Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt sür den Oderamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 8. Juli.
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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe veS Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1884.
Bestellungen auf den
„Gesellschafter"
für das laufende Quartal nimmt immernoch jede Postanstalt an.
Amtliches.
Nagold.
Bekanntmachung.
Flotzfperre betreffend.
Es wird hiemit bekannt gemacht, daß die Floßsperre auf dem badischen Gebiet der Enz und Nagold vom 3. August bis 1. September d. I. dauert.
Den 5. Juli 1884.
K. Oberamt. Güntner.
Nagold.
Bekanntmachung.
Durch Erlaß K. Kreisregierung vom 1. Juli 1884 wurde der Beschluß der Amtsversammlung vom 8. April d. I.. wonach die Distriktsarztstelle in Altensteig dem approbierten Arzte Dr. Gustav Appenzeller. Stadtarzt daselbst, übertragen worden ist, genehmigt, was hiemit bekannt gemacht wird.
Den 5. Juli 1884.
K. Oberamt. Güntner.
Amtliche Bekanntmachung.
Die noch nicht eingekommenen verfallenen Sportelrechnungen Pr. 1. April bis 30. Juni 1884 sind unverzüglich vorzulegeu, eventuell Fehlanzeigen zu erstatten.
Nagold, den 5. Juli 1884.
Bob, stv. Amtmann, g. St.-V.
Infolge der vom 16. bis 28. Jum abgehaltenen Dicnst- prüsnng evangelischer und israelitischer Lehrer sind zu Versetzung von Schuldiensten u. a. für befähigt erklärt worden: K. Dcnkinger, Stellvertreter in Garrweiler, G. Nonnen- m ach er, Unterlehrer in Oberjettingcn, G. Schmidt, Stellvertreter in Neuenbürg, Adolf Wälde, Privatlehrer in Ruhestein (Freudenstadt). _
""Jer neue Börsrnsleuer- Gtempelgebühren)
Lntwurf.
„Die Börse muß noch mehr bluten" das heißt: sie muß zu der Deckung notwendiger Reichsausgaben noch mehr als seither herangezogen werden, als seither, wo sie fast gänzlich steuerfrei gewesen ist, — darüber ist längst ein großer, man darf sagen, der größte Teil des deutschen Volkes einig. Nachdem sich die Börsenstcuerverhandluug im Reichstag vor zwei Jahren im Sand verlaufen hat, ist jetzt von der Regierung ein neuer Entwurf ausgearbeitet worden, welcher unter dem Namen einer Stempelgcbühr jedes größere Geschäft, jeden größeren Umsatz mit einer Steuer treffen soll. Und wie hoch soll sich diese Stempelgebühr belaufen? Ein Umsatz von 1000 Mark soll 20 Pf. zahlen. Ist das etwa zu viel? Hört man die Börsenblätter und deren Freunde, bezahlte und unbezahlte, so würde das den Ruin des Geschäfts, die Auswanderung der Börse, die Lahmlegung aller Geldgeschäfte bedeuten.
Aber wenn ein Verkauf in liegenden Gütern abgeschlossen wird, so zahlen in Württemberg 1000 Mark 12, sage 12 Mark Gebühren. Der Grundbesitzer zahlt also aus seinen Geschäftsumsätzen 60, sage sechzigmal mehr als man der Börse und dem sonstigen Geschäft zumuten will. Und die Börse will durch 20 Pf. ruiniert werden! Glaub's wer kann!
Einen anderen Haupteinwand hat man insbesondere in Norddeutschland gegen den neuen Ent
wurf. Durch die genaue und fortgesetzte Steuerkontrolle werde das Geschäft zu sehr belästigt. Aber das reelle Geschäft kann sich dadurch nicht beeinträchtigt fühlen, zumal ja die allgemein vorgeschriebenen kaufmännischen Bücher schon längst ganz dem gleichen Zweck dienen. Auch sie sollen eine Controlle ermöglichen für alle diejenigen, welche hiezu ein Recht haben. Zudem ist in der freien Reichsstadt Bremen schon lange eine ähnliche Steuererhebung von jedem kaufmännischen Geschäft üblich gewesen, das einen gewissen, festgesetzten Betrag überschritten hat. Daß es zur Belästigung der Kaufmannschaft geführt hätte, hat man gar nie gehört. Ebenso wenig ist es jemals dort von den Steuerbehörden mißbraucht worden, daß sie in jedes kaufmännische Geschäft so genauen fortdauernden Einblick hatten. Wer schon Rechnungen von französischen Geschäften erhielt, weiß, daß auf ihnen Stempelmarken von noch ganz anderem Betrag aufgeklcbt sind, als nach dem neuen Entwurf von den deutschen Geschäften erhoben werden soll. Alles in allem: Wir hoffen, daß sich eine Mehrheit für eine Besteuerung der Geschäfte, insbesondere der Börse im Reichstag finden wird. Erinnern wir uns nur immer daran, daß die Landwirtschaft jetzt schon sechzigmal höher belastet ist durch Sporteln, als das Börsengeschäft belastet werden soll. Es ist ein kleiner unmcrklicher Aderlaß, den man der Börse anthun will. Es wäre aber hiezu endlich einmal Zeit. Denn es ist schon längst ein schreiendes Mißverhältnis, daß der leichteste Erwerb, nemlich das Geld- und Börsengeschäft am leichtesten, oder besser gesagt, fast gar nicht besteuert ist, und der mühevollste Erwerb, die Landwirtschaft, am schwersten.
