können, schreibt dieGermania", dem rheinischen Blatte nur zustimmen, wenn es die Friedensgerüchte mit einem Fragezeichen versieht.

Berlin, 21. Okt. DieNordd. Mg. Ztg." erfährt, es dürfe Wohl jetzt mit Sicherheit angenom­men werden, daß der König am 28. Oktober den Landtag im weißen Saale des königl. Schlosses in Person eröffnen werde.

Berlin, 22. Okt. Der Kaiser ist heute Mor­gen um 10Uhr hier eingetroffen.

Berlin, 22. Okt. DieKöln Ztg." bringt nnt gesperrter Schrift folgendes Telegramm von hier: Soeben fuhr Kaiser Wilhelm im offenen Wagen und dem Anscheine nach wohl und munter vom Pots­damer Bahnhofe zum Palais. Das Volk jubelte ihm zu und hatte zu diesem Jubel mehr Veranlassung, als es vielleicht wußte. Der Kaiser hatte auch dies­mal seine eigenen Empfindungen bei Seite gesetzt und ist dem strengen Gebote der Pflicht gefolgt, indem er nach schwerem Kampfe der vom Reichskanz­ler in Wien inangurirten Politik seine Zustimmung und Unterschrift ertheilt hat. Von dem Tage an, wo Fürst Bismarck nach Berlin zurückkehrte, bis zu seiner Abreise nach Varzin, hat unser Staatsleben eine der schwersten Krisen durch gemacht. In der ersten Sitzung des Staatsministerinms, wo angeblich von der Reform unserer Verwaltung die Rede ge­wesen sein sollte, wurde über ganz andere Dinge ver­handelt ; der Reichskanzler und Ministerpräsident hielt einen tiefdurchdachten Vortrag über die Lage Deutsch­lands und Europas und über die inneren und äußeren Gefahren, denen es vorzubeugeu und nöthigenfalls entgegenzutretcn gilt. Diejenigen, die diesen Vortrag anhörten, wurden davon sehr ergriffen und versichern, wenn der Fürst öffentlich so gesprochen hätte, würde ganz Deutschland ihm zugejubelt haben. Mit dem Vertrage zwischen Deutschland und Oesterreich- Ungarn verhält es sich folgendermaßen: Nachdem Bismarck und Andrassy sich vollständig geeinigt hat­ten, wurde in Gegenwart des Kaisers Franz Joseph über diese Vereinbarung ein Protokoll ausgenommen und von diesem Protokolle zwei Exemplare ausge­fertigt, jedes dazu bestimmt, von einem der beiden Kaiser unterschrieben zu werden. Das gesammte preußische Staatsministerium wurde vom Fürsten Bismarck von der Nothwendigkeit jenes hochwichtigen politischen Schrittes überzeugt, und machte gemein­schaftliche Sache mit ihm. Graf Stolberg reiste nach Baden-Baden, um die Zustimmung des Kaisers zu erlangen. Für den Fall der Nichtgenchmigung lag das Entlassungsgesuch des Reichskanzlers im Kabi- net des Kaisers. Man kann sich denken, daß der Kaiser, stets durch die innigste Freundschaft mit dem russischen Hofe verbunden war, sich nur sehr schwer entschloß, ein Abkommen zu genehmigen, das zwar nur friedliche Zwecke verfolgt, aber doch möglicher­weise in einen Kamps mit Rußland verwickeln könnte. Dem Grafen Stolberg gelang es bei seiner achttägi­gen Anwesenheit, die Bedenken des Kaisers zu über­winden. Se. Majestät hat seine Zustimmung und Unterschrift ertheilt. Ob dies ganz in der ursprüng­lich beabsichtigten Weise geschehen ist oder ob, um die Gefühle seiner Majestät zu schonen, irgend eine Aenderung beliebt ist, lassen wir dahingestellt. Ge­nug, es handelte sich hierbei um eine bloße Förmlich­keit, auf die nur diejenigen Gewicht legen können, die den ganzen Zusammenhang nicht kennen. Allein wichtig ist, daß Kaiser Wilhelm ebenso wie Kaiser- Franz Joseph seine allerhöchste Zustimmung und Unterschrift ertheilt hat, und zwar, wenn wir recht unterrichtet sind, am 15. d. M. Die übrigen Mit­glieder der kaiserlichen Familie sind mit den Wiener- Abmachungen und der Politik des Reichskanzlers vollkommen einverstanden."

