geleitete ihn auf den Gottesacker und ließ die üblichen Ehrensalven über das Grab geben.

Gotha, 2l. Juli. Betreffs der Hundswut teilt der 82jährige Förster Gastl in der Leipz. Ztg. folgendes mit: Ich will mein vielbewährtes Mittel gegen den Biß toller Hunde nicht mit ins Grab neh­men, sondern veröffentlichen. Es ist die? der letzte Dienst, den ich der Welt thun kann. Man nehme warmen Weinessig und laues Wasser, wasche damit die Wunde rein aus und trockne sic; dann gieße man einige Tropfen Chlorwasserstoff-Säure auf die Wunde, weil Mineralsäuren das Gift des Speichels zerstören. Das wirksamste Mittel gegen Mücken- bez. In­sektenstiche ist Salmiakgeist. Ein kleines Fläschchen mit dieser Flüssigkeit kann man im Sommer leicht in der Tasche bei sich führen. In dieser Hinsicht sind namentlich die in den Apotheken für 35 L verkäuf­lichen hölzernen Büchschen zu empfehlen, in denen sich ein mit Salmiakgeist gefülltes Fläschchen befindet, was mit einem gläsernen Röhrchen versehen ist und mittels welchem nötigenfalls die betreffende Stelle be­tupft wird. Außerdem sichert ein mit Nelkenöl ge­tränktes Stück Löschpapier, was man im Kopfhaar befestigt, vor solchen Stichen, da die Insekten den Geruch dieses Oeles fliehen.

In Dessau ertränkte sich ein lOjähriges Mäd­chen wegen Unterschlagung eines Pfennigs. Dieselbe war zum Kaufmann geschickt worden, um für 3 L Soda zu holen. Sie kaufte indessen nur für 2 ^

und behielt 1 L für sich. Die Furcht vor Strafe hat das Kind in den Tod getrieben.

Berlin, 21. Juli. Gesetzliche Maßregeln für die Bekämpfung der Trunksucht liegen seit längerer Zeit in der Absicht der Regierung. Die Ausführung begegnete indeß starken Hindernissen. Inzwischen hört man, daß der Versuch gemacht werden soll, auf dem Verwaltungswege so weit wie irgend möglich dem Unwesen zu steuern. Darauf sind die Weisungen einzelner Landräte zu beziehen, welche der Verabrei­chung von Branntwein auf Kredit mit Konzessions­entziehung drohen.

Während so viel jüngere Parlamentarier die Flinte ins Korn zu werfen gesonnen sind, hört man, daß die beiden Senioren des Reichstags, Graf Moltke und v. Bockum-Dolffs, beide schon über 80 Jahre alt, bei den Neuwahlen ein Mandat wieder anneh­men werden.

Die Nachricht, daß Herr v. Bennigsen zum Reichstag kandidieren wolle, bestätigt sich der Magd. Ztg. zufolge nicht.

Zum Unsallversicherungsgesetz. Je­der Unternehmer eines versichcrungspflichtigcn Betrie­bes hat denselben unter Angabe des Gegenstandes und der Art desselben, sowie der Zahl der durch­schnittlich darin beschäftigten versicherungspflichtigcn Personen bis 1. September dem Reichsversicherungs­amte auzuzeigen. Versicherungspflichtig sind alle in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Stein- brücheu, Grübeleien (Gruben), auf Werften und Bauhöfen sowie in Fabriken und Hüttenwerken be­schäftigten Arbeiter und Bctriebsbeamten, letztere so­fern ihr Jahresarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 2000 nicht übersteigt. Dasselbe gilt von Ar­beitern und Bctriebsbeamten, welche von einem Ge­werbetreibenden, dessen Gewerbebetrieb sich auf die Ausführung von Maurer-, Zimmer-, Dachdecker,- Steinhauer- und Brunnenarbeiter erstreckt, in diesem Betriebe beschäftigt werden, sowie von den im Schornsteinfegergewcrbe beschäftigten Arbeitern. Den aufgeführten gelten im Sinne dieses Gesetzes die­jenigen Betriebe gleich, in welchen Dampfkessel oder durch elementare Kraft (Wind, Wasser, Dampf, Gas, heiße Luft u. s. w,) bewegte Triebwerke zur Ver­wendung kommen, mit Ausnahme der land- und forstwirtschaftlichen nicht unter den Absatz 1 fallenden Nebenbctriebe, sowie derjenigen Betriebe, für welche nur vorübergehend eine nicht zur Betriebsanlage ge­hörende Kraftmaschine benutzt wird. Im klebrigen gelten als Fabriken im Sinne dieses Gesetzes ins­besondere diejenigen Betriebe, in welchen die Bearbei­tung von Gegenständen gewerbsmäßig ausgeführt wird und in welchen zu diesem Zwecke mindestens zehn Arbeiter regelmäßig beschäftigt werden, sowie Betriebe, in welchen Explosivstoffe oder explodirende Gegenstände gewerbsmäßig erzeugt werden. Welche Betriebe außerdem als Fabriken im Sinne dieses Gesetzes anzuschen sind, entscheidet das Reichs-Ver­sicherungsamt. Auf gewerbliche Anlagen, Eisenbahn- und Schiffahrtsbetriebe, welche wesentliche Bestand-!

teile eines der vorbezeichneten Betriebe sind, finden die Bestimmungen dieses Gesetzes ebenfalls An­wendung.

