Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Erscheint wöchentlich Smal und lostet halb jährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 60 in demBeznk
2 außerhalb des Bezirks 2 40
Samstag den 18. Dezember.
i Jnfertionsgebübr für die Ispaltige Zeile aus gc- l wvbnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 ! bei mehrmaliger je 6
1880.
Die Stelle des Vorstands und ersten wissenschaftlichen Hauptlehrers au dem neuerrichteten Schullehrerseminar in Nagold mit dem Titel eines Rektors und dem Rang in der VII. Stufe wurde dem Professor Dr. Brügel in Eßlingen, die erledigte Präzeptorsstelle an der Lateinschule in Neuenstadt dem Prüzeptoratsverivescr Weber in Herreuberg und die erledigte Forstamtsassistenteustcllc in Ochsenhansen dem Revieramtsassistentcn Greiner in Wildberg gnädigst übertragen.
T a g e S - N e u i g k e i t e u.
Deutsches Reich.
2 Aus einer Reihe von Bezirken hört man, wie die Beschlüsse der Cannstatter Versammlung in Betreff des Landstreicherthums zur Ausführung kommen. So insbesondere auch ini Oberamt Hci- denheim, wo eine große Versammlung von Armenfreunden unter dem Vorsitz des OberamtmannS und Dekans beschlossen hat, allgemein und mit Entschiedenheit vorzugchen. Aehnlich in Waiblingen. Von Blaubeuren aus liest man: In Blaubeuren, wo die Naturalvcrpflegung schon begonnen hat, übernachtete gestern Nacht ein einziger Handwerksbursch. Auch bei Tage sieht m«n hier sehr wenige Reisende mehr. Das mag denen zur Beruhigung dienen, welche eine Ueberflutnng unseres Bezirks gefürchtet haben. Es wird aber auch sicherem Vernehmen nach die Zahl der Landjäger im Bezirk um 2 vermehrt werden, welche mit den übrigen Landjägern scharfe Grenzwacht halten werden. In gleicher Weise ist von den Orts-Polizeidienern, welchen nach dem „Blaumann" für ausgezeichnete Leistungen im Gebiete der Sicherheitspolizei bedeutende Geldprämien in Aussicht gestellt wurden, zu hoffen, daß sie das Publikum kräftig vor den eigentlichen Stromern schützen werden. Auch hier in Nagold ist zu erwarten, daß, wie der Häuserbettel von Durchreisenden zur großen Erleichterung der Einwohner that- fächlich bereits aufgehört hat, so auch der Zufluß von Durchreisenden auf ein geringes Maß herabsinken werde, sobald einmal, wie in Blaubeuren, der umliegende Bezirk sich anschließt.
8 Haiterbach. Gestern ist auch hier eine Berpflegungsstation für arme Reisende ins Leben gerufen worden und wurden bei dieser Einrichtung die Grundsätze und Normen von Nagold zu Grunde gelegt. Insbesondere sind bei dem Vertrage mit dem Wirth die Statuten von dort, für deren Mittheilung man sehr dankbar war, benützt worden. Dabei kam aber eine Frage zur Sprache, welche noch nicht gehörig erörtert und vereinbart ist, ncm- lich wie es mit der Verpflegung der Reisenden an Sonn- und Festtagen gehalten werden soll. Sollen bei einer Verpflegungsstation, die am Samstag Abend zugezogenen mit der gewöhnlichen Karte für Abendessen, Nachtlager und Frühstück versehen werden und es dann ihnen überlassen bleiben, am Sonntag durch weiteres Wandern ihr tägliches Brot zu erwerben, oder wäre es nicht humaner und durch die Rücksicht auf den Sonntag sowohl für die Reisenden selbst, sowie für die Verpflegungsbeamten, welche die Karten dann auch für die verschiedenen Zeiten am Sonntage herzugeben Hütten, gebotener, wenn die Reisenden, wenn sie darum bitten, denn Zwang wird man ihnen keinen anthun wollen, an der Station, wo sie vom Samstag auf den Sonntag waren, auch für diesen Tag Verpflegung finden würden? Und wenn dann vollends die rastlos Umherwanderndeu auch noch etwas zu genießen bekämen von dem Segen j des Sonntags; wenn die Heimatlosen etwas hören! könnten von der ewigen Heimat; wenn die Pilgernden j dann geführt werden könnten zu dem, der auch nicht! hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte, durch!
