denn der Vaterlandsverrat ist ein furchtbares Ver­brechen und muß als solches im Volke gelten. Aber wie konnte Hentsch diese Bahn betreten? DieKrzz." berichtet: Er bezog eine Pension, hatte außerdem ein Staatsamt; seine Einnahmen waren also auskömm­lich. Die Selbstsucht war das treibende Motiv zu seinen ersten Fehltritten; er wollte Geld verdienen, umdas Leben zu genießen".

(Complicierte Familicn-Verhältnisse.) In Blech- Hammer in Oberschlesicn wurde vor einigen Tagen ein Paar standesamtlich verbunden, das in die Ehe sieben verschiedene Arten von Kindern mitbringt. Sowohl der Ehemann als die Ehefrau sind früher schon dreimal verheiratet gewesen und haben jetzt die vierte Ehe geschlossen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 20. Mai. In Nahotz bei Elbeteinitz brannten Sonntag 14 Häuser ab, wobei auch sechs Kinder zum Opfer fielen.

Wien, 21. Mai. Die polizeiliche Untersu­chung über den Brand des Stadthcaters ist beendet; nach derselben ist es zweifellos, daß kein Verbrechen der Brandlegung begangen wurde.

Wien, 21. Mai. Das Abgeordnetenhaus be­schloß den elfsiündigen Normal-Arbeitstag, doch kann der Handelsminister diejenigen Gewerbskategorien im Verordnungswege bezeichnen, welchen wegen beson­derer Bedürfnisse eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit um eine Stunde zu gewähren ist. Die Liste derselben wird von drei zu drei Jahren revi­diert. Letztere Bestimmung wurde mit 142 gegen 140 Stimmen angenommen.

B ndap est, 22. Mai. Der Urheber des Naub- mordattenlats bei der Schweizcrmühle in Wcißkirch- litz (nächst Teplitz), ist, wie uv» hier ans der Fkf. Z. gemeldet wird, beim Versuche, die geraubten Papiere zu veräußern, hier verhaftet morden.

Frankreich.

Paris, 19. Mai. Am Samstag wurde zu Ebren des deutschen Sozialisten und Abg. Liebknecht ein gut besuchtes Fest gehalten. Die russische Ko­lonie war bei demselben stark vertreten, die Franzo­sen dagegen nur schwach. Liebknecht hielt eine Rede, in welcher er sagte, die deutschen Arbeiter könnten von Frankreich, diesem Lande der Revolution, viel leinen. Ihren französischen Brüdern gegenüber sollten sie stets betonen, daß das deutsche Volk den Frieden mit Frankreich wünsche, denn Krieg wäre ein Unglück. Sollte Frankreich siegen, so würde der siegreiche Feldherr die Freiheit seines Landes be­drohen, würden aber die Deutschen siegen, so wäre im Herzen von Europa die Sache der Reaktion für viele Jahr befestigt. Nach Besprechung der letzten Vorgänge im Reichstage unterzog Liebknecht Bis- marck's Gcsamtpvlitik einer scharfen Kritik und be­merkte dann zur Charakteristik seiner eigenen Partei, er habe seine Ansichten über den Parlamentarismus geändert, er könne jetzt nicht mehr dessen Gegner sein. Lccler, Mitarbeiter von Clemenceans Jnstice, feierte sodann Liebknecht als bewährten Freund des französischen Volkes.

Paris. 21. Mai. Nach der Vorlage der Re­gierung soll der Eingangszoll für fremdes Mehl von 160 auf 375 Frcs. erhöht und der bisherige Ein­gangszoll für Ochsen und Schafe verdoppelt werden. Der Eingangszoll für Getreide bleibt unverändert, um Schwierigkeiten fernzuhalten, wenn die einheimi­sche Produktion für den Konsum nicht genügt. Die Journale sprechen sich über die ministerielle Er­klärung im Allgemeinen befriedigt aus; eine definitive Lösung ist zwar noch nicht erreicht, aber wesentlich erleichtert.