Tages Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Stutttgart. Die Kosten des Volksbankkonkurses betragen ca. 110 000 Hievon treffen auf den Konkursverwalter ca. 50,000, auf die Gerichtskosten ca. 11—12 000 „tL
Der kürzlich zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilte Kumitsch soll sich seinen Wärtern gegenüber dahin ausgesprochen haben, daß wenn er von dem für ihn so ungünstigen Ausgang des Strafprozesses eine Ähnung gehabt hätte, er rückhaltslos mit der Wahrheit herausgegangen wäre. Die Namen seiner Komplizen seien alle fingiert. Uebrigens glaubt Kumitsch, einige Jahre sitzen zu müssen, um dann zur Auswanderung nach Australien deportiert zu werden. (?)
Stuttgart, 4. Juli. (Schw. B.) (Schwurgericht.) Heute stand der berüchtigte Uhrmacher Karl Friedrich Adolph Hetze! von Neulingen vor dem hiesigen Schwurgericht. Das Justizpalais war wieder von einer größer» Anzahl von Landjägern und Schutzleuten bewacht, ebenso wie beim Falle Kumic. Der Andrang des Publikums war ein sehr bedeutender. Hetzet, ein mittelgroßer, bartloser Mensch mit schwarzem Haar und finsterem Gcsichtsausdruck, wird geschlossen und in Sträflings- kleidern in den Saal geführt. Die Anklage gegen ihn lautet auf versuchten Totschlag, begangen am 20. Okt. 1882 im hiesigen Zuchthaus an dem Aufseher Bayer. Der Hergang des Vorfalles ist folgender: Hetzet war Aufseher im Schlosserarbeitssaal, eine Stelle, die er wegen Wohlvcrhaltens erhalten hatte. Am 20. Oktober 1882 monierte ein Geschäftsmann wegen der Lieferung von Mappcnschlössern. Der Aufseher Bayer sagt Hetze!, er solle rasch voranmacheu, worauf dieser grob wurde und meinte, das gehe ihn gar nichts an. Bayer drohte, das Benehmen Hetzels anznzcigc'n. Hetzet war sehr aufgeregt über diese Drohung, und meinte, „er lasse sich nicht in Dunkelarrest setzen, er komme vorher in den Justizpalast." Als dann nachmittags Bayer an dem Platze des Hetze! vorüberging, sprang dieser auf ihn zu und versetzte ihm einige Schläge mit dem Hammer auf den Kopf. Andere Aufseher und Sträflinge rissen Hetzet zurück. Als man ihn in seine Zelle zurückgcführt hatte, drohte er auch noch andern Aufsehern, sie mit dem Hammer
niederzuschlagen. Hetzet, der seine Angaben mit heiserer unverständlicher Stimme macht, sucht zu seinen Gunsten geltend zu machen, daß er sehr aufgeregt war; totschlagen habe er Bayer nicht wollen. Unter den Zeugen sind 4 Zuchthausaufseher und
5 Zuchthaussträslinge, darunter 2, die wegen Mords lebenslängliche Strafen haben. Alle Zeugen machen Aussagen, die der obigen Darstellung entsprechen. Interessant sind die Daten über die Vcrbrcchcrlaufbahn des Hetzet. Zuerst wurde der Angeklagte, der heute 33 Jahre alt ist, vor 18 Jahren wegen des Diebstahls einer Uhr zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Schon im folgenden Jahr zog er sich wieder eine Diebstahlsstrafc zu, dann wieder 1870, dieses Mal erhielt er schon Zuchthaus. 