dessen Armuth mir aber so reich geworden sind; wenn in der heiligen Weihnachtszeit auch diese Armen etwas von Christtagsscgen und Weihnachtsfrieden zu empfinden bekämen, das wäre doch gewiß schön und herrlich. ES wäre gewiß der Mühe werth, daß in christlichen Kreisen diese Frage naher überlegt und besprochen würde. Es sei erlaubt, einige Andeutungen zu machen. Es könnten in die Herbergen eine Anzahl von kleineren Schriften, die gewiß zu bekommen wären, gegeben werden; ein Gesangbuch, eine Bibel, einige Neue Testamente dürften wohl bereit sein; Papier, Tinte und Federn zu einem Brief in die Heimat, ein paar Freimarken wären keine unerschwingliche Ausgaben. Da oder dort würde vielleicht auch ein Hans zur Ausnahme eines Sonntagsgastes, der christlichen Umgang von daheim gewöhnt ist, sich öffnen. Wo die Herzen willig sind, da wird sich leicht noch mehr erfinden lassen; die Liebe ist ja erfinderisch. Es ist die Zeit gekommen, wo die Freude, daß ein Heiland geboren ist, allem Volk widerfahren soll, möge ein Strahl der Weihnachtssrende auch hineinfahren in die Herbergen der armen Reisenden und - auch in ihre Herzen. Es denkt vielleicht auch da oder dort ein solcher, wie es gewesen ist daheim, wo noch Vater und Mutter ihm lebte, und er schlägt in sich und spricht: „Ich will mich aufmachcu nnd zu meinem Vater gehen." Das walte Gott!
/X Wildberg, 15. Dez. In Folge des andauernden Regens der letzten Tage, welcher gestern fast wolkcnbruchartig niederströmte, hatte unser theil- weise im tiefeingeschnittenen Nagoldthale liegendes Städtchen ziemlich viel zu leiden. Die Nagold trat aus ihren Ufern und füllte nicht nur die Ställe und niederen Wohngelasse mit Wasser an, sondern stand auch in der unteren Straße (Nagoldthalstraße) fast Vr IN hoch, so daß in der letzten Nacht manche Familien mit ihrem Vieh sich in den obern Theil der Stadt flüchten mußten und auch der Verkehr, namentlich zum Bahnhof hin, theilweise unterbrochen war. Auch die hiesigen Sägmühlen kamen nicht ohne Schaden davon, indem nicht nur Kleinholz, sondern auch Sägklötze mit den anstürmenden Wassermassen weiter mußten. Heute Abend ist das Wasser wieder bedeutend gefallen. — Nach der letzten Volkszählung hat unser Städtchen (nachdem es früher? von 1800 auf 1300 Einwohner gesunken war) wieder ausgenommen, so daß es jetzt 1419 Einwohner zählt.
Herrenberg, 14. Dez. Die hiesigen Jagd- Pächter hatten bei dem gestern im hiesigen ea. 3000 Morgen großen Stadtwald abgehaltenen Treibjagen ein seltenes Glück. Es wurden 1 Hirsch, 5 Rehe,
2 Füchse, 2 Hasen und eine Wildkatze erlegt.
Rottenburg, 14. Dezbr. Durch Gemeinderathsbeschluß unter Vorsitz des Herrn Oberamtmanns sind gestern Beschlüsse zur Bekämpfung des Vagantenthums in hiesiger Stadt geschehen. Demgemäß sollen, um künftighin dem lästigen Hausbettel zu begegnen, die durchreisenden Handwcrks- burschen, ähnlich wie in Tübingen und Reutlingen, nur Anweisungen auf Suppe und Nachtquartier erhalten.
Rottenburg, 15. Dez. Heute Abend mit dem st-4 Uhr-Zug kamen die zwei in Wien verhafteten Strolche, nämlich Neuheller aus Tübingen und der ungefähr 24 Jahr alte Joses Strigcl, welche den Eindruck) im Güterschuppen des Bahnhofs in der Nacht vom 13. — 14. Nov. verübt haben, unter Eskorte des hiesigen Stationskommandanten hier an. Sie waren nagelneu gekleidet, mit Feder am Hut nach Tyrolerart. Trotzdem sie an den Händen ge- j
schlossen waren, geberbeten sie sich in Blicken, Mienen und Händcschwenken gegenüber den vielen Neugierigen bei ihrem Transport durch die Straßen bis zum Amtsgericht sehr frech.
Stuttgart, 10. Dez. Die Schlachthausver- waltung hatte auf gestern Nachmittag drei Uhr eine allgemeine Mezgerversammluug, zu welcher auch die Mezger der Vororte Ungeladen waren, in den Saal des Schlachthauses Ungeladen. Gegenstand der Tagesordnung war die Gründung einer Mezgcr-Jnnung mit besonderer Berücksichtigung des Lchrlingswcsens und Unterstützung reisender Mezgergehilfen.
Cannstatt, 14. Dez. Gestern Abend zwischen halb 7 und 7 Uhr wurde der Glockenzug an der Krippe in Bewegung gesetzt. Als man kam und öffnete, legte ein Frauenzimmer rasch ein sauber eingcwickcltes etwa 3 Wochen altes Kn üble in nieder und sprang davon. Man kennt bis jetzt die Mutter nicht.
Eßlingen, 13. Dez. Vor etwa 2 Monaten kamen nach dem „N. T." zwei in Philadelphia ansässige Amerikaner hier an und nahmen im „Hotel Psählcr" Quartier. Es sind die HH. Bäcker Gastirer, gebürtig aus Weissach, O-A. Vaihingen, und Gottlob Jahn, aus Sulzgries gebürtig, Besitzer des IdisinA sun iÜarll bei Philadelphia, welcher 25—30 Morgen hält und das großartigste Etablissement zur Abhaltung von größeren Festlichkeiten, Concerten ic. ist. Zu Abhaltuug von Concerten hatte Herr Jahn früher preußische und sächsische Militärkapellen en- gagirt; für nächsten Sommer aber möchte er eine württembergischc Kapelle haben. Er trat jdeß- halb mit den Kapellmeistern des 1. und 2. Jnf.- Rgts., den HH. Schlay und Widmann, in Unterhandlung. Elfterer ist aber bereits von dem Co- mitö der Landesausstellung engagirt; gelingt es ihm, diesen Contrakt zu lösen und in Herrn Widmann einen Ersatz zu finden, so geht er auf 3—5 Monate nach Philadelphia, im andern Fall Herr Widmann, wobei aber bei beiden vorausgesetzt wird, daß sie Urlaub erhalten. Hr. Jahn tritt morgen mit seinem Gefährten die Rückreise an.
Leonberg, 13. Dez. Am Sonntag Abend stieg ans der Station Zuffenhausen in den letzten Zug der Richtung Calw ein Mann ein, der nach dem „N. T." auf die übliche Aufforduug des Couductcurs, die Billete vorzuzeigen, ihm erwiderte: „I Han a Billet, aber zeigen thu' i's net — i be Gemcinderath inOstelheim, also müsset Sie mir's glauben, wenn i sag', i Han a Billet." Das Ende vom Liede war, das; der gute Mann, nachdem er zwischen Ditzingen und Leon- bcrg noch mit seinem Kopf eine Fensterscheibe zerbrochen, auf der Station Lconberg unter Beihilfe der Passagiere an die Luft gesetzt und zur Bezahlung des Fensters mit 3 „L 50 angehalten wurde. Als derselbe heute weiter fuhr, soll er sein Billet bereitwilligst vorgezcigt haben.
In Wendlingen kam vor einigen Tagen der seltene Fall vor, daß Hirschwirth Heilemann von einem Mutterschaf vier gesunde, kräftige Lämmer erhielt. Voriges Jahr brachte ihm dasselbe Thier einen Zuwachs von drei Stück.
Weitere Resultate der Volkszähluna.
Altensteig
2167
Zunahme
187
Maulbronn
1127
245
Marbach
2459
146
Ehlingen
20772
1170
Bietigheim
4004
267
Lconberg
2224
Abnahme
7
Montag Nacht sprang in Ulm ein junger Mann, laut „Eins, zwei, drei!" zählend, über die Donaubrücke in den stark angeschwollenen Strom, wo er ohne Zweifel seinen Tod gesucht und gefunden hat.
Karlsruhe, 15. Dez. In Folge der letzten regnerischen Tage sind verschiedene Gewässer des Landes angeschwollcn bezw. ausgetreten. So die