Paris, 22. Mai. Zwischen dem Prinzen' Jcrome Napoleon und seinem von Paul von Cas- saguac auf den Schild gehobenen Sohn Viktor ist, nachdem längst eine Spannung vorhanden gewesen, nun ein förmlicher Bruch eingetreten. Der Sohn hätte sagt man längst Lust gehabt, von dem Vater, dessen fast republikanisch gefärbte politische Ansichten er nicht teilt, sich gänzlich zu emanzipieren, wenn er nicht ökonomisch total von ihm abhängig wäre. Nach einer imTemps" publizierten Ansicht eines früheren Deputierten wäre dieser Bruch zwischen Vater und Sohn nur in Szene gesetzt, um die Re­gierung der Republik eiuzuschläfen.

Holland.

Der holländische Botschafter am eng­lischen Hofe ersuchte unlängst die Londoner Polizei, nach einer jungen Holländerin Nachforschungen anzu-

stcllen, welche seit Jahren ihre Heimat verlassen hatte und von welcher man annahm, daß sie sich in London oder in der Umgebung aufhalte. Dem jungen Mädchen war plötzlich eine Erbschaft von 2 Millionen holländischen Gulden von Seiten eines Verwandten, der ohne Testament gestorben war, zu- gefalleu und man war deßhalb bemüht, die glück­liche Erbin ausfindig zu machen. Es sollte kein Aufsehen dabei erregt werden, daher betraute man einen der geriebensten Polizisten mit der Ausgabe, welcher sein Bestes zu thuu versprach. Nach sechs Wochen stellte er sich seinem Chef wieder vor. Nun," fragte dieser,haben Sie das Mädchen ge­funden?"Ja wohl, schon vor einigen Wochen, sie ernährte sich kümmerlich als Näherin."Aber wo ist sie denn?"Bei mir zu Hause, ich habe sie nämlich geheiratet."

Rußland.

Moskau, 24. Mai. Prinz Wilhelm ist ge­stern vormittags 10*/? Uhr hier cingetroffeu. Er wurde auf dem Bahnhof feierlich empfangen und von der Bevölkerung sehr sympathisch begrüßt. Er stieg im Kreml ab.

Spanien.

Die von König Alphons bei Eröffnung der spanischen Kortcs gehaltene Thronrede betont, daß die Schwierigkeiten, welche sich der Entwickelung des Landes entgegensetzen, keineswegs ernstliche seien. Allerdings treten noch gelegentlich bedauerliche Zwi­stigkeiten auf, Versuche, Drohungen unverständiger Abenteurer störten zuweilen das allgemeine Vertrauen, doch diese Versuche seien zu machtlos, um ernste Be­unruhigungen hervorziirufeu. Die Beziehungen zu allen auswärtigen Mächten seien freundschaftliche. Was Deutschland anbetrisst, so werden die beidersei­tigen Gesandtschaften zu Botschaften erhoben. Tie Regierung werde den Kortcs Handelsverträge mit Portugal, Holland, Dänemark, England, Italien u. den Vcr. Staaten vorlegen. Die Rede weist auf die demuächstige völlige Wiederherstellung des Gleichge­wichts deS Budgets hin und bezeichnet die Zahlung der Zinsen der Staatsschuld als vollkommen gesichert.

Türkei.

Der Sultan hat den Frauen, Schwestern und Kindern Midhat Pascha's lebenslängliche Pen­sionen ausgesetzt. Er will also an den Hinterbliebe­nen des verstorbenenReformators der Türkei" gut machen, was er an dem Lebenden gesündigt. Amerika.

Washington, 22. Mai. Gestern wurde hier ein Lutherdenkmal enthüllt.

In Nordamerika geht das Gerücht um, Fürst Bismarck wolle die Insel Cuba für das Deutsche Reich erwerben. Die Sache wird ganz ernst genom­men, denn man sucht schon den Manu ausfindig zu machen, der das Zeug habe, denschrecklichen Bis­marck" einzufchüchtern, sich den Amerikanernauf die Nase zu setzen." Wem fällt da nicht das Fliegen­lied ein, das beginnt: Ei du verd Fliege rc.

