erhalten können, und daß sie nach Monaten nach dem Termin sich mit kleinen Ratenzahlungen begnügen müssen. Der Bauer hat kein Geld, seinen Verpflichtungen gegen die Gemeindckasse nachznkommen, Dank dem netten Gerichtskostengesetze kann der Rechner gegen den säumigen meistentheils unsicheren Schuldner, ohne den Verlust namhafter Vorschüsse befürchten zu müssen, gerichtlich nicht Vorgehen.

München, 9. Okt. An Stelle v. Rudhart's als Gesandten am preußischen Hofe ernannte der König den Legationsrath an der königlichen Gesandt­schaft zu Wien, Grafen Hugo v. Lichtenfeld.

Darmstadt. Allgemeine Zustimmung findet das Projekt der hessischen Regierung, die Gerichts­vollzieher durch ein Aversum zu besolden, wo­durch der Exekutor mehr einen staatsamtlichen Charakter erhält und Rücksichtslosigkeiten in der Beitreibung gemildert werden. Die Erhebungen über die bisherigen Einnahmen der Gerichtsvollzieher haben geradezu drastische Resultate über das Miß­verhältnis; zwischen den Einnahmen und der Bedeu­tung der Stellung geliefert, in vielen Bezirken ist die Einnahme des Exekutors bedeutend höher als die Richterbesoldung des obersten Justizbeamten.

Die rheinischen llltramvntanen, welche an den Kaiser bezüglich Beendigung des Kulturkampfes und Rückkehr des Erzbischofs von Köln eine Im­mediateingabe richten wollten, haben aus eine wegen Ueberreichung derselben gerichtete Anfrage bereits im Voraus eine Abweisung erfahren, insofern ihnen von Baden-Baden aus- durch den Hofmarschall er­klärt worden nt, der Kaiser habe beschlossen, in der angeregten Frage weder Deputationen noch Adressen irgend welcher Art vor der Dombaufeier anzuuchmen.

Berlin, 8. Okt. Die Nordd. Allg. Ztg. er­fährt betreffs des Kölner Dombaufestes, Ihre Maje­stäten der Kaiser und die Kaiserin, die königlichen Prinzen und Prinzessinnen, der König von Sachsen und die großherzoglich badischen Herrschaften würden im Schloß Brühl absteigeu. Die Mehrzahl der üb­rigen deutschen Fürsten habe bereits ihr Erscheinen fest zugesagt. Die Thcilnahme des Fürsten Bismarck ist noch ungewiß.

Berlin, 9. Okt. DieBossische Ztg." mel­det aus Rom, daß an Stelle des verstorbenen bay­rischen Gesandten Bibra der bisherige Geschäftsträ­ger in Berlin, v. Rudhart, als Vertreter Bayerns in Rom in Aussicht genommen sei. Zugleich mel­det derCorrespondent", daß Cardinal Jacobini das Staatssecretariat übernehmen wird, dessen jetzi­ger Inhaber, Cardinal Nina, schon seit einiger Zeit leidend ist und sich mit dem Papste schon lange nicht mehr in rechter Harmonie befindet. Der Wiener Presse" wird aus Cetlinje gemeldet: Die verei­nigte europäische Flotte verläßt Cattaro, um Smyrna zu blokiren. Auf Anrathen der Mächte wird Mon­tenegros Armee aus Kriegsfuß gesetzt. Sämmtliche in Montenegro sich aufhaltendcn beurlaubten russi­sche Offiziere erhielten Befehl, sofort nach Rußland zurückzukehren.

