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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 , in dem Bezirk !

außerhalb des Bezirks I 20 4. Monats- abonnemcnt nach Verhältnis.

Sämstsg den 23. August.

Znsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile ans ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 -t. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegebcn lein.

1884 .

Amtliches.

Mittwoch den 27. August 1884, vormittags 9 Uhr,

Berirksschulverfammluttg in Gbhansen.

Versammlungsort: die Kirche.

Tagesordnung:

1) Einleitender Gesang: Choralbiichl. Nr. 7. 15,

Weeber II: II. 39. 41.

2) Mitteilung des Rechenschaftsberichts.

3) Sätze über Betreibung des Nechennnterrichts:

Ref. Schull. Haller.

4) Die Ucberbürdnng der Volksschule: Nef. Schull.

Holder.

Zn den Verhandlungen sind die Herren Geist­lichen, die Mitglieder der Ortsschulbehörden sowie sonstige Freunde der Schule herzlich eingeladen.

Al tensteig, 20. August 1884.

K. Bezirksschnlinspektorat:

M ezger.

Ä-storbcn: Den l9. August zu Rommelshausen: Merz, invalid. Stationskommandant, (früher in Nagold) 70 I. alt._

Tages-Neuigkeiten.

DrutlcdeS Reich.

Am Sonntag, den 24. ds. wird Fräul. Pauline Schanzenbach von Stuttgart im Badhotel in Teinach um 7 Ubr Abends ein Gesang - Coneert geben. Da daS Coneert. nach allem zu schließen, einen künstlerischen Genuß gewähren dürfte, so glau­ben wir die kunstverständigen Leser unseres Blattes auf dasselbe aufmerksam machen zu sollen.

Böblingen, 18. Aug. Das schwere Ge­witter, welches heute mittag über unsere Markung zog, hat nicht allein an Früchten, Obstbäumcn, son­dern auch in unseren Prächtigen Hopfengärten großen Schaden gethan.

Stuttgart, 19. Aug. Professor G. Jäger hier fährt unermüdlich in seinen Woll-Phantastereien fort. Neuerdings empfiehlt er als bewährtes Mittel gegen den Schreibkrampf eine wollene Unterlage für die Hand. Ein hiesiger Hutfabrikant liefert zu die­sem Zwecke genau nach Vorschrift des Erfinders Schreibfilze. Immerhin ist das nur eine Halbheit, bemerkt ein Blatt dazu; solange nicht Feder und Tinte untadelhafte Wollprodukte sind, angefertigt von einem vom Scheitel bis zur Zehe in Wolle ge­kleideten Jägerianer, der sich ausschließlich von Hammelfleisch nährt, halten wir Jäger's neueste Er­findung für noch nicht abgeschlossen.

Stuttgart, 21. Aug. Heute früh wurde aus dem Neckar beim Kaualeinfluß die Leiche des beim hiesigen Steucrkollegium angestellten Kanzleirats Karl Morn hinweg gezogen. In einem an seine Familie gerichteten Briefe bittet er, in Cannstatt be­erdigt zu werden. Mornhinweg hinterläßt außer einer alten seit Jahren siechen Mutter und seiner in einer Irrenanstalt befindlichen Frau 6 zum Teil kleine Kinder. Motiv zur That noch unbekannt.

In Stuttgart wurden vorgestern dem 6jäh- rigcu Mädchen des Schriftsetzers Blum durch einen Pfcldebahnwagcn beide Füße abgefahren.

Zu dem evangelischen Landexamen, d. h. zu der Konkursprüfung für Aufnahme in das evangelisch- theologische Seminar in Schönthal hat sich laut St.-Änz." heute die hohe Zahl von 114 Kandidaten hier cingefunden. 63 derselben, also die größere Hälfte, kommen aus den größeren Anstalten, Gym­nasien und Lyceen, die andern aber aus 18 Latein­schulen (auch Alteustaig und Wildberg). Die Väter

der Kandidaten gehören etwa zur Hälfte dem geist­lichen oder dem Lehrstunde an, unter den übrigen treten Beamte, noch mehr aber Angehörige des Han­dels- und Gewerbestandes besonders hervor.

