— Die „Germ." ihrerseits hofft, daß auch die katholische Bevölkerung Kölns sich die größte Zu» rückhaltung auferlegen werde: das Blatt dürste sich jedoch darin täuschen.
Die aus Anregung des Reichskanzlers auch von der bayrischen Regierung eingeforderten Gutachten Seitens der Gerichte und anderer Körperschaften über die Beschränkung der Wechselfähigkeit sprechen sich zum größten Theile gegen eine solche Beschränkung aus.
Nach den neuesten Bestimmungen soll der preußische Landtag bereits Mitte Oktober einbe- rufen werden, damit ein Zusammentagen dieser Körperschaft mit dem Reichstage vermieden werde.
Nach den jetzt von überallher vorliegenden Berichten ist die zehnjährige Wiederkehr des Sedan- tageS überall in deutschen Landen festlich begangen worden. Von den größeren Städten machte nur München eine Ausnahme, wo mit Rücksicht auf das erst ganz kurz vorhergcgangene Wittelsbach-Jubiläum das Fest auf den kommenden Sonntag verschoben wurde. Durch die Ansprache des Kaisers an die Armee, die allenthalben, auch im Auslande, einen höchst snmpathifchen Eindruck machte, hat die diesmalige Feier noch eine besondere Sanktion erhalten.
Nachdem die Thatsache der Spaltung der nationalliberalen Partei besiegelt und unwiderruflich ist es bis auf den heutigen Tag offiziell noch ein unenthülltes Geheimniß geblieben, weß Geistes Kind die neue liberale Partei genau genommen denn eigentlich sei. Das Manifest bewegt sich in gar zu undeutlich bezeichneten Bahnen: es ist, wenn man die einzelnen Sätze für sich ins Auge faßt, zu dürftig und unbestimmt, um ein sicheres Urtheil darüber gewinnen zu lassen, in welchen eonereten Fragen die neue oder „deutschliberale" Partei mit der alten nationalliberalen bei der Abstimmung im Reichs- und Landtag nicht mehr zusammen, in welchen Fragen sie ihre eigenen Wege gehen und in welche» endlich der Fortschrittspartei sich zugesellen wird. Indessen ist ja von sonsthcr bekannt, welche Motive und Stimmungen die schon seit Jahren Vvrauszusehende und vvrausgesagte Scheidung herbeigeführt haben; und darnach darf man ohne Weiteres annehmen, daß der zuletzt namhaft gemachte Fall, das Zusammenstimmen mit der Fortschrittspartei und den übrigen grundsätzlich oppositionellen Elementen, der weitaus häufigste sein wird. Zwar wird dies den Intentionen der Ausgetretenen keineswegs entsprechen, vielmehr werden sie in der That versuchen, eine Mittelstellung zwischen beiden Fraktionen einzunehmen: aber in Wirklichkeit wird sich der hierfür disponible Raum als zu schmal Herausstellen, und schon die Nothwendigkeit, ihr Dasein zu rechtfertigen, zu beweisen, daß der Austritt keineswegs ein sachlich so wenig motivirter war, wie dies von vielen Seiten behauptet wird, möchte die neue Partei auf der Bahn der Opposition und speciell des Gegensatzes zu den bisherigen Genossen weiter treiben, als sie vorerst zu gehen beabsichtigt. Alle-) kommt nun darauf an, ob die Linksschwenkung von den Wählerschaften, vor Allem der nächstbe- theiligten Wahlkreise, mitgemacht werden wird. Die neue Partei wird jedenfalls das Mögliche aufbieten, uni Boden zu gewinnen und ihre Reihen zu verstärken.
