Italien.
R o m, 10. Juli. Der König und die Königin haben den Hilfskomitees in Marseille und Toulon 10 000 Frcs. zur Unterstützung der von der Epidemie betroffenen Fumilien ohne Unterschied der Nationalität übermitteln lassen.
Der Papst über den preußischen Kulturkampf. Die Germania hat in Berlin Peterspfennige gesammelt und durch ihren Korrespondenten dem Papst übergeben lassen. Dabei hat, wie das Blatt meldet, Papst Leo XIII. die standhafte und correkte Haltung der katholischen Presse Deutschlands, insbesondere der Germania, gelobt. Der Papst sei wohlauf und habe wenige Tage zuvor des Kulturkampfes Erwähnung gethan und geäußert, daß er nichts anderes verlange als die Freiheit für die katholische Kirche, ihren Klerus gemäß ihren Grundsätzen heranzubilden und ihre internen Angelegenheiten selbständig zu leiten und bei diesem Verlangen müsse er beharren, weil die Seelsorge und die geistliche Jurisdiktion nur allein der Kirche zustehen. „Aber", setzte Leo mit schmerzlich klagendem Ton hinzu, „gar kein Zugeständnis will man uns machen; man will die Kirche in Sklaverei halten." Unter den vielen schweren Sorgen, welche den h. Vater bedrücken, ist die wegen der kirchenpolitischen Lage in Preußen unstreitig eine der schwersten: denn keine ist so oft der Gegenstand seiner Klagen.
Eine Warnung für Finanzminister. Am vor- vcrgangcnen Samstag wurde in Palermo ein L>ol- dat eines schweren Verbrechens halber kriegsrechtlich erschossen. Da an diesem Tage gerade eine Lotterieziehung war, so wurde diese günstige Gelegenheit von den Lotterieschwestern und Brüdern schnell dazu benützt, um die auf den Justifizierten bezüglichen Nummern zu setzen, die zufälligerweise zum größten Teil auch hcranskamen. Es wurden daher 10 593 Ge- winnste in einem Gesamtbeträge von 322 744 Lire gemacht, so daß die Lotterie bei diesen Einsätzen 152 310 Lire verlor. Die Blätter Palermos fragen nun scherzhaft, ob der Staat nicht besser gefahren wäre, wenn er den armen Sünder begnadigt hätte. Egypten.
Ein entsetzlicher Unglücksfall wird aus Kairo gemeldet: Durch den Einsturz des Minarets einer dortigen Moschee wurden 30 Personen getötet und viele schwer verwundet.
Handel H Verkehr.
(Konkurseröffnungen.) Georg Lorenz Benz, Bauer in Zazenhausen. Leonhard Münz, Gastwirt und Schreiner von Hausen a./Bach. Gottlob Stoll, Kaufmann in Ludwigsburg.
Das Stiftsfräutein.
Historische Novelle von F. Stöckert.
(Fortsetzung.)
Das Mittagsmahl wurde in freudiger Vergänglichkeit unterm Getön der Trompeten und Heerpauken, auch Musizierung von Violinen, welches dann zuweilen durch die wiederschallenden Intervalle der Jagd- und Waldhörner abwechselte, gehalten. Der Hohen Chur, und Fürstl. Personen, denen dieses Hoch-Fürstl. Haus Anhalt mit ergebenster Zuneigung und naher ' Anverwandtschaft zugetyan, ward hierbei auch nicht ! vergessen, sondern dero angenehmes Andenken durch fröhliche herumbgehende Gesundheiten erneuert. Ein wenig zur Seiten dieses Fürstl. Gezeltes waren noch
> zwei andere aufgeschlagen, in welchen die Damen und
f Cavaliere speiseten, welche dann ihre Mahlzeit etwas . eher geendet, umb die Fürstl. Tafel sich herumpräsen- : tierte und der Durchl. Gesellschaft aufgewartet."
Unter diesen Damen und Cavalieren befanden sich auch Gertrud und Georg v. Wülknitz. Erstere natürlich in ihrem rosa seidenen Gewand, hold und lieblich wie die Maienkömgin selber. Neben ihr saß ihr Vetter Georg, welcher große Mühe gehabt, den Platz zu behaupten, da der Fürst einen andern Kavalier, der sie zur Tafel führen sollte, gesandt hatte. Georg war demselben jedoch zuvorgekommen und hatte in seinem Trotz des Fürsten Wort, worauf jener Junker sich berufen, nicht respektiert. So saßen sie nun endlich beide nebeneinander, konnten aber bei dem eiligen Mahle auch keine große Unterhaltung pflegen, dann wurden sie nach der fürstlichen Tafel besohlen,
^ wo sie sich in ihren Liebesgedanken mancherlei Zer-
> streunngen zu Schulden kommen ließen, was aber von
: den hohen Herrschaften, die sich alle in der rosigsten
Laune befanden, gnädigst übersehen wurde. Mit Wonne begrüßten sie die Aufhebung der Tafel, endlich würde s ihnen ja wohl nun ein ungestörtes Aussprechen im
Waldesbunkel vergönnt sein. Ach, es war ein eitles Hoffen ihrerseits. Der Fürst hatte schon wieder wichtige Aufträge für Junker Georg, indem das Zelt, worin man gespeist hatte, eiligst geräumt und zu einem Tanzsaal umgewandelt werden sollte, welches Arrangement zu leiten, der Junker beauftragt wurde. Gertruden aber forderte der Fürst auf, ihm auf einer kleinen Waldpromenade zur Seite zu gehen. Mit einem leisen Seufzer fügte sich das junge Stiftsfräulein in die ungewünschte Ehre.
