und daß dieselbe bei der Zusammenkunft zwischen dem deutschen Reichskanzler und Baron Haymerle in Friedrichsruh lebhaft diskutirt worden sei." In dieser Nachricht ist nicht angegeben, in welchem Zeitpunkt der neue Vorschlag des Fürsten Bismarck gefallen sein soll. Allerdings sind wir der Ansicht, daß die Regelung der österreichisch-ungarischen Han­delsbeziehungen ein Thema ist, das schlechthin nicht ruhen kann, am wenigsten ruhen kann, wenn Fürst Bismarck selbst Handelsminister ist.

OesterreichUngarn.

Wien, 29. Sept. Man fängt an, von nicht Geringerem zu sprechen, als von einem nahe bevor­stehenden Thronwechsel in Konstantinopel. Sultan Abdul Hamid, der seit Jahrennervenlei­dend" sei, soll in Folge unaufhörlicher Aufregungen in einen Zustand gcrathen sein, in welchem er nach dem Scheriat, sowie nach den Forderungen des ein­fachen Menschenverstandes nicht mehr als zum Re­gieren fähig betrachtet werden könne. Von derarti­gen Airsstreuungen bis zum Erlassen einesFetwah", welches den Sultan absetzt, pflegt es am Goldenen Horn crfahrungsmäßig nicht sehr weit zu sein.

Prag, 26. Sept. Zwischen dem deutschen unv dem czechischen Ruderclub fand heute ein Wett­kampf statt, wobei der deutsche Ruderclub wie im Vorjahre den Hauptpreis gewann. In Folge dessen ein großer Tumult gegen den deutschen Ruderclub. Eine Masse von Excedenten schrie:Pereat den Deutschen und Juden!" Die Scandalmacher füllten unter immer neuen Zuzügen die Schützeninsel, so daß die Polizei eiugreifen und die Scandalmacher ver­treiben mußte, bis die Insel gesäubert war.

Ein seltener Jagdunfall wird aus der Semmeringstativn Breitenstein gemeldet. Daselbst ereignete sich das Unglück, daß ein Jäger auf der Pirsch eine Hirschkuh anschoß, dieselbe aber schlecht traf, infolgedessen sich das verwundete Thierstellte." Der Jäger wollte nun der gegen ihn losstürzenden Hirschkuh mit einem Kolbenhieb den Garaus machen, vergaß aber hierbei, daß noch ein zweiter Schuß im Laufe stecke. Er drehte das Gewehr, das sich, mäh­rend er nach dem Thiere schlug, in so unglücklicher Weise entlud, daß der Jäger, in der Bauchgegend tödtlich getroffen, zusammenbrach.

Frankreich.

Paris, 30. Sept. Die morganatische Ver­mählung des Zaren mit der Fürstin Dolgoruki, sagt derGaulois", welcher für die Richtigkeitseiner Angabe selbst einstehen mag, ist seit mehreren Mo­naten eine vollendete Thatsache. Die Fürstin Mit- schenski, Schwester der Fürstin Dolgoruki, hat soeben Biarritz verlassen, um sich nach Livadia zu ihrer Schwester zu begeben, die sich in gesegneten Umstän­den befindet.

Paris, 1. Okt. Die Agence Havas bezeichnet die vom Rappel gebrachten Gerüchte über das fran­zösische Geschwader im adriatischen Meere als un­richtig und erklärt zugleich, die Regierung sei fest entschlossen, sich nicht vom europäischen Konzerte zu trennen, wenn schon sie die bisher gezeigte reservirte Haltung beibehalte.