Kirchheim u. T., 19. Aug. Ein gestern abend von 710 Uhr anhaltendes Gewitter brachte den Gemeinden Dettingen, Owen, Nabern, Bissingen, Jesingen schweren Schaden an Obst, Weinbergen und sonstigen Feldfrüchten durch Hagelschlag. In Nabern und Bissingen, am Fuße der Teck, fiel eine solche Hagelmenge, daß der Boden über 1 Fuß hoch be­deckt wurde und heute früh noch ganze Eismassen anzutreffen waren.

Jux, O.A. Backnang, 15. Aug. Eines eigen­tümlichen Todes mußte gestern Mittag das vierjährige Söhnlein eines hiesigen Webers sterben. Es saß beim Vater, der am Spulrad beschäftigt war, sich aber auf einige Minuten entfernen mußte. Nach seiner Rückkehr traf er das Kind am Handgriff des SpulradS erhängt. Es hatte um den Hals au einer Schnur einen sogenannten Schlozer hängen, muß sich, während der Vater fort war, mit dem Spulrad be­schäftigt tzaben, die Schnur verwickelte sich mit dem Handgriff, das Kind glitt aus und blieb mit der Schnur um den Hals am Handgriff hängen. So­fortige Wiederbelebungsversuche waren erfolglos.

Von der Fils, 16. Aug. Am letzten Mon- tig Nachmittag tamen 2 Bettelbuben im Alter von 8 uns II Jahren aus Deggingen auf den benach­barten Albhof Berneck und verlangten von dem eben zum Fruchteinführen abfahrenden Bauern Baumann ein Almosen. Da er wegen des im Anzuge befind­lichen Gewitters Eile hatte, wies er sie ab und fuhr davon. Die Buben stiegen in das verschlossene Haus ein, ließen sich die Vorgefundene Milch trefflich schme­cken, und zündeten zum Danke mit aufgesuchten Zünd­hölzchen die Scheuer an. * Es soll außer einem Bett nichts gerettet worden sein. Selbstverständlich fiel der Verdacht der Brandstiftung sogleich auf die beiden kleinen Strolche, die nun im Amtsgerichtsgefängniß zu Geißlingen hiuter Schloß und Riegel sitzen.

Am 19. Aug. traf auch die oberen Filderorte, besonders Mußberg, Ober- und Unteraichen, Steinen- bronn, ein fast die ganze Obst-, Haber- und Hopfen­ernte vernichtendes Hagelwetter. Auch in dem Be­zirk Göppingen der Markungen Boll, Eckwälden, Dürnau, Holzmaden, Weilheim, Aichelberg rc. hat das Hagelwetter am 19. großen Schaden an Obstbäumen und Feldfrüchten an gerichtet.

Ruith, 20. Äug. Der erst seit kurzem ange- stellte diesige Obstschütze traf gestern nachmittag auf einem Baumgut zwischen Ruith und Kemnath einen 13jährigen Knaben obstauflesend und rief denselben an. Nun folgte die bekannte Scene des Davon­laufens und des Nachrennens; nachdem jedoch der Knabe etwa 10 Minuten geflohen war, fiel derselbe um und war sofort tot.

In Ulm wurden die Weinhändler Friedrich und Heinrich Hiller vom Landgericht wegen Wein­verfälschung zu je 500 vkL Geldstrafe verurteilt.

In der Nacht vom 16. bis 17. Aug. brannte ein dem Müller Unsöld an der Ammer aufgesetzter Stroh­haufen ab. Der Schaden beläuft sich für 1200 Bund Stroh auf über 300 Man vermutet, daß das Stroh einer der eigenen Knechte des Müllers ange­zündet habe, welchem 2 Tage vorher auf Martini der Dienst gekündigt wurde.

Brandfällc: In Jngoldiugen (Bibe- rach) am 19. ds. 3 Gebäude; in Mittelurbach (Waldsee) am 18. ds. 2 Wohngebäude mit Scheuern

und Nebengebäude; sämtliches Mobiliar und Feld­erzeugnisse verbrannten, das Vieh wurde gerettet; in Backnang die mit Gerberrinde gefüllte Scheuer des Gasthofs z. Schwanen.

