in der Versammlung anwesende württembergische Bevollmächtigte zum Bundcsrat, Regierungsiath Schicker, constatirte, daß die Bildung solcher Vereine, wie der hier zu Stande gekommene, ganz im Sinne der verbündeten Regierungen sei.
Stuttgart. 3. April. Den neuesten Nachrichten aus San Remo über das Befinden Sr. Majestät des Königs zufolge ist erfreulicher Weise in demselben ein konstanter, wenn auch langsamer Fortschritt wahrzunehmcn. Doch sind immer noch Ucber- reste der nun gerade vor einem Jahr aufgetretenen Lungen- und Rippenfell-Entzündung nachzuweisen und rasche Bewegungen, langes Gehen und insbesondere Berga nstcigcn verbieten sich von selbst. Es wird daher voraussichtlich von Seiner Majestät noch für längere Zeit ein gleichmäßiges ruhiges Verhalten zu beobachten sein.
Stuttgart, 3. April. Heute vormitag ist auf dem hiesigen Bahnhof der 3000. Eiswagen von Zell am See angekommen, der für eine hiesige Bierbrauerei bestimmt ist. Der Wagen war schön bekränzt.
Eßlingen, 31. März. Ein sonderbarer Kaufvertrag kam dieser Tage hier zu Stande. Ein Bürger verkaufte allen Ernstes an einen Metzger ein Schwein für 200 Pr. Kubikmeter. Nachdem nun aber der Kubikinhalt des Schweins den Illusionen des Verkäufers nicht entsprochen hat, so hat der Verkäufer die Gültigkeit des Vertrags für null und nichtig erklärt. Die Sache soll nun vor dem Gerichte ihre Erledigung finden.
Im Remsthal stehen die Kirschbäume und anderen Frühobstbäume in Blüte.
In Neckar Hausen (Nürtingen) wurde in
der Nacht vom Samstag auf Sonntag in das Pfarrhaus eingcbrochen und nicht nur sämtliche Kleider des Pfarrers, sondern auch das Opfergeld, eine größere Summe Privatgeld, eine geladene Pistole, ein Abendmahlskelch, viele Schlüssel rc. gestohlen. Von dem Thäter hat man noch keine Spur.
Aus Württemberg, 2. April. Landesgerichtsrat Dr. Gaupp wird über die Zeit der Abwesenheit des Prof. Dr. v. Mandry zunächst für ein Jahr einige Vorlesungen des letzteren an der Universität Tübingen übernehmen.
Man liest so oft von Verbrechern, die vor Gericht gebracht alle und jede Angabe über ihre Person verweigern oder die durchaus nicht zu vermögen sind, über den Verbleib oft bedeutender von ihnen gestohlener und geraubter Werte irgend welche Auskunft zu geben. Die „Bad. Landp." veröffentlich! einen in dieser Beziehung lehrreichen Vorgang, dem wir hier eine Stelle einränmen. Es heißt dort: „Offen bürg, 29. Mürz. Vor einigen Jahren wurde ein Strolch von einem Gendarmen ins Gefängnis transportiert. Unterwegs legte er sich zu Boden und weigerte sich beharrlich, weiter zu gehen. Da alles Zureden des Gendarmen nichts nützte, so nahm dieser endlich seinen eisernen Ladstock und wußte ihn mit solcher eindringlichen Beredsamkeit zu handhaben , daß der Strolch bereitwillig aufstand und sich weiter transportieren ließ. Vor den großh. Amlsiichtei geführt, weigerte er sich entschieden, seinen Namen rc. anzugcben. Da alles Zureden vergeblich war, flüsterte der Gendarm dem Amtsrichter ins Ohr, doch so vernehmlich, daß es der Strolch hören mußte: „Erlauben Sie, Herr Amtsrichter, daß ich mit diesem Mann ein kleines Zwiegespräch o.b- h.llte?" Kaum halte der Amtsrichter seine Zustimmung hiezu erteilt, als der Strolch bereit war, Namen und Hinkunft zu nennen. Man gehe hin und Ihne desgleichen.
In der Zacherl'schen Brauerei in München wird seit einigen Tagen das Salvatorbier ausge- schenkt. Eine unabsehbare, sich stoßende, drängende, hebende und schiebende Menge, Frauen, Kinder, Männer, bewaffnet mit dem Maßkrug, welcher das köstliche Naß birgt, ist versammelt. Hüben und Drüben kleine Musikkapellen, welche die beliebtesten Bock- weisen zum Besten geben. Die Luft ist förmlich erschüttert von dem unaufhörlichen Hochrufen; fliegende Händler, die Nadi, Käse, Eier, Bretzeln fcilbieten, erhöhen den Scandal, so daß eine Unterhaltung mit dem Nachbar unmöglich ist. Am vergangenen Sonntag sind im Salvatorkeller 23 200 Liter getrunken worden, welche einen Ertrag von 9280 Mark (den Liker zu 40 Pfg.) ergaben. Die sämtlichen umliegenden großen Keller des HofbränhauseS, der Sedlmayr-, Eberl-, Kindl-, Stubenvoll-Brauerei waren
zu gleicher Zeit von Tausenden und Abertausende» überfüllt; cs wird an solchen Tagen nach zuverlässiger Schätzung in München für 20000 bis 25000 Mark Bier getrunken.