Zu Ehre des Grafen Chambord wurden ca. 20 Bankette in Paris veranstaltet, auf denen be­geisterte Hoch auf den Roy ausgebracht wurden und der RufNieder mit der Republik" ertönte. Auch in fast allen größeren Städten fanden Legitimisten- Bankette mit ähnlichen Kundgebungen statt, welche von der Polizei nicht behelligt wurden, da dieselbe durch ihre Abwesenheit glänzte. Obgleich die Repu­blik besteht, wird in allen Städten ganz gemächlich der Geburtstag desRoy" gefeiert, werden Messen zu Ehren des Prätendenten gehalten, welchen Sena­toren, Deputirte und sogar Beamte und Militärs anwohnen, werden anSe. sehr christliche Majestät" Adressen gerichtet, in welchen man Treue und Er­gebenheit versichert, wird in den royalistischen Blät­tern eine äußerst aufrührerische Sprache geführt und verkündet, daß derRoy" bald wieder auf dem Throne seiner Väter sitzen werde.Wir begrüßen", so schreibt die Union,mit Vertrauen die nahe Er­hebung des Vaterlandes, das die großen Traditionen unter einem Fürsten wieder aufnehmen wird, der be­rufen ist, die in die königliche Wiege niedergelegten Versprechungen des nationalen Heils zu verwirklichen." Und dieCivilisation" jubelt sogar:Auf allen Punkten Frankreichs wird der Ruf:Es lebe der König!" bald der nationale Ruf sein!"

Eine merkwürdige Erscheinung ist in diesen

Tagen die Eilfertigkeit, mit welcher Frankreich nach überseeischen Besitzungen ausgeht. In Afrika bereitet es alles Ernstes die Anfügung von Tunis an Algerien vor; in Oceanien nahm es letzthin Tahiti in Besitz; ein weit größerer Brocken aber soll ihm in Asien nächstens in die Hände fallen. Es ist, als ob es gegenüber dem britischen Reiche in Vorder-Jndien ein solches in Hinter-Jndien grün­den wollte. Aus Alexandrien wird geschrieben: Wie dasJournal de Saigon", das einzige Organ der französischen Besitzungen in Hinter-Jndien, mel­det, wäre die französische Regierung fest entschlossen, den Beherrscher des Kaiserreiches Annam, Tu- Duc, der noch immer der französischen Geschäftswelt Anlaß zu Beschwerden und Klagen gibt, nächstens schon des Thrones verlustig zu erklären und dessen Land, oder wenigstens die Küste seines Landes zu einer französischen Kolonie zu machen. Kaiser Tu-Duc dürfte so in Bälde gezwungen werden, seinen herrlichen Palast in seiner Residenzstadt Huö zu räumen, damit der französische General-Gouver­neur der Provinz Annam seinen Regierungssitz in demselben aufschlage. Zwar betrachtet sich der Kaiser von China noch immer als der Suzerän des Kaiserreichs Annam, und Kaiser Tu-Duc hat es nicht unterlassen, gleich nach seiner Thronbesteigung eine Gesandtschaft nach Peking zu senden, damit sie dort seine Anerkennung alsBeherrscher der Kö­nigreiche Tonkin, Annam und Cochinchina" fordere. Jndeß war d:es blos eine Formalität, da das Kaiserreich Annam schon seit dem siebzehnten Jahr­hundert gänzlich unabhängig von China ist und keinen Tribut nach Peking sendet. China wird sich daher schwerlich der Einverleibung Annams in Frank­reich widersetzen.

In Frankreich gewinnt angesichts der ver­wickelten Lage im Orient der Gedanke, die Kam­mern einzuberufen, immer mehr Anhänger. Die Industriellen und Kaufleute, welche ursprünglich vor dieser Maßregel Scheu trugen, weil sie von ihr eine Beunruhigung des Landes fürchteten, sind jetzt die ersten, welche sie wünschen, weil sie von der Tri­büne die Erklärungen wiederholt hören möchten, die in dem Rundschreiben des Herrn Bartholemy Saint- Hilatre enthalten waren. Die Bourgeosie und die Finanzwelt ist derselben Ansicht. Die Furcht vor äußeren Verwicklungen ist aber am stärksten bei den Bauern. Auch benutzen die Radikalen und Conser- vativen diese Stimmung, um die Popularität des Herrn Gambetta zu untergraben, indem sie ihn als die Ursache der Beunruhigung des Landes darstellen und nicht ohne wachsenden Erfolg, so daß selbst die Anhänger der Gambetta'schen Politik einigermaßen in Unruhe gerathen. In der Anwesenheit französi­scher Schiffe bei der Demonstrationsflotte erblickt man keine Vortheile, meint vielmehr, es könne eine Demüthigung erfolgen, wenn der Admiral Lafont keine ganz bestimmten Berhaltungsbefehle hat. Man fürchtet, daß der Admiral entweder eine lächerliche Rolle spielen oder Frankreich in einen Krieg gegen die Türkei stürzen könne, ohne die Zustimmung der Kammern.