Handel L Verkehr.

Konkurseröffnungen. Mechaniker Michael Gohl, Pächter auf der Kippiug'scheu Maschinenfabrik in Altenmünster (Crailsheim). Wilhelm Kotzte, Bäcker, Wirt und Kommissionär in Göppingen. Kaspar Geiger, -s Drechsler in Lenlkirch. Franz Joseph Knäblc, Flaschner in Oberndorf.

Vom Fuß des Schwarzwaldcs, 19. Mai. Die Schafschur ist nun bei uns in vollem Gange. Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen ist der Erfolg ein sehr befriedigen­der, da Quantum und Qualität der Wolle den letzten Jahr­gang übcrtrifft. Trotzdem müssen aber die Schafzüchter befürch­ten, den Erlös des letzten Jahres nicht zu erzielen, da für deutsche Wolle blos 140 per Ztr. geboten werden. Die Einfuhr australischer und ungarischer Wolle wird eben von Jahr zu Jabr mehr cmpinndcn.

(Bvlksbank Stuttgart E. G. in Konkurs.) Nach ei­ner Bekanntmachung der Kvnknrsverwaltnng beträgt die Summe der zu berücksichtigenden Forderungen 2 >171719 M. 22 Pf., der verfügbare Massebestand: I44 5Ü7 M. 2'> Pst

Hcilbronn, 23. Mai. (LedermarN von: 20 . Mai.) Die Zufuhren haben das gewöhnliche Mas; dieses Marktes zwar im Ganzen nicht überschritten, aber sie bestanden in ihrer gro­ßen Mehrheit ans Wildoberlcder und Schmalledcr, und hiefur zeigte sich keine entsprechende Nachfrage, so daß die geringen Qualitäten zu etwas gedrückten Preisen abgegeben werden muß­ten, während die besseren Sortimente den letzten Preisstand be­haupteten. Ebenso haben die verhältnismäßig kleinen Zufuhren von Sohlleder, Zengledcr und Kalbledcr zu veränderten Preisen willige Abnahme gefunden.

Metzingen, 21. Mai. In der Gegend des grünen Felsen schwindet die Hoffnung ans einen ordentlichen Obster- Irag immer mehr. Infolge der heißen Tage sind die ange­setzten Kirschen fast alle, die Birnen znm größten Teile abge- fnllcn. Nur gewisse Sorten, wie die Hcrzkirsche und die Brat­birne, haben sich gehalten. Die Apfelbiüte birgt Würmer, welche sich, wie im oberen Ermsihale bereits an manchen Bäumen

über das junge Laub hermachen. Nur der Weinstock hat nicht »otgclittcn und könnte Ersatz für den Obstaussall bieten.

Allerlei.

