hohe und schlanke Gestalt Gali's vor mir. Im grell bunten Gewände, ein buntes Tuch um den Kopf geschlungen, unter dem die glänzend schwarzen Haare 'in wirren Rjngellocken hervorquollen und über den Rücken heraostelen, sah ich sie wieder. Hätte man die Spuren des Elends und Verkommenseins von ihr genommen, sicherlich hätte man sie der russischen Fürstin Gargarin, wie der Gräfin Tolstoi, ihren Stammesgenossinnen, ebenbürtig zur Seite stellen können.
'Das große schwarze, feurige, von langen Wimpern beschattete Auge weilte in seiner ganzen bezaubernden Schönheit auf mir.
Um eines solchen Weibes willen mochte ich schon, gleich meinem Vater, meinen Lebenszweck verfehlen.
Auf meine Frage gab sie schnell und demlich Antwort, mit lebendigem Mienenspiel. Ich erfuhr von ihr, daß die Reise zum Rhein, dann nach dem irira- lenKero tenno, dem Käseland, der Schweiz, von da
nach Frankreich gehe.-
(Schluß folgt.)
Allerlei.
— Fütterung der Pferde mit Disteln. Diq Distel ist zwar ein höchst lästiges und von dem Einzelnen kaum zu beseitigendes Unkraut, deren unangenehme Eigenschaften schon den Verfassern des alten Testamentes bekannt waren, allein sie hat, wie Wes in der Welt, auch ihre guten Seiten. In vielen Ländern ist es üblich, den Pferden im Frühjahre so lange als möglich junge Disteln zu geben, die entweder gewaschen und geschnitten dem Hafer beigemengt oder auch denselben, wie jedes andere Grün- futter, auf die Raufe gesteckt werden. Trotz der Stacheln nehmen die Pferde und auch die Schweine die Disteln mit Begierde zu sich, deren Wurzeln reich an Zucker sind und den Thieren außerordentlich gut bekommen, Sie bewirken nämlich ein ganz gelindes Abführen und erhöhen den Glanz des Haares und damit auch das gute Aussehen der Thiere, woraus mit Recht eine Steigerung des Wohlbefindens gefolgert werden darf. Es wird diese Frühjahrskur der Pferde nicht blos von einsichtigen Landwirthen, sondern auch von den erfahrenen städtischen Pferde- bxsitzern, sowie von den Cavallerie-Offizieren geschätzt, so daß in manchen Gegenden die ausgestochenen Disteln im Frühjahre ein begehrter Artikel sind. Der größere Landwirth pflegt deshalb auch seinen Leuten das Ausstecheu der Disteln bei trockener Witterung inI den" jungen Saaten gern zu gestatten. Wer die Distelfütterung noch nicht versucht hat, möge djes einmal thun, und wird sehen, daß seine Pferde ihm für diese kleine Aufmerksamkeit sehr dankbar sein werden.
— Ein einfaches Mittel gegen alle Grade von Verbrennung. Trotz dem verschiedensten Liniment und anderweitigen vielgerühmten Mitteln bekommt man nach Verbrennungen öfters Blasen und hat außerdem mit den größten Schmerzen zu kämpfen. Durch dieses hier folgende Mittel werden bei vorschriftsmäßigem Gebrauch die Schmerzen binnen wenigen Sekunden weichen und unter keinen Umständen Blasen zum Vorschein kommen. Sowie man sich verbrannt (ob an glühendem Eisen oder mit heißem Wasser, Vitriol rc. bleibt sich ganz gleich), sucht man so schnell wie nur irgend möglich die verbrannte Stelle mit Oel zu bestreichen (ganz gleichgültig, ob Brennöl oder anderes Oel, nur kein Petroleum), ist dies geschehen, so reibt man möglichst feinpulverisirtes Salz darauf, sollten die Schmerzen, während man zwei Secunden eingerieben, noch nicht gewichen fein, so fängt man wieder mit dem Oel an und streut Salz darauf, wie das erste Mal, wonach die Schmerzen nicht nur weichen werden, sondern es wird sich auch keine Blase zeigen, doch muß es so schnell als möglich nach der Verbrennung geschehen, kann aber auch, wenn es die Umstände erlauben, noch nachträglich geschehen, es wird dann aber eine Blase bleiben, obgleich die Schmerzen aufhören.
— Als Vertilgungsmittel für Ratten wendet man anstatt des bei uns allgemein üblichen giftigen Phosphorteiges, der trotz aller angewendeten Vorsicht durch Verschleppung schon oft auch nützlichen Hausthieren verderblich geworden ist, in England seit einiger Zeit mit bestem Erfolge gebrannten Gyps an, indem man denselben mit einer Menge Roggenmehl und einigen Tropfen Anisöl zu einem Pulver. verarbeitet, dieses in einer flachen Schale und daneben I
eine eben solche mit Wasser aufstellt. In Berührung mit Wasser erstarrt nämlich dieses Gypspulver in den Eingeweiden der Natten zu einer harten Masse, die den Erstickungstod des Thieres zur Folge hat.