Eine werthvolle Bibel. Der Direktor des Bades Wartenberg, Herr Regierungsrath Dr. Schlecht», befindet sich, wie die czechischen Blätter melden, angeblich im Besitze der lateinischen Vulgata, auf Grund welcher Luther auf der Wartburg seine deutsche Bibelübersetzung verfaßt hat. Die Seitenränder der Bibel sind mit zahlreichen von Luther gemachten Bemerkungen beschrieben. Dieses werthvolle Andenken, welches aus der königlich sächsischen Bibliothek stammen soll, hat Dr. Schlechta von dem cechischen Dichter Janez Hvezdy (Dechant Marek) zum Geschenk erhalten. Hr. Dr. Curtius, Professor in Leipzig, hat, wie beigefügt wird, für diese Bibel angeblich dem Hrn. Dr. Schlechta fünftausend Thaler angetragen.
Der „Morning Post" wird aus Berlin gemeldet: Oestreich und Frankreich wünschen jede kriegerische That zu vermeiden, um Rußland und England nicht einen Vorwand zu einer gemeinsamen Aktion im Oriente zu geben. Die Zusammenkunft zwischen Bismarck und Haymerle trug einen herzlichen Cha
rakter. In allen wichtigen Fragen haben sie ein Einverständniß erzielt.
Der zehnte Jahrestag der Schlacht von Sedan ist von den englischen Blättern zumeist in einem Deutschland sympathischen Tone besprochen worden.
Der deutsche Gesandte aus dänischem Hofe, Baron v. Magnus, der durch einen deutschfeindlichen Trinkspruch der reclamesüchtigen französischen Schauspielerin Sarah Bernhard compromittirt wurde, hat nach dänischen Blättern einen sechsmonatlichen Urlaub augetreten.
Der „Niederschlesische Anzeiger" in Glogau meldet folgendes Zoll-Kuriosum : Unsere Oelmüller bezogen bisher die leeren Petroleumfässer aus Oestreich, von wo sie zollfrei eingingen. Jetzt aber müssen dieselben mit 20 versteuert werden, denn — die Fässer sind bekanntlich mit blauer Farbe angcstrichen und nun behandelt man sie als „bemalte Holzgefässe!"
Wie sich erwarten ließ, wird eine erste Frage bei einer wirklichen Flottendemonstration die angebliche Eintracht der Mächte in der orientalischen Angelegenheit in Frage stellen. Wer soll die Oberkommandantschaft übernehmen? Die Nachricht über darob eingetretene Differenz zwischen Frankreich und England wird zwar dementirt.
Anfang Dezember v. I. hatte der 5jährige Sohn eines Herrn H. in Meerane eine 1 y? Zoll lange Nadel mit GlaSkoppe verschluckt, die, wie man vermuthete, den Weg nach dem Magen genommen. Der Knabe hat sich dennoch seitdem nie über Schmerzen, die die verschluckte Nadel ihm etwa hätte verursachen können, beschwert, vielmehr ist das Kind munter und wohlauf gewesen und hat selbst bei der Ausführung vvn „Purzelbäumen" re. nichts von der Nadel gespürt. Seit einiger Zeit begann jedoch das Kind über Kopfweh, das täglich immer heftiger wurde, zu klagen u. erlag am 22. v. M. einem Gchirnleiden. Bei der Sektion des Verstorbenen fand es sich, daß das Gehirn zum größten Dheil in Eiter übcrgegangcn war, und eine weitere Untersuchung der Luftröhre ergab als seltsames Resultat der Anssindnng der 5 Centimeier langen Nadel, welche sich mit der Spitze nach oben, da wo ein Kanal nach der Luftröhre sich abzweigt, festgesetzt hatte. Das Kind hat trotzdem unbehindert, niemals beschwerlich geathmet.
Oesterreich—Ungarn.
Der Wiener „Presse" wird gemeldet: Durch eine Verordnung des italienischen Kriegsministers werden "0000 Soldaten der zweiten Kategorie zur Waffen»m'i-,, aus drei Monate einbernsen. Eine zweite Verordnung des Kriegsministers bestimmt, daß die Offiziere der mobilen Miliz und der Ersatz- rescrve zum Truppendienste einberufen werden können. Das Militärbudget erhöht sich in Folge dessen um circa 2,000,000 Lire.