In Frankreich finden gegenwärtig die großen Herbstmanöver statt, zu welchen, wie gewöhnlich, sei­tens der namhaften Londoner Blätter eine Anzahl sachkundiger Berichterstatter entsandt wurde. Die sehr ausführlich gehaltenen Berichte derselben stimmen darin überein, daß die französische Armee während der letzten Jahre bedeutende Fortschritte gemacht habe. Sie constatiren, daß diese Manöver im Unterschied zu den Parademanövern in Chalons unter Napoleon wirklich auf den Kriegsfall angelegt sind und daher an die Truppen große Anforderungen stellen. Es wird ausgerechnet, daß Frankreich schon jetzt 1 Mil­lion, 1892 aber 2Vs Millionen geschulter Soldaten ins Feld stellen könne, außer der Territorialarmee. England.

Dublin, 2. Oktbr. Für die Entdeckung des Mörders des Lord Mount-Morris ist ein Preis von 1000 Pfd. Sterling ausgesetzt. Den Mitschul­digen, welche den Thäter nennen, wurde Straflosig­keit zugesichert.

Kaiserin Eugenie hat sich das englische Landgut Farnborough - Hille für 50,000 Pfund Sterling gekauft.

In Woolwich wurde gestern das 100-Ton- nengeschütz der ersten Schießprobe unterworfen. Da nur ein einziger Schuß aus ihm abgefeuert wurde, läßt sich ihm vorerst nicht mehr nachrühmen, als daß

es nicht gesprungen ist. Es soll mit noch anderen derselben Gattung als Festungsgeschütz in Malta oder Gibraltar verwandt werden, besitzt eine Länge von 34 Fuß und in seinem stärksten Theile einen Durchmesser von 6' 6", der sich gegen die Mündung hin allmählig bis auf 2' 6" verringert. Seine Pul­verladung bei der gestrigen Probe bestand aus 425 Pfund, und das Wurfgeschoß 17^" lang und 2020 Pfund schwer wurde, ebenso wie die Pul­verladung, vermittelst einer hydraulischen Vorrichtung in das Rohr hineingerammt. Diese gleichwie die übrigen Behelfe zum Heben, Drehen und Richten des Geschützes sollen sich ausgezeichnet bewährt haben. Rußland.

Petersburg, 1. Okt. DieAgence russe" findet die Haltung Montenegros in der Dulcigno- Frage für korrekt. Nach der bisherigen Sachlage habe Fürst Nikita nur die Besitzergreifung Dulcigno's zu vollziehen gehabt, während die jetzt damit ver­knüpfte Eventualität eines Krieges mit der Türkei Montenegro zu dem Wunsche berechtige, sich im Noth- falle die thatkräftige Unterstützung der Mächte zu sichern. DieAgence russe" ist von der Aufrecht­erhaltung des europäischen Einvernehmen überzeugt und betrachtet dieselbe als die beste Garantie für eine günstige Lösung.

Belgien und Holland.

Brüssel, 1. Okt. In Heule, einem Dorf bei Courtray, wo der Regierungs-Kommissar in Beglei­tung von Magistratspersonen und Gendarmerie heute eintraf, um Besitz von dem Gemeindelocal zu neh­men, das der Pfarrer für die katholische Schule unrechtmäßig mit Beschlag belegt hatte, wurde den Behörden von fanatisirten Bauern Widerstand ge­leistet. Die angegriffene Gendarmerie tödtete zwei Meuterer. Requirirte Truppen sind bereits ab­geschickt. (Fr. I.)