-- „Kind und Kegel!" Wer hat diese sprichwörtliche Redensart nicht schon gebraucht? Was bedeutet aber: „Kegel?" — Uns ist der Sinn dieses Wortes verloren gegangen, er war aber da. Kegel bedeutete früher einen unehelichen Sohn. Das eheliche und uneheliche Kind stehen einander als Gegensätze gegenüber; Kegel diente in der alten Gerichtssprache zur Bezeichnung sämmtlicher Nachkomme» und später, sich immer mehr erweiternd, im Sinne von allen Angehörigen überhaupt: von allem, was man hat. — Die Redensart „in Bausch und Bogen erklärt Grimm so: Bei Gränzen heißt Bausch die auswärts, Bogen die einwärts gehende Flüche, Bausch das Schwellende, Bogen das Einbiegende; daher die Redensart „in Bausch und Bogen" .... so daß, was auf der einen Seite abgehl, die andere wieder einbringt.
— Jnfusorien-Reichthum des Zimmerstaubes. Es dürfte für viele Leser, die sich mit wissenschaftlichen Studien befassen, ein Interesse haben, dieselben bei mikroskopischen Beobachtungen von Infusorien auf den außerordentlichen Reichthum des Zimmerstaubes an solchen aufmerksam zu machen. Gewöhnlich gibt man bei solchen Beobachtungen etwas Heu in ein Gefäß, gießt Wasser darauf und stellt dasselbe an einen warmen Ort; allein man muß einen sehr glücklichen Griff gethan haben, wenn man in einem Aufguß mehrere Infusorien im Wassertropfen unter dem Mikroskop sehen will; in einem Aufguß von feinem Zimmerstaub dagegen, wie sich derselbe auf den Kästen u. s. w. ablagerr, mißlingt es nie, Infusorien in außerordentlicher Menge zu sehen. Ein Freund unseres Blattes schreibt uns, er habe zu diesem Zwecke am 12. v. M. drei Stück sogenannte Einsiedgläser von 5 Zoll Höhe genommen und in selbe etwa zwei Finger hoch je Heu, Sägspäne und Zimmerstaub gegeben, bis zur Hälfte des Gefäßes mit Wasser gefüllt und an einen warmen Ort gestellt; am 13. sah er in einem Wassertropfen unter dem Mikroskop vom Heu-Ausgusse zwei Infusorien, am 14. vom Sägspäne-Aufgusse vier Infusorien und am 16. vom Zimmerstaub-Aufgusfe, nachdem sich der Staub mit Wasser vollgesogen, sich auf dem Boden des Gefäßes sich gesetzt und auf dem Wasserspiegel ein dünnes Häutchen sich gebildet hatte, Infusorien in unzählbarer Menge lustig umherschwimmen. Vielleicht gibt dieser Jnfusorien-Reichthum auch in sanitärer Hinsicht zu denken.
— (Schmeichelhaft.) Eine sehr nervöse, ewig kränkelnde Dame sollte Bad Ems besuchen, verlangte aber von ihrem HauSarzte, daß derselbe den Emser Badearzt auf's Genaueste über ihre Krankheit instruire. Der Hausarzt gehorchte unv händigte der Dame bei ihrer Abreise einen Brief an den Kurarzt ein. Unterwegs konnte die Kranke der Versuchung nicht widerstehen, den wirklichen Grund ihrer Leiden zu erfahren, und erbrach den Brief. Derselbe enthielt Folgendes: „Lieber Herr College! Ich schicke Ihnen hier einen weiblichen verschrobenen Pavian mit allen Untugenden seiner Race ausgestattet. Nehmen Sie diesen Quälgeist tüchtig ins Gebet. Sie hat eine Gesundheit wie ein Rhinozeros und einen enormen Geldbeutel." Die Gesellschafterin der Dame, welche das Gesicht derselben während des Lesens beobachtete, fiel in Ohnmacht.
— (Woher die „Ente" kommt.) Der Bol- tair erzählt den Ursprung des Wortes „Zeitungsente" folgendermaßen: In den Vierziger Jahren erfand der „Constitutionuel" die berühmte Seeschlange, welche seitdem allsömmerlich in dem stillen Ocean der politischen Pause ihr mysteriöses Wesen treibt. Um das französische Blatt zu hänseln, erzählte die „Judependance Belge" eine noch größere Räubergeschichte, nämlich das.Kunststück eines Belgiers, der 20 Enten auf einmal verspeist habe. Freilich habe er wohlweislich die zwanzigste fein zerhackt den neunzehn übrigen, die neunzehnte in Form einer Pastete den achtzehn übrigen zum Fräße vorgesetzt u. s. w. Die zuletzt übrigbleibende, welche also die neunzehn anderen im Leibe gehabt, sei dem fchlaueu Belgier vortrefflich bekommen.
