Italien.

Venedig, 28. Okt. Der heftige Scirocco treibt das Wasser in die Stadt. Der Marcusplatz ist zwei Schuh hoch überschwemmt. Der Verkehr ist unterbrochen.

. Schweiz.

Bern, 30. Octbr. Durch einen furchtbaren Föhnorkan und darauffolgenden heftigen Regen sind in Grindelwald fast alle Gebäude zerstört oder be­schädigt. Die Heuvorräthe haben in Folge des Re­gens schwer gelitten. Die schönsten Bergwaldungen sind vernichtet, Menschenleben aber nicht zu beklagen.

Gib mir, wo ich stehe, und ich werde die Welt aus ihren Angeln heben!" soll Archimedes ge­sagt haben. Es scheint, die Schweiz ist von Um­stürzlern als der Punkt erkannt worden , von dem aus die alte Gesellschaftsordnung über den Haufen geworfen werden könnte. Denn nicht nur die um­stürzerischen Franzosen und Russen, sondern auch die sozialistischen Deutschen bauen sich dort ein Nest, in welchen sie ihre weltbeglückenden und weltumgestal- tenden Pläne ungestört aushecken und fördern. Be­kanntlich ist in der Presse schon öfters davon die Rede gewesen, die in der Schweiz agitirenden Herren Sozialdemokraten haben sich als Versammlungsort eines alten Schlußes Namens Wyden bedient. Die­ses Schloß liegt nicht weit von Wintertbur entfernt, gehörte früher der Stadt Winterthur als Eeigenthum und ist erst seit etwa 10 Jahren in Privathände übcrgegangen. Dieses Besitzthum ist nun taut urkund­lichen Akts des hiesigen Landschreibers Lotzer in den letzten Tagen des August käuflich an ein Konsortium übergegangen, welches aus fünf Ausländern besteht. Ihre Namen sind: Herren A. Bebel, Grillenber­ger, Volkmar, C. Bürkly, F. Labutzkoff. Die ersten drei Namen erklären sich von selbst, und ist bei ihrem Zusammentreffen eine Verwechslung un­möglich. Außerdem sind der zweit- und drittgenannte Herr in Winterthur zum Eigenthumsantritt in Per­son anwesend gewesen. Hr. Bürkly ist ein wohlha­bender Züricher Sozialist, Kantonsrath, Hauptmann. Der letzte Name scheint einem Russen zu gehören. Da nun die Sozialdemokraten dieses Schloß kaum zu ihrem persönlichen Vergnügen werden erworben haben, so wird Wohl die öffentliche Meinung nicht fehlgehen, welche wissen wll, daß die deutschen So­zialdemokraten in Zürich das Schloß Wyden ins­künftig zum Mittelpunkt ihrer heimlichen Geschäfte machen wollen.

FraukreiS-

Paris, 28. Okt. Vorgestern wechselten 2 Engländer bei mehreren hiesigen Bankhäusern für 2 Millionen falsche Noten der Bank von England ein. Erst gestern Nachmittag entdeckten die Bankiers den Betrug.

Paris, 28. Okt. In Folge Beschlusses der Meister, eventuell am Dienstag alle Tischlerwerk­stätten zu sperren, herrscht Erregung im Arbeiter­viertel St. Antoine. An den Straßenecken waren röthe Plakate angeschlagen, welche in heftigen Aus­drücken die Arbeiter auffordern, sich am Sonntag im Saale Ragache gegen die Ausbeuter auszusprechen, welche die Arbeiter verhungern lassen möchten. Der Aufruf schließt mit den Worten:Krieg den Aus­beutern !" In den Straßen, wo die Tischler wohnen, bilden sich Gruppen. Wenn wirklich 40,000 Arbeiter brodlos werden sollten, sind Straßenunruhen nicht unmöglich, zumal da die Anarchisten, die aber mit den Sinkenden nicht zu identisiziren sind, die kleinste Unruhe benützen würden, um ihrerseits größere Kra­walle hcrvorzurufen. Die Regierung ist vorbereitet und wäre genöthigt, mit größter Energie zu handeln. Inzwischen werden anonyme Drohbriefe an Sie Börse, an Institute und Finanziers geschickt. Man ist hier der Ansicht, daß die Reaktionären Alles aufbieten, um eine Panique in Paris hervorzurufen und dadurch die Republik zu schädigen. (St.-A.)

