Mark Zinsen, für einen dritten Wechsel für dieselbe Zeit 600 Mark:c.

Der hannoverische Provinzial-Landtag hat mit grober Mehrheit beschlossen, in seinem Werkhause in Moringen die Prügel wieder einzuführen. In dieser Anstatt werdenCor- rigenden," wie man sic freundlich nennt, d. h. arbeitsscheue Vagabunden:c.intcrnirt" d. h. cingespcrrt. Herr von Hi­nüber erklärte, es sei durchaus nölhig, die alte gute Zeit (bis 1872) wieder einzuführen, in welcher dieCorrigenden" als Willkommeugrub eine Tracht Prügel bekommen und zum Ab­schied eine ditto. Mehrere Herren waren zwar gegen die Correktur" der Prügel, aber Herr v. Hinüber siegte; denn im Werkhaus gibts keine Herüber.

Der deutsche Kaiser als Freimaurer. Unser Kaiser sprach, als er seinen einzigen Sohn dem Freimaurer­bunde zusührtc, die schonen und denkwürdigen Worte:Seit Jahr und Tag hast Du den Wunsch ausgesprochen, in den Orden der Freimaurer ausgenommen zu werden. Dein Wunsch ist erfüllt worden. Die Aufnahme wird Dir bewiesen haben, daß das Werk des Ordens ein sehr ernstes, das; es ein hefti­ges und erhabenes ist. Es gibt nur einen Ausgangs- und Endpunkt für das Leben des Menschen, der das Höchste lebhaft und ungetrübt erkannt hat - zu dem Verständnis! dieses einen Nothwcndige» wird der Orden Dich führen, wenn eS Dein stetes Bemühen sein und bleiben wird, die heiligen Lehren und Dich auszunehmcn, wenn Du sie zur That und Wahrheit wirst werden lassen. Es fehlt nicht a» lauten Stimmen, die außer­halb des Ordens stehen und sich bemühen, denselben zu ver­dunkeln und zu verdächtigen: wie ich Niemand ein Recht zu- gestehcn kann, über den Orden abznsprechen, der ihn nicht kennt, so werde ich auf Grund der mir gewordenen Erkenntniß nie solchen Stimmen ein Gehör schenken. Möge auch Deine Zu­kunft den Beweis geben, daß Du mit klarem und ungetrübtem Blicke zu sichten und den Orden zu verlheioigen wissen wirst. Man greift den Orden an, weil er sich in Geheimnisse hüllt und man zu bequem ist, sich davon zu überzeugen, das; dies jetzt noch nvthwendig ist: wie cs in der Art Derer liegt, welche zertrümmern wollen, daß sie mit Oberflächlichen! sich begnügen, so dringen auch in diesem Falle die Gegner nicht tiefer ein, um eben absichtlich nicht eines Besseren belehrt zu werden. Sei und werde Du also dem Orden ein starker Schutz, dann wird nicht allein Deine eigene Zukunft eine gesicherte sein, sondern Du wirst überhaupt das herrliche Bewußtsein in Dir tragen, das Wahre und Gute um Dich verbreiten zu wollen!"

Der neue Volkswirthschaftsrath, den Bis­marck plant, soll 75 Volkswirtyschaftsräthe erhalten, zum Theil auch aus dem Kleingewerbe.

In parlamentarischen Kreisen circuiirt die Auf­sehen erregende Nachricht, der Reichskanzler habe die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes zur Bekämpfung der Trunksucht angeordnet.

Wie ein Blitz aus heitern, Himmel traf eine erst kürzlich vom Berliner Vice-Lber-Hofmarsiallmeister an sämmtliche ihm unterstehende Bedienstete der beiden Hofmar- ställc in Berlin und Potsdam erlassene strenge Ordre, wonach sämmtliche Hofmarstallbedienstete bis zum Stalljungen abwärts sich ungesäumt ihre Schnurrbärte abnehmcn lassen müssen. So mancher königliche Rosselenker oder Aspirant auf solchen Posten, der sich seit 30, 40 und mehr Jahren an seinen Schnurrbart gewöhnt, ist über diese Verfügung ganz außer Rand und Band gerathen. Einige, die in Folge dieses Be­fehles dann ohne Schnurrbart nach Hause kamen, siind von ihren Frauen und Kindern kaum erkannt morden. Viele haben sich, bevor sie den ibncn lieb gewordenen Nasen- und Obcr- lippenschmuck dem Barbier opferten, noch schneit photographiren lassen.

