Berlin heute als erste Stadt des Continents eine elektrische Straßenbeleuchtung eröffnete. Derselbe trank hierauf auf das Wohl des großen Lichtfinders Siemens. Letzterer dankte mit einem Hoch auf Berlin.

Berlin, 21. Septbr. Das Konnte für die Hygieine-Ausstellung ist überrascht von dem Umfang der Anmeldungen zur Beschickung der Ausstellung. Die Zahl der früheren Aussteller ist nicht nur bereits vollständig wieder erreicht, sondern es sind auch sehr viele neue Meldungen hinzugekommen. Die Regie­rungen und die städtischen Behörden haben sich in hervorragender Weise betheiligt. Am 15. Oktober sollen die Meldungen geschlossen werden. Das Ganze verspricht an Großartigkeit die frühere Veranstaltung erheblich zu übertreffen.

Berlin, 22. Scpt. DieKreuzzeitung" be­tont, daß bis zur Stunde keinerlei diplomatische Ver­handlungen wegen Egypten stattgefunden haben und daß solche auch nicht eingeleitet würden, bevor eine Basis für dieselben vorhanden sei, welche wiederum nur durch Anträge Englands gegeben werden könne. Vorläufig existiren diese Anträge noch nicht.

Ein junges Ehepaar aus Berlin kam in diesen Tagen von seiner Hochzeitsreise durch die Schweiz zurück. In Basel hat sich in das Gasthofszimmer, welches das junge Paar be­wohnte, ein Dieb cingeschlichen, der sich, während jenes schlief, bereits der Brieftasche des Herrn Di. mit 4000 Inhalt, sowie seiner Uhr mit Kette und des gcsammten Schmuckes der jungen Frau bemächtigt hatte und damit schon das Weite suchte, als er zufällig durch einen in der Nacht ins Hotel zurückkehrendcn Reisenden angehalteu wurde. Der Diebstahl kam an den Tag und es stellte sich heraus, daß mau einen äußerst gefährlichen und raffinirteu Dieb gefangen hatte. Emil Schmidt aus Salzwcdcl, so nannte sich der Jndustrieritter, ge­hört zu einer Klasse von Verbrechern, die in einem ganz be­stimmten Facharbeiten." Er hat sein Augenmerk vorzugs­weise aus junge Ehepaare gerichtet; er logirt sich in größeren Städten in den Gasthöfen ersten Ranges ein und beobachtet mit Kennerblick diejenigen unter den ankommcudcn Fremden, diein den Flitterwochen" reisen, denen er daun die jungen Freuden des Ehestandes gründlich verdirbt. So entwendete er in Frankfurt a. M. in einem Hotel einem jungen Ehepaar während des Schlafes 480 Mark nebst goldener Uhr mit Kette, in Brüssel einem englischen Ehepaare 750 Pfd. Sterl., in Köln einem Flitterwochenpaare ein Portemonnaie mit 300 Un­ter dem Namen Karl Meher setzte er sein Geschäft, in welchem wenigstens Shstcm liegt, in Stuttgart, Mainz, Metz und ver­schiedenen anderen Städten mit ungcschwächtcn Kräften nnd gleichem Erfolge fort, bis ihn endlich bei dem Berliner Ehepaar die Nemesis ereilte.

Am 23. September Warden es 20 Jahre, daß König Wilhelm den Herrn v. Bismarck an die Spitze des preußischen Staatsministeriums berief. DieProvinzial-Korrespondenz" benutzt die Gelegen­heit, um die hohen Verdienste zu feiern, die unser Reichskanzler sich um Preußen und das ganze deutsche Vaterland erworben hat. lieber die Verdienste un­seres großen Staatsmannes auf dem Felde der Politik herrscht unter allen Parteien nur eine Stimme.

In einem Artikel über dieBehandlung der Wanderbettclei" empfiehlt dieNat.-Ztg." das in Würt­temberg mit so gutem Erfolg angewandte Verfahren zur allgemeinen Einführung in ganz Deutschland. Der Artikel setzt zunächst auseinander, daß einzelne lokale Vereine das Uebcl höchstens lindern, bezw. vom eigenen Orte abdrängen können, daß sie aber ein wirksames Heilmittel nicht bieten.