In Berlin spielt sich seit langen Wochen eine sehr intensive Lohnerhöhungs-Bewegung in verschie­denen Handelszweigen ab. Ob man aus der That- sache, daß in vielen Fällen die Handwerksgesellen ihre Forderungen durchsetzen, auf eine Besserung der Geschäfte im Allgemeinen oder doch in den betreffen­den Branchen schließen darf, wollen wir dahinge­stellt sein lassen. Als ein erfreulicher Umstand aber tritt uns die verhältnißmäßige Ruhe und Besonnen­heit entgegen, in der die herrschende Bewegung sich vollzieht und die gegenüber den Strikebewegnngen früherer Jahre einen bemerkenswertsten Contrast bildet. Es werden durchgängig verständige und erreichbare Forderungen erhoben, über die man verhandeln und sich verständigen kann: Arbeitseinstellungen werden nur vorsichtig und mit besonnener Erwägung der Mittel und Aussichten unternommen: die Versamm­lungen verlaufen so geordnet, daß nirgends das Ein­schreiten der Behörde nöthig wird, von der Zugabe wüster Agitationen und überspannter Bestrebungen, die sonst dem Kampf um die Lohnhöhe eigen war, ist jetzt wenig zu merken.

Die Lohnbewegung im Tischlergewerke Ber­lins erstreckt sich immer weiter. Die Jnstrumcnten- rnacher verlangen 10 Proz. Lohnerhöhung bei höch­stens 10 Stunden täglicher Arbeitszeit, die anderen Tischler unterstützen' diese Forderung und erklärten dies gestern in öffentlicher Versammlung. Die Bild­hauer sollten allgemein striken, doch kann es nur zu thellmeisen Arbeitseinstellungen, da Diejenigen, welche 80 oiL pro Woche verdienen, sich nicht betheiligcn

und in 15 Werkstätten die verlangten 15 Proz. Er­höhung bewilligt wurden. In 30 Werkstätten wurde die Arbeit eingestellt.

Berlin. In Sachen der Onentpolitik stände, derNat.-Z." zufolge, die Einberufung der franzö­sischen und englischen Kammern bevor. England be­strebe sich, Oesterreich für die Actionspolitik zu ge­winnen, dasselbe sträube sich. Auch Deutschland ra- the von Ueberstnrzung ab, trotzdem sei die Katastro­phe möglich. Prinz Prisdang von Siam ist hier eingetroffen. Die päpstlicheAurora" meldet die Ankunft des Cardinals Jacobini in Rom. Das Tgbl." meint, dieselbe erfolge eventuell wegen des CukturkampseS und der Kölner Domfeier.

Ei» Gürtler in Berlin hatte Brustschmerzen, er ging daher zn einem Metzger und tief; sich von zwei Gesellen ziehen". Bald krachte es auch, aller der «chmerz war nicht weg, sondern wurde ärger. Run ging er zum Doktor und dieser fand sofort, daß eine Rippe gebrochen war.

Ein eigenthümliches Jubiläum feierte ein Trichinenbeschauer in Hamburg, nämlich sein tau­sendstesSchinken-Jubiläum", d. h. er hatte in 1000 amerikanischen Schinken Trichinen entdeckt und jüngst den Tausendsten der Polizei überwiesen. Wenn man hinzufügt, daß dies Resultat in der Zeit vom 1. Januar 1879 bis jetzt erzielt ist, und daß in Hamburg 34 Untersncher für Trichinen amtlich angestellt sind, so erhält inan ein Bild von der furchtbaren Gefahr, welche die Trichinen bilden. Es ist gerade jetzt, wo mit dem Eintreten der kälteren Jahreszeit der Verzehr von geräuchertem Schweine­fleisch zunimmt, darauf ernstlich hinzniveisen.

(Ein hoffnungsvoller Jüngling.) Die Hamb. Nachr. melden die in Hamburg vollzogene Äerhastnng eines jungen ManneS, der früher in Stuttgart als Tischler ge­arbeitet und auf eine rafsinirte Weise sich iu den Besitz von 900 ^ gesetzt hat. Derselbe hatte in Erfahrung gebracht, daß seine im Schwarzwald wohnende Mutter eine Erbschaft von mehreren Tausend Mark gemacht habe. Eiligst sendete er hie­rauf ein mit der gefälschten Unterschrift seines Meisters ver­sehenes Telegramm an seine Mutter ab, in welcher ihr mitge- theill wurde, daß ihr Sohn schwer erkrankt und bereits dem Tode nahe sei. Der Bubenstreich hatte denn auch den ge­wünschten Erfolg. Die Mutter machte sich voll Bekümmernis; auf die Reise, um ihren Sohn nochmals zn sehen; gleichzeitig reiste dieser nach dem Schwarzwatd, brach in die Wohnung seiner Mutter ein und entwendete die erwähnte Summe, wo­raus er sich in Begleitung eines jungen Mädchens ans die Flucht machte, bis ihn in Hamburg, wie schon bemerkt, die Remesis ereilte.

