Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

M 83.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlobn) 1 60 in dem Bezirk 2 »L,

außerhalb des Bezirks 2 40 «I. Vierteljähr­

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Donnerstag den 20. Juli.

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1882.

Amtliches.

Nagold.

An die Grtsbe Hörden.

Dieselben werden auf den Ministerial-Erlaß vom 6. d. M.. Ziffer 5587. Ministerial-Amtsblatt Nr. 15, Seite 278, betreffend die Anbringung der Landwehr­bataillons- und Compagniebezirks-Bezeichnung auf den Ortstafeln, aufmerksam gemacht und angewiesen, wenn Ortstafeln (Ortsstöcke) abgängig werden, An­zeige hievon an die Unterzeichnete Stelle zu machen.

Den 17. Juli 1882.

K. Oberamt. Güntner.

Seine Königliche Majestät haben vermöge Höch­ster Entschließung vom 15. Juli die erledigte Stelle eines Di­rektors der Regierung sür den Schwarzwaldkreis dem stellver­tretenden Vorstand der Ccntralstelle sür Gewerbe und Handel, tit. Direktor von Luz zu übertragen gnädigst geruht.

Die Prcdigtamtskandidaten M. Müller, Pfarrvcrwescr in Rohrdors, I. Reichert. Pfarrverweser in Mittelthal, I. Weber, Pfarrverweser in Grünthal, haben die zweite theo­logische Dienstprüsung mit Erfolg bestanden.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

-o- Altenstaig. 17. Juli. Herr Director v. Luz aus Stuttgart referirte letzten Samstag Abend vor einer äußerst zahlreichen Versammlung im Gast­haus zur Traube hier über seine landständische Wirk­samkeit. Die mit großer Ruhe und viel Wärme gegebene Berichterstattung erstreckte sich auf alle in dem 1. und 2. Landtage behandelten Gegenstände, deren Einzelnheiten wir hier nicht wiederholen wollen. Nur sei es gestattet, die Worte im Anszuge hier niederzulegen, welche Hr. Stadtpfarrer Mezger dem Hrn. Abgeordneten als Ausdruck des Dankes für sein Referat wie für seine ersprießliche Wirksamkeit im Ständesaal im Namen aller Anwesenden entgegen­brachte. Herr v. Luz hatte die Güte, uns ein kla­res und umsichtiges Bild von den Verhandlungen und seiner eigenen Thätigkeit im Stündesaal zu geben. Der heutige Vortrag hat allgemeinen Beifall gefun­den und haben wir uns überzeugt, daß unser Hr. Abgeordneter der rechte Mann für den rechten Platz ist/ Schon feit Jahren wird der Ruf gehört: Wäh­let keine Beamten mehr in die Kammer! Ich will von diesem Ansinnen an die Wählerkreise nicht weiter reden, weil dem Stande der Beamten ein Volksrecht entzogen würde, auf das er wie jeder andere Stand ein ungeschmälertes Anrecht hat; auch würde die Kammer sehr werthvoller Männer beraubt werden. Es hat das heutige Referat den Eindruck gemacht, daß ein Beamter ein warmes Herz fürs Volk haben, zugleich auch ein freies Wort reden könne, auch wenn es gegen die Regierung gehe. Dank für das heutige Referat, Dank für das durch dasselbe zu Tage ge­tretene warme Interesse für das Vaterland, für den Bezirk Nagold! Sollte der Ruf ergehen: Hinaus mit den Beamten aus dem Ständesaal! bei künftigen Wahlen, so wollen wir doch wieder wählen den ver­ehrten Herrn Director v. Luz. Ihm ein dreifaches Hoch!" Herr v. Luz dankte hierauf dem Herrn Vorredner für seine liebreichen Worte und brachte schließlich feiner Vaterstadt Altenstaig einLebehoch".

Während des letzten Nachmittagsgottesdienstes schlug der Blitz in das Wohn-, Wirthschafts- und Oekonomiegebäude des Hirschwirths I. G. Kübler in Ett mannsweiler, das bis auf den Grund niederbrannte. Das Vieh konnte kaum noch gerettet werden, Mobiliar und Vorräthe aller Art wurden ein Raub der Flammen.