Leipzig, 23. Juli. Frankfurt wurde einstim­mig als Festort sür das im Jahre 1887 stattfindende 9. deutsche Bundesschießen gewählt.

Oesterreich-Ungar«.

Die Deutsche Ztg. in Wien schreibt mit Be­ziehung auf den freundschaftlichen Empfang der öst- reich. Schützen auf dem Leipziger Schützenfest sowie der Sänger des Wiener Schubertvercins in Nürn­berg: Für die Deutschen im Reich haben die Schützen­feste und Sängerfahrten die frühere politische Bedeu­tung verloren. Der nationale Gedanke, welcher durch diese Feste stets wach erhalten und gekräftigt werden sollte, er ist i. I. 1870 zur Thal geworden. Für uns Deutsche in Oesterreich haben diese Feste noch immer ihre alte Bedeutung. Angesichts der slavischen Strömungen m unserem Staat ist es unsere oberste nationale Pflicht, das Bewußtsein der Zusammenge­hörigkeit mit allen übrigen Stämmen des deutschen Volkes zu pflegen und zu festigen. Freuen wir uns darüber, daß dies von dem Sprecher des Schubcrt- bundes, Dr. Stiegler, in seiner Erwiderung auf die von den Nürnberger» Jacger, Beckh und Vogt ge­haltenen Reden mit der gehörigen Deutlichkeit aus­gesprochen wurde.Wo anders, sagte Dr. Stiegler, sollen wir heute unsere Fahrten hinlenken, als in unser großes deutsches Vaterland! Auch wir Deutsche in Oesterreich fühlen uns als ein Glied des gesamten deutschen Vaterlandes. Jedesmal kehrt der Deutsch- Oesterreicher aus dem d. Reich mit einem neuen, unerschöpflichen Reichtum an hoher Begeisterung für die deutsche Sache in seine Heimat zurück, aufs neue gestählt für den Kampf um seine Eigenart und Sitte, um der Mutter Laut und Lied." Die Deutsche Ztg. bemerkt zu diesen Worten:Der Wiener Schubert­bund besteht seiner überwiegenden Mehrzahl nach aus Volks- und Bürgerschullehrern. Wir wünschen und hoffen, daß es sich an diesen Männern bewahr­heiten werde, waS Stiegler als ihr Sprecher betont hat."

Robert Hamerling, der deutsch österreichische Poet von Gottes Gnaden, sendete dem Berl. Tgbl. aus Graz in Steiermark folgendes patriotische Ab­wehrlied gegen die Beschimpfung der deutschen Fahne durch französische Nevanchehelden:

An die Franzosen.

Mögt ihr an die Rache glauben Und an künst'gcr Siege Kranz:

Hoffet nicht, znriickznrauben

Eine Scholle deutschen Lands!

Mögt ihr schwärmen auch wie Raben Um ein Elsaß-Standbild her,

Straßburg werdet ihr nicht haben,

Straßburg nimmermehr!

Schämt euch, das; ihr's je besessen,

Deutsches Land und deutsches Gut!

Deutschland hat sich's, unvergessen,

Heimgekauft mit seinem Blut!

Tanzt mit wilden Wutgcberdcn Um ein Elsaß-Standbild her:

Straßburg wird nicht euer werden,

Straß bürg nimmermehr!

Das Panier, das zu entehren An der Seine Ihr wagt allein,

Weht auf Slraßburgs Wall in Ehren Bis versiegt der deutsche Rhein!

Singt der Rache heis're Lieder Um ein Elsaß-Standbild her:

Straßburg wird nie fränkisch wieder,

Straßburg nimmermehr!

Schweiz.

In der Schweiz macht sich die berüchtigte, von England aus importierteHeilsarmee" noch im­mer breit und ruft öffentliche Ruhestörungen hervor. Nachdem bereits am letzten Sonntag gegen die Heils­armee in Bern Demonstrationen stattgefunden hatten, bei welchen sich gegen 2000 Personen beteiligten, wurde am Montag in Bern das Versammlungslokal der Heilsarmeeler demoliert. Zur Verhinderung wei­terer Ausschreitungen wurde eine Kompagnie Infan­terie aufgeboten. Sind Engländer oder Englände­rinnen bei dem Lärm dnrchgcprügelt worden, dann wird es wohl wieder eine lange Beschwerde zwischen dem englischen Gesandten und dem Schweizer Bun­desrate geben. Der Eine wird wohl wieder über Verletzung des Gastrechtes, der Andere über den An­laß zu öffentlichen Aergernissen sich beklagen. Frankreich.

Paris, 22. Juli. In der gestrigen Sitzung der Akademie der Wissenschaften teilte Herr v. Les- seps mit, daß sich die technische internationale Kom­mission für die Vergrößerung des Suezkanals, nicht

aber für den Bau eines neuen Kanals ausgespro­chen habe.