Auf der Reise durch Galizien hat Kaiser Franz Josef einen begeisterten Empfang gefunden. Erfreulich ist, daß die polnischen Blätter sich große Mäßigung auferlegten und der in Krakau erscheinende „Czas" sogar einen sehr versöhnlichen Leitartikel in deutscher Sprache brachte. Schon der Umstand, daß der Kaiser sämmtliche an ihn in polnischer und ruthenischer Sprache gerichtete Ansprachen deutsch beantwortete, unterscheidet diese Reise wesentlich von derjenigen, die der Kaiser letzthin durch Böhmen und Mähren machte.
Ragusa, 5. Septbr. Ein italienisches Geschwader ist heute früh eingetroffen. Sobald das französische und das deutsche Geschwader eingetroffen sind, findet Kriegsrath unter dem Vorsitz Sey- mours statt, um über die allgemeinen Operationen an der albanesischen Küste zu beschließen. Der russische Admiral Bremer begab sich nach Cettinje. Im Laufe des heutigen Vormittags trafen eine deutsche und zwei englische Korvetten hier ein und sind nunmehr vierzehn Kriegsschiffe im hiesigen Hafen versammelt. (W. L.)
Frankreich.
Das „Journ. des Döbats" kann dem Tagesbefehl, welchen der Kaiser Wilhelm zum Sedan-Tage an die deutsche Armee erlassen hat, seine Bewunderung nicht versagen. Außer dem zu Gott vertrauenden Monarchen gebe sich in diesen edlen Worten auch der echte Feldherr zu erkennen. Dabei enthalten sie nichts, was das französische Nationalgefühl beleidigen könnte ; im Gegentheil lasse sich gleich aus den ersten Zeilen leicht ein Gefühl der Achtung vor dem Unglück des Besiegten herauslesen. Die reaktionären Blätter, schließt das „Journ. des Döbats", werden also einige Mühe haben, in diesem Tagesbefehl jene angeblichen Drohungen zu finden, die sic in den Ansprachen entdeckt hatten, welche der deutsche
Kaiser aus Anlaß des Zahltages der ersten Schlachten des Feldzuges von 1876 an die Regimenter hielt.
Italien.
Letzten Donnerstag hat der Papst in Gegenwart des spanischen Gesandten Cardenas die Windeln geweiht, die für den zukünftigen Sprößling der spanischen Königin Christine bestimmt sind. Ein Courier des spanischen Gesandten reiste dann sogleich mit diesen Windeln nach Madrid ab.
Die Abhaltung eines Tedcums soll der Erzbischof Melchers direkt von Rom ans anbefohlen und zugleich den Wunsch ausgesprochen haben, daß man sich jeder kirchlichen Demonstration bei dieser Gelegenheit enthalten möge. Unter diesen Umständen wird sich der Klerus beim Dombaufest wohl kaum in den Schmollwinkel stellen.
Rumänien.
Die rumänische Regierung hat eine Lieferung von 18 000 Militärzelten ausgeschrieben, welche binnen 8 Monaten abzuliefcrn sind.
Rußland.
St. Petersburg, 3. Septbr. Die Zeitung Strana meldet aus Moskau: Gerüchtweise verlautet, daß vor 2 Wochen die Unterminirung des Eisenbahndammes auf der Route Moskau-Kursk versucht wurde. Thatsache ist, daß ein Polizeibeamter bei dem Betreten eines Hauses iin Rogoski- Stadttheile bei der genannten Bahn in einem Zimmer, wo 3 unbekannte Personen sich befanden, eine große Grube mit Spuren fortgesetzter Arbeit bemerkte. Die anwesenden Personen behaupteten, daß sie einen Keller für die Wirthschaft anlegen. Der Polizist meldete dies seinem Vorgesetzten, worauf die Verhaftung jener 3 Personen angeordnct wurde, diese hatten aber schon das Weite gesucht. Bei der darauf erfolgten Besichtigung der Grube ergab sich, daß dieselbe der Anfang einer Unterminirung war. Diese Meldung der Strana ist um so glaubwürdiger, als, wie mir bekannt ist, in letzter Zeit in der That in Moskau Verhaftungen politischen Charakters erfolgten.