(Das regnerische Wetter dieses Sommers.j Der Leipziger Professor Reclam gibt über dieses Kapitel in einem Briefe an einen mecklenburgischen Gutsbesitzer einige Belehrung.Was die Ursachen des heurige» schlechten Som- mcrwetters vcrmulhlich gewesen sind (schreibt er), werden Sic in ein bis anderthalb Jahren aus meteorologischen Mitlhei- lungeu erfahren und sehr gelehrt bewiesen erhalten. Es liegt in der Natur der Verhältnisse, daß man erst nach Ablauf einer längeren Zeit Einblick in die Ursachen und deren Tragweite gewinnen kann. Daß die Kometen und die Sonnenflecken, so­wie der zu erwartende Durchschnitt der Venus völlig schuldlos an unseren Wettcrzuständcu sind, kann ich Ihnen bestimmt ver­sichern. Es handelt sich vielmehr um den Kamps der Winde, d. h. um die (obere) Aequatorialströmung aus SW., welche gewöhnlich im Sommer herrscht und uns warmes Wetter bringt. Dieselbe läßt aber ihre im Meere ausgcsogenc Feuchtigkeit fallen, wenn sie in kalte Luft kommt. Dieses Jahr aber waren die hochnordischen Meere im Winter stark gefroren und noch jetzt schwimmen mächtige Eisberge mit der Meeresströmung von Nvrd nach Süd. Die (untere) Polarwindströmung der Luft durchkältct sich an diesen Eismasscn, bringt uns so viel Kälte, daß wir !m August den Ofen Heizen müssen und läßt aus der feuchten Luft der Aeanatorialströmung den Regen fallen. So ist wenigstens die Kalte und der häufige Regen dieses Som­mers aus den nächsten Ursachen erklärt.

Neustrelitz, 19. Sept. Se. K. H. der Prinz Wilhelm von Württemberg ist lautKreuzztg." heute Abend zum Besuch am Erbgroßherzoglichen Hofe hier cingctroffen und wurde am Bahnhofe vom Erbgroßhcrzoge aufs Herzlichste empfangen und daraus inS Erbgroßhcrzogliche Palais geleistet, wo Hvchstdcrsclbe Wohnung genommen. Der Prinz ist

ein Kousin unserer Frau Großfürstin-Herzogin Georg und ein Freund und Studiengenvsfe des Erbgroß­herzogs, mit welchem er in gleichem Alter steht.

Kaiser Wilhelm hat einem Fort in Metz und zwei Forts in Straßburg die Namen Hinderfin, Podbielski und Schwarzhoff gegeben, um das Andenken verdienter Generale zu erhalten.

Straßburg, 21. Sept. Der Kassirer Stre­cken der Tabaksmanufaktur wurde von der Anklage des Unterschleifs freigesprochen. Der Gerichshof nahm an, daß das Defizit wohl eher auf unrichtige Buchführung, als auf Unterschlagung zurückzuführen fei. Demnach erfolgte Freisprechung und die Ueber- bürdung der kolossalen Kosten auf die Staatskasse. Der Angeklagte hat also unschuldig 348 Tage in Untersuchungshaft gesessen! Er wurde sofort auf freien Fuß gesetzt.

DieTribüne" bringt einen eingehenden Arti­kel über den finanziellen Ruin der Straßburger Ma­nufaktur und kommt zu dem Resultat, daß in den Jahren 18701880 ein Defizit von 3,138,365 vkL sich ergeben habe. Auch in günstiger Zeit habe die Manufaktur mit Unterbilanz gearbeitet.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 20. Septbr. Die Nachrichten aus Tyrol sind andauernd düster. Das Etschthal von Gargazon bis Salurn ist ein See. Die Meraner Bahn ist zerstört. Die Eisenbahndämme südlich von Waidbruck sind bis auf zwei Strecken 300 Nieter breit, weggerissen. Die Ingenieure sind noch ganz im Ungewissen, wann die Bahn wieder fahrbar fein wird. Toblach und Niederdorf sind halb zerstört. Der Bahndamm der Bahn von Bozen nach Branzoll ist total zerstört. Die Situation ist trostlos.