Paris, 22. Juli. Die Regierung beschloß, in diesem Jahre die militärischen Manöver in Süd­frankreich nicht stattfinden zu lassen.

Einem Marseiller Brief derFr. Ztg." vom 19. d. M. entnehme» wir folgendes: Seit 1. Juli sind auf der hiesigen Bahn St. Charles 33 290 Personen abgereist, während die Zahl der Ankommen­den fast Null ist und zehn große Hotels bereits schließen mußten. - In Toulon sieht es noch ärger aus, dort sind im Ganzen nur noch 10000 Einwohner in der Stadt geblieben. In Toulon sterben zumeist Wäscherinnen und Matrosen, hier sind es hauptsächlich die Armenhäuser und eine Art Älosterafyl, welches die größte Anzahl der Opfer liefert. Im Ganzen starben bis heute an 700 Per­sonen an der Cholera. In Toulon haben gestern 18 Damen in Trauerkleidung dem Bürgermeister- Stellvertreter Toupan die von 10000 katholischen Frauen unterschriebene Petition um Abhaltung einer öffentlichen Straßenprozessiou zur Abwendung der Epidemie übergeben.

Unruhen in Marseille. Die verzweifelte Lage der unteren Volksklassen aus Anlaß der Er­werbslosigkeit, welche die Geschäftsstockung als eine böse Frucht der Cholera mit sich bringt, beginnt sich bereits in aufrührerischen Auftritten und anarchisti­schen Demonstrationen zu äußern. Für den 20. d. war eine Socialistenversammlung in Marseille durch ein Manifest einberufen, welches eine Drohung zum Bürgerkrieg enthielt. Die Polizei verbot die Ver­sammlung und besetzte alle Zugänge und Straßen zum Rathause, wo die Versammlung startfinden sollte. Trotzdem fanden sich zur festgesetzten Stunde auf dem Platz vor dem Stadthause ungefähr 2000 Ar­beiter ein und es ließen sich Rufe;Wir verlangen Arbeit und Brot" vernehmen. Der Socialistenführer Buissvu begann eine Brandrede zu halten. Die Polizei schritt sofort ein, trieb die Menge auseinan­der und verhaftete Buisson und mehrere andere Arbeiterführer.

Für den alten Satz, daß Frankreich sich nur in Extremen bewegen kann, bringt auch das neueste Lehrbuch einen Beweis, welches der Pariser Gemeinde­rat durch sein Mitglied Edgar Monteil für den Unter­richt in den Volksschulen hat ausarbeiten lassen. Professor I. B. Meyer bringt daraus in seinem Monatsblatt des liberalen Schulvercins einige schla­gende Beispiele. So wird u. a. auf die Frage: Was ist Gott? geantwortet: Davon wissen wir nichts. Auf die Frage: Ist die christliche Religion die Quelle aller Sittenlehre? lautet die Antwort: Nein, denn sie enthält keine Sittenregeln, die ihr eigen sind und die ihr nicht von den Religionen oder Philosophien, die ihr vorangingen oder die sie begleiteten, zugekom­men sind. Auf die Frage: Ist die Kirche der Gesell­schaft vorteilhaft? erfolgt die Antwort: Um der Ge­sellschaft vorteilhaft zu sein, verachtet sie zu sehr den Menschen und die Güter dieser Welt. Man sieht, es ist der ödeste Atheismus, der hier in unreifer Weise renommistisch zur Schau getragen wird und den Kin­dern künstlich eingebläut werden soll. Ja, es erstreckt sich jener Katechismus auch auf politische Fragen und so wird z. B. die Auflehnung gegen die Obrigkeit für den Fall gutgeheißen, daß Einer oder Mehrere dahin gelangen sollten, der Nation mit Gewalt ein Gesetz aufzwingen zu wollen, welches gegen die Na­tur oder das Recht geht. Man wird uns indessen wohl allseitig zugcstehen, daß das sog. Recht der Re­volution jedenfalls eine Frage ist. die vor einem ganz anderen Forum, als vor den Schulbänken halbwüch­siger Knaben zu verhandeln ist.

Der diplomatische Feldzug zwischen Frankreich und China dreht sich jetzt, nachdem China eingewil­ligt hat. seine Truppen aus Tonkin innerhalb eines Monats ganz zurückzuziehen, nur noch um die Ent- schädigungssrage. Dem Vernehmen nach verlangt Frankreich für die Affaire von Langson das Sümm­chen von 100 Mill. Frks. und hat Admiral Courbet Ordre, mit seinem Geschwader einstweilen vor Fut- scheu, dem Kriegshafen der Chinesen, liegen zu bleiben. England.

Zur kritische» Lage der Zuckerindustrie schreibt dasBerl. Tgbl." u. a.: Es wurde uns aus Lon­don aus Handelskreisen mitgeteilt, daß man daselbst den Verlust, welchen die dortigen Zuckerhäuser an den auf den Lagern befindlichen Zucker bei den jetzigen Preisen erleiden, auf 4 Mill. Pfd. Sterl, (80 Mill.