„Ich habe nämlich ein ernstes Wort mit Ihnen zu reden, Fräulein von Wülknitz," begann der Fürst die Unterhaltung.
Gertrud sah erschrocken auf. Sollten sich ihrer Liebe von neuem Hindernisse entgegenstellen? Sollte ihr wirklich noch einmal Uebermenschliches zu tragen auferlegt werden?
„Den Junker von Wallwitz," fuhr der Fürst ungerührt durch ihr erschrockenes Aussehen fort, „der Sie zur Tafel hatte führen wollen, was Ihr Vetter trotz meines Wuusches Hintertrieben, habe ich zu Ihrem Ehegemahl ausersehen."
„Durchlaucht belieben zu scherzen," stammelte Gertrud entsetzt.
„Mit solchen Dingen scherzt man nicht, mein Kind, der Junker ist reich, Besitzer eines hübschen Edelsitzes, was wollen Sie mehr?"
„Aber ich kann ihn nicht lieben, ich liebe meinen Vetter Georg, den heirate ich und keinen andern!"
„Fräulein belieben zu scherzen!"
„Ganz und gar nicht Durchlaucht, mit solchen Dingen scherzt man nicht," rief Gertrud, mit Hellen Thränen in den Augen.
„Es kann aber nichts daraus werden, Kleine. Georg von Wülknitz muß ein vermögendes Fräulein ehelichen."
„Das wird er niemals thun, Durchlaucht!"
„Wissen Sie das so genau? Der Junker hat Gelegenheit genug gehabt, seine Augen in der langen Trennungszeit von Ihnen auf andere Schönen des Landes zu richten."
„Das hat er aber nicht gethan, Durchlaucht. Georg ist treu wie Gold."
„Wenn es aber mein Wunsch und Befehl war."
Auch dann glaube ich es nicht, Durchlaucht; ein Weib zn nehmen, das läßt sich kein Wülknitz befehlen, da geht er lieber außer Landes."
Derselbe Trotz, dieselbe Unerschütterlichkeit, welche der Fürst in Georg von Wülknitz's Augen hatte leuchten gesehen, als er mit ihm vor einiger Zeit eine ähnliche Unterhaltung hier gopflogen, blitzte ihm aus Gertruds blauen Augen entgegen und dieselbe Rührung überkam ihn fast wie damals.
„Natürlich werden Sie dann Ihren treuen Junker begleiten auf seinen Wanderungen?" fragte er jetzt mit einem jovialen Lachen.
„Ganz gewiß, Durchlaucht."
„Wo gedenken Sie dann aber Ihren Lebensunterhalt herzunehmen? Von Luft und Liebe kann man bekanntlich nicht lange existieren."
„O, ich kann arbeiten."
„Hm, wollen wohl Tabaksbeutel sticken, für verliebte Junker, die denn dieselben so oft herausziehen und an das feurige Herz drücken, bis die Dinger ganz abscheulich aussehen."
Gertrud wurde dunkelrot und schien um eine passende Antwort verlegen, in demselben Moment nahte Junker Georg, dem Fürsten zu .melden, daß Alles zum Tanz bereit sei. Sehnsüchtig ruhten seine Blicke dabei auf Gertrud, und diese trat unbekümmert um die Nähe des Fürsten jetzt zu ihm heran.
„Dann wollen wir zusammen tanzen," sagte sie mit einem reizenden trotzigen Lächeln, „und nicht wahr, Du wirst nie ein anderes Weib nehmen als Deine Gertrud?"
„Nein, niemals!" erwiderte Georg fast feierlich.
„Und wenn Se. Durchlaucht der Fürst und Dein Vater es nicht gestatten wollen, dann gehen wir außer Landes!"
„Ja, dann gehen wir außer Landes."
Hand in Hand standen sic Beide vor dem Fürsten, im goldenen Licht der Maiensonne, mit dem Ausdruck fester Entschlossenheit auf den jungen Gesichtern und nicht einen Augenblick schwankend, ihrer Liebe Alles zu opfern.
Johann Georgs Blicke ruhten bewegt auf dem jungen Menschenpaar und in seinen Augen schimmerte es gar seltsam. „Na nur nicht so hitzig, Kinder," rief er jetzt lächelnd. „Könnt meinetwegen im Lande
bleiben, wollen uns die Sache überlegen. Werde mit dem Kammerrat sprechen, wir sind hier zu Lande auch keine Unmenschen, könnt auch heute zusammen tanzen."