Wien, 21. Septbr. Der wegen des letzten Attentatsversuches in Triest in Haft befindliche Ober­dank hat bereits ein Geständniß abgelegt, aus wel­chem hervvrgeht, daß die Annahme, es bestehe in Italien eine organisirte Verschwörung der Jrredenta, von welcher alle Attentatsversuche ausgegangen sind, vollkommen berechtigt war. Es wird nunmehr an Italien liegen, feine hieraus entspringenden inter­nationalen Pflichten energisch zu erfüllen und man zweifelt nicht daran, daß Italien cs nicht darauf werde ankommen lassen, an diese Pflichten erst von auswärts erinnert zu werden. (Fr. I.)

Wien, 22. Sept. 200 Arbeiter sind zur Ab­lösung bei der Reconstruktionsarbeiteu an der Süd­bahnlinie von hier requirirt worden. Der Kaiser ordnete Truppensendungen zur Hilfeleistung an. Ein abermaliges Steigen der Drau wird befürchtet, denn es fällt andauernder Regen. In Brunneck find die Ackerflächen, das Gartenland und die Brücken sammt den Wasserwerken verschwunden. Der Mühlenbetrieb ist unmöglich. Von Botzen bis Trient ist das Thal ein See. Die herrlichsten Weingärten sind zerstört. Für 200,000 fl. Holzmassen sind weggeschwemmt. Man zählt bis jetzt 25 Ertrunkene; viele Fremde sind eingeschlossen; der Brunnecker Friedhof ist über­schwemmt, die Capelle zerstört; abwärts von Bötzen wird, falls nicht rasche Hilfe gebracht werden kann, eine Hungersnoth befürchtet. (Fr. I.)

Wien, 23. Sept. Als der Wiener Zug heute die Draubrücke bei Esseg passirte, brach das mittlere Brückenjoch und fünf Waggons sind in den Fluß hinabgestürzt. 49 Personen sind ertrunken. (Fr. I.)

Wien, 23. Sept. (Fr. I.) Die Einladung zur Krönung des Zaren ist bereits den fremden Staaten zugesendet mit der Bitte, den Krönungstag geheim zu halten.

Wien, 24. Sept. (Fr. I.) Die Katastrophe auf der Draubrücke erregt namenlose Aufregung, umsomehr als gestern Vormittags eine Commission die Brücke für praktikabel bezeichnete. Als Ursache wird die Anschwemmung von Klötzen vor einem Brückenpfeiler, deren Entfernung zu wenig energisch betrieben wurde, bezeichnet. Die Brücke war längst morsch und viele Reisende zogen es in letzter Zeit vor, per Achse nach der nächsten Bahnstation zu fahren, um die Brücke zu vermeiden. Die Ingenieure retteten sich dadurch, daß sie in's Wasser sprangen. Die Strcckbalken zeigen Fäulniß-Spuren.

Aus Klagenfurt berichtet man: Die P u st e r- thalbahn wurde durch Uebcrschwcmmung zer­stört. Das Elend ist Unbeschreiblich.

A gram, 23. Sept. Ein gemischter Eisenbahn­zug ist an der Draubrücke unweit Esseg verunglückt. Die Maschine und die vorderen Lastwagen stürzten hinab und rissen die nächsten Personenwagen, worin

8

8»'

s .s!

co -4

L LS ,

d ZZ ? «

L« c.r v Z -

L-'»: ^ vv «

-LA.---«-

E>

3K-V- ^

S>'

8 : « : ^8

A

3

S- 3 -o

sich Husarenurlauber befanden, mit sich. Gegen fünfzehn Militärpersonen werden vermißt, dreißig Personen sind verwundet. Von den übrigen Passa­gieren ist, soweit bekannt, Niemand ernstlich verletzt, da die Hinteren Wagen auf der Brücke stehen blieben. ^ Die Hauptursacherdes Unglücks^st der ungewöhnlich hohe Wasserstand. Die Holzbrücke ruht ans Holz­pfeilern. (Fr. I.)

Triest, 21. Sept. Oberdank machte vor­gestern Anstalten, sich durch Erhängen zu entleiben.

Sein Zellengenosse entdeckte das Vorhaben und seit­dem ist der Attentäter unausgesetzt von Wächtern bewacht.

In Triest ist ein Techniker das Opfer seiner Unvorsicht geworden. Er erfaßte beide Leitungs­drähte der elektrischen Beleuchtung und wurde augen­blicklich durch den elektrischen Strom getvdtet.

Bruneck, im Pusterthal (Tirol), 21. Septbr.

