Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

M 100.

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2 außerhalb des Bezirks 2 40

Samstag den 21. August.

j Jnserlionsgebühr für die lspalligc Zeile aus ge- ! wöbnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 ; bei mehrmaliger je 6

1880 .

Amtliches.

Nagold.

An die Orts Vorsteher.

Die Unterzeichnete Stelle sieht sich veranlaßt, die bestehende Vorschrift, wonach die Ortsvorsteher von jeder bei ihnen anfallenden Untersuchung und deren Ergebnis;

n) gegen Militäpflichtige:

dem Civil-Vorsitzenden der Ersatz-Commission des Aushebungsbczirks der Militärpflichtigen, b) gegen Mannschaften des Beurlaubtentandes und Ersatz-Reservisten I. Classe:

dem Landwehrbezirks - Commando, in dessen Controls die betreffenden Personen des Beur­laubtenstandes oder die Ersatz-Reservisten erster Classe stehen,

Mittheilung zu machen haben, zur Nachachtung in Erinnerung zu bringen.

(Ministerial-Amtsblatt von 1876, Seite 49). Den 18. August 1880.

K. Oberamt. Güntner.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

tz Nagold. Der Thäter des vor ca. 2 Mo­naten an dem Uhrmacher Helber in Haiterbach verübten und in diesem Blatt s. Z. mitgetheilten be­deutenden Uhrendiebstahls (im Werth von 1000 -M) ist nun ermittelt, mit einem Theil der gestohlenen Uhren in Ludwigsburg zur Haft gebracht und in das hiesige Gerichtsgefängniß eingeliefert worden. Derselbe, ein Schreiner E. von Haiterbach, wurde kürzlich dorthin transportirt, um den Ort anzugeben, wo er die Uhren versteckt hatte; dabei war die Auf­regung und Entrüstung der Einwohnerschaft so groß, daß letztere nur mit Mühe von dem Gefangenen fern gehalten werden konnten. Am 17. d. Mts. wurde dem Bauern H. in Schietingen mittelst Ein­bruchs ca. 90 und 1 Paar Stiefel gestohlen, der Thäter aber am gleichen Tage noch ausgemittelt und in Freudenstadt verhaftet. Es ist dies derselbe, wel­cher im Monat Juni d. I. dem dortigen Löwenwirth G- ca. 30 und eine silberne Cylinderuhr mittelst Einbruchs gestohlen hat. Beide Diebstähle wurden am Hellen Tage ausgeführt und ist der Thäter ein mehrfach bestrafter Dieb Namens P. G. von Schietingen.

^ Nagold, 20 . Aug. In 13 Chaisen u. einem Wagen kamen diesen Mittag gegen 60 Altenstaiger Bür­ger hier an, um ihren neuen Stadtschultheiß Walther auf dem Bahnhofe zu empfangen und ihn nach dorten zu geleiten. Nach dem dortigen Lokalblatte wird auch die Feuerwehr zum feierlichen Empfange parat sein. Morgen findet dann die Beeidigung und Einführung Herrn Walthers in sein Amt durch Herrn Oberamtmann Güntner statt.

Berichtigung. Der in Nro. 98 d. Bl. gebrachte, aus der Württ. Landeszig. entnommene Selbstmordfall in Rufringen betrifft, wie uns privatim mitgetheilt wird, den dortigen Ochscnwirth und nicht den Kroncnwirth.

Tübingen, 19. August. Der hiesige Han- d elsvercin hat in einer gestern Abend abgehaltenen Versammlung beschlossen, sich entschieden gegen jede Beschränkung der allgemeinen Wechselfähig­keit auszusprechen. Dagegen war allgemein die Ansicht vertreten, daß es in hohem Grade wünschens- werth wäre, wenn seitens der Regierung und Presse für weitere Belehrung und Aufklärung über die hauptsächlichsten Bestimmungen des Wechselgesetzes gesorgt und namentlich diejenigen Berufsklassen, welche an dem Geld- und Handelsverkehr weniger Antheil nehmen, vor der Unterschrift eines Wechsels und deren Folgen gewarnt würden.