Stuttgart, 12. Juli. (Eine allgemeine

deutsche Kranken- und Begräbnißkasse) mit dem Sitz in Stuttgart hat sich gestern durch Annahme von Statuten konstituirt. Dieselbe geht aus der schon seit anderthalb Jahren gegründeten Unterstütz­ungskasse hervor, die schon an 400 Mitglieder in Deutschland zählt und auf das dreifache anwachsen würde, wenn in Berlin, Breslau, Dresden und Leipzig die Kasse gestattet würde, was bis jetzt nicht geschah. Vorstand der Kasse ist Bildhauer Kezel hier; dieselbe hat sich die Kaffe der deutschen Buch­drucker-zum Muster genommen.

Aus dem Oberamt Tübingen, 17. Juli. Gestern Nachmittag wurden wir von Mehreren hef­tigen Gewittern heimgesucht. In den Orten Wald­dorf, Schlaiddorf, Pliezhausen, Oferingen, Sicken­hausen, Rommelsbach und Degerschlacht wie auch in den Gemeinden Wannweil und Betzingen hagelte es furchtbar. Die angerichtete Verwüstung ist so schreck­lich, daß in einigen dieser Orte alle und jede ohnehin schon spärlich gewesene Hoffnung auf eine auch nur mittelmäßige Ernte radikal zerstört ist! Aehnliche betrübende Nachrichten liest man aus den Oberämtern Schorndorf, Biberach, Ulm, Nürtingen, Gaildorf, Backnang, Rottweil, Spaichingen, Tutt­lingen, Eßlingen, Ulm, Neresheim, Hall.

Wurmlingen, bei Tuttlingen, 16. Juli. Heute Mittag nach 4 Uhr brach ein fürchterliches Hagelwetter aus. Es fielen Steine von der Größe von Hühnereiern. Die Feld- und Gartengewächse sind zum großen Theil vernichtet, die Dächer theil - weise abgedeckt, viele Fenster zerschlagen.

Plochingen, 15. Juli. Heute Nachmittag ging in hiesiger Gegend (Reichenbach, Altbach ic.) ein furchtbares Gewitter mit Hagel nieder, das aber­mals auf den Feldern höchst bedauerlichen Schaden anrichtete. Das Unwetter zog dem Schurwald zu.

Schorndorf, 17. Juli. Der Feldertrag der Markungen Aichelberg, Beutelsbach. Grunbach, Ge­radstetten, Hebsack, Winterbach, Weiler, Hohengehren und Baltmannsweiler ist leider gestern Nachmittag 5 Uhr durch Hagel und Ueberschwemmung schwer be­schädigt worden.

Aus Beutelsbach u. Endersbach werden von gestern Nachmittag furchtbare Wolkenbrüche mit Hagel gemeldet. Das Gleiche wird aus Scharnhausen gemeldet.

In Winterlingen, dessen Markung Heuer stark vom Hagel beschädigt wurde, beschloß der Ge­meinderath s. Z. aus den eingegangenen Geldern für die Hagelbeschädigten der Gemeinde Mehl anzu­kaufen, und schrieb die Lieferung von Brodmehl Nr. 4 zur Submission öffentlich aus. Von den drei An­geboten wurde das des Spitalmüllers E. in Ebingen accepürt, welcher den Doppelcentner zu 26,75 cM lieferte. Die ganze Lieferung betrug 100 Centner. Alsbald nach Vertheilung des Mehls verspürten mehrere Personen, die von diesem Mehl Brod ge­backen, und von demselben genossen haben, Unter­leibsbeschwerden und zur Zeit liegen 12 Personen, theils Kinder, theils Erwachsene, krank darnieder. Die Staatsanwaltschaft wurde von dem Vorfälle in Kenntniß gesetzt und sind derselben zur chemischen Untersuchung Mehlproben übergeben worden.

Brandfälle: In Schelklingen (Blau­beuren) in der Nacht vom 15. zum 16. Juli der größere Theil eines 3 Eigenthümern gehörenden Doppelwohnhauses. Ein Verdächtiger wurde sofort verhaftet; in Weißenstein (Geislingen) am 14. Juli ein Wohnhaus.