— (Auf den Zopf schwören.) Wenn im Mittelalter deutsche Frauen vor Gericht einen Eid abzulegen hatten, so mußte sie auf ihren Zopf schwö
ren. Einen solchen Eid leistete, wie Historiker Sattler im dritten Bande seiner Geschichte des Herzogthums Württemberg berichtet, noch im Jahre 1403 die Gräfin Verena von Zollern. Sie mußte ihren laugen schönen Haarzopf, nachdem untersucht worden war, ob derselbe echt sei, um die linke Hand wickeln und diese daun auf die Brust legen, die rechte Hand aber legte sie auf den Amtsstab des Richters, der ihr den Eid abnahm. Auch im Oestreichifchen war diese sonderbare Art der Eidesleistung; nur mußten dort die Frauen nicht auf einen, sondern sogar auf zwei Zöpfe schwören, wie das Wiener Stadtrecht vom Jahre 1351 vorschreibt.
— (Tödtliche Küsse.) In Titusville, Pa., starb unlängst ein Mann an Erhsipelas. Seine Tochter, eine Mrs. Joseph Bushnell, küßte die Leiche. Die Frau hatte eine kleine Verletzung an der Oberlippe, durch diese Wunde drang das Leichengift und Mrs. Bushnell mußte sterben. Ihre kleine Tochter küßte gleichfalls die Mama und mußte ebenfalls sterben.
— Ein nettes Dienstmädchen hatte einen Lehrer in Berlin. Der durchaus nüchterne Mann galt nämlich, so erfuhr er zufällig, in der ganzen Nachbarschaft für einen Gewohnheitstrinker, obwohl er in seinem Leben kaum einen Schnaps getrunken hat. Daß ihm als Lehrer derlei Vermuthungen nicht nur recht peinlich sein, sondern ihm auch recht schweren Nachtheil bringen konnten, ist einleuchtend. Eines Tages fand die Hausfrau ihr bereits bejahrtes Dienstmädchen in der Küche auf der Erde liegen und ließ, erschreckt durch das heftige Stöhnen desselben, den Arzt holen. Dieser konstatirte hochgradige Trunkenheit und die weitere Untersuchung hat ergeben, daß'die biedere Anna täglich Vr Liter Schnaps geholt und auf Conto chres Herrn, „der nicht arbeiten könne, wenn er nicht schon früh einige Schnäpse trinke" — so sagte sie beim Destillateur — ausgetrunken hat.
— Der Wahlspruch der Feuerwehr lautet:' Rasch zur Gluth, — Rechter Muth — Ruhig Blut — Rettet Gut!
— Wie der Lohn so die Arbeit. Der bekannte Humorist Saphir forderte einst Laskar auf, an dem „Humoristen" mitzuwirken, welchen er herausgab, und schloß den witzigen Brief, welcher die Aufforderung enthielt, mit den Worten: „Ich zahle Honorar — rar." Laskar ließ ihn nicht lange auf Antwort warten. Dieselbe lautete: „Wer mir Honorar — rar zahlt, dem schicke ich Beiträge — träge."
— Gut motivirt. Pfarrer: „Kannst du mir fagen, Fritzchen, warum die Kinder Israel ein goldenes Kalb machten?" Fritzchen: „Das Gold wird eben'zu einer Kuh nicht gereicht haben."
— (Ein Ausschclle r.) Um das Schlachten unreifer Kälber zu verhindern, wurde seiner Zeit im> Schwäbischen das Gesetz erlassen, daß jedes Kalb, das znr Welt komme, angezeigt werden müsse und daß keines, das unter vier Wochen alt sei, au einen Mezger verkauft werden dürfe. Der Ausscheller in Schlaulingen machte das mit folgenden Worten bekannt: „Dia Baure, wo Kälber kriaget und zoiget's net a, zahlet an Guide Slros', und die Metzger, wo unter viar Woche sind und metzgei's, zahlet zwoi Gulde!"
— Ein Kinderwort. Mutter: „Wenn Du nicht gleich artig bist, Panlchcn, so sperre ich Dich zu den Hühnern." — Paulcheu: Zu den Hühnern kannst Dü mich sperren. Mama, aber das sage ich Dir gleich : Eier lege ich nicht!
— Schlesische Weine. Ein Reisender fragte einen schlesischen Klosterbruder: „ob es in seinem Kloster auch vaterländische Weine gäbe." — „Leider ja", war die Antwort, „wir trinken sie aber nur in der Marterwoche."
Räthsel.
Dir ist cs sicher wohlbekannt,
Man bringt es in dein Haus,
Dann nimmst Du es in deine Hand Und schöpfst so manches draus.
Doch darum wird es noch nicht leer. Denn borgst Du's irgend aus,
So schöpft ein And'rer minder schwer Dasselbe sich heraus.
Und durch sich selbst löst sich ganz glatt Und leicht dies Räthsel ans:
Denn der, der nicht die Lösung hat Gibt auch das Rathen auf.
Frankfurter Goid-Cours vom .26 Dktoder 1880.
20 Frankenstücke. 16 13—17 ^
Englische Sovereigns. 20 „ 30—35 „
Russische Imperiales. 16 „ 69—74 „
Dukaten. 9 „ 60^-65 „
Dollars in Gold. 4 „ 21—24 „
Goidkurs der K. Staatskassen-Verwattung vom 23. Oktober 1880.
20-Frankenstücke.16 12
Verantwortlicher Redakteur: Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der A. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold.