und bei verschiedenen Versuchen sich praktisch bewährt hat. Dieselbe unterscheidet sich von einer gewöhn- lichen Lokomotive nur dadurch, daß sie keine Feuerung mit sich führt, sondern daß sie an der Ausgangsstation den nöthigen Dampf aus einem Kesselhause aufnimmt und mit diesem Dampfe während der Fahrt arbeitet. Der Dampfdruck, der allmählich von 16 auf 3 Atmosphären heruntergeht, wird auf sinnreiche Weise durch ein Ventil so regulirt, daß auf die Kolben eines jeden der beiden Dampfcy- linder immer ein Druck von 2 Atmosphären wirkt. Die zur Beförderung von Personen und Gütern bestimmten Wagen werden der Lokomotive angehängt. Dieselbe ist, um das Wenden zu vermeiden, so eingerichtet, daß sie nach beiden Richtungen in gleicher Weise fahren kann.
In Deutschland und Frankreich sind die Rebhühner in diesem Jahre sehr selten und theuer. In Paris kostet das Stück 7 Franks. Die Köche und Köchinnen haben alle Hände voll zu thun, die friedlichen Tauben „wild" zu machen d. h. zu braten, wie bekanntlich der Schöps zum Rehbraten no- -ilitirt wird.
Arm in Arm fordern protestantische Orthodoxe und Ultramontane die Juden in Deutschland in die Schranken. Sic haben eine Petition an den Reichskanzler Fürsten Bismarck gerichtet und ihn unter Darlegung der bekannten Anklagen eryucht, zur Verhinderung weiterer Zunahme des jüdischen Volkselementes und Einflusses dem preußischen Landtage und dem deutschen Reichstage baldmöglichst geeignete Vorlagen zu machen. Angeregt und verfaßt ist die Petition von der Allgemeinen evangelischen Kirchenzeitnng in Leipzig (Luthardt) und ist von da aus an zahlreiche nltramontane Zeitschriften und Männer zur Unterschrift und Verbreitung versendet worden.
Der Kronprinz von Oesterreich-Ungarn hat gegen verschiedene Militärs, die mit ihm in persönliche Berührung kamen, seine Bewunderung für unsere Armee ausgesprochen : Es sei die erste der Welt. Aber dabei, fügte er hinzu, glaube er hervorheben zu dürfen, daß in der österreichischen Armee durch unablässige Arbeit sich eine Umwandlung vollzogen habe, die ihr einen Platz an der Seite der deutschen einzunehmen wohl erlaube.
Aus Oesterreich erfährt die A. A. Z., daß die vorjährigen russischen Rüstungen ihre Spitze nicht gegen Deutschland, sondern gegen Oesterreich gekehrt hatten. Uebrigens soll in Rußland die Geneigheit hervorleuchten, den Dreikaiserbund wieder auszurichten und eine Verständigung von Rußland mit Oesterreich über die orientalischen Dinge abzuschließen. Ein Schreiben des Kaisers Alexander an den Kaiser Wilhelm ziele darauf ab. Die österr. Kreise scheinen iudeß an einem solchen Plane eben keine Freude zu haben, sondern werde demselben nur mit Besorgnis; entgegengesehen.
Mainz, 24. Septbr. Gestern passirten gegen 500 Auswanderer aus Baden, Württemberg, Rheinbayern und der Schweiz unsere Stadt.
Elsaß-Lothringen, 18. Sept. Ueber Annäherung der Elsaß-Lothringer an das Deutschthum schreibt man der „Schles. Ztg." aus Lothringen: „Nach einer Abwesenheit von mehreren Jahren finde ich hier vieles verändert, namentlich auch, daß die Annäherung an Deutschland merkliche Fortschritte zu machen anfängt. Der Verkehr mit den angrenzenden preußischen und bairischen Landstrichen ist viel lebhafter, wozu natürlich die über die Grenze führenden neuen Bahnen nicht am wenigsten beitragen. Aber auch die Gemeinden thun nach dieser Richtung das ihrige mit Straßen- und Brückenbauten. Die Hei- rathen zwischen den Grenzbewohnern find zahlreicher als früher, und die jungen deutschen Beamten werden von den Lothringerinnen nicht verschmäht; am meisten Aussicht haben dieselben, wenn sie katholisch sind. Lothringische Schullehrer, deren Muttersprache französisch ist und die in beiden Sprachen unterrichten müssen, suchen sich öfters deutsche Frauen aus dem Reich, um sich im Deutschen vervollkommnen zu können. Aus Deutschland hergekommene Schullehrer find dagegen als Schwiegersöhne in lothringischen Familien willkommen. Gerade die Auswanderung so vieler junger Lothringer nach Frankreich leistet dieser Einbürgerung deutscher Beamten und Lehrer Vorschub. Daß diese Auswanderung jetzt nur noch gering ist, und das Land schon über sein Con- fingent an Rekruten zu stellen vermag, dürfte bekannt
sein. In den höheren Schulen nimmt die Zahl der einheimischen Zöglinge alljährlich zu, ebenso an der Universität in Straßburg."
