tung hin eine Vorlage für die nächste Reichstagssession vorbereitet werde.
Die Krankheit des Grasen Harry v. Arnim. des ehemaligen Botschafters, ist, wie in den Kreisen desselben verlautet, in ein sehr bedenkliches Stadium getreten. In Florenz gesellte sich zu dem alten Diabetesleid«« des Patienten — vielleicht als Folgekrankheit — die Löassersucht, welche ihm Beine und Leib anschwellte und die Lage des Herzens nach oben verschob. Da in Florenz ärztliche Hilfe nicht in wünschenswerther Weise zur Hand ist, so wurde Graf Arnim nach Genf übergeführt, wohin auch sein Sohn, der Frhr. v. Arnim-Schlagenthin, sich in diesen Tagen von hier aus begibt.
Die sehr gemäßigte nationalliberale „Wescr- Ztg." erklärt in ihrer neuesten Nummer unumwunden. man könne sich nicht mehr darüber täuschen, daß die nationalliberale Partei zu existiren anfgehvrt habe, und sie begründet diesen Satz im Wesentlichen wie folgt: Niemand kann sich verhehlen, daß eine Anzahl Männer, die in den wichtigsten politischen Fragen in zwei Heerlager auseinandergehen. keine politische Partei genannt werden können. Wie über Freihandel und Schutzzoll, so ist die nationalliberale Partei über die kirchlichen Dinge gespalten: die konstitutionellen Fragen, die Behauptung des einjährigen Budget» und des jährlichen Zusammentritts der Volksvertretungen führten gleichfalls zu Differenzen. Aber auch selbst in der wesentlichsten noch übrig bleibenden Frage, der der Steuerreform, ist eine Einigkeit gegenwärtig wenigstens nicht vorhanden. Ist diese nun wirklich nicht zu erzielen, kann man sich nicht über cinmüthige, entschiedene Abwehr der Steuerreform und der Abwälzung der Steuerlasten auf die Schulter des armen Mannes verständigen, so wird für die entschieden liberale Hälfte der Partei der Moment gekommen sein, ihren eigenen Weg zu gehen und unbekümmert um iyre kleine Zahl die Fahne des Liberalismus auf allen Gebieten, dem politischen, dem wirthschast- lichen und dem kirchlichen, hochzuyalten. Was ihr an Erfolg in der Gegenwart mangelt, verspricht die Zukunft. Die „Nationcllzcitung" gibt dem Wunsche Ausdruck, daß zu diesem Behuf ein Parteitag möglichst bald zusammentreten möge. Ov das der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.
Eine Art „Wurstuiuseum" soll auch im Laufe dieses Jahres in Berlin für kurze Zeit eröffnet werden. Hiesige Fleischermeister haben nämlich für zwei Tage im Monat September eine Wurstausstellung in Aussicht genommen. Diese geschmackvolle Idee findet in den betheiligten Kreisen so großen Auklang, daß die Ausstellung gewiß sehr umfangreich und mannigfaltig'sich gestalten dürfte.
Die „Germania" schreibt: „Ein Correspondent des „Wests. Merkur" macht diesem Blatte die positive Mittheilung, daß Se. Majestät sder König einem Höheren Staatsbeamten gegenüber sich dahin ausgesprochen habe, er werde ohne die Anwesenheit des kirchlichen Oberen am Kölner Dombaufeste nicht theilnchmen: er werde so den Intentionen seines- hochseligen Bruders, des Königs Friedrich Wilhelm IO-, entsprechen. Der Gewährsmann unseres Münsterschen Kollegen glaubt, Grund zu der Annahme zu haben, daß Se. Majestät aus dieser Willenserklärung kein Hehl zu machen beabsichtigt habe."
Der fertigzustcllende Entwurf der Militär- Strafprozeßordnung soll wo möglich dem Reichstage schon in seiner nächsten Session vorgelegt werden. Der Entwurf soll in erster Linie einheitliche Normen für die ganze Armee schaffen, andererseits hat der Entwurf die Bestimmung, die zwischen der deutschen Civil - Strafprozeßordnung und den gegenwärtig im Deutschen Reiche geltenden Militär-Strafprozeßordnungen bestehenden Verschiedenheiten in den allgemeinen Grundsätzen auszugleichen.
