Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag den 6. Mär?

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1884 .

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

A irrtliche s.

Nagold.

Mn die Hrtsvorsteher und Steuer-Linöringer.

Steuer-Abrechnung betreffend.

Da mit dem 31. März d. I. das Etats- und Rechnungsjahr 1883/84 zu Ende geht und ein Steuerrückstaud gegenüber der Amtspflege, wenn solche ihren Verbindlichkeiten rechtzeitig Nachkommen soll, unter keinen Umständen geduldet werden kann- so haben die Ortsvorstclier und Steuereinbringer dafür zu sorgen, daß längstens bis 20. Mär; -s. Is.

mit der Oberamtspflege Steuer-Abrechnung vorge- rwmmen wird. -

Den l- Mürz 1884. K. Oberamt. Güntncr.

Nagold.

Keka»ntmach«ng.

In der bisherigen Eintheilung der Jmpfbe- Zirke tritt auch im Jahre 1884 eine Aenderung nicht ein, was hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

Den 3. März 1884.

K. Oberamt. Güntncr.

Die Vorpriistmg von Schulamtszöglingen sür den Ein­tritt in eine Prüparande».Anstalt findet im Seminar N ag o ld statt: l) Montag den l0. März diejenigen aus den Bezirken Calw und Nagold. 2j Mittwoch den 12. März diejenigen aus den übrigen Bezirken des Generalats Tübingen. 3) Frei­tag den 14. März diejenigen aus dem Geueratal Reutlingen, mit Ausnahme des Bezirks Nürtingen, sowie diejenigen aus den Bezirken Knittlingen und Vaihingen.

Gestorben: Den 2. Mürz zn Stuttgart I)r. plnl. Th. Griesinger, Buchhändler und Schriftsteller, einst Redakteur des Landbolcn, in den großen politische» Prozeß wegen der Reutlingcr Versammlung verwickelt, aber 1652 freigesprochen, längere Zeit in Am erika, 74 Jahre alt . _

Ale Uebrrproduktiou au gelehrter KUdung.

Es geht durch unsere Zeit ein Streben indi­viduellen Wissens nach Aneignung einer allgemeineren und höheren Bildung, und so lauge sich diese Be­strebungen in gewissen Grenzen halten, sind sie ent­schieden nur zu billigen. Wenn indessen hierdurch allmählich Zustände eintreten, welche ernste Gefahren in sich bergen, so erscheint es wohl angebracht, die­sem übdr seine Ufer gehenden Bildungsdrange ent- gegenzutreten und ihn in sein natürliches Bett zu­rückzuleiten; einem derartigen, durch die heutigen Verhältnisse sich nicht mehr rechtfertigenden Drange begegnen wir in dem immer mehr und mehr sich ver­breitenden Streben nach gelehrter Bildung. Die Thatsache läßt sich nicht leugnen, daß jedes Jahr die Zahl derer, welche den Abschluß ihrer Bildung auf den Universitäten eihalten, wächst, ohne daß die Nachfrage nach den geistigen Kräften auch nur ent­fernt Schritt hält und die Folge dieses Mißverhält­nisses ist, daß eine Ueberfülle in den gelehrten Be­rufsarbeiten producirt wird, welche bedenkliche Folgen haben muß. Wir wollen diese Thatsache, ehe wir ihren Ursachen nachforschen, an einigen Beispielen beweisen.

Ans den deutschen Universitäten befinden sich gegenwärtig ca. 25 000 Studenten, während sich diese Zahl im Wintersemester von 1869 bis 70 auf nur 13 600 belief, die Zahl der Studirenden hat sich also Heuer nahezu verdoppelt. In Bezug auf die ein­zelnen Fakultäten ist zu bemerken, daß 1874 6000 Philosophie studirten, während jetzt über 9000 junge Leute sich dem Studium der einzelnen philosophischen Disciplinen (Philosophie, Philologie, Mathematik, Naturwissenschaften n. s. w.) widmen. In den 30er