Paris, 28. Oct. Duclerc hat am Samstag mit dem eidgenössischen Gesandten Kern eine Unter­redung über die revolutionären Umtriebe in der Schweiz gehabt. Die Bundes-Regierung, heißt es, zeige sich der Vornahme von Untersuchungen nicht abgeneigt, finde aber die in Frankreich verbreiteten Gerüchte übertrieben.

Paris, 30. Okt. Prinz Napoleon beabsich­tigt ein Manifest zu erlassen. (Fr. I.)

Aus Paris meldet man: Die Typhusepi­demie nimmt wieder zu. Am' Samstag wurden 86 Typhuskranke in den Spitälern eingeliefert. Die

Regierung ventilirt die Verhängung des Belagerungs­zustandes über die unruhigen Bezirke.

Marseille, 28. Okt. In Folge der letzten Stürme ist unsere Gegend überschwemmt, die Rhone und Durance sind ausgetreten; mehrere Ortschaften stehen unter Wasser, ebenso der Bahnhof in Cannes und die Promenade des Anglais in Nizza, letztere hat das Meer halb zerstört. Vor Saint Raphael sind zehn Schiffe gescheitert. In Cannes sind 7 Personen ertrunken. Bei Nimes sind wegen Boden­senkung acht Waarenwaggons in einen Abgrund ge­fallen. Dabei sind zwei Beamte umgekommen, einer schwer verwundet worden. Eine Abnahme der Ueber- schwemmung ist bemerkbar. (St.-A.)

Lyon, 30. Okt. In der Nacht des Sonn­tags entdeckte und beschlagnahmte die Polizei eine Dynamitsendung von 40 Kilo. (Fr. I.)

Lyon, 31. Okt. Gestern wurden hier sieden Anarchisten wegen Mordes verhaftet. Zwei dersel­ben sind auch d?r heimlichen Anfertigung von Dyna­mit beschuldigt.

Eine anarchistische Versammlung hat in Vienne (Jsore) stattgefunden, bei welcher die einzelnen Red­ner sich bis zu der Höhe ihrer Freunde in Paris emporschwangen. Ein Abgeordneter von der Arbei­tergruppe von Villefranche erregte einen wahren Beifallsorkan, indem er sagte:Keine Arbeitgeber mehr! keine Reichen! keine Spießbürger! die Prole­tarier haben genug gearbeitet. Sie wollen heute die soziale Liquidation und sie werden alle Mittel an­wenden, um zu derselben zu gelangen. Es lebe das Dynamit! es lebe die Kommune!" Und die Anwe­senden wiederholten insgesammt diese beiden Rufe. Die Provinz hat also von den Pariser Umstürzlern nichts mehr zu lernen; ihre kommunistische Erziehung ist vollendet!

Rußland.

Petersburg, 30. Okt. DerGolos" bestä­tigt, daß in dem sinnländischen Militärbezirk größere Defraudationen thatsüchlich vorgekommen sind. Der Kriegsminster Wannowsky sandte einen Ingenieur zur Untersuchung ab, welcher zunächst eine Defrau­dation von 200,000 Rubeln konstatirte.

In Petersburger Beamtenkreisen ist das Gerücht verbreitet, die Salbung des Kaisers Ale­xander habe in Moskau in Gegenwart der höchsten Staatsbeamten stattgefunden und sei zu Protokoll gegeben. Ob und wann die öffentliche Krönung stattfinden soll, ist nicht bekanut, aber die Anforde­rungen einer regelmäßigen Thronfolge sollen durch den Salbungsakt für gesichert gelten.

Für die Domkirche in Riga wird gegenwärtig bei Wal­ker u. Co. in Ludwigsburg bei Stuttgart eine neue Orgel ge­baut, die 120 klingende Register erhalten soll. Sie wird somit die größte Orgel d er Welt sein (die bisher größte in New-Aork hat llb klingende Register) und unzweifelhaft auch die großartigste und vorzüglichste, da alle neueren Errungen­schaften der Orgclbautechnik bei ihr zur Anwendung gelangen werden. So wird die neue Domorgel z. B. darin einzig da­stehen, daß sie von zwei Seiten, und zwar sowohl von der oberen wie von der unteren Empore gespielt werden kann, und zwar in der Weise, daß oben das ganze Werk mittelst des Gas­motors und unten ein Theil der Orgel durch Gebläse mit Hand­betrieb in Bewegung gesetzt wird. In Folge dieser Vorrich­tung kann das Orgelwerk auch von zwei Spielern zugleich ge- handhabt werden, indem der Eine das Solo, der Andere das Tutti spielt. Die Gesammtkosten des Werkes belaufen sich auf 90,000

Türkei.

