Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt sür den Oberamts-Bezirk Nagold.

-M/, - ! Erscheint wöchentlich 8mal und kostet halbjährlich

/M0 > ! hier (ohne Trägcrlohn) 1 ^ 60 in dem Bezirk

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Donnerstaq den 30. Oktober.

Jnsertionsgebiihr für die Ispaltigc Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6

1879.

Auch für die Monate Uonember und De­zember nehmen alle Kgl. Poststellen, Bahn­stationen und die betr. Postboten Bestellungen

auf den Gesellschafter an.

Amtliches.

Nagold.

An die Standesbeamten.

Unter Bezugnahme auf den in Nr. 117 des Gesellschafters enthaltenen Erlaß der Unterzeichneten Stelle vom 5. d. Mts. werden diejenigen Standes­beamten, welche den Bedarf der vom Staat zu lie­fernden Formulanen L. 0. (Haupt- und Neben­register) und den Gcburts-, Heiraths- und Sterbe­urkunden IU>. 6o., sowie zu den Familienregi­stern bisher anzuzeigen unterlassen haben, beauftragt, dies binnen 3 Tagen um so zuverläßiger nachzuholen, als im Nichtbeachtungsfall die betr. Anzeigen durch Wartdote« abgeholt werden würden.

Den 27. Oktober 1879.

K. Oberamt. Güntner.

K. Amtsgericht Nagold.

Gemäß K. 12 der Justiz-Min.-Verf. vom 30. September 1879, betr. die Dienstvorschriften für die Amtsgerichte, ist öffentlich bekannt zu machen, daß bis zum 31. Dezember 1880

1) die ordentlichen Sitzungen des Schöffenge­richts am Donnerstag jeder Woche, sofern aber ein bürgerlicher Feiertag mit dem Donnerstag zusammen­fällt, mit Verlegung des Sitzungstages auf 29. De­zember 1879, 5. Mai und 26. Mai 1880,

2) die ordentlichen Sitzungen des Dienstauf­sichtführenden Amtsrichters oder seines Stellvertreters am Dienstag, diejenigen des Amtsrichters oder seines Stellvertreters am Freitag und diejenigen des Hilfs­richters am Mittwoch jeder Woche stattfinden mit Ausfall derjenigen Sitzungstage, welche mit einem bürgerlichen Feiertag Zusammentreffen,

3) der ordentliche Gerichtstag (an welchem mündliche Anfragen und Gesuche bei einem Amts­richter vorgetragen, Anträge und Gesuche nach Vor­schrift der Prozeßgesetze zum Protokoll des Gerichts­schreibers angebracht und Verhandlungen ohne La­dung und Terminsbestimmung gepflogen werden können) am Samstag jeder Woche stattfindet, mit Ausfall desselben bei bürgerlichen Feiertagen. An andern Wochentagen werden nur dringliche Anträge und Gesuche zum Protokoll des Gerichtsschreibers während der Geschäftsstunden angenommen.

Den 29. Oktober 1879.

Amtsrichter Mayer.

Die erledigte Forstamtsassistentenstclle in Altensteig wurde dem Revieramtsassistenten Freiherrn von Tessin in Hirsau gnädigst übertragen.

Die 2. Schulstelle in Egenhausen wurde dem Untcr- lchrer Mann in Tcttnang übertragen.

Dem Schullehrer Stooß in Stammheim wurde die silb erne Civil vcrdienstmedaille gnädigst verliehen.

Die Hiesige Kleinkinderschule.

Nachdem die bisherige Lehrerin an der Klein­kinderschule, Caroline Gauß, welche nun seit 23 Jah­ren derselben mit Eifer und Treue vorgestanden, ihre Stelle niedergelegt hat, da ihr bei zunehmenden Jahren die Arbeit an der Schule zu schwer falle und ihr auch häusliche Gründe den Rücktritt wünschens- werth machen, so tritt nun in Folge hivon mit dem 1. November eine neue in der Anstalt zu Großhep­pach für ihren Beruf vorgebildete Lehrerin an ihre Stelle, und in Verbindung hiemit hat sich auch eine Reorganisation der Kleinkinderschule als nothwendig erwiesen.