OesterreichUngarn.

Wien, 7. Oktbr. In einem Hotel garni ist heute Vormittag an dem 67jährigen Geldbrief­träger Hiltmann durch einen etwa 22jähr. Men­schen, der sich Breslauer nannte, mittelst Bei­bringung von Blausäure ein Mord verübt worden. Der Mörder hatte auf der Pvst einen an sich adres- sirten Brief mit Werthsdeklaratiou aufgegeben, der, wie sich später herausstellte, nur leere Papierblätter enthielt. Ms ihm der Briefträger den Brief in sein 4 Treppen hoch gelegenes Zimmer brachte, bot er, wie man oermuthet, demselben ein Glas Wein an, dessen Inhalt mit Blausäure vergiftet war. Der Briefträger scheint daraus getrunken zu haben, denn wenige Augenblicke nachher wankte er die Treppen hinab und fiel unten bei der Portierloge zu Boden. Während man hier mit ihm, einen Schlaganfall vermachend, beschäftigt war, entfernte sich der Mör­der. Auf seinem Zimmer wurde noch ein Theil des vergifteten Weins nebst einem Fläschchen Blau­säure und außerdem die von dem Briefträger daselbst zurückgelassene Geldtasche, aus welcher nichts ge­raubt war, gefunden. Welche Umstände den Mör­der verhinderten, den geplanten Raub auszuführen, ist nicht bekannt. Der Briefträger Hiltmann starb kurz nachdem man ihn in das Spital der Barm­herzigen Brüder gebracht hatte. Der Mörder, der nach den Angaben der Hotelbediensteten ein Jsraelite zu sein scheint, wurde, wie man derFr. Z." tele- graphirt, später im Hotel Union als Leiche ge­funden. Derselbe nahm Blausäure im Moment, als das Erscheinen einer Baukommission, die er für die Polizeikommission hielt, angekündigt wurde. Es war ein Warschauer Handelsreisender, der sich durch Mord Geld zum Heira-then verschaffen wollte. Die Braut erschien, als die Polizei die Identität der Leiche sestzustellen bemüht war.

Der Wiener Gemeinderath hat sich nicht einschüchtern lassen, sondern 2 Beschlüsse gefaßt, von denen der eine die Nothwendigkeit eines allgemeinen deutsch-österreichischen Parteitages zur Wah­rung der Reichseiuheit oder der Verfassung betont, während der andere besagt, der Gemeinderach solle

den Parteitag, wenn derselbe nach Wien einberufen wird, festlich begrüßen und der Sympathien der Hauptstadt versichern. Diese Beschlüsse an sich sind ein politisches Ereignis;, denn die Vorstehung der Residenz, die wahrlich ihre Loyalität in genügend glänzender und großartiger Weise manifestirt hat, die vom Kaiser das Wort vernommen, er sei stolz, ein Wiener zu sein, die Residenz, der Niemand mit Verdächtigungen nähezutreten wagen wird, sie er­klärte damit indirekt, daß die Reichseinheit und die Verfassung thatsüchlich bedroht seien. Wien hat sich als deutsche, als muthige Stadt bewährt und ihre Kundgebung wird nach oben hin nicht überhört werden, wie sie den tiefsten und den allge­meinsten Eindruck machen wird.

Die Gründung eines Vereins für die Errich­tung eines Huß-Denkmals in Prag wurde verboten. Die Jnngczcchen werden dagegen an das Reichsge­richt recurriren.