Berlin, l. April. Der Kaiser ließ dem Fürsten Bismarck durch einen Flügcladjutantcn seine Glückwünsche abstattcn, der Kronprinz, Prinz Heinrich und Prinz Alexander gratulierten persönlich. Die Minister, viele Generale und höhere Militärs, viele Herren und Damen der Hofgesellschaft und Notabilitäten aus allen Kreisen brachten ihre Glückwünsche persönlich dar. Die Gratulationstelegramme zählten mittags bereits nach vielen Hunderten.
Berlin, t. April. Die llnfallversichcrungs- kommission lehnte die facultativc Zulassung der landwirtschaftlichen Arbeiter mit Stimmengleichheit ab.
Berlin, 3. April. Der Bundesrat beriet gestern unter dem Vorsitz des Fürsten Bismarck über die von der deutsch-freisinnigen Partei erhobene Forderung eines verantwortlichen Neichsministeriums. Die Anregung zur Erörterung der Angelegenheit ging von Sachsen und Württemberg aus. Die Beschlüsse werden geheim gehalten; doch wird eine entschiedene Kundgebung gegen diese Forderung erwartet.
Das „Bert. Tagbl." will wissen, daß die Stelle eines preußischen Ministerpräsidenten in Fortfall kommen und künftig der König bei den wichtigeren Sitzungen des Ministeriums den Vorsitz führen, diesen aber vertretungsweise dem Kronprinzen übertragen werde. Die „Nat.-Ztg." schreibt dem Fürsten Bismarck die Idee zu, daß der Vorsitz stets von deni ältesten Mitgliede des Ministeriums zu führen sei. Die Korrespondenz „Fortschritt" hält es für ausgemacht, daß Herr v. Puttkamcr Ministerpräsident, Herr v. Bötticher Handelsminister und Graf Hatzfeldt preußischer Minister des Auswärtigen wird. Selbstverständlich sind dies alles Conjektnren.
Dem Bundesrat ist eine Vorlage zugegangen, welche das Reich ermächtigt, die Privatbahnen zur Herstellung von Anlagen im Interesse der Landesverteidigung anzuhalten, event. diese Anlagen gegen den Willen der Bahnen auszusührcn.
Die Errichtung von Ncichssparkafsen ist beschlossene Sache, der Organisationsplan ist festgestellt und hat die Zustimmung des Kanzlers erhalten. Die Sparkassen werden vom Reichsschatzamt ressortieren; die Post wird mit der Annahme und Auszahlung der Gelder betraut, daher die Kassen auch in Deutschland Postsparkassen genannt werden sollen.
In der Nähe von Barmen steckte ein Bauunternehmer mehrere Dynamitpatronen in die Hintere Rocktasche und setzte sich in der Bahnrestauration zum Kaffeetrinken nieder. Kaum hatte er sich gesetzt, so entzündeten sich die Patronen und zerrissen den Unglücklichen in viele Stücke. Im Saale wurde alles zertrümmert, nur ein Kanarienvogel im Käsig blieb unversehrt.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 2. April. In der Staatsdruckerei brach heute Feuer aus, wodurch eine große Masse an Stempeln und Papier vernichtet wurde. Frankreich.
In Frankreich fängt man nachgerade an, sich das Kerbholz Englands etwas näher anzusehen und entdeckt dabei, freilich etwas spät, daß es mit der angeblichen Freundschaft Englands gegen die französische Republik nicht weit her sei. Die Schädigung der französischen Interessen durch England in Egypten, in China, Madagaskar, Abessinien und am Congo werden jetzt den Franzosen allmählich etwas klarer und je mehr dies der Fall, desto mehr verliert auch der alte Haß gegen Deutschland an seiner L>chärfe und eine beiderseitige Annäherung erscheint jetzt viel eher möglich als jemals seit dem letzten Kriege.
Die französische Presse fährt fort, die Ereignisse im Sudan in einer für England mehr als un- liebenswürdigen Weise zu besprechen. So schreibt heute „Paris": „Die Niederlage wird immer größer, General Gordon wurde zwar nicht gefangen genommen, wie das Gerücht ging, aber er ist geschlagen worden und eingeschlossen. Kein Geld, keine Soldaten, geschlagen und cerniert! Das sagt in wenigen Worten, wie sich die Lage des Kandidaten auf den Thron von Sudan zusammcnfassen läßt. Wenn demnach die englischen Correspondenten in Chartum und Suakim uns versichern, daß das Prestige des Mahdi im Abnehmen begriffen sei und die Tribus
sich auf den Abfall von ihm vorbereiten, so ist man versucht zu glauben, daß sie sich mit dem Publikum einen Spaß machen wollen. Wenn das Prestige irgend Jemandes im Sudan, in Egypten und — sagen wir es nur — in der Welt im Abnehmen ist, so ist es gewiß nicht dasjenige Mohamed Achmeds, sondern vielmehr das Britannia's".