Die Regengüsse dauern fort, die Ucberschwemmung ist ^ '

allgemein. Ganze Ortschaften sind der Zerstörung preisgegeben; die diesjährige Ernte ist fortgeschwemmt, alle Vorrüthe sind aufgebraucht, in Welsberg und Oberpusterthal herrscht bitterste Noth und Bedräng­nis). Wclsberg ist zwar bedroht, aber noch zu retten. Niederndorf ist zum dritten Theile zerstört, es herrscht dort große Noth, die einheimischen Arbeitskräfte er­lahmen vollständig.Dreißig Häuser sind eingestürzt, viele in Gefahr; die Kirche und die Schule sind bedroht. Das Thal ist weit und breit furchtbar verheert."

In Böhmen vertreten die Juden in den mei­sten Orten das deutsche Element gegen die Tschechen.

In Orzelantsch weigerten sich die Inden ihre deutsche Schule in eine tschechische umzuwandeln, in der nur tschechisch gesprochen werden soll. Da standen die Tschechen aus, warfen den Juden die Fenster ein u. fielen über sie auf den Straßen her. Die Tumulte hielten mehrere Tage an. Die Tschechen eröffnen, wo und wie sie können, den Kampf gegen die deut­schen Schulen.

Schweiz.

Aus der Schweiz schreibt man derKöln. Ztg.": Es ist unglaublich, welche Anzahl Briefe aus Deutschland den Sommer hindurch mit dem einfachen Zchnpfennigporlo Tag für Tag an die schweizerischen Pvstanstalten eintrcffen nnd diesen zur Bereicherung, unseren reisenden Landsleuten zum Aerger mit 25 Cent. Strafporto belastet werden. Ein fernerer Irr- thnm führt zur Annahme, als brauche jeder mehr als einfache Brief wie in Deutschland bis zu 250 A nur doppelt fraukirt zu werden, während für jede 15 g- auch über die ersten 80 §

15 Cent. Strafporto nachznzahleu sind. Solche Unwissenheit paßt nicht für die Kinder Stephans, die Schüler Ritters nnd die Landsleute Bädckers. Im Interesse der deutschen Spar­samkeit sei diese Notiz verbreitet und besonders dem schönen Geschlecht empfohlen.

Schnee. Dem Boten der llrschw. wird aus Andermatt geschrieben, daß die Bewohner des Ursc- renthals tief im Schnee stecken, die Straße nach Göschenen sei von Lawinen verschüttet: die Straßen über den Gotthard, die Oberalp und die Furka sind für Fuhrwerke geschlossen. Kaum der vierte Theil des diesjährigen Oehmdertrages ist eingesammelt; die Gemeinde Hvspenthal allein vermißt über 300 Stück Schafe, von denen die meisten in Folge Lawinen­sturzes umgekommen sind.

DerDemokrate" bringt folgende merkwürdige Neuigkeit:Eine englische Gesellschaft hat das An­erbieten gemacht, den Genfersee zu leeren durch den Bau eines Tunnels, der das Wasser aus dem See ZA« unter dem Rhonebett hindurch einige Stunden vom Ausgang entfernt in die Rhone leiten würde, da, wo ihr Bett 80 Meter tiefer liegt als die Ufer des Sees. Nicht nur verlangt die Gesellschaft keine Sub- sidien, sondern sie will noch fünf Millionen Franken bezahlen für das Land, welches durch dieses Unter­nehmen trocken gelegt würde. Die Rhone würde zu einem kleinen Flüßchen und prächtige Getreide- und Traubenernten würden den jetzigen Fischfang ersetzen.

Ingenieure behaupten, daß die Ausführung dieses Unternehmens wohlfeiler und nutzbringender wäre, als die Umwandlung der Zuidersee in fruchtbares Land.

Italien.

Rom, 23. Scpt.Osservatore Romano" ver­öffentlicht eine päpstliche Encyelika vom 17. Sept. an den gesummten katholischen Episkopat, worin Leo XIII. die Verbreitung des dritten Ordens des heili­gen Franziskus in der ganzen Welt anempfiehlt, als wirksames Mittel, die Reichen mildthätig, die Armen ergeben zu machen, beide Klassen somit zu

AZ it«

«>

8 Z

s dv .

A->v>

S8

Kr

W

KlI §

M

7? T ! »

Z.Z ^ 22 s

3 3^3

versöhnen und auf diese Art das zu lösen.

ozialc Problem