(Die Jäger'schen Haorduftspeiscn.) Herr Dr. Gustav Jäger fühlt sich nunmehr veranlaßt, über die neuersundenen, nach Art der homöopatifchen Mit­tel bezeichnetenAnthropin-Kügelchen", welche in dem Menu der Menschheit künftig eine so große Nolle spielen sollen, einige Aufschlüsse zu erteilen. Er konstatiert, daß er durch eine ganze Reihe von Thatsachen" zu dem Verfahren geführt worden sei:den in den Haaren des Menschen enthaltenen individuellen Geruch durch Zerrciden mit Milchzucker zu gewinnen und in geeigneter Potenz in Form von Streukügelchen zu verwenden." Wie dieseThat- fachcn" anssehcn, mögen folgende Beispiele beweisen: ErsteThatfache":Die massenhaften therapeutischen Ersvlge meines Woll-Regimes zeigten auf's unwi- derleglichste, daß von dem Träger ungefärbter Woll- kleiduug in die Kleidung eine iudividuelleigeutümliche, von dem Erzeuger als Wohlgeruch und Heilpotenz leicht erkennbare Substanz übergeht, also eine Art von Sclbstarznci: eine Tyatsache, die auch in dem uralten Volksgebrauch, getragene Wollstückc, beson­ders Wollstrümpfe, zu Heilzwecken zu verwenden, ihre praktische Bestätigung findet. Mein erster Schritt zur innerlichen Anwendung war die Ver­wendung getragener Wolle als Tampvn in hohle, schmerzende Zäyne, in's Oyr und bei Diarrhöen und wurden dabei promte Erfolge erzielt. Zweite Thatfache":Beim Voile ävcrden jetzt noch ver­schiedene Körperausfchcidungcu, z. B. Speichel als Seldstarznci und zwar mit promptem Erfolg, na­mentlich bei Verwundung, Schwindsucht und Augen­leiden, sowie als Kosmctiknm verwendet; tcnier hei­len die Säugetiere durch Bcleckung die schwersten Wunden." Nach Auszählung einiger ähnlicher Be­obachtungen bemerkt Herr Dr. Jäger:Unter den obigen Tyatsachen war die erste für mich die bekann­teste, deshalb kam ich dazu, die Sekbstarznei nicht an den Orten, wo sie das Mittelalter und das Volk sucht, zu nehmen, sondern aus der eigenen Wolle, d. h. den Haaren, zumal da dies auch der appetit­lichste Ort ist (!!!). Über den in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwurf der Unappetitlichkeit bemerke ich: Unappetitlich ist nur das Übelriechende, und durch genügende Verdünnung wird alles Übelrie­chende wohlriechend. Ein Haar in einem Teller Suppe kann man unappetitklich nennen, aber wer den Bodensee unappetitlich findet, wenn ein Haar hineingefallen ist (soweit ist der Haarduft an den Pillen verdünnt), zählt nicht zu den Verständigen, an die ich mich wende und mag bei den eckelhasten Arzneien der gewöhnlichen Ärzte stehn bleiben." In Geschmackssachen gibt es bekanntlich keinen Streit. Wer denHciardnst" appetitlich findet, möge sich die nach derJäger'schen Methode zubereiteten Spei­sen wohl bekommen lassen.

jEin Wort an junge Frauen.) Begnügt Euch damit, klein cmzusangeii. Nur zu häufig wol­len junge Frauen so elegant beginnen, wie ihre Mütter endeten. Kauft Alles, was zur geschickten Ausführung Eurer Arbeit nötig ist. Schmückt Euer Haus mit Allem, was es gemütlich machen kann. Seht nicht auf reichere Haushaltungen und begehrt nicht deren kostbare Einrichtungen. Seid Ihr aber geneigt, mit Euren Verhältnisien unzufrieden zu wer­den, so besucht die Häuser der Armen; betrachtet die dunklen, freudlosen Räume, die notdürftige Klei­dung, den gänzlichen Mangel an allen Bequemlich­keiten des Lebens und kehrt darauf freudig an Euren eigenen Herd zurück. Ihr werdet dann Euren Gat­ten mit dankbarem Herzen empfangen und seine aufopfernden Anstrengungen schätzen lernen, mit wel­chen er Euch ein gemütliches Heim zu schäften be­müht ist. Richtet Ihr Eure Ausgaben so ein, daß das Gemüt des Mannes nicht fortwährend von Nah- rungssorgeu bedrückt wird, so wird seine treue Gehilfin das Glück des Hauses mehr als durch eit­len Glanz fördern!

(Ein kleines Mißverständnis.) Lieutenant:Sagen Sie dem Herrn Oberst, cS thäl' nur sehr leid, morgen abend nicht kommen zu könne», da ich bei seiner Hochzeit zur Hont cingeladen bin!" Johann (zum Oberst):Eine schöne Em­pfehlung vom Herrn Lieutenant und er könnt' morgen abend nicht kommen, weil er bei seiner Hoheit znm Kraut cingeladen ist."

(Galgenhumors Nazi:Schorschl, woher hast

denn Du den geschwollenen Backen?" schorschl:Den?" das -- ist weibliche Hand arbeit." _

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. Druck und

Verlag der G. W. Zaiscr'scheu Buchhandlung in Nagold.