Stuttgart. Die Vorbereitungen zum schwäb. Schützenfeste sind in vollem Gange. Am Don­nerstag früh werden die ersten Schüsse fallen. Die Eröffnung des Landesschicßens wird mit Kanonen­donner begleitet, ein Zug aber wird derselben nicht voransgehen. Das Schießen dürfte, nach den er­folgten Anmeldungen zu urtheilen, sehr lebhaft besucht werden.

Stuttgart, 17. Aug. Der hiesige Schlacht­hausverwalter ist gestern plötzlich aus feinem Amte entlassen worden und hat sich davon gemacht. Er soll sich einer ganzen Reihe von Unterschlagungen schuldig gemacht haben.

Ludwigsburg, 16. August. Die Taufe des neugeborenen Prinzen von Württemberg wird, wie man hört, nächsten Dienstag den 24. d. M., am Geburtstage seiner Großmutter, I. K. H. der Frau Prinzessin Friedrich, hier in der Villa Marien­wahl stattfinden.

In Wildbad ist Graf Peter Schuwalvw angekommen. Ebendaselbst befindet sich Fürst Gvrt- schakoff.

Schloß Friedrichshaen, 18. Aug. Seine Majestät der König begaben Sich heute Nachmittag init Gefolge nach Schloß Mainau zum Besuche Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Groß­herzogin von Baden und Ihrer Kaiserl. Hoheit der Großfürstin Michael von Rußland, höchst welche gegenwärtig mit den Grauesten Georg und Ale­xander, sowie mit dem Erbgroßherzog und der Erb­großherzogin von Mecklenburg-Schwerin und deren Tochter daselbst verweilt.

München, 18. Aug. Der frühere Minister­präsident v. d. Pfordteu ist gestorben, v. d. Pfordten war geboren 11. Sept. 1811. Im April 1849 wurde v. d. Pfordten Minister des Auswär­tigen in Bayern, im Dez. Ministerpräsident. Er opponirte entschieden gegen die Erhebung Preußens zur führenden Macht in Deutschland, und schloß sich eng an Oesterreich an. Er lehnte im Juni 1866 den preußischen Vvrschlag ab, wornach in dem neu zu errichtenden Bunde Bayern die militärische Füh­rung Süddeutschlands übernehmen sollte, und schloß mit Oesterreich den Allianzvertrag von Olmütz (14. Juni 1866), worauf der Krieg folgte, nach dessen unglücklichem Ausgang Pfordten im Dez. seine Ent­lassung nahm. Sein Nachfolger war Fürst Hohenlohe.

Kürzlich fuhren zwei israelitische Handels­leute mit einem Einspänner von Miltenberg nach Hardheim. Auf dem Heimweg rannte das Pferd mit dem Wägelchen bei einer Mühle wider einen Bienenständer und warf drei Bienenstöcke um. Die Bienen fielen nun über die zwei Handelsleute her, welche schleunigst in die Mühle Reißaus nah­men. Das Pferd hingegen, welches bei der Flucht im Stiche gelassen werden mußte, wurde von den wüthenden Bienen innerhalb einer halben Stunde getödtet.

Kissingen, 14. Aug. Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr waren ungewohnter Weise Allee und Chaussee unterhalb der Saline reichlich von Gen­darmen und Schutzleuten in Civil begangen und was war die Ursache? Fürst Bismarck ließ sich wiegen! Die Schmidt'sche Personenwaage in der Nähe der Saline hat regelmäßig die Ehre, daß auf ihr der Kanzler sein Gewicht bestimmen läßt, und die Frau Wiegemeisterin hat in diesem Jahre schon lange auf den hohen und ihr sehr erfreulichen Gast gewartet; gestern ist er nun in Begleitung des Grafen Herbert gekommen und hat sich wiegen lassen; 237Us Pfd. war das Ergebnis;, gegen vori­

ges Jahr um 10 bezw. 6 U 2 Pfd. weniger, da der Kanzler im Anfänge der Cnr 247U«, zu Ende der­selben 244 Pfd. wog. -Ah! da machen Sie mir ja eine große Freude", soll Bismarck gesagt haben, als man ihm mittheilte, daß er um 5 Kilo leichter geworden sei. Bisweilen trägt er eine Brille, was sich gar ungewohnt ausnimmt.