Kleinkinderschulen haben eine sehr wichtige Auf- > gäbe, welche in immer weiteren Kreisen Anerkennung und Beachtung findet. Gerade in den sür Eindrücke so empfänglichen Kinderjahren des erwachenden Be­wußtseins und Geisteslebens sollen sie der häuslichen Erziehung zur Seite treten und sic besonders in Fällen, wo sich die Eltern ihren Kindern nicht ge­nügend widmen können, anch soweit möglich ersetzen. Sie sollen den ersten erziehenden und bildenden Ein­fluß auf die Kinder üben, sie an Gehorsam und Ordnung gewöhnen, die ersten Samenkörner des Guten in die zarten Kinderherzen ausstrcuen, und cs soll dies in einer diesem Alter entsprechenden Weise geschehen, so daß das Kind nicht ermüdet oder sich langweilt und in Unruhe und Unart geräth, in zweck­mäßigem Wechsel der Beschäftigung, besonders in Abwechslung mit Gesang und allerlei passendem Spiel, im Sommer auch mit Bewegung im Freien.

Diesen Zweck zu erreichen ist bei einer meist größeren Anzahl von Kindern, deren manche noch gar nicht an Gehorsam gewöhnt sind und schon al­lerlei üble Angewöhnung mitbringen, an sich schon keine Kleinigkeit, und es bedarf hiezu der vollen, ganzen, angespannten Leibes- und Seelenkraft einer tüchtigen Lehrerin. Wie manche Mutter vermag ihre wenigen Kinder nicht in Ordnung zu halten, und eine Kleinkinderlehrerin soll es mit einer aus den ver­schiedensten Häusern ihr zukommenden Schaar von oft 80100 Kindern zu Stande bringen!

Wirken aber noch besondere ungünstige Ver­hältnisse ein, so ist es für die Kleinkinderschule eine reine Unmöglichkeit, ihren Zweck zu erreichen, und unter solchen ungünstigen Verhältnissen, über welche die bisherige Lehrerin gar oft zu klagen Ursache fand, hatte insbesondere die hiesige Kleinkinderschule zu leiden.

Der erste Hauptübelstand war ihre .häufige Ueberfüllung, welche insbesondere darin ihren Grund hatte, daß Kinder von jedem Alter, sogar von erst drei Jahren und darunter, in die Schule gebracht wurden und die Lehrerin von Bielen für eine Art Kindsmagd gehalten wurde, welche die Pflicht habe, Jedermanns Kinder zu hüten. Daß aber bei solcher Ueberfüllung und besonders bei der großen Unruhe der kleineren Kinder und bei der vielen Mühe, welche sie der Lehrerin machen, nichts in der Schule heraus­kommt und nicht einmal einige Ordnung aufrecht zu halten ist, liegt auf der Hand.

Der zweite ebenso große Uebelftand war, daß die Schule ganz unregelmäßig besucht wurde und einem wahren Taubenschlag glich. Es war keine be­stimmte Zeit der Aufnahme: das ganze Jahr konnten die Kinder ganz nach Belieben eintreten, und die eingetretenen kamen oder blieben aus, wie es ihnen gefiel. Nicht einmal ein regelmäßiges Verzeichniß der Kinder konnte geführt, geschweige denn öfteren Versäumnissen die nöthige Aufmerksamkeit geschenkt werden. So sank z. B. im Sommer ihre Zahl bis unter 4050 herab, während sie im Winter und besonders wenn Weihnachten nahte, bis über 100 stieg, um dann nach Empfangnahme des Weihnachts­geschenkes ebenso rasch wieder abzunehmen. Daß aber nur bei möglichst regelmäßigem Besuch einer Schule, auch einer Kleinkinderschule etwas erreicht werden kann, daß Kinder, die nur als jeweilige Zug­vögel kommen, sich nie an eine Schule gewöhnen und der erziehende Einfluß derselben für sie völlig verloren geht, bedarf keines Beweises.

