trugen nicht wenig zur Erheiterung bei. Ein Ausflug nach Heidelberg an dem darauffolgenden Sonntag bildete die Nachfeier des gewiß allen Theil- nehmenden in angenehmer Erinnerung bleibenden Festes.
Der Oeconom Heinrich Brehm in Fetzelho- fen bei Höchstadt a. Ä. soll am 16. Oktober beim Umbau seines Hauses eine eiserne Kiste mit einem 60,000 Gulden betragenden Inhalte gefunden haben.
Aus Bayern, 23. Okt. Kürzlich wurde in Wolnzach ein Paar getraut, der Bräutigam 82, die Braut 58 Jahre alt. Doch hätte beinahe noch vor dem Traualtar ein mißliebiger Zwischenfall, den die Frau etwas zu grell heraufbeschworen, der Vermählungsceremonie ein jähes Ende bereitet. — Aber die jugendlichen Ehestandskandidaten versöhnten sich zu guter letzt, lagen sich tiefgerührt und überglücklich in den Armen, und schworen ewig unwandelbare Treue.
Ein jung» Bursche kam dieser Tage in Würz bürg zu einem Geschäsismanne und bal um abgelegte Frauenschuhe, er brauche sie dringend sür sein- Braut, die morgen aufs Standesamt müsse und keine Schuhe habe. - Der junge Bursche hat kein Geschäft und keine Arbeit, die Braut jhat nicht einmal Schuhe aufs Standesamt und in die Kirche, aber gehcirathet muh werden. (Kaum glaublich!)
Aus Köpenick wird uns geschrieben: Gegenwärtig wüthet in der Umgegend ein „Kartoffelkrieg". Hauptsächlich sind es die an die Köpenicker Flur grenzenden Feldmarken Biesdorf und Friedrichsfeldc, die darunter zu leiden haben. Die Köpenicker ziehen in Trupps von io bis 20 Personen mit Sack und Hacke am Hellen Tage hinaus auf die Kartoffelfelder und beginnen, ganz unbekümmert um die von den Ackerbesitzern angestellten Arbeiter, zu ernten, wo sie doch nicht gesäet haben; sie buddeln ruhig jo viele Kartoffeln, als sie zu tragen im Stande sind, aus und treten dann wieder gemeinschaftlich den Rückweg an, um bald nachher wieder mir leerem Sack zurückzukehren. Sollte einer der Besitzer sich unterfangen, sie bei der Arbeit zu stören, so wird die Hacke als Waffe gegen Jeden gebraucht, der sich ihnen nähert. Der Unfug hat bereits solche Dimensionen angenommen , daß die Gendarmerie zum Schutze der Ackerbesitzer hat aufgeboten werden müssen. Am Mittwoch wurde seitens derselben ein Razzig gegen die Beutelustigen unternommen und wurden dabei angeblich 28 .Personen beim Kartoffelbuddeln auf fremdem Grund und Boden festgenommen. Bei fünf derselben wurde sogar festgestellt, daß sie mit den gestohlenen Kartoffeln einen förmlichen Handel getrieben und den Scheffel mit 2 -4L 50 ^ verkauft haben.
Die Zeitungen gehen hinter dem Kölner Dom- fest her wie die Aehrenleser hinter den Schnittern. Die Zahl der telegraphischen Depeschen am 15. Oktober betrug 985 mit 55,210 Worten; die Zahl der Gäste und Fremden am 16. Oktober 200 , 000 .