„Und können uns auch heiraten, nicht, Durchlaucht," rief Gertrud unter Thränen lachend.
„Nun ja, Kinder, es wird sich wohl machen, nur heute nicht gleich. Dort kommt der Kammerrat, werde ein Wort mit ihm reden."
Selig zog das glückliche Pärchen von dannen in den grünen Wald hinein, sich nun nach so langer Trennung eines ungestörten Beisammenseins erfreuend. Später lockten sie die lustigen Tanzweisen wieder nach dem Zelte, wo man sich mit allerhand lustbaren Tänzen ergötzte.
Jung und Alt, die hohen fürstlichen Herrschaften, Alles beteiligte sich fröhlich an dieser Lustbarkeit; nur 'Prinzeß Elisabeth hielt es mit ihrer Aebtissinwürde nicht vereinbarlich, sich solchen weltlichen Vergnügungen hinzugeben. Mit ernsten Augen blickte sie auf die Tanzenden und all die Lust- und Fröhlichkeit um sie herum, woran sie keinen Teil mehr haben durfte, machte sie fast traurig. Die Frage drängte sich ihr auf, ob es auch das Rechte gewesen sei, so jung die geistliche Würde anzunehmen, ach nicht aus innerem Trieb und Neigung, nein ganz andere Gründe hatten sie dazu getrieben — aus Liebe und Stolz! — Der Baron v. Chalezac halte ihr einst kühn diese Worte ins Gesicht geschleudert und sie hatte ihm in ihrem Innern Recht geben müssen. Dort stand er nicht weit von ihr und in seinen Augen leuchtete es so stolz und triumphierend. Hatte er doch längst den Liebes- traum überwunden und nichts von Kummer und Entsagen war in seinem Antlitz zu lesen, das sich jetzt zu seiner Tänzerin, Fräulein von Hübner herabbeugte, um ihr einige Worte ins Ohr zu flüstern.
Die Prinzessin sah, wie die junge Dame hold errötete, dann aber verschämt lächelnd zu dem Baron aufschaute, sie sah die Blicke der Beiden sich dann verständnisvoll begegnen und wandte ihr Antlitz weg. Am liebsten wäre sie hinausgelaufen in die tiefste Waldeinsamkeit und hätte dort einmal, alle Würde und alle Hoheit vergessend, sich auf den kühlen Waldboden geworfen und ihren Thränen freien Lauf gelassen, aber das ging nicht gut an und wäre für eine Prinzessin und Aebtissin doch gar zu unschicklich gewesen. Ueberdies wurde sie auch in ihren traurigen Gedanken jetzt gestört, indem der Herzog Heinrich von Sachsen zu ihr herantrat und um die Erlaubnis bat. sich zu ihr zu setzen. Er war schon bei dem Festmahle ihr Tischnachbar gewesen, und die ernste Anmut der Prinzessin hatte den ritterlichen Herrn ungemein angezogeu.
Der Herzog war ein Mann schnellen Handelns und hatte nichts Geringeres im Sinne, als um die Hand der Prinzessin zu werben, als er jetzt neben ihr Platz genommen. Seine Worte, die er in dieser Absicht an sie richtete, hatten nun allerdings nichts von jenem bestrickenden Klang, wie sie aus dem Munde des schönen Franzosen einst so schmeichelnd an der Prinzessin Ohr geklungen. Sie waren schlicht und einfach, der treue ehrliche Sinn derselben aber ging zu Herzen und dem jungen Fürstenkinde in seiner gedrückten Stimmung dünkten diese Worte ein wahrer Balsam für ihren so tief gekränkten Stolz. Der Gedanke, sich eine Herzogskrone auf das jugendliche Haupt drücken zu lassen, schien ihr durchaus nicht unangenehm, die Aebtissinwürde dafür einzusetzen, däuchte ihr nicht allzu schwer. Nur kam ihr Alles so überraschend und dem Herzog auf sein schnelles Werben sogleich eine zustimmende Antwort zu geben, war in ihrer Verwirrung nicht möglich. _ (Fortsetzung folgt.) __
B a d e r c g e l n:
Das Herz sei ruhig und warm die Haut,
Der badend sich frischem Wasser vertraut.
Die bei vollem Magen baden,
Wagen sich in großen Schaden.
Im Kaltbad nur fünfzehn Minuten geblieben llnd sofort die fröstelnde Haut gerieben.
Renn' schweißtriefend nicht zum Baden! Lebenslang kannst Du Dir schaden.
Gar viele, die sich am lautesten für schrankenlose Freiheit in Schrift 'und Wort ergehen, leben in der schlechtesten Abhängigkeit — in der von sich selber und von ihrem beschränkten Verstände.
Verantwortlicher Redakteur Stein Wandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Z aiser'schen Buchhandlung in Nagold.