Ueber Ruhestörungen in Brügge wird berichtet: Der von der Provinzialregierung mit der Räumung eines klerikalen Schullokals beauftragte Beamte, Valckc, stieß bei denBrüdern der christlichen Liebe" auf hartnäckigen Widerstand. Obschon dieselben seit Monaten wußten, daß sic ihre Schule aus dem dem Hospiz gehörigen Gebäude zu entfernen hatten, und ob­schon sie sich bereits neue Räume besorgt hatten, wollten sie doch nicht gutwillig weichen, sondern sich und ihre Schüler mit Gewalt vertreiben lassen. Als Balcke mit Polizei Morgens erschien und den Lehrern samt deu Schulen: gebot, das Haus zu verlassen, liefen diese alle barhäuptig und ohne Mäntel auf die Straße, wo auf ihr Geschrei sich bald ein großer Volks­haufe, vorzugsweise Weiber, ansammclte und den Regierungs- beamtcn mit Pfeifen und Johlen begrüßte. Drei Stunden wahrte der Lärm, mehrere Leute wurden verhaftet. Am Nach­mittag sah man Maueranschläge mit der Inschrift:Ewige Schande. Die Brüder der christlichen Liebe haben 58 Jahre der Bolkserziehung gewidmet und sind jetzt brutal verjagt wor­den." Ein anderes Plakat fordert dasVolk" auf, am Abend 6pz Uhr in dem Lokale des katholischen Vereins zahlreich zu erscheinen. Das Volk, insonders das weibliche, leistete der La­dung Folge und trat in dichten Haufen an. Um 8 Uhr setzte sich ans dem Vereinshause ein Zug in Bewegung, um unter Trommclschlag und Musik folgende Transparente durch die Stadt zu tragen:Nach 58 Jahren Dienst schändlich verjagt!" Weg mit den Unterdrückern!"Der Unterricht ist frei!" undHinaus mit dem Staat aus der Schule!" Hinter diesen Denksprüchen zog der Pöbel schreiend daher bis vor das Ge­bäude, das die frommen Brüder am Morgen hatten verlassen müssen. Schließlich ging alles zu Bett in dem Bewußtsein, der Staatsregicrung eine tüchtige Katzenmusik gebracht zu haben.

Brüssel, 2. Okt. Der gestern bis zum Exceß gestörten Ordnung in Heule folgt die Bestürzung. Jedermann, Pfarrer und Vikar an der Spitze, leugnen die Mitwissenschaft. Der Urheber ist bis jetzt nicht entdeckt. Die Bertheilung von Genevre ist durch Zeugen festgestellt. Der Pfarrer mußte durch Gendarmen vor die beauftragte Behörde zum Verhör geführt werden. Die Beerdigung des ersten Opfers hat heute stattgefundcn. Zur Aufrechterhal­tung der Ordnung sind Maßregeln ergriffen.

Türkei.

Konstantinopel, 30. Sept. Die Botschafter der Großmächte Unterzeichneten gestern ein Protokoll, wonach ihre Regierungen zum Beweise der vollstän­digen Uneigennützigkeit, mit welcher sie die Ausfüh­rung des Berliner Vertrages verfolgen, sich ver­pflichten, bei keinem Arrangement, welches als Kon­sequenz ihrer behufs Ausführung des Berliner Ver­trages in der montenegrinischen und der griechischen Frage vereinbarten Aktion eintretcn könnte, irgend­welche Gebietsvergrößerung, irgendwelchen ausschließ­lichen Einfluß auf irgendwelchen kommerziellen Vor­theil anzustreben, der nicht gleichmäßig auch den an­deren Nationen zu gute käme.

Australien.

M elbouripe, 1. Okt. Die internationale Mus­st ellung wurde heute vom Gouverneur mit einer Rede