Deutsche Socialistcn. In Roubaix fand am 30. März ein Kongreß socialistischcr Arbeiter statt. Auf demselben gelangte auch eine Zustimmungsadresse von einer Gruppe deutscher Sozialisten zur Verlesung, in welcher es heißt: „Die deutschen Vendomesäulen werden auch ihrerseits fallen!" Die Versammlung brachte daraufhin ein Hoch auf die deutsche Socialdemokratie aus.
England.
London, 3. April. Gestern Abend entstand großes Feuer in Paternosterrow (Straße Londons); dasselbe dauerte 5 Stunden; mehrere Häuser wurden zerstört, große Verluste.
Handel L Verkehr.
(Konkurseröffnungen.) Knkpnr Bammert, Käser in Weinstctten (Laupheim). Ferdinand Möhrle, Taglöhner in Saulgnu. -f Johann Jakob Eckardt, Weingärlners in Winterbach, Nachlaß.
Hcrr enbcrg, 31. März. Gestern Nachmittag hielt die hiesige Vorschußbank, E. G., ihre jährliche Generalversammlung im Gaslhof zur Post hier. Aus dem Rechenschaftsberichte ergibt sich Folgendes: Der Gesammtuinsah beträgt l 572 680 75 (gegen 1 377 147 73 im vorliergehenden Jahre),
der Reingewinn 8192 .4e 9 at. Die Mitglieder erhalten 6 pCt. Dividende aus 142 589 ^tl dividcndeuberechtigtcm Einlagekapital mit zusammen 8555 34 ^k, während der Nest mit 236 «
75 dem Reservefonds zugewiejcn wurde, der sich dadurch auf 16818 42 -1 erhöht. Das eigene Betriebskapital mit Ein
schluß des Reservefonds beträgt 178544 ^ 12 ^1. Mitglieder sind es 571. Verluste kamen keine vor.
Vom Gäu, 31. März. Der Transport von Hopfenstangen ist momentan im vollsten Gange. Die meisten dieser Stangen kommen aus Bayern, von der böhmischen Grenze. Auf den Bahnhöfen Herrenberg und Bondvrf dürften nach geringer Schätzung immerhin zusammen 25 000 Stuck lagern. Der Durchschnitsprcis pro Hundert beläuft sich ans 76 .«i.
Allerlei.
— Von der Macht des Gesanges auf das menschliche Gemüt erzählte bei dem Kaiserbankett in Göppingen Direktor Dr. Länderer folgende selbstcr- lebte Begebenheit aus dem 70ger Krieg. Sic seien, sagte der Redner, am 8. Sept. desselben Jahres mit einem großen Eisenbahnzng schwer verwundeter preußischer und sächsischer Grenadiere in den Kölner Bahnhof eingefahren. Auf dem Perron daselbst stand eine Kompagnie sächsischer Infanterie, lauter junge schmucke Soldaten. Diese haben Angesichts der dem Tode verfallenen Brüder das mächtig erhebende Lied „Die Wacht am Rhein" mit einer Begeisterung gesungen, welche die Schwerverwundeten förmlich elek- trisirt und die bleichen Wangen derselben mit einem leichten Rot überzogen habe. Einer der dem Tode Verfallenen, ein Trompeter, welchem beide Füße abgeschossen und der linke Arm zertrümmert war, verlangte, daß man ein Fenster des Wagens öffne. Darauf nahm er mit der Rechten seine neben ihm liegende zerknitterte Trompete und blies daraus das von seinen Kameraden auf dem Perron angeslimmte Lied mit. Kein Auge blieb angesichts dieser erschütternden Szene trocken. —
— Orthographisches. Aus dem Spreewalde geht der Voss. Ztg. folgende orthogiaphsiche Probe aus der Fever eines dortigen Ortsschulzen zu. Ein dienstliches Schreiben dieses dörflichen Würdenträgers lautet: „Ich hatte Stiere, das der Schank Darm Seidel für Wage Bunten Pei geliefert att.
F." Das soll heißen: Ich attestire, daß der
Gendarm Seidel vier Vagabunden beigeliefcrt hat.
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Auflösung des Rätsels in Nro. 40.
Myrlh E Obel D RumäuicN Gnciseua U Eidn M Nisa M Sponlin I Tnuida D Ura L
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Verantwortlicher Redakteur Stein wandet in Nagold. — Druck und Vertag der G. W. Zaiscr'schen Buchhandlung in Nagold.