Berlin, 23. Okt. DerNordd. Allg. Ztg." zufolge sind die Gerüchte über die bevorstehende Minister-Veränderungen ohne jeden Anhalt. Ein definitiver Ersatz für den verstorbenen Minister v. Bülow werde vor Rückkehr des Reichskanzlers nicht erfolgen. Die Gerüchte von Meinungs-Differenzen zwischen dem Reichskanzler und verschiedenen Mini­stern seien ganz und gar aus der Luft gegriffen. Dasselbe Blatt erklärt ferner die Zeitungsnachricht, daß die Reichsregierung beabsichtige, die Einführung der für den 1. Jan. 1880 beschlossenen Getreidezölle auf einen unbestimmten späteren Termin zu verschie­ben, für unbegründet. (Fr. I.)

DerFranks. Ztg." wird aus Berlin gemeldet: Es verlautet, daß die Entlassung des Kultusmini­

sters v. Puttkammer unmittelbar bevorsteht und der Minister des Innern Graf Eulenberg intermistisch die Verwaltung des Kultusministeriums übernehmen wird.

Die Vorbereitungen zum Abschlüsse einer han­delspolitischen Einigung zwischen Deutschland und Oesterreich beginnen bereits reife Früchte zu zeitigen. So ist z. B. der General-Direktor der österreichischen Eisenbahnen, Namens Nördling, aus seiner Stellung geschieden. Genannter Herr strebte nur dafür, fran­zösische Verhältnisse einzuführen und möglichst nur französischen Interessen gerecht zu werden. Er war es auch, der sich 1870, kurz vor Ausbruch des Krie­ges, zu der in den weitesten Kreisen Wiens bekannt gewordenen Aeußerung Hinreißen ließ:Deutscher zu sein, ist zwar keine Schande, Franzose zu sein, aber ciue Ehre" (!) dabei war der gnte Mann von Geburt ein Württemberger.

Der Fürst, der am meisten von sich sprechen macht, ist derGroße Kurfürst". Man hatte ihn bereits aufgegebeu, weil er zu tief gesunken und viel­leicht auch in chie Unrechten Hände gekommen war. Seit heute aber hofft man wieder, ihn mittelst Bal­lons zu heben, nachdem das Schwerste, die Schlie­ßung des Lecks durch große Platten, gelungen. Eilen muß man; denn das Meer wird unruhig.

Der Kultusminister v. Puttkamer hat die Si- multanisirung der Elbinger Knabenschulen definitiv rückgängig gemacht. Er lehnte jedes Eingehen auf die Vorstellungen der städtischen Behörden ab, unter­sagte die Eröffnung der letzteren, das System ab­schließenden paritätischen Schule und ordnete die so­fortige Organisation einer konfessionellen katholischen Volksschule au. Die Elbinger Bürgerschaft hat nun­mehr, wie das Berliner Tageblatt meldet, beschlossen, ein Immediatgesuch an den Kaiser einzureichen,um darin nochmals die thatsächlicheu Verhältnisse dar- zulegeu, die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten zu schildern, welche die Verfügung des Kultusmi­nisters unvermeidlich im Gefolge haben muß, und den Landesherrn um Wiederaufhebung der Ministe- rialverfügung zu bitten."