In Magdeburg fand ein Selbstmörder seinen Tod auf folgende Weise. Er befestigte das Ende seiner Pfeife an einen Gasschlauch und fing an zu rauchen: in vollen Zügen zog er das auSströmende Gas in seiner Lunge ein. Wie lange es dauerte, bis er sich todt geraucht hat, weiß man nicht. Als die Leiche gefunden wurde, war die ganze Haut leicht geröthct. Diese Farbe steigerte sich allmälig derart, daß der ganze Körper am dritten Tage kirschrotst aussay: dabei fehlte jede Spur von Verwesung. Das eigenthümliche Aussehen errinnerte unwillkührlich anS Leben: er sah etwa aus, wie dasjenige eines ge
sunden, kräftigen Mannes, der dem Alkoholgenusse sehr ergeben ist. Das war die Wirkung des Gases.
Oesterreich—Ungar«.
Wien, 5. Juli. In der griechischen Grenzfrag c scheint türkischer Widerstand sicher erwartet zu werden. Gewiß ist, daß die Türkei die Dardanellen befestigt urrd Truppen, Artillerie, und auch Positionsgeschütze täglich nach Salonichi befördert. Es finden tharsächlich vertrauliche Verhandlungen der Kabinete wegen Zwangsmaßregeln statt.
Wien, 6. Juli. Am Sonntag fielen hier zehn Selbstmorde vor, darunter acht aus Hunger und Noth! Das Entsetzen hierüber ist so groß, daß die Zeitungen, die sich gewöhnlich begnügen, die Rubrik „Selbstmord" dem „Polizei-Anzeiger" ohne Kommentar nachzudrucken, dießmal sich veranlaßt sehen, in Leitartikeln über das Thema: Verarmung, Noch, Elend, Selbstmord, traurige Betrachtungen anzustellen. Das Wort: Staatshilfe taucht in allen diesen Artikeln auf, um sie dreht sich alles. Wie diese Staatshilfe beschaffen sein soll, darüber ist man sich freilich nicht klar. Es wird von Eisenbahn- und Staatsbauten u. s. w. gesprochen, allein diejenigen, welche diese Vorschläge machen, fühlen selbst, daß sie auf einem lahmen Pferde reiten. Sind es doch weniger die Arbeiter, welche von der Noth heimgesucht werden, als die Kleingewerbetreibenden. Diesen ist aber mit Bauten auf Staatskosten nicht geholfen, für sie gibt eS nur eine Rettung: Wiederaufleben der Industrie und Verminderung der Steuern.
Der oberösterreichische Markt Königswiese» ist am 1. Juli während eines heftigen Gewitters mit 29 Häusern und fammt dem Kirchthurme abgebrannt; der Blitz hatte zweimal eingeschlagen.
Die Kaiserin von Oe streich als Turnerin. Tie Meisterschaft, welche die Kaiserin von Oestreich in der Reitkunst seit sriihester Jugend sich angeeignet hat, ist eine genugsam bekannte Thatsache. Weniger allgemein bekannt mag es sein, das; die hohe Frau speciell für das Turnen eine außerordentliche Vorliebe besitzt, eine ausgezeichnete und wohlgeübte Jüngerin dieser so gesunden nnd nervenstärkenden Kunst ist und dieselbe mit so unausgesetzter Ausdauer cullivirl, daß Überall, wo der Hvs längere Zeit zu verweilen gedenkt, eine vollständige Turnschule zum Bchufe dieser Leibesübungen eingerichtet ist — so in der tzvsbnrg zu Wien, in Lchvnbrunn, Gödöllö und Ischl, eselbst auf der Reise nach Irland wurde, wie der Wiener Deutschen Zeitung berichtet worden ist, ein vollständig mit Turngeräthen gefüllter Waggon mügeftihrt. Ais Turnmeister Ihrer Mnfestäi fnngirl Dr. Ludwig Serger.