1871 wurde Hetzet Kellner, 1875 ließ er sich als Matrose in der holländischen Marine anwerben, desertierte aber schon nach 3 Monaten und kam nach Stuttgart. Hier beging er am 24. Dez. 1875 einen Raubmordversuch an der Wittwc Keppler und floh. Nachdem er sich in Frankfurt und Basel aufgehalten und hier Geld- und Uhrendiebstähle begangen, wurde er im Januar in Straßburg verhaftet. Nachdem Hetzet noch am 26. März 1876 einen Versuch gemacht, auszubrechen und dabei Gefängniswärter und Mitgefangene mit einem Vorhängeschloß zu Boden geschlagen hatte, wurde er am nächsten Tage vom Schwurgericht Eßlingen zu einer Zuchthausstrafe von 15 Jahren (wegen Raubmordversuchs verübt an der Wittwe Keppler) verurteilt. Im Zuchthaus hielt sich Hctzcl gut bis zum 20. Oktober 1882, dem Tage, an dem er das Verbrechen verübt, wegen dess cn er sich heute verantworten muß. Er erhielt in Folge dessen Disziplinarstrafen (Dunkelarrest, Anschließeu an die Wand, 4 Kost- aussälle in der Woche) und verfiel nach einiger Zeit in Tobsucht. Im Januar 1883 schaffte man ihn in die Irrenanstalt Winnenthal, wo er in der Nacht vom 30. Juni bis 1. Juli 1883 mit einem Genossen Namens Haller ausbrach. Von seinen Eltern, die hier wohnen, will er dann eine kleine Geldsumme bekommen haben, worauf er sich über Neuenbürg, Karlsruhe , Speyer, Mainz nach Köln aufmachte und zwar in Gemeinschaft mit Haller. In Köln verschaffte sich Hetzet einen Paß auf den Namen Homer und ging dann nach Bremen, von da nach Leer, wo er bei einem Kasernenbau arbeitete, und daun in Bremerhafcn und Geestemünde auf den Wersten des Norddeutschen Lloyd. Nachdem er sich in etwa acht Wochen 42 Mark erübrigt hatte, ging er nach Hamburg. Hier wurde er Werksührer bei einer Wittwe Schröder, die ihn, da er sich gut führte, heiraten wollte. Da Hetze! keine Papiere halte, wollte er hierauf nicht eingchen, und die Wittwe beschuldigte ihn jetzt, ihr Münzen gestohlen zu haben und verklagte ihn. Da traf Hetze!, der diesen Diebstahl energisch wegleugnetc, sein Verhängnis. Man erfuhr seinen rechten Namen und lieferte ihn nach hier aus. Die ärztlichen Gutachten nennen den Geisteszustand des Angeklagten einen abnormen, er murmelte, auch wenn er allein war, vor sich hin, war aufgeregt, zeigte wieder Stumpfsinn u. s. w. — Der Staatsanwalt Dr. Schönhardt plaidicrt der Anklage entsprechend auf vorsätzlich versuchte Tötung und Drohungen. Verteidiger Dr. Becher will bei der Geringfügigkeit der Verwundung Bayers nur Körperverletzung gelten lassen und tritt außerdem wegen der Reizbarkeit Hetzel's für mildernde Umstände ein. Die Geschworenen bejahten dagegen die Schuldfrage im Sinne der Ausführungen des Staatsanwalts, woraus dieser unter Berücksichtigung der Reizbarkeit Hetzels gegen denselben 5 Jahre und
6 Monate Zuchthaus, zusammen 6 Jahre Zuchthaus beantragt unter Hinzurechnung nemlich der Gefängnisstrafe von 1 Jahr 2 Monaten, die Hetze! wegen des Diebstahls an der Witwe Schröder kürzlich zudiktiert wurde. Dem entsprechend lautet auch das Urteil des Gerichtshofs.
Marbach, 3. Juli. Gestern war ein ^jähriges Mädchen mit Kleiderwaschen am Neckar oberhalb des Eisenbahnviadukts beschäftigt. Als ihr der Fluß ein Kleidungsstück wegschwemmte, wollte sie dasselbe noch einholen, wurde aber hiebei von der Strömung erfaßt und mit fortgerissen. Auf ihren Hilferuf sprang der 12jährige Sohn des Hrn. Stadt- accisers Geiger zuerst mit den Kleidern, und als ihm diese beim Schwimmen unbequem waren, ohne dieselben in den Fluß und brachte die schon Bewußtlose glücklich ans tlfer.
(Ulm er Lied er fest.) Eine höchst erfreuliche und wertvolle Ehrengabe ist beim Ausschüsse des schwüb. Sängerbundes angemeldet worden. Die Firma I. L. Schiedmayer und Söhne in Stuttgart stiftet aus Anlaß ihres jetzt 76jährigen Bestehens als Ehrengabe ein tafelförmiges Klavier in Nußbaumholz. Dasselbe ist einem Sieger in der Abt. Kunstgesang bestimmt. Gewiß eine hochherzig