Konstantinopel. Im Cabinetsrath wurde die Frage des Tabakmonovols discutirt und scheint dessen Annahme zweifellos.

Egypten.

Kairo, 29. Oct. Das Verhör der Belastungs­zeugen in dem Prozeß gegen Arabi durch die Unter­suchungskommission ist beendet. Das Verhör dieser Zeugen durch die Vertheidiger soll in einigen Tagen beginnen. Der Prokurator Borelli Bey soll sich da­hin geäußert haben, daß die Aussagen der Zeugen die Mitschuld Arabi's an den Plünderungen u. Brand­stiftungen in Alexandrien beweisen. (St.-A.)

Man meldet aus Kairo: Die Aussicht auf Arabi's Freisprechung wächst.

Amerika.

Newyork, 30. Okt. Das Parktheater ist heute Montag gänzlich niedergebrannt.

Heldeuthat eines Loco Motivs LH rer s. Ein Lo­komotivführer der Pennsylvania-Eisenbahn rettete durch eine außerordentliche Heldeuthat das Leben von 600 Passagieren. Während der Zug 35 (englische) Meilen per Stunde zurück- lcgte, wurde die Ofenthüre der Locomotivc von dem Heizer geöffnet, um frische Kohlen aufzulegen. Der Luftzug trieb die Flammen in solcher Weise hinaus, daß der Tender in Brand gerieth. Der Lokomotivführer und der Heizer wurden ge­

zwungen, sich in den nächsten Passagicrwaggons zu retten und die Maschine ohne Controle zu lassen. Die Geschwindigkeit vergrößerte sich und mit derselben die Flammenmasse. Es war die drohende Gefahr vorhanden, daß sammtliche Waggons in Brand gerochen und der ganze Zug ein Raub der Flammen werde. Di« Reisenden wurden von einer Panik ergriffen. Aus den Waggons zu springen, war sicherer Tod; in denselben zu bleiben, bedeutete die Gefahr lebendig zu verbrennen. Der Locomotivsuhrcr sah, daß der einzige Weg die Passagiere zu retten der sei, nach der Locomotive zurückzukehren und den Zug zum Stehen zu bringen. Er stürzte sich in die Flammen, er­reichte die Locomotivc und krackte den Zug zum Stehen. Man fand ihn später in dem Wasserbehälter mir verbrannten Klei­dern, entstelltem Antlitze, gräßlich verbrannten Händen und seinen ganzen Körper mit Brandwunden bedeckt. Schwach und halb bewußtlos wurde er nach dem Hospital gebracht, wo seine Verletzungen als ernst, von geringer Aussicht auf Wiederge- nesuug, bezeichnet werden. Sobald der Zug anhielt, wurden die Flammen leicht gelöscht. Das einstimmige Zeugniß der Passagiere ist, daß der Locomotivsührer ihr Leben rettete. Sein Name ist Joseph A. Sieg, ein Deutscher. (Er ist gestorben.)

Handel L Verkehr.

Stuttgart, 30. Okt. sMehlbörse.s An heutiger Börse kamen von inländischen Mehlen 730 Säcke als verkauft zur Anzeige zu folgenden Preisen per Sack: Nr. 0 35 «« 50 bis 36 Nr. 1 33 -35 Nr. 2 31 ^ 50 -i bis 32 Nr. 3 30 bis 30 50 -1, Nr. 4 24 bis 24 50 -l.

An ausländischen kamen 500 Säcke zur Anzeige:

Stuttgart, 30. Okt. sLandesproduklenbörse.s Wir notircn per 100 Kilogramm: Waizen, Ungar. 22.7523.60, serbisch 21.25, russ. 22.50, Kernen 21 22, Roggen, Ungar. 19.60, Gerste, bayr. 1718.25, Haber 13 bis 14.30.