Italic«.
Die Verhandlungen des Vatikans mit der russischen Regierung wegen Herstellung des kirchlichen Friedens, eventuell Abschluß eines Konkordats, sind, wie aus St. Petersburg berichtet wird, gescheitert. Der Vatikan hatte einen besonderen 'Delegirten zur Führung der Verhandlungen nach Petersburg geschickt. Die russische Regierung lehnte die vatikanischen Vorschläge ab, nachdem sie den Verlauf der kirchenpolitischen Debatten in Berlin abgewartet hatte.
Frankreich.
Paris, 4. Juli. Aus Vals im Departement de l'Ardsche wird gemeldet: Die Jesuiten hatten sich beim Eintreten der Kommissare sammt und sonders auf den Boden niedergestreckt und wollten nicht auf- stehen, so daß die Beamten sie bei Kopf und Beinen hinaustragen mußten.
Paris, 5. Juli. Der Papst soll in einer Versammlung, der 19 Kardinäle und viele Bischöfe anwohnten, eine Rede gehalten und seinen Unmuth über die brutale Vertreibung der Jesuiten geäußert und dann aber auch hinzugefügt haben, die Jesuiten hätten nichts zu befürchten, da die Kirche stärker sei als der Staat.
Paris, 6. Juli. Die Kammer der Deputirten bewilligte einen Kredit von 500,000 Frcs. für das Nationalfest am 14. Juli. — Die Zahl der richterlichen Beamten, welche ihr Amt niedergelegt, um die Märzdekrete nicht auszuführen, beträgt bis jetzt etwa 110.
Paris, 7. Juli. Dem „Temps" zufolge beruhen die Gerüchte von der Seitdung einer kom- binirten englisch-französischen Flotte in die griechischen Gewässer mehr auf den Wünschen der britischen Politik als aus genauer Kenntniß der Intentionen Frankreichs. Die Haltung Frankreichs auf der Berliner Konferenz verpflichte es keineswegs, die gemeinsamen Beschlüsse auszuführen. Der „Temps" meint, England könne seine Politik selbst realisiren, anstatt in Europa Jemand zu suchen, welcher für England die Kastanien aus dem Feuer hole.
Der Pariser Polizeipräfekt hat de» Bienen den Krieg
erklärt. Dies geschah auf Grund einer Untersuchung, in welcher der Nachweis geführt wich, daß cs in Paris einen Mann gibt, der an 1000 Bienenkörbe halt; macht also, da jeder Bienenkorb etwa 40000 Arbeitsbienen enthalten soll, vierzig Millionen Stück. Wovon ernähren sich aber diese vierzig Millionen? Sie naschen einfach rii den Zuckersiedereien der Umgegend. Der Besitzer einer solchen Anlage wies nach, daß die Bienen ihm j-hrauS jahchm fstr Lö 000 Fr. Zucker stehlen, und erzählt, daß ein im Freien ausgestelltes Glas mit Shrup binnen 2 Stunden leer würde. Nicht minder klagen die Arbeiter, deren Körper, weil in der Regel mit einer Znckerschicht bedeckt, den Bienen als Weideplätze dienen.
Ein Ricsenhotel. Paris soll ein Riesenbotel, das sich „Hotel des Postes" nennen wird, erhalten. Zwischen der St. Custachc-Kirche, der Getreidehalle, der Bank, der Börse und dem Boulevard Montmartre in Paris soll ein ganzer, von vielen Tausenden bewohnter Stadttheik abgebrochen werden, um einen neuen „.Gasthof zur Post" zu bauen, welcher bestimmt ist, dem „Grand Hotel" Cvncnrrenz zu machen. Im Acnßcrn soll der Ban einem riesigen Bahnhöfe gleichen mit ncnubogigcr Säulenhalle und zehn großen Einfahrten. Das gewaltige Bauwerk, zu dem vier neue Straßen führen 'sollen, wird nur zweigeschossig angelegt nnd soll doch zehn Millionen kosten. Der Bau soll von der Grundsteinlegung an nur ein Jahr dauern.