Berlin, 19. Aug. Der östreich-ungarische Minister des Auswärtigen Graf Kalnoky hat bei dem Reichskanzler das Geburtsfest seines Kaisers gefeiert und sich nach derSraßb. P." aufs Herz­lichste über den Empfang in Varzin. sowie über seine Unterredungen mit dem Reichskanzler ausgesprochen.

Berlin, 20. Aug. Die Verschiebung der Kaisermanöver am Rhein, deren Gründe noch ge­heim gehalten werden, sind nach der Meinung po­litischer Kreise in einer bevorstehenden Zusammen­kunft der Kaiser von Deutschland, Oesterreich und Rußland zu suchen. In denselben Kreisen ver­lautet, daß noch im Laufe dieses Herbstes ein euro­päischer Kongreß in Berlin zusammentreten werde, um nicht nur die Congosrage, sondern auch die egyp- tische Angelegenheit und zwar letztere nach allen Richtungen zu erörtern.

Berlin, 20. Aug. Das Neueste, was man hier jetzt hat, ist derReichsdoktor." Mit diesem Titel belegte der Volksmnud den jüngsten Leibarzt des Reichskanzlers. Fürst Bismarck hat schon viele Haus- und Leibärzte gehabt, die aber keine wesent­lichen Erfolge zu verzeichnen hatten. Die Aerzte be­haupten, der fürstliche Patient fei daran schuld, denn er kümmere sich weder um ärztliche Vorschriften noch um Medizin. Ec tauge als Patient eben gar nichts; denn er befolge die ärztlichen Gebote nicht. Bis­marck dagegen behauptete, die Aerzte taugten nichts und wechselte alle Augenblicke mit seinen ärztlichen Rathgebern. Dabei wurde er von Tag zu Tag dicker und kränker und die Aerzte täglich mehr über­zeugt, daß dem Reichskanzler nicht zu helfen sei. Eine Zeit lang hielt Bismarck eS auch mit der Ho­möopathie, die ihm sehr zusagte, bis er eines schö­nen Tages auch mit dieser Kurmethode brach. Einer seiner homöopathischen Aerzte soll der erste Mensch gewesen sein, der dem Reichskanzler wirklich grob kam. Er habe verlangt, der Patient solle dem Arzt gehorchen oder sich einen anderen Ratgeber suchen. Das letztere geschah. Nachdem noch eine große Berliner Berühmtheit berufen worden war, die auch keine Heilerfolge erzielte, ließ Bismarck den Arzt kommen, welcher seinen zweiten Sohn, den Grafen Bill, von einer schweren Gicht und damit verbun­dener Verfettung befreit hatte. Dieser Arzt ist der jetzt viel genannte Dr. E. Schweninger, der soge­nannteReichsdoktor." Schweninger kam und half dem Reichskanzler. Seit zehn Jahren ist Bismarck nicht so frisch und flott und so dünn gewesen, wie nach Schweninger'L Kur. Er kann wieder reiten, spazieren gehen, hat wieder, Appetit und seine krank­hafte Reizbarkeit ist großenteils von ihm gewichen, seit dem die körperliche Hinfälligkeit gehoben wurde. Natürlich erscholl das Lob Schweninger's aus dem Munde aller Freunde Bismarcks. Die meisten Aerzte zuckten freilich die Achseln und sagten: Das hätten wir auch machen können. Wir hätten auch aus dem dicken Reichskanzler einen dünnen herzustellen ver­mocht, wenn der Patient uns nur gehorcht hätte. Thatsache ist nun, daß die Vorgänger Schweningers cs nicht fertig bekamen. Ob der Patient schuldig war an dem Mißlingen, darnach fragt die Menge nicht. Schweninger hat den Reichskanzler kuriert, folglich ist er derReichsdoktor."

Die Möbelschreinerei steht in Berlin in hoher Blüte, die Gesellen aber klagen, daß ihr Verdienst