Zum Turnfeste in Frankfurt hatten sich im Ganzen 10,077 Turner angemeldet, u. a. 954 aus Bayern und 279 auS dem Auslande, nämlich 155 aus Amerika, 20 aus England, 3 aus Frankreich, 5 aus Rußland, 23 ans Italien, 20 aus der Schweiz, 15 aus Holland, 33 ans Belgien, 5 aus Ungarn.

Frankfurt, 16. August. Nach einem dem hiesigen Konkursgerichtc zugegangcnen Telegramm sind die ivegen Unterschlagung und Betrug seit mehreren Monaten steckbrieflich verfolgten Ban- quiers Gebrüder Sachs in Santiago (Chile) ver­haftet worden.

Berlin, 18. Aug. DerReichsanz." meldet: Der Kaiser hielt an das erste Gardcregiment zu Potsdam im Lustgarten folgende Ansprache:Die preußische Armee begeht heute für die Thcile, welche 1870 die erste und zweite Armee bildeten, im Ver­eine mit den damals Uns verbündeten sächsischen und hessischen Truppen den zehnjährigen Jahrestag der ruhmreichen Schlacht von St. Privat-Gravelotte. Ich habe das Erste Garderegiment um Mich ver­sammelt als das erste Regiment Meiner Armee nicht nur dem Range nach, sondern weil es denselben auf allen Schlachtfeldern der Neuzeit zu erkämpfen wußte. Ich erwarte, daß das Regiment stets dieses Tages bewußt bleiben nnd in Krieg und Frieden bethätigeu wird. Daher betrachte Ich es heute als Vertreter der ganzen Armee. Der schwer erkämpfte Sieg von St. Privat-Gravelotte ist der Wendepunkt zu den großen Erfolgen des Krieges von 1870/71 gewor­den, was man nm Abend der Schlacht kaum ahnen konnte. Sie hat große und schmerzliche Opfer ver­langt. Ich brauche in diesem Kreise nur den Namen v. Röder zu nennen. Wir achten diejenigen Alle, welche ihr Leben Hingaben zum Ruhme des Vater­landes. (Bei diesen Worten entblößte der Kaiser das Haupt.) Nie wird in Meinem Herzen die Dank­barkeit erlöschen für den Hcldenmnth, die Tapfer­keit, Hingebung und Ausdauer, mit welcher die Ar­mee gefachten. Erneut spreche Ich hiermit diese An­erkennung aus."

Berlin, 17. August. Der Kaiser richtete an den Kommandeur des dritten Armeekorps ein Glück­wunschtelegramm zum Tag von Gravelotte. Mor­gen besichtigt der Kaiser aus gleichem festlichen An­laß in Potsdam das erste und das dritte Garde­regiment.

Berlin. Aus Amerika kommen Nachrichten, welche das Schicksal der in diesem Frühjahr zu Tausenden ausgewanderten Posenschen Bauern im trübsten Lichte schildern. Die polnischen Emi­granten sind drüben entweder zum bettelnden Prole­tariats herabgesunken oder theilwesse gar unterge- gangcn und Hungers gestorben. Die deutschen Konsulate aber werden fortwährend von Unter­stützungsbedürftigen belagert : es fehlt auch nicht an Solchen, welche inständig bitten, um jeden Preis wieder in die alte Heimath geschafft zu werden. Nur Wenigen ist es in Nordamerika geglückt, festen Fuß zu fassen; die Meisten, welche mittellos ange­kommen sind, sich auch kaum irgendwie verständigen können, leben vom Bettel, während Frauen und Mädchen dem schimpflichsten Gewerbe anheimgefallen