Für hunderttausend Augen in Cöln war es ein interessantes Schauspiel zu beobachten, wie Jeder schrieb und sich hielt, als es zum Unterschreiben der Urkunde für den Thurm- knöpf des Domes kam. Ein Tischchen und ein Stuhl stand bereit für die Schreibenden und auf dem Tisch das Tintenfaß und die goldene Feder. Kaiser Wilhelm schrieb langsam und mit großen festen Zügen, nach ihm Kaiserin Augusta; dann alle die anwesenden deutschen Fürsten, Fürstinnen und die regierenden Bürgermeister von Hamburg, Bremen und Lübeck. Der erste nach ihnen war der alte Moltke, er nahm nachher schweigend eine starke Prise, als wäre es ein schweres Werk gewesen. Die Letzten waren der Kölner Oberbürgermeister Pccker und Dombaumeister Voigtel. Sie kommen alle im Thurmknopf auf die späteste Nachwelt. Die Prinzessin Albrccht hatte das Malheur, einen Klecks zu machen, den Voigtel, auf alles gefaßt, schnell tilgte. Der Berliner Polizeipräsident v. Madai schrieb im Handschuh und machte auch einen Klecks, aber nur aus seinen Handschuh, der nun ins Museum kommt. Mehrere Fürsten schrieben in fliegender Eile, andere mit behäbigster Ruhe; die Kronprinzessin Victoria schrieb stehend wie Jemand, der viel schreibt.
Berlin, 23. Okt. Auf die Ergreifung eines 16jährigen Handlungslehrlings, Julius Scheinmann, welcher feinen Prinzipalen (Paul Blumenthal u. Komp.) mit zwei Geldbriefen im Werthe von je 3000 -4L durchgegangen, ist eine Belohnung von 500 ausgesetzt worden.
Berlin, 25. Okt. Die auf den 28. Okt. festgesetzte Eröffnung des Landtages erfolgt durch den Vicepräsidenten des Staatsministeriums Graf Stollberg.
In Folge der allgemeinen Volkszählung soll darauf Bedacht genommen werden, alle in der Zeit vom 30. Nov. dis 2. Dez. einschließlich ange- sctzten Jahrmarktstermine aufzuheben und durch andere zu ersetzen.
Es kann aus guter Quelle versichert werden, daß die auf Abschaffung der Civilehe gerichtete Bewegung in Regierungs- und Bundesrathskreisen durchaus keine beifällige Aufnahme findet, und daß Petitionen in dieser Richtung, auch wenn sie eine Majorität im Reichstag erlangen sollten, auf Zustimmung im Bundesrath nicht zu rechnen haben. Diese Bewegung geht viel zu ausschließlich von orthodoxen Pastorentreisen aus, als daß man behaupten könnte, sie enrspringe einer mächtigen, populären Strömung.
Die Arbeiten sür die Feststellung des künftigen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches werden, wie schon früher mitgetheilt, möglichst beschleunigt, und es wird angenommen, daß, wenn es in der begonnenen Weise fortgeht, der fertige Entwurf in vier Jahren an den Reichstag wird gebracht werden können. Eine Frage harrt allerdings noch der Entscheidung des Bundesrathes, die nämlich, ob der von der ReichSgesetzkvmmission fertig zu stellende Entwurf des Gesetzbuches, ehe er zur Prüfung und Beschlußfassung an den BundeSrarh gelangt, veröffentlicht werden wird, damit vor allen Dingen die weiteste Kritik geübt werden kann. Bor bald 100 Jahren hat man in Preußen schon diesem Prinzip gehuldigt, und vor etlichen 30 Jahren hat Savigny den Entwurf des preußischen Strafgesetzbuches auch veröffentlichen lassen, damit die Kritik ihres Amtes walten könne.
Hamburg, 22. Lkl. E. Haar bürg er, welcher bekanntlich der hiesigen Vereinsbank mit 16d,000 durchging, ist nach einer hier eingelrvffeneii vssiziellen Depesche bei seiner Landung in Alexandrien sammt seiner Gelievlen, Bertha Eohen, sestge- llvmmen wurden. Wieviel von dem unterschlagenen Gelde sich nach in seinen Händen definoel, konnte vis jetzt noch nichl in Erfahrung gevracht weroen. Nach einem heule Mittag aus der Börse kursirenden Gerüchte wären nur 11,000 ^ bei H. gefunden ivrden. Haartmrger'S Spur wurde in Wien gefunden und von da aus bis nach Neapel verfolgt. Dvcl erfuhren die nachgesanvteu Kriminalveamten, in deren Begleitung der Dl- reklor der Bereinsvank reiSte, die Aoreoe des Pärchens nach Alexandrien Da der Name des Schiffes bekanm war, wurden die deutschen Konsuln derjenigen Orte, bei welchen das fragliche Schiff einlief, lelegraphqch verständigt. So gelang denn die Festnahme, voschon H. sich durch Rastren deS Barles und «cheeren des Haupthaares unkenntlich gemacht hatte.