Jahren reichte die Zahl der klassischen Philologen mit Mühe und Nöth nur aus, um den Bedarf zu decken und jetzt übersteigt das Angebot, um einen kaufmännischen Ausdruck zn gebrauchen, bei weitem die Nachfrage. Ebenso ist es mit den Studirenden der Medizin und der evangelischen Theologie, deren Zahl sich seit 1876 nahezu verdoppelt hat. Nur in der katholischen Theologie ist ein Rückgang einge- trcten; 1830/31 studirten 1800, 1860 : 1200, 1879/80 600 katholische Theologen, im letzten Sommersemester wieder 800, und zwar ist dieser Rückgang nicht ge­rade als eine Folge desCulturkampfes" zu be­trachten, denn es giebt auch in Bayern nur halb so viel katholische Theologen, als gebraucht werden. Bekannt ist die Ueberfüllung in der juristischen Fa­kultät. 1870 bis 75 waren in Preußen 1700 Re­ferendare vorhanden, 1881 aber schon 3600, für welche die vakanten Grellen noch lange, lange nicht zureichten und noch immer wächst die Zahl der jungen Juristen in unverhältnißmäßiger Weise wohin steuern wir mit diesen Zuständen?

Was nun die Ursachen dieser so unwiderleglich zu Tage tretenden Ueberproduktion anbelangt, so wirken hierbei verschiedene Umstände zusammen. In erster Linie ist es wohl die im Vergleich zu den Mittelschulen ganz nnverhälnißmäßige Verbreitung der Gymnasien, besonders in Preußen, in welchem Staate den 285 Gymnasien und Progymnasien nur 105 Real­schulen und 104 höhere Bürgerschulen gegenübersteyen und am eclatantesten tritt dies Mißverhältnis; in der Provinz Posen hervor, welche auf 16 Gymnasien und Progymnasien nur 4 Realschulen und keine ein­zige höhere Bürgerschule zählt! Die Fälle, daß ein Gymnasialabitnrient sich nicht den Universitätsstudien, sondern praktischen Bcrnfsarten (Post, Forstfach, Bergbau n. s. w.) znwendet, sind ziemlich selten, die übergroße Mehrzahl bezieht die Universität desBrod- studinms" halber, um nach Beendigung des akade­mischen Trienm'ums oder Qninqnenniums auf die Jagd nach vacanten Stellen angewiesen zu sein. Hand in Hand mit diesem numerischen Ueberwiegen der Gymnasien geht die künstliche und unnatürliche Bevorzugung der gelehrten Bildung durch die maß­gebenden Behörden; wir wallen hier keine einzelnen Beispiele aufführen, sondern nur ans das Factum Hin­weisen, daß in vielen Fällen von den Behörden der akademisch Gebildete vor demjenigen, welcher kein Universitätszeugniß vorlegen kann, vorgezogen wird, während doch oft Hundert gegen Eins zu wetten ist, daß letzterer sich west schneller in die Verhältnisse fügen und mehr praktischen Sinn entwickeln würde, als sein Nebenbuhler, dem der Staub der Hörsäle noch den Blick für das praktische Leben trübt. Und dieser Umstand, daß man sich durch akademische Bil­dung mit größerer Leichtigkeit eine gesellschaftliche Stellung erringen kann, ist eben auch ein Grund, welcher wesentlich dazu beiträgt, unsere Jugend den Universitäten zuzutreiben. Endlich läßt sich nicht verkennen, daß die gegenwärtig noch immer aus man­chen Gebieten herrschende wirthschaftliche Depression die jungen Leute immer mehr ans einer praktischen Thätigkeit in den Staatsdienst treibt und wer da keine Lust zum Post- oder Forstfache hat, nun der geht eben, wenn er ein Maturitätszeugnis; in der Tasche hat, ans die Universität und studirt da getrost Jura oder Philologie, weil er denkt, er würde auf diesem Wege eher z» einer sicheren Stellung gelangen, als wenn er sich sofort einer praktischen Berufsart widmete, und wie oft trügt nicht diese Calculation!