Wie bekannt, hat der Geueralpostmcister Ste­phan stark angefangeu, die Fremdwörter im amt­lichen Verkehr auszusegen; hoffentlich folgen auch die Juristen und Gerichte nach, so daß man vom 1. Okt. an auch auf dem Gericht deutsch sprechen wird. Also z. B. so:Civiliter" heißt nunbürgerlich"; Eivilprozeß; bürgerlicher Rechtsstreit; insiuuireu: zu­stellen; Insinuations-Dokument: Zustellungs-Ur­kunde; ao«6pi88s: Empfang, schriftl. Empfangsbe- kenntuiß; Bagatelle: Kleinigkeit; Mandat-.Zahlungs­befehl; Contumatial-Dekret: Versäumniß - Urtheil; Agnitoria: Anerkenntnis;; Exekutor: Gerichtsvollzie­her; Exekution: Vollstreckung; Citation: Ladung; Compensatiou: Gegenforderung; Litem denuneiren: Streit verkünden; Litisconsorteu: Streitgeuossen; Intervention: Zwischenstreit; deferiren: zuschieben; referireu: zurückschieben; Manifestations-Eid: Offen- bärungs-Eid; Alimente: Verpflegungsgelder, Sechs­wochenkosten, Entbindungsgelder- rc.; Original: Ur­schrift; Copie: Abschrift; Copist: Schreiber; Kola- tioniren: Schrift-Vergleichung; Deponiren: gericht­liche Hinterlegung; amortisiren: kraftlos erklären; Prodigalitätserklärung: das Erklären für einen Ver­schwender; Sponsalieu: Berlöbnißsachen; Ehepakten: Ehesachen; Appellation: Berufung (an die höhere Jnstanz)-(Stelle); ApPellat: Berufungs-Beklagter; Fiskus: Staatskasse; Aneiennetät: Dienstalter-; Pen­sion: Ruhegehalt; oum dsiroücio löAm st intorvcm- tarii: mit der Rechtswohlthat des Gesetzes und Nach­laß-Verzeichnisses u. s. w.

OesterreichUngarn.

Wien, 22. Okt. (Offiziell.) Die feierliche Werbung des Königs von Spanien um die Hand der Erzhogin Marie Christine fand gestern durch den außerordentlichen Botschafter Herzog Bahlen beim Kaiser statt. Unmittelbar nach erhaltener Zustim­mung des Kaisers hat Bahlen das Jawort der Erzherzogin im Beisein von deren Mutter eingeholt.

Wien, 22. Okt. DerPester Lloyd" bestätigt, daß das Ergebniß der Konferenzen zwischen Andrassy und Bismarck in ein Protokoll zusammenfaßt sei, welches beiden Monarchen vorgelegt und von ihnen unterzeichnet wurde. In diesem Protokoll wird be­stimmt, daß jedem Angriff auf den gegenwärtigen Besitzstand eines der beiden Staaten solidarisch be­gegnet werden soll und es wird weiter festgestellt, daß alle orientalischen Angelegenheiten entsprechend dem Berliner Vertrage entschieden werden sollen.

Fernere Bestimmungen beziehen sich auf die Zollfrage. Endlich wird als wünschenswerth bezeichnet, daß in gewissen inneren Angelegenheiten, namentlich in Rechts­fragen, eine gewisse Gleichmäßigkeit der Gesetzgebung versucht werden soll.

Graf Andrassy hat sich in Pest in einen Club einschreiben lassen und ist nach Terebcs abgereist, wird jedoch binnen Kurzem wieder in der ungarischen Hauptstadt cintreffeu und an dem öffentlichen Leben Ungarns wieder theilnehmen. Damit droht der Al­leinherrschaft Tisza's ernste Gefahr, der sich plötzlich in die Lage versetzt sieht, seine Acte durch eine hö­here Instanz ratificiren zu lassen. Es wird nunmehr eine Apellation geben gegen sein hartes Diktat.

Ein aus Bosnien zurückgekehrter Soldat in Szamara hat einem Zimmermann, den er betrunken gemacht hatte aus Eifersucht beide Arme mit dem Beile agehackt.