Aus ^traßburg schreibt mau der Magdeb. Ztg.: Wie mau jetzt hört, ist es so gut wie sicher, daß die Domvauhürte nach vollstänsiger Beendigung der Arbeiten am Kölner Dom nach lUm übersiedeln wird, um den Thurm des dortigen Domes zu vollenden, wozu etwa 5—6 Jahre erforderlich sein dürften. Nach Ablauf dieser Zeit werden die Straßburger vielleicht geneigter sein, auf ein Unternehmen einzugehen, was ihrer Stadt manchen Vortheil bringen würde. Gegenwärtig herrscht hier überdies eine Bauthütigkeit, die ein Interesse für andere Bauten kaum auskommen läßt.
Bremen, 21. Okt. Die Auswanderung über hier nach Amerika dauert in unverminderter Weise fort, selbst die gegenwärtige, so sehr vorgerückte Jahreszeit hat keine Abnahme derselben hervorgerufen. Vom 16. bis zum 24. d. Mts. werden nicht weniger als fünf transatlantische Dampfer des Norddeutschen Lloyd entsendet, welche 5000 Auswanderer über den Ozean bringen. In keinem Jahre ist die Auswanderung so bedeutend gewesen, als in dem gegenwärtigen, ielbst diejenige des Jahres 1872 ist bereits übertroffen. Nach den in Bremerhafen genommenen Aufzeichnungen sind jetzt 74 000 Auswanderer mit den Schiffen des Norddeutschen Lloyd nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika abgefahren. Oesterreich—Ungarn.
Die ersten Repressalien in Oesterreich und Deutschland gegen die ungarische Deutschenhetze sollen in Pest gewirkt haben. So hätte eine Brün- ner Firma der Allgemeinen ungarischen Assecuranz- Gesellschaft einen Versicherungsposten von 400,000 fl. gekündigt, in Folge dessen „Hon" mahnt, Alles zu vermeiden, was einer Deutschenhetze ähnlich sehe.
Triest, 25. Okt. Der „Presse" wird von hier telegraphirt: „Aus Genua hier einlaufenden Nachrichten zufolge soll Garibaldi sich mit dem bestimmten Plane tragen, eine Landung italienischer Freiwilliger an der albanesischen Küste auszuführen. Dieser Plan, und nicht der Besuch bei seinem Schwiegersöhne Canzio, soll der Anlaß seiner Reise nach dem Festlande gewesen sein. Die Regierung hat Maßregeln getroffen, um die Ausführung des Unternehmens zu verhindern, da Garibaldi sich den ihm im vertraulichen Wege ertheilten Abmahnungen unzugänglich erwies. (Alter schützt vor Thorheit nicht!)
Jtaliev.
Rom, 24. Okt. Die „Jtalie" meldet: Jaco- bini hat bei Prinz Reuß angefragt, ob er hoffen dürfe, von Rom aus neue Unterhandlungen anzuknüpfen. Bismark hat geantwortet, Deutschland werde die Vorschläge des Vaticans gern prüfen, wenn dieselben sich den früher von Berlin aus bezeichneten Grundlagen anpaßten, Jacobini erwiderte, unter dieser Bedingung verlasse er seinen Posten ohne Hoffnung auf spätere Verhandlungen. Der Vatican selbst hat auf Bismarcks Aeußerung nichts erwidert, mit Rücksicht auf ältere Verabredungen zwischen ihm und dem Berliner Centrum.