Stettin, 28. Oktbr. Gestern Abend hat eine junge Schauspielerin von 20 Jahren, Fräulein Lange aus Dresden, Mitglied des hiesigen Stadt­theaters, durch einen auf das Herz gerichteten Re­volverschuß sich selber den Tod gegeben.

Düsseldorf. Ein Zigeuner-Ehepaar besuchte die Gegend von Düsseldorf und die Frau stahl bei Kaisers­werth 900 worauf sie sich davon machte. Der Mann zog mit Pferd und Wagen und 6 Kindern gen Düsseldorf. In einem Wirthshause wurde er verhaftet und cs fand sich, daß bei den 6 Kindern der 4yg Jahr alte Earl Fr. Beit sich be­fand, welcher vor 6 Monaten in Eberbach in Bayern gestoh­len worden war. Der Zigeuner hat bereits den Kinderraub cingeslandcn: er wurde ins Arresthaus gebracht. Seine Kin­der befinden sich noch im Wirthshause, das gestohlene Kind wurde von der Polizei untergcbracht.

DiePresse" schreibt:Die Geduld einiger Mächte scheint in Betreff Dulcignos erschöpft zu sein. Man ist gleich ungehalten über die Schwierig­keiten, welche Montenegro macht, das verlangt, daß ihm die gebratene Taube auch tranchirt in den Mund gesteckt werde, wie über die endlosen Ver­zögerungen der Pforte und ihres Kommissärs Riza Pascha. Die Situation der Demonstrations-Flotte wird dadurch von Tag zu Tag lächerlicher und es klingt sehr verständlich, wenn gemeldet wird, das französische Kabinet wolle der scurrilen Situation ein Ende machen. So kann es denn leicht kommen, daß die Demonstrations-Flotte aufgelöst wird, be­vor die Montenegriner die Moschura überschritten haben, und die mit so viel Pomp und so viel kurz­sichtigem Unverstand arrangirte große Aktion Euro­pas auf das Allerkläglichste possenhaft endet."

In einer Versammlung des nationalliberalen Vereins in Hannover erzählte Senator Schläger, er habe einmal den Fürsten Bismarck gebeten, es dahin zu bringen, daß es im Parlament blos zwei Parteien

gebe, eine konservative und eine liberale. Da habe Bismarck ihn verwundert angesehen und gefragt: Wissen Sie denn nicht, daß, wenn drei Deutsche zusammen kommen, immer vier Parteien vertreten sind? Die Lösung einer solchen Aufgabe ist mithin unmög­lich."

Dessau, 7. Okt. Ein hiesiger Schuhmacher wollte dieser Tage eine Massen - Bekehrung von Juden in Szene setzen. Als nämlich die israelitische Gemeinde den letzten Tag ihres diesjährigen Laub­hüttenfestes feierte, und der Vorleser andächtig aus der Tora psalmodirte, trat der Schuhmacher plötz­lich mit einem großen Blumenstrauß, aus dem ein Crucisix ragte, in die Synagoge und donnerte mit Stentorstimme dazwischen:Ihr Juden! Ihr seid nun lange genug Juden gewesen, es wird die höchste Zeit, daß ihr euch bekehrt. Komm her, Israel, uh will dich erretten!" Der neue Apostel fand aber keine Gegenliebe. Jsral ward zornig und warf ihn zum Tempel hinaus.

Die Vorbesprechungen zur Präsidentenwahl waren sehr erregter Natur. Die Freikonservativen, Nationalliberalen und Sezessionisten erklärten sich entschieden gegen eine Wahl durch Akklamation; die­selben stimmten für Kölker, Benda, Stengel (frei- konservativ), also gegen Heeremann (Centrum). Die Freikonservativen lehnten den Antrag der Konser­vativen ab, wonach elfteren der Sitz des ersten Vizepräsidenten zusallen soll, falls die Frcikonserva- tiven für Heeremann stimmen. Die Entscheidung lag also diesmal in der Hand der Freikonservativen. Hatten diese für Heeremann gestimmt, so hätten sie die zweirc, das Centrum die dritte Stelle erhalten, die Nattvnalliberaleu wären leer ausgegangen. Daß aber die Freikonservativen diesmal nichl für einen CentrumSkandidaten stimmen werden, hatte diePost" sehr deutlich erklärt. Bei der stattgehabten Wahl gingen genannte Namen auch wirklich ans der Wahl­urne hervor.

Die Andeutungen, welche der Minister des Aus­wärtigen, Baron Haymerle, in dem BudgetauSschuß der Pester Reichstagsdelegation bezüglich eines deutsch­österreichischen Handelsvertrags gab, haben hier all­seitige lleberraschung hervorgerufen. Es liegt danach ein formulirter Vorschlag der deutschen Regierung vor, über den die österreichische und die ungarische Landesregierung derzeit verhandeln, und der, wie Herr v. Haymerle versichert, eine gedeihliche Lösung in Aussicht stellt. Es war hier von der Existenz eines derartigen deutschen Vorschlags in weiteren Kreisen noch nicht das geringste bekannt geworden. Und man ist nicht wenig erstaunt, daß diese Ange­legenheit, die man für ganz aussichtslos verfahren hielt, sich schon in einem so weit vorgerückten Sta­dium befindet. Ueber die Grundlagen des gegen­wärtig verhandelten Vertrags läßt sich im Augenblick kaum eine Vermuthung aufstellen; nur das wird man voraussetzen dürfen, daß Aenderungen im Zolltarif damit nicht verbunden sein werden. Es wird sich wohl im Landtag Gelegenheit geben, auf diese An­gelegenheit zu sprechen zu kommen, wenn sie schon zur Reichscompetenz gehört.

In Belfort bei Wilhelmshaven sielen 3 tolle Hnndc eine Schafheerde, die andern Tags zum Verkauf gestellt wer­den sollte, au und richteten unter den geängstigt herumlausen­den Thieren ein schreckliches Blutbad au. Mehrere Schasc wurden von den Hunden total zerrissen; von 17 Schafen wurden nach geraumer Zeit nur 7 Stück unversehrt wieder eingesangcn, während der Rest theils todt, theils verwundet war. Ein Hund wurde erschossen, die beiden anderen Bestien sind entkommen.

OesterreichUngarn.

Zwischen den Deutschen und Ungarn entspinnt sich demnächst ein Krieg auf Leben und Tod. Deutsche Firmen weigern sich jetzt, den Ungarwein weiter zn beziehen, kündigen den ungarischen Assecuranzen ihre Versicherungen und lassen ihr Mehl auf keinen un­garischen Mühlen mehr mahlen. Die höhnische Art und Weise des Pesther Stadtverordnetencollegiums, das den dort wohnenden Deutschen nicht vergönnte, sich in ihrer Muttersprache Komödie Vorspielen zu lassen, ist der Anlaß dieses giftigen Krieges gewesen.

In Ungarn wird in Angelegenheit der Deut­schenhetze und, wie derWr. Z." zufolge erzählt wird, auf Commando Tisza's zum Rückzuge gebla­sen. Ob es gelingt, dieselbe wieder ganz zn unter­drücken, ist eine Frage, deren Beantwortung wir der Sprache der Thatsachen überlassen.

Die ungarische Deutschenhetze ist, wie aus Pest verkündigt wird, zu Ende und Niemand als einige fkandalsüchtige Journalisten, unreife ungarische

Studenten und Janhagel sollen die Uebelthäter ge­wesen sein. Die deutsche Rückantwort auf die pö­belhafte Agitation durch Zurückziehung deutschen Kapitals hat rasch gewirkt. Man beeilt sich jetzt, durch Liebeserklärungen dem deutschen Michel die angethanen Beschimpfungen vergessen zu machen. Von einem neuen vorzüglichen deutschen Theater in Pest u. s. w. wird gesprochen.

(Eine Maus im Magen.) Aus Linz wird der Dtsch. Ztg. in Wien folgende, schier unglaubliche Geschichte mitgetheilt:In Althcim wurde auf eine seltsame Weise eine

Maus gefangen. Der Klcinhäuslerin Katharina W.

kroch nämlich, während dieselbe schlief, eine Maus in den Mund und gerieth, bevor die Frau erwachte, in die Speise­röhre. Jetzt erwachte die Frau, die nach eigener Angabe nahe daran war zu ersticken; sie griff vergebens nach dem Schwanz des Thierchens, welches seinen Weg durch den Hals nahm, in den Magen gelangte, und daselbst eine Weile herumkrabbelte. Endlich beruhigte sich die Maus, um so unruhiger wurde die Frau, welche nach vielen Entfernungsversuchen das kleine Un- gethüm durch ein Brechmittel von sich gab. Die Maus war todt, die Patientin ist gerettet und kam mit dem Schrecken davon."

Frankreich.

Paris, 28. Okt. DieAgence Havas" mel­det aus Ragusa von gestern, der türkische Ab­gesandte, welcher die Proklamation mit der Auffor­derung zur Unterwerfung nach Dulcigno überbrachte, sei ermordet worden. Riza Pascha unterhandle neuerdings persönlich mit Montenegro. Die Ermor­dung des türkischen Abgesandten dürfte die Pforte zu energischen Maßregeln veranlassen. Die Ueber- gabe Dulcignos erfolge voraussichtlich am 1. No­vember. Die englische Mittelmeer-Flotte solle auf, 18 Schiffe verstärkt werden/

Paris sieht einem Hauptspektakel entgegen. Garibaldi wird in etwa 14 Tagen in Begleitung seiner Tochter Teresita, seines Schwiegersohnes Can- zio und zweier Enkel nach Paris kommen und bei Henri Rochefort wohnen. (Gambetta hatte schon früher in einem Briefe seinen Segen dazu gegeben.)

Pars. Obschon die officiösen Blätter es in Abrede stellen und die radicalen darüber spotten, nimmt die Aufregung, welche die Ausführung der Decrete gegen die geistlichen Körperschaften hervorruft, in einigen Landestheilen unverkennbar zu. Zu Ban­nes hat man gesehen, wie der Präfect de Montluc sich in eine Prügelscene eingelassen hat mit drei from­men Damen dieser Stadt, deren eine, Mad. de Prö- voisin, ihren Sonnenschirm auf seinem Rücken ent­zweigeschlagen hat. Wenn dieser Fall allein dastände, so wäre es nur komisch, aber auch in anderen Städten sind Präfecten und Unterpräfecten beschimpft und aus­gepfiffen worden, wenn öffentlich erschienen. Die auf Seiten der Congregationen stehenden Theile des Adels und der Bürgerschaft überhäufen die Beamten mit Kränkungen und Beleidigungen, und diese ver­wünschen im Stillen die Ferrhschen Decrete, welche sie ausführen müssen. In manchen Städten hat die ganze gute Gesellschaft ihnen die Thür geschlossen, während die Radicalen und Communarden sie als Reactionäre verschreien. Wenn sich nur ein Poli­zeibeamter in einer Straße zeigt, wo eine nicht berech­tigte Congregation ihr Kloster hat, gibt es einen Auflauf. Die katholische Bevölkerung gewisser Städte ist beständig alarmirt, wie die Garnison einer bela­gerten Festung. Heute berauscht man sich noch mit Redensarten gegen den Minister Ferry; aber mit Hülfe der Presse, welche täglich Oel ins Feuer gießt, kann es morgen vielleicht zum Schlagen kommen. Das Ministerium sieht wohl ein. wie gefährlich es sein wird, wenn diese Lage noch einige Wochen fortdauern sollte, aber es wagt doch nicht, rasch und mit Energie vor­zugehen, und möchte gern noch ein ermuthigendes Votum von der Kammermehrheit erlangen, ehe es weiter geht.L'Union" ruft den Republikanern zu:Ihr habt die Fahne des Bürgerkrieges er­hoben, wir erwarten euch. Die zerstreuten Mönche werden unsere Häuser geöffnet finden; aber wenn die Thüreinbrecher kommen, so wird die unantastbare Wohnung des französischen Bürgers mit Gewehr­schüssen vertheidigt werden."

Die Ausführung der Märzdecrete in Frank­reich ist gestern auch allerwärts in der Provinz begonnen worden. An vielen Orten leisten die Wächter Widerstand; viele Verhaftungen sind erfolgt. Italien.

Rom, 26. Okt. Die Provinz Reggio ist von einem Alles verwüstenden Wolkenbruch heimgesucht worden; bis jetzt sind 10 Todte und der Einsturz vieler Gebäude gemeldet.

Athen, 29. Oktbr. Ministerpräsident Kum-