Italien.

DasTageblatt" meldet aus Rom: Die Ita­lic versichert, folgende Punkte seien zwischen Bismarck und Jacobini definitiv vereinbart: Keine absolute Abschaffung der Mai-Gesetze, nur gelegentliche Revi­sion derselben, dafür einstweilen aber deren sanfteste Anwendung. Eine Amnestie für sämmtliche verur- theilten Geistlichen auf ein an den Kaiser zu richten­des Bittgesuch. Die Verpflichtung der Bischöfe, die Anstellung neuer Geistlicher anzuzeigen. Die Bischofs­wahl wird vollzogen nach Leistung des Eides der Trcue gegen Kaiser und Staatsgesetz. Schließlich beiderseits versöhnliche Instructionen an Untergebene zur Vermeidung künftiger Conflicte; dagegen scheiterte jede Verständigung über die Schulfrage, über die oberste bischöfliche Jurisdiction über Geistlichkeit und Kirche, sowie über die Wiederherstellung der Ver­fassungs-Artikel 15, 16 und 18 und die Wiederzu- laffung der geistlichen Orden.

Frankreich.

Paris, 20. Okt. 4 WieGaulois" meldet, wird die Kaiserin En ge nie im Februar nach dem Zululand e reisen, um an der Stätte, wo ihr Sohn fiel, zu beten.

Paris, 21. Okt. Der jüngst zum Municipal- rath von Paris gewählte Amnestirte Humbert wurde heute zu 6 Monaten Gefängniß und 2000 Francs Geldbuße wegen Behördcubeleidigung und Verherr­lichung von Handlungen, welche sich als Verbrechen qualificiren, verurtheist.

Vor ein paar Tagen Panique auf der Börse in Paris. Die besten Papiere fielen gewaltig, Roth­schild verkaufte 200 Millionen Rente; alles sagte, der Krach kommt. Es kam aber Besserung. Die Herren von der Börse hatten den Kopf verloren über die Wühlereizn der Rothen und die zweideutige Hal­tung Gambettas; sic fürchteten, die honnette Republik höre auf und die rothc fange an.

Dänemark.

In Folge der Bemühungen des dänischen und der diesem verschwägerten russischen Höfe soll die Verzichtleistuug des Herzogs von Cumberland auf den hannoverschen Thron bevorstehen. Als Nach­folger des Staats Ministers von Bülow wird Herr v. RadoWitz genannt.

Schweden und Norwegen.

Stockholm, 16. Okt. In letzter Nacht sind durch eine Feuersbrunst das Rathhaus und 20 Häuser eingeäschcrt worden.

Spanien.

Die Neberschwemmung, welche die Provinz Murcia heimgesucht hat, ist in der Geschichte dieser Gegend ohne gleichen. Noch nie hat man solche Verwüstungen und so viele Verluste von Menschen­leben zu beklagen gehabt, selbst nicht bei den Ueber- schwemmungen von 1651. Am Abend des 14. Okt. erhob sich gleichzeitig in den Provinzen Malaga, Almeria, Granada und Sevilla ein von Regen und Hagelschlag begleiteter Sturm. Am ärgsten wüthete derselbe aber in Murcia und Alicante, in dem Thale des Flusses Segura, wo seit mehreren Monaten eine Trockenheit herrschte, unter welcher der Ackerbau ichwer gelitten hatte. In Folge dieses Wasserman­gels hatte sogar die Auswanderung nach Algerien zugenommen. Zwischen zwölf und zwei Uhr Nachts wälzten die Segura und der Mundo nach sieben- stündigcm Sturm eine solche Wassermasse, daß die ganze Landschaft in einen wüthenden Strom verwan­delt war, welcher Deiche, Schleußen, Mühlen, Pacht­höfe und viele Dörfer hinwegfegte. Der Schaden wird auf mehr als 60 Millionen Francs veranschlagt.