Oesterreich—Ungar».
Wien. Wie aus Königgrätz gemeldet wird, ist die Auflassung der dortigen Festungswerke bereits prinzipiell beschlossen. Die Unterhandlungen zwischen dem Militär und der Königgrätzer Stadtvertretung wegen Durchführung der Demolirungsarbeiten und Uebernahme der bisherigen fortifikatorischen Grundstücke sind bereits im Zuge.
Italien.
Die Nachricht, daß Italien Anschluß an das deutsch-österreichische Bündniß suche, wird von gewisser Seite in Abrede gestellt. Annäherungsversuche sind jedoch sicher gemacht worden; nur mögen die von Italien zuletzt gestellten Bedingungen, die den bekannten Annexionsgelüsten desselben Ausdruck gegeben haben sollen, nicht den Beifall der beiden Mächte gefunden haben; dessenungeachtet dürfte es doch noch zu einer Einigung kommen, da zwischen Italien und Frankreich ein zu großer Widerstreit der Interessen sich geltend macht.
Frautrklch.
Paris, 25. Sept. Ein Rundschreiben Bart- helemy Hilaires an die Vertreter Frankreichs betont, das neue Kabinet werde an der auswärtigen Politik des seitherigen Kabinets nichts ändern. Frankreich habe niemals größeres Gewicht auf die Aufrechterhaltung des Friedens gelegt, den sein langjähriger Freund Thiers inaugurirte. Das neue Kabinet werde diesen glücklichen Traditionen treu bleiben und die freundschaftlichen Beziehungen zu den anderen Regierungen noch mehr entwickeln.
Das neue Ministerium wird von allen Seiten mit höhnischen Angriffen überschüttet. Die reaktionären Blätter nennen Barthelemy St. Hilaire wegen seines Briefes vom 11. März eine Hofschranze des Fürsten Bismarck. Der „Soleil" meint, Frankreich habe einen friedlichen Minister des Aeußern verlangt, aber keinen Minister des Aeußern, „der sich zum Speichellecker Bismarcks mache." „Uni- vers" nennt das neue Kabinet „das Ministerium der Herren Grovy, Ferry und v. Radowitz." Von den republikanischen Blättern, die bisher Freycinet vertheidigteu, tritt am heftigsten der „National" auf, der das Kabinet für nicht lebensfähig erklärt, „weil seine Mitglieder entweder zu alt oder zu jung seien." Es könne nicht erst genommen werden und seine Zusammensetzung mache Frankreich lächerlich. Natürlich fehlt es auch nicht an schlechten Witzen über den „Uebersetzer des Aristoteles". Barthelemy St. Hilaire, der gewissenhaft die Blätter, die gegen ihn zu Felde ziehen, zu lesen pflegt, soll zu einem seiner Freunde gesagt haben: „Lassen Sie die Leute nur -schwatzen. Ich habe keinen Ehrgeiz und nahm das Ministerium nur an, als man sich an mich gewandt hatte, um der Krisis ein Ende zu machen. Ich werde, da ich nun einmal angenommen, der Welt zeigen, daß ich nicht umsonst fünfzig Jahre lang bei Thiers in der Lehre war." — Das Programm des neuen Kabinets ist: Unterdrückung der nicht erlaubten Klöster, Einführung des obligatorischen unentgeltlichen Laienunterrichts, Reform des Richterstandes; was die Beziehungen mit Europa betrifft, ein ehrenvoller Friede. Die „Republique Frantzaise" wünscht, daß das Ministerium Ferry Dauer haben möge. Sie gibt ihm aber den Rath, dem Willen des Landes gemäß vorzugehen und nicht wie Waddington zu handeln, der die Reformen zu verhindern gesucht habe, auch nicht wie Freycinet, der es besser machen wollte, als von ihm verlangt worden sei.
Amerika beginnt nachgerade uns alles und noch einiges zu schicken. Sein Getreide, seine Jn- dustrieproduckte bis herunter zu den Holzstühlen haben wir längst. Seine Fleisch- und Gemüse-Conserven sind ebenfalls nichts neues. Eingemachte Früchte in Büchsen schickt es bereits seit Jahren massenhaft herüber. Jetzt nimmt der Export frischen Fleisches, das im Eis verpackt wird und das nach England geht, immer größere Dimensionen an und mit dem Dampfer „Cyti of Berlin" find nach Liverpool in diesen 1200 Fässer frische Aepfel der neuen Ernte im- portirt worden, die sehr gut angekommen sind. Rumänien.
Fürst Karl von Rumänien hat vom König von Bayern den höchsten daher. Orden, den St. Hubertusorden erhalten.
England.