Die Weinprcisc bewegen sich immer noch je nach Qualität und Lage zwischen 60 und 120 ^ pr. 3 Hekt. Die Notiz: Käufer erwünscht, ist aus vielen Orten zu lesen.

Rottenbürg, 30. Okt. (Hopfen.) Die Nachfrage nach Hopfen ist eine fortdauernd starke. Die Preise sind wie­der gestiegen bis zu 350 per Ztr.

Nürnberg, 26. Okt. s.Hopfcn.s Die heutigen No- tirungeu lauten: Württembergcr In. 330345 ila. 315 bis 325 ^l, IQu. 290-305 , Badische 300320 El­

sässer la. 810- 325 Ha. 290-300

Allerlei.

Ein Pferd, das nicht ziehen will, kann man in vielen Fällen auf folgende Weise kuri- ren: Nachdem ein solches Pferd angespannt ist, spannt man hinten an den Wagen ein anderes Pferd, wel­ches gut zieht, und treibt dieses an. Um nicht rück­wärts gezogen zu werden, wird ersteres alle Kräfte anwenden, stehen zu bleiben, und am Ende selber zu ziehen. Man treibt es nun zum Ziehen an u. macht es jetzt noch keine ernsthafte Anstalten dazu, so wie­derholt man jenen Versuch so-lange, bis es ernst­haft zieht.

Noch nie dagewesen. 1) Ein Redakteur, der es Allen recht machen kann. 2) Ein zwanzig Jahre alter Baier, der noch kein Bier getrunken. 3) Ein Abgeordneter, der noch bei keiner Sitzung ge­gähnt. 4) Ein Kellner, der ein Trinkgeld zu hoch findet. 5) Ein Bauer, der mit der Jahresernte, so ihm der Himmel beschert, zufrieden gewesen ist. 6) Ein Gymnasiallehrer, den die Jungen noch nicht hintergangen. 7) Ein Finanzminister, der über keine Steuer nachgedacht hat. 8) Ein stummer Barbier, es sei denn, daß er stumm von Natur wäre. 9) Eine Hausfrau, welche die Zeitung von der ersten Seite an zu lesen beginnt. 10) Eine Zeitung, welche noch nie eine falsche Nachricht gebracht hat.

Die Frau und das Krokodil. Fol­gende Fabel bedarf keines Commentars. In den Tagen, als die Thiere noch sprechen konnten, stahl ein Krokodill ein Kind und machte sich daran, es zu verzehren. Die arme Mutter bat jammernd um das­selbe.Sage mir eine unantastbare Wahrheit", sagte das Krokodil,und Du sollst Dein Kind wie­der haben". Die kummererfüllte Mutter dachte einen Augenblick lang nach und sagte dann schluchzend: Ich werde mir im nächsten Frühjahr einen neuen Hut kaufen."Nimm Dein Kind", sagte das Kro- kodil betrübt,ich bi n n icht s chlau genug für Di ch!"

sJahnke, Bienenfleiß und Bienensegcn. Leip­zig, F. Hirt und Sohn, 1882.s Der Vers, schildert, wie eine kleine Gemeinde aus dem Zustande moralischer und wirthschaft- licher Verkommenheiten heraus zum Wohlstände gelangt nnd geistig wie sittlich gehoben wird. Es geschieht dies durch die Bestrebungen eines edlen Mannes, der, aus Amerika zurnckgc- kehrt, sich in seinem Heimathsorte eben zu derselben Zeit, als eine Schaar von Auswanderern denselben verläßt, eine neue Existenz gründet. Er erschließt dem Orte, dessen Bewohner er auf Bienenzucht, Obst- und Hopfenban, Anpflanzung von Korbweiden und anderer nutzbringender Pflanzen, Kultivirung des schlechten und brachliegenden Bodens führt, ganz neue Er­werbsquellen, und lehrt durch sein Beispiel Bienenfleiß, dem dann der Bienenscgen folgt. Diese praktischen Belehrungen sind in eine lehrreiche Familiengeschichte hinein verwebt. In der­selben wird das Leben und die Zucht der Biene, moderne Fra­gen, wie die der Masscnauswandcrung, Kolonisation und dcrgl. eingehend erörtert. (Das Buch ist zu 1.20 von der G. W. Zaiscr'schen Buchhandlung in Nagold zu beziehen.)