Rom, 24. Okt. Baron Ricasoli ist in Folge eines Schlaganfalles gestorben. Nach dem Tode Cavour's (1861) übernahm er am 12. Juli 1861 die Leitung des neuen italienischen Kabinets, trat aber 1863 ab, weil er der verschiedenen Schwierigkeiten nicht Herr werden konnte. Beim Beginn des Krieges mit Oesterreich 1866 übernahm er an La Marmora's Stelle wieder das Präsidium des Ministerraths. fiel aber abermals im Jahre 1867, da er für seinen Plan bezüglich der Liquidation des Kirchenvermögens keine Mehrheit erhielt. Er war seither in der Kammer Führer der konservativen Rechten.
Man nannte ihn den „eisernen Baron".
Im Vatikan macht das Deficit im päpstlichen Haushaltsetat dein Cardinal-Collegium viele Sorgen und man ist auf einen lebhafteren Zufluß des Peterspfennigs bedacht.
Die italienische Regierung befolgte bisher die wenig beherzigenswerthe Politik, ihre Freundschaftsoder dergleichen Bündnisse mit anderen europäischen Staaten so häufig zu wechseln wie gewöhnliche Menschen ihre Leibwäsche. Natürlich ist sie bierbei gar bald auf den Rest gekommen, und sie wird von den Vertretern der Mächte mit schiefen Augen angesehen , falls sie irgendwie mit Vorschlägen zu neuen unverbrüchlichen Schutz- und Trutzbündniffen ihnen auf den Leib rückt. Jetzt geht die italienische Presse öffentlich auf eine Suche nach neuen Alliancen aus. Man ist sich darüber einig, daß Italien unbedingt eine bestimmte Richtung Anschlägen müsse, namentlich angesichts der gegenwärtigen orientalischen Verwickelungen. Es fragt sich nur, wer von den europäischen Mächten sich herbeilasfen wird, den Leuten an der Tiber aufs Wort zu glauben.
Rußland.
St. Petersburg, 24. Oktbr. Agence russe hebt hervor, die Einigkeit der Mächte habe den Sultan auf den Weg der Zugeständnisse geführt und demzufolge sei eine friedliche Lösung der Orient-Angelegenheiten zu erwarten. Griechenland würde die Befriedigung seiner Ansprüche am besten durch friedliche Mäßigung und Besonnenheit erreichen.
Kaiser Alexander hat seiner zweiten Frau, der Fürstin Dolgorucki, 3 Millionen Silberrubel (ä 3 Mark) und deren Kindern 5 Millionen Rubel Her- geschenkt und diese Summen vorsichtiger Weise in -Z Z« der englischen Bank hinterlegt. Man will wissen, ZH» daß die nächste Kindtaufe nahe bevorstehe.
Man erzählt sich von einer starken Entfrem- " 3-, düng zwischen dem Kaiser und dem Großfürsten- Thronfolger, sowie dessen Gemahlin, einer Entfrem- Z Z düng, welche die Folgen der ehelichen Verbindung Uk des Czaren mit der herrschsüchtigen und ehrgeizigen ^ > Fürstin Dolgorucki sein soll. Kirchlich eingesegnet ist das hohe Paar jedenfalls, und es dürfte sich wohl blos noch um eine formelle Bekanntmachung 3 i der Verbindung im russischen Reiche und ceremoni- t
elle Festsetzungen handeln. Hauptsächlich handelt °
es sich um die Stellung der bereits vorhandenen ^ Kinder des Kaisers und der genannten Fürstin, so wie um diejenige der etwa nach erfolgter Ehe noch zu erwartenden Nachkommen. Die stolze Fürstin Dolgorucki, welche den Czaren immer mehr völlig beherrscht, kann ihre Sprößlinge nicht hoch genug rangirt sehen, der Großfürst-Thronfolger mit Gemahlin erstreben eher das Gegentheil. Zu alledem kommt als zweites, sehr wichtiges Moment die Krankheit des Czaren, welche ihm eine wirkliche Leitung der Regierungsgeschäfte thatsächlich nicht mehr gestattet. Wenn nun Melikow und der Thronfolger augenblicklich nach Livadia gerufen sind, so darf man mit Sicherheit annehmen, daß es sich um eine Abmachung handelt, welche die Stellung der neuen Gemahlin des Czaren und ihrer Descendenz und wohl auch — in Verbindung damit — die
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