England.
London, 5. Sept. Amtliche Meldung aus Caudahar vom 2. September: Außer dem bereits gemeldeten Verlust in dem. Treffen gegen Ayub Khan sind 3 britische Offiziere und 68 Mann verwundet ; von letzteren sind seitdem 4 gestorben. Die indischen Truppen verloren 11 Mann todt und 72 verwundet. Die Cavalleric marschirt morgen nach Kokeran. Ein andere Abtheilung geht dem General Phayre entgegen, welcher angewiesen ist, nicht zu viel Truppen vorzuschieben, sondern die verfügbaren Transportmittel für Beschaffung von Vorräthen und Lebensmitteln zu verwenden. Die Cavallerie tödtete 400 Flüchtlinge von Ayub's Armee.
Kandel L Gerkehr.
* Nagold. Zur Bequemlichkeit des Publikums ist au dem Revieramtsgcbäude eine zweite Briefliche angebracht morde».
Stuttgart, 8. Sept. jLandesproduktenbörse.s Die heutige Börse war wegen des israelischen Festtages schwach besucht, der Verkehr blieb daher sehr beschränkt. Wir notiren pr. 100 Kilvgr.: Waizen, baierischer 24 .6! 25 -4 bis 24 4L 50 S, amerikanischer 23 -4L 25 -4 bis 23 .4L 50 ^!, ungarischer 24 .4: 50 .1 bis 24 -4L 75 Kernen 23 .4L 50 M Gerste württembergische 16 50 ^ bis 17 -4L Mchlpreise Pr. 100
Kilvgr. : Nr. 1: 36 .4L 50 bis 37 ^L 50 ^!, Nr. 2: 34 50Ol bis 35 .4L 50 -4, Nr. 3: 31 .4L 50 bis 32 ^L 50 Nr. 4: 28 -4L 50 4 bis 29 .4L 50 -v.
Stuttgart, 9. Sept. Kartoffel- Obst- und Kraut m arkt. Leonhardsplatz: 200 Säcke Kartoffeln L 3 ^L 50 4 bis 4 -4L per Ccntner, Alles verkauft. Wilhelmsplatz: 100 Säcke Mostobst ä 6 -4L 50 ^ bis 7 ^L 20 -4 per Ctr., rasch abgesetzt. Marktplatz: 8000 Stück Filderkraut L 8 «4L bis 10 .4L per 100 Stück.
Eßlingen, 6. Septbr. Der heutige jährliche Fatz- und Kübelmarkt war so schwach befahren, wie seit vielen Jahren nicht. Nur 176 Stück Fässer, meist kleine, mit zusammen 118 Eimer Gehalt waren zum Verkauf ausgestellt und auch diese fanden nur wenig Absatz und nur zu niederen Preisen. Achnlich verhielt es sich mit dem Kübelgeschirr.
Hopfenbericht. In Tettnang sind die Preise wiederholt etwas gewichen: Prima ist zu 95—105 ^L, Sekunda von 50 .4L an auswärts zu haben. — Aus Nürnberg wird berichtet, daß am 1. Sept. die Pflücke in allen Hopfenbezirken vom Wetter begünstigt begonnen hat. An neuen Hopfen sind schon über 1000 Ballen zu stets weichenden Preisen durch den Markt gegangen. Neue Zufuhr 500 Ballen. Höchste Preise für Württemb. und Bad. 85—110 -4L, Ausstich 120 <4!, Mittel oder Sekundawaare 60 bis 80 .4L, schlecht getrocknete und geringe Waare mit 45 bis 55 4L bezahlt. — Im Unter- Elsaß Ernte begonnen. Erwartungen bedeutend übertrosfcn. Preis bis jetzt 100 .4L, bessere Sorte, sog. Spalter oder Saazer Hopfen 140—160 -4L bezahlt. Leider viel Ungeziefer, besonders Milben und Würmchen. Wetter überaus günstig.