Aus London, 22. Sept., erhält das „Brl. Tgbl." folgendes Telegramm: Wenn gleich Wad« dingtons Erklärung formell korrekt ist, daß ihm keine förmliche Allianz angetragen wurde, so ist es doch Thatsache, daß der russische Großfürst, welcher im vorigen Jahre längere Zeit in Paris verweilte, Gambetta die russische Allianz anbot. — Letzterer erwiderte hierauf: „nons verrons« (wir werden sehen). — England will wirklich Cypern allmälig aufgeben, wahrscheinlich erhält Griechenland dasselbe.
Rußland.
Ganz Rußland athmet auch wie Jemand, von dem ein Alp gewichen ist. Ein solcher Alp war die Geheim-Polizei in Petersburg, die den Titel führte: „Dritte Abtheilung Sr. k. Majestät höchst eigene Kanzlei." Diese ist aufgehoben und dem Ministerium des Innern untergeordnet worden. Loris Melikoff hat es durchgesetzt. Die Russ.- Deutsche Correspondenz sagt von jener Polizei: Sie war eine Riesenspinne, welche ganz Rußland mit einem Netz von Gendarmen und politischen Spionen umspannt hielt, es war ein Riesenauge, welches, ohne je zu schlummern, über das Gewissen Rußlands wachte. Um letzteres durchführen zu können, waren über ganz Rußland die Mitglieder des Gendarmeriecorps (3. Abtheilung) zerstreut. Sie lebten in Städten und Dörfern, auf Eisenbahnstationen wie auf den Dampferanlageplätzen, kurz, waren allgegenwärtig und verpflichtet, direkt nach Petersburg über Alles zu berichten, was sie nicht nur über Privatpersonen, sondern auch über die höchsten Würdenträger und Offiziere erfuhren. Sogar der Gouverneur, der oberste Chef einer ganzen großen Provinz, stand unter ihrer Kontrole und kein Beamter durfte ohne Einwilligung der 3. Abtheilung im Reiche angestellt werden. Es war das also eine Institution, welche über den Ministern stand, weshalb denn auch ihr Chef blos Sr. Majestät dem Kaiser verantwortlich war. In Petersburg wurde das berüchtigte „Schwarze Buch" geführt, auf dessen Blättern die Censur der Moral eines jeden Staatsbürgers eingetragen wird. Mit Hülfe dieses Spio- nirsystems, all ihre Handlungen in tiefe Schleier hüllend, unumschränkt von ihren Rechten zur Verbannung auf administrativem Wege und zu Dis- ciplinarstrafen Gebrauch machend, glaubte die 3. Abtheilung factisch, das Gewissen Rußlands in ihren Händen zu halten. Wie sehr irrte sie sich aber! Es kam zum Kampfe mit dem Sozialismus, und die ganze Ohnmacht der 3. Abtheilung trat klar zu Tage. Keinem der Verbrechen gelang es ihr vorzubeugen, während die gewöhnliche Stadtpolizei viel mehr Takt und Uebung bei Aufdeckung und Verfolgung der politischen Verbrechen bewies, als die Gendarmerieverwaltungen. Es lag daher klar auf der Hand, daß die 3. Abtheilung nichts nützte, aber sehr viel durch unnöthige Aufreizung der Gemüther schadete, und ihr Eingehen war in letzter Zeit blos noch eine Frage der Zeit.
Türkei.
Aus Konstantinopel wird dem „Daily News" gemeldet: Am 20. ds. ist im Palaste ein großer Kabinetsrath abgehalten worden, bei welchem der Sultan erklärte, daß er in keine Abtretung von Territorium an Montenegro einwillige und bemerkte, daß wenn die Mächte darauf versessen seien, so
möchten sie dasselbe selber wegnehmen. Nachmittags hatten Mr. Göschen und der italienische Gesandte eine Audienz beim Sultan und überreichten ihm eine Botschaft, die ein Diplomat als eine überaus unangenehme und unerfreuliche bezeichnte.
Kandel L Verkehr
Stuttgart, 24. Septbr. Es liegt nunmehr auch der Bericht des Marktmeisteramts über die vom 24.-26. August abgehaltene Tuchmesse. l72 Verkäufer waren erschienen, die 10,400 Stücke Tuch, Bukskins ec. im Werthe von
763,800 ^l auf den Markt gebracht hatten. Das Stück Tuch bewegte sich im Preise von 60-^120 ^l Umgesetzt wurden
6825 Stücke im Werthe von 479,950 Im vorigen Jahr
kamen 194 Verkäufer hierher mit 11,800 Stücken Waare im Belaufe von 830,000 ^l, dagegen wurden damals nur 6100 Stücke im Werthe von 413,100 ^!l umgesetzt. Die Zufuhr war also Heuer geringer als im letzten Jahr, dagegen der Umsatz größer bei Erzielung besserer Preise.
Tübingen. Aepfel 13—15 fitl, Birnen 14—15 .Hl; auf dem Bahnhof Mostobst 7 ^l pr. Ztr.
Stuttgart, 25. Septbr. (Kartoffel- Obst- und Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 800 Säcke Kartoffeln ^ Ä .Hl 30 4 bis 3 ^rl 50 per Centncr; noch Vorrath. Wil-