die Frische und Lebendigkeit unseres Kaisers Wilhelm kund. Pünktlich um 7 Uhr traten die Zarin und die drei Kaiser zusammen ein; der Zar und die Großfürsten trugen österreichische, die beiden kaiserliche» Gäste rus-