Um diesen und anderen Uebelständen zu steuern und die hiesige Kleinkinderschule wieder in einen Stand zu setzen, in welchem sie allen Eltern empfoh-

f len werden kann, hat daher das Comit« folgende Beschlüsse gefaßt:

1) Es soll wieder ein Schulgeld eingeführt werden, was nicht blos zur Bestreitung der Mehr­ausgabe, welche die erneuerte Kleinkinderschule ver­anlaßt, nothwendig ist, sondern auch zur Herstellung einer festeren Ordnung und zur größeren Werthschä­tzung dieser Anstalt beiträgt. Ganz armen Kindern wird das Schulgeld erlassen; die übrigen haben monatlich, je nach dem Vermögensstand ihrer Eltern, 10. 20, 30 L zu bezahlen.

2) Sollen künftighin nur solche Kinder, welche im Jahr ihrer Aufnahme 4 Jahr alt werden, jüngere dagegen nur ganz ausnahmsweise und mit besonderer Erlaubniß des Comite's Aufnahme finden.

3) Soll der Eintritt in die Schule künftig regel­mäßig, wie in der Volksschule, um Georgii stattfin­den und in der Zwischenzeit nur in dringenden Aus­nahmefällen gestattet sein.

4) Damit ein Verzeichniß der Kinder angelegt werden kann und die ganze Sache wieder in Ordnung kommt, haben diejenigen Eltern, welche ihre Kinder unter obigen Bedingungen der erneuerten Kleinkinder­schule übergeben wollen, dieselben in der ersten No­vemberwoche bei der neuen Lehrerin anzumelden.

Indem wir hiemit diese Bestimmungen zur Kenntnis; der Gemeinde, besonders der betreffenden Eltern bringen, sprechen wir den Wunsch aus, daß unsere Kleinkinderschule in ihrer erneuerten Gestalt der hiesigen Gemeinde zu reichem Segen werde und immer regere Theilnahme finde.

Im Namen des Comito's:

Dekan Kemmler.

Tages-Nerrigkeiten.

Deutsches Reich.

2 Egenhausen, 28. Okt. Heute früh halb 9 Uhr predigte Herr Pfr. Hofacker aus Stuttgart in hiesiger Kirche über das Feiertags-Evangelium. Redner wendete die Eingangs- und Schlußworte desselben von der Liebe und vom Hasse auf die innere Mission an und beleuchtete in einem span­nenden, mit vielen Beispielen und Lebenserfahrungen belegten Vortrage das Thema: Ein Wort von Gottes Liebe und Ein Wort von Gottes Schmerz. Das letzte Sonntagsevangelium ließ den Ruf vernehmen: Kommt zur Hochzeit! Dieser Ruf ergeht seit 1800 Jahren an die Christenheit und doch folgen viele Gemeindegenossen ihm nicht; einzelne, weil sie die Welt gefangen hält, andere, weil sie durch ihren Beruf vom Besuche des Gotteshauses abgc- halten sind, wie Post- und Eisenbahnbedienstete, Fabrikarbeiter u. a. Doch die Liebe Gottes ist groß/ sie geht auch diesen Leuten nach, sie hat auch für sie Sendboten, welche ihnen die Kirche ins Haus tragen. Die in Stuttgart angestellten 3 Stadtmis­sionare wirken in dieser Hinsicht mit großem Segen und wird an Erlebnissen nachgewiesen, daß sie und die Bibclkolporteure schon vielen Kranken und Ver­irrten den Weg zum Himmel gezeigt haben. Doch nicht sie, nicht die innere Mission habe es gethan die Liebe Gottes wirkt alles in allen. Das zweite Wort von Gottes Schmerz entnahm Herr Hof­acker den Textesworten: Sie hassen mich ohne Ur­sache! Dies Wort gilt den Kalten und Gleichgiltigen gegen alles Religiöse, und die Zahl derer ist sehr groß. Ein Freund der inneren Mission fand z. B. in Ham­burg in der Kirche eines 50 tausend Seelen umfas­senden Kirchensprengels 12 Seelen, in einer andern von 70 taufend nur 16 Personen am Gottesdienst theilnehmen, während in einer dritten Parochie der-