(Schluß folgt.)

Altheim. In manchen Zeitungsblättern (s. auch Gesellsch. Nr. 27) wird der schreckliche Tod unseres Mitbürgers Jvh. Dettling als ein Raub­mord dargestellt. Dieses ist falsch. Der Unglück­liche ist jedenfalls schlafend vom Wagen gefallen, mit dem Fuße hängen geblieben, konnte sich nicht frei machen und wurde geschleift. Das großartige Leichcnbegängniß, die allgemein sich kundgebende innige Theilnahme beweisen, wie beliebt der biedere Mann überall gewesen ist.

Cannstatt, 4. März. Gestern Vormittag wurde ein 16 Jahre alter Lehrling von hier dem K. Amtsgerichte in Stuttgart übergeben, weil der­selbe in einem an ein hiesiges älteres Fräulein ab- gesandten Brief unter Androhung von Mord und Brandstiftung Geld zu erpressen versucht hat. Bei seiner Festnahme durch die Fahndungspolizei hatte derselbe eine Pistole, einen L-chlagring und einen weiteren Drohbrief im Besitz. Die Bedrohte ist seine Pathin.

Mit dem Bau des Thnrmes zum Ulmer Mün­ster geht es rüstig vorwärts. Die mächtigen Fun- damentirungs- und Verstärkungsarbeiten sind nahezu vollendet; der unbrauchbare Ansatz des Achtecks aus späterer Zeit sammt der alten Thurmkappe sind ab­gebrochen und die große Fläche der oberen Platt­form des Thurmvierecks in einer Höhe von 237 Fuß ist nun frei. Von hier soll sich das Achteck mit der Spitze nach dem ursprünglichen Plane des Meister Böblinger noch 287 Fuß emporheben, sodaß die Gesammthöhe 524 Fuß ausmacht und der Thurm somit das höchste Bauwerk auf der Erde darstellt.

In Biberach geriethen demN. T." zufolge die beiden Theilhaber einer Dampfsägerei in Thät- lichkeiten gegen einander. Der kaufmännische Associe kam dabei auf die im schnellsten Lause befindliche Cirkularsäge, die ihm den Arm bis auf die Knochen zerschnitt.

Niederstetten, 2. März. Vorgestern Abend gegen 6 Uhr ereignete sich hier ein sehr bedauerns- werthes Unglück. Die 16jährige Tochter einer in der Nähe einer Bierbrauerei wohnenden Witwe war eben im Begriff, einen Gießer voll Wasser zu holen, als sie, von einem Schuß in den Rücken getroffen, plötz­lich zusammenstürzte. Wie es sich ergab, hatte der Lehrling in der Bierbrauerei mit einer Zimmerbüchse geschossen und das Mädchen so unglücklich getroffen. Die Verwundete liegt auf den Tod darnieder und leidet unsägliche Schmerzen.

Brandfälle: In Haßfelden, Pfarrweiler, 1 Stunde von Jlshofen, eine reich gefüllte Scheuer; in Langenbrand, OA. Neuenbürg, ein Wohn- und Oekonomiegebäude.

Pforzheim, 4. März. Wie uns von Wild­bad geschrieben wird, haben einige Herren die bekann­ten Ötternfänger Gebrüder Schmidt veranlaßt, mit ihren 4 Hunden dorthin zu kommen. Die Ankunft wird in den nächsten Tagen erfolgen. In unseren Gewässern haben die Fischottern so zugenommen, daß sür den Fischstand das Schlimmste zn befürchten ist; wir machen deßhalb die Fischereigesellschaften der Gegend ans die günstige Gelegenheit aufmerksam, die Fischfeinde abfangen zn lassen. Da die Fahrtkosten für die Otternjäger in Wegfall kommen, dürften sich die Auslagen per Mann und Tag nur auf ca. 10 Mark stellen. Die Otternfelle fallen den Jägern zu.