Ein M v nstre-B crpiftnnps-Proze s; wurde am 26. September in Steiiiamanpcr in Üngarn zu Ende geführt, dessen Hanptheldin Frau Stephan Horvath ist, weiche die Ver­giftung mittelst Arsenik professionsmäßigihctrieL. Eine Unzahl vvn Vergiftungen, von denen mehr als die Hälfte tödtlich ver­lief, wurde von der Horvath ansgcsnhrt, bis endlich die Sache offenkundig ward und gegen die Giftmördcrin unv ihre Mit­schuldigen der Strafprozeß eingeleitot wurde. Zehn Personen saßen ans der Anklagebank, darunter mehrere Frauen, die sich an die Horvath wandten, damit sie ihre Männer tödtc. Die Giftmischern, hatte zwei Ehegatten, aus die Aufforderung von deren ehebrecherischen Gattinnen und vier Kranke, um sie von ihren Leiden zn befreien, wie sie sagte, mit Arsenik vergiftet, darunter ein 7jähriges Kind mit Wissen und Willen der Mut­ter und Großmutter des Kindes. Mit dem einen lvcrgifteten Gatten unterhielt sie vorher, um ihm näher zn kommen, mit Wissen der mitschuldigen Frau ein Liebesverhältnis;. DaS weibliche Scheusal ist 45 Jahre alt und besitzt einnehmende Gesichtszüge. Bei der Schlußverhandlung saß sie stets mit gefalteten Händen. Sensativn erregte natürlich ihre Erklä­rung, daß sie Mitglied der Szent-Martvner religiösen Genos­senschaft zum Rosenkranz sei. Die Verhandlung nahm zwei Tage in Anspruch, und wurde die Hauptschuldige zn lebens­länglicher Zuchthaus-, zwei Frauen zu je zehnjähriger und eine zu achtmonatlicher Zuchthausstrafe verurthcilt. Die übrige» Angeklagten wurden freigesprochen. Gegen dieses Urtheil mel­dete der Staatsanwalt die Berufung an.

Italien.

Rom, 8. Okt. DieNatione" veröffentlicht ein Schreiben des französischen Ministers des Aenßern, Barthelemy St. Hilaire, an Professor de Guberna- tis. Elfterer erklärt, er sei ein Freund des Friedens mit Italien und werde sein Möglichstes zur Erhal­tung der guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern beitragen. Er wünsche, daß die italienische Presse sich beruhige und er werde in demselben Sinne auf die französische Presse einzuwirken suchen.

Rom, 10. Okt. Der König von Griechenland besuchte gestern Cairoli.

Aus Rom läßt sich dieDaily News" melden, der heilige Stuhl habe formell gedroht, den Nuntius von Paris abzurufcn, falls die französischen Decrete gegen die geistlichen Orden zur Anwendung "gebracht würden.

Schweiz.

In Norschach in der Schweiz sind 8 Wagen­ladungen mit frischem Obst aus Amerika ange- kvmmen.

Frankreich.

Paris, 6. Oktbr. Die Veröffentlichung des Texte» der türkischen Note hat den schlechten Eindruck derselben noch verstärkt und alle Journale sind heute so ziemlich einig darüber, daß die Türken sich über Europa lustig machen.

Paris, 6. Oktbr. Felix Pyat veröffentlicht heute in der Commune einen Artikel von unglaub­licher Heftigkeit, worin er die Amnestirung Bere- zowski's, der noch in Noumea ist, verlangt. Der Artikel ist die reine Verherrlichung des politischen Mords. Wenn binnen 24 Stunden die Amnestie nicht erfolgt ist, schließt Phat, so werde ich in der Commune eine Subskription veranstalten, um dem Märtyrer der Freiheit, dem Galeerensträflinge Bere- zowski, einen Ehrenrevolver zu überreichen.

Paris, 7. Oktbr. Nicht übereinstimmend mit anderwärts ausgesprochenen Ansichten über die Manövrirfähigkeit der französischen Armee schreibt ein Pariser Korrespondent derKöln. Ztg.":Nach der Ansicht aller Sachkundigen, welche den jüngsten französischen Manövern beigewohnt, hat die franzö­sische Armee gegen die ummttelbgr vorhergehenden Jahre wenig Fortschritte gemacht. Die französische Armee, nur uut sich selbst verglichen, steht nach der Ansicht mancher Offiziere selbst der kaiserlichen Armee nach. Sie hat selbstverständlich an Qualität und