Von dem neuen Journale Rochesorts sollen der Nihilist Hartman», Menotti Garibaldi und Hasselmann als Mitarbeiter für die auswärtige Politik (!) gewonnen sein. Was diese schlauen Füchse aber nicht Alles zurcchtschreiben werden!
Der Bischof von Tournai hat mehrere Prozesse auf Rückerstattung der von ihm für den Bau katholischer Schulen aus seinem Säckel vorgeschosse- nen Summen von 800,000 Fr., zweimal 200,000 Fr. und 900,000 Fr. angestrengt. Er hat bei feinem Advokaten 100,000 Fr. zur Bestreitung der Kosten niedergelegt.
England.
London. Die Elemeuiar - Uuterrichtsbill, welche die Durchführung des Schulzwanges im ganzen Laude betrifft, wurde ohne Debatte angenommen.
85 blinde Knaben und Mädchen aus Frankreich haben dieser Tage in London ein Conzert gegeben, das mit »dock ouvo tllo ljuoon" anfing und mit der Marseillaise aufhörte. Die Blinden fangen und spielten ganz vorzüglich, viel besser als manche Helden der Bühne. -
Serbien.
Originell ist cs, die Angst der Leute hier mit auzusehcn, daß sie bei einer etwa bevorstehenden Theilung der Türkei am Ende gar noch zu kurz kommen könnten. Darum schwebt hier jetzt Alles in größter Aufregung, weil man ganz bestimmt erwartet, daß aus der griechischen Frage ein neuer orientalischer Krieg sich entwickeln werde. Die verschiedenen Parteien von allen Farbenschattirungen stellen an die Regierung das energische Ansinnen, sich bei Zeiten zu rüsten, um ja rechtzeitig an Ort und Stelle zu fein, wenn cs gelte, vom Felle des Löwen auch einen Fetzen abzubekommen. Dabei ist man schon jetzt besorgt, daß Oestreich sich zu viel anreißen könne und ebenso ist man sehr eiferfüchtig auf Bulgarien, von dem man auch befürchtet, daß es einen allzugroßen Bissen abbekommen würde. Den Griechen wollen die Serben großmüthig ein ganz besonders großes Stück bewilligen, wahrscheinlich weil die Leute am andern Ende der Türkei wohnen und den Serben somit nicht recht gefährlich werden können.
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Furchtbare Katastrophe. New-Pork, "
29. Juni. Der Vergnügungsdampfer „Seawanhaka", v
mit 300 Passagieren an Bord, ist aus der Höhe von College Point, Long Island Sound, in der ü
Nähe von New-Uork durch Feuer zerstört worden.
Man glaubt, daß 50 Personen entweder verbrannt oder ertrunken sind. Bis jetzt sind 30 Leichen meistens die von Frauen und Kindern, darunter viele stark verkohlt, geborgen worden.
Hunderttausend Faß Petroleum in d
Brand. Aus Bradford (Pennsylvanien) schreibt man: Am 11. Juni morgens um 7 Uhr fuhr der e
Blitz in einen zwanzigtausend Faß Oel enthaltenden Behälter auf einer Anhöhe von Titusville. Das Oel fing sofort Feuer, das sich rasch einem anderen Behälter von derselben Größe, welcher derselben Gesellschaft gehört, mittheilte. Um 1 Uhr strömte das brennende Oel den Hügel hinab und.zerstörte Alles
auf dem Wege. Das brennende Oel floß in den Oil-Bach und Titusville war gefährdet. Die Ein- j
wvhner ließen ihre Habe im Stich und ergriffen die §
Flucht. Um 5 Uhr hatten die Flammen die Frank- f
lin- und Washington-Street erreicht und gefährdeten
die Eisenbahnbrücke. Um 7 Uhr brannten ungefähr 100,000 Faß Oel sowie die Gebäude aus beiden