Vom Schwarzwald, 14. Juli. (Schauerlich!) In einer nahen württembergischcn sehr armen Gemeinde soll­

ten, wie überall in Schwaben, zur Aufhängung in der Schul­stube, behufs Erleichterung und Veranschaulichung des Unter­richts in der Obstbaukunde einige Tafeln mit Abbildungen an­geschafft werden und hat das Öberamt eine diesbezügliche An­ordnung in dem amtlichen Verkündigungsblatt erlassen. Hier­auf hat der betreffende Gemeinderath an das Obcramt wört­lich folgende Vorstellung gerichtet: Verhandelt P., 20. Juni 1882. tz. 3. Die in der. . . Zeitung Nr. . . . vom ge- meinsch. Oberamt zur Anschaffung empfohlenen Tafeln wünscht der Gemeinderath nicht anzuschaffen, weil die Obstbäume die Mehrzahl erfroren sind und bereits jedes Jahr die Pflanzen sammt den Insekten hier erfrieren. Der Gemeinderath.

Wieder haben sich drei bedeutende Schuh­stoff-Fabriken Burkard Müller und Julius Fuchslocher in Fulda, Roth u. Comp, in Reutlin­gen, Nefflin und Rupp in Wehr unter der Firma ^vereinigte Schuhstoff-Fabriken" zu einer Aktienge­sellschaft vereinigt. Die armen, ohnedies durch die Wanderschuhlager u. dgl. schon schwer gedrückten Schuhmacher werden auch dieses neue Vorgehen des Großkapitals als einen weiteren Nagel an dem Sarg ihrer Existenz betrachten, sicherlich nicht ohne Grund.

Karlsruhe, 15. Juli. Bischof Hefele erhielt das Großkreuz vom Orden des Zähringer'Löwen. Hefele geht nach Baden.

Frankfurt, 15. Juli. Die jüngste Tochter des Barons Mayer Karl v. Rothschild verlobte sich mit dem kathol. Prinzen Alexander von Wag­ram. Die Braut tritt zum Katholizismus über.

In Gütersloh soll ein Mann seine Frau an seinen seit Kurzem verwittweten Vater um 1000 verkauft haben. (Mancher gäbe seine bessere Hälfte noch billiger her.)

Berlin, 14. Juli. Das hiesige Centralkomite sür jüdische Auswanderer aus Rußland hat nach Eydtkuhnen (der russischen Grenze) das Ersuchen ge­richtet, keine russischen Auswanderer nach Deutsch­land weiterzubefördern, sondern sie mit allen zuläs­sigen Mitteln nach Rußland zurückzusenden. Dieses Ersuchen ruht auf Nachrichten aus England und Amerika. In amerikanischen Handelsstädten sollen Tausende von Auswanderern unterhaltslos liegen und von allen Mitteln zur Rückkehr entblößt sein. Auch in Hamburg beginnt bereits die Rücksendung dortiger Ankömmlinge.

Berlin, 16. Juli. Die Nachricht der Frank­furter Zeitung, Kaiser Wilhelm habe ein Beileids­telegramm an die Schwester Skobeleff's gerichtet, ist nicht wahr. (Fr. I.)

Berlin, 17. Juli. DieNordd. Allgemeine Zeitung" sagt: Die deutsche Politik, welche im Orient wenig interessirt ist und sich gute Beziehungen zu allen, auch unter sich nicht einigen Mächten zu erhalten bestrebt ist, wolle die guten Beziehungen zu keiner Macht durch irgend eine verletzende Partei­nahme gefährden und vermeide es, in den verhäng- nißvollen Fehler des napoleonischen Frankreich zu fallen, anderen Mächten gegenüber die Censoren- oder Schulmeisterrolle zu üben. Die Presse verfolgte eine andere Richtung. Gegenüber den scharfen Aus­lassungen der Presse über das Vorgehen Englands hat die Regierung konstatirt, daß ihr die Parteinahme der Presse in dieser Richtung fremd ist und zwar um so mehr, als von keiner Seite eine Kundgebung des deutschen Urtheils verlangt worden ist.

Oesterreich-Ungarn.

In Wien hat am Sonntag die große Ver­sammlung zur Gründung der sog. Volkspartei stattgefunden. Exbürgermeister Newald präsidirte. Fischhof sprach nur einige Worte und ließ sein Programm durch einen Advokaten verlesen. Bei der