abwarten und vorurtheilsjrei beobachten, in wieweit die neuen Einrichtungen rühmenswert!) oder verbes­serungsbedürftig erscheinen werden."

Eine Folge des neuen Tabaksteuergesetzes macht sich in dem Bestreben der Fabrikanten geltend, durch Surrogate die Preise möglichst billig zu stelle»; auf diese Weise laufen aber die Consumcnten des geschnittenen Tabaks Gesa.hr, eine mehr als zweifel­hafte Ware zu erhalten. Die Behörden haben bereits ihr Augenmerk auf dies Treiben gerichtet und Unter­suchungen anstellen lassen, welche allerdings die merkwürdigsten Resultate ergeben haben. Man geht mit Maßnahmen um, welche geeignet sein sollen, die Consumenten vor Bcnachtheiligung zu bewahren.

Die allgemeine Abrüstung bildet noch immer den hartnäckigen Herzenswunsch einer endlosen Reihe von Friedenspolitikern. Es ist ein allbekannter Wcis- heitsspruch, daß es nach allen Seiten hin erwünscht und ersprießlich wäre, wenn sämmtliche Kricgsheere entlassen würden, auf daß die Menschen sich den milden Künsten des Friedens zuwenden und Kriege hinfort unmöglich werden möchten. Begreiflicherweise wird dann an Deutschland, als die stärkste Militair- macht Europas und als denjenigen Staat, der nach keiner Gebietserweiterung Gelüste trägt, das freund­liche Znmuthen gestellt, zuerst mit der Abrüstung zu beginnen. Wie man aber mit einem wehr- und waffenlosen Deutschland umspringen würde, darüber schweigen unsere friedliebenden Nachbarn.

Ein erheblicher Thcil dessen, was während der letzten Woche in deutschen, östreichischen, englischen, französischen, italienischen, russischen, polnischen u. s. w. Zeitungen zusammengeschrieben worden, drelst sich um Versuche, eine Antwort auf die Frage zu finden, was Fürst Bismarck während seines Wiener Auf­enthaltes mit den östreichischen Staatsmännern Alles vereinbart haben mag. und Viertels-Einge­

weihte, officiöse und private Conjeetural-Politiker haben das Möglichste an Witz und Scharfsinn auf- geboten, um die officielle Formelcs sei das deutsch- vstreichische Bündniß gekräftigt und die nahe Ver­wandtschaft der beiderseitigen Interessen festgestellt worden," im Einzelnen auszudeuten, dem Geheim­nis; der Sache, ja der Entscheidung darüber, ob ein solches Geheimniß überhaupt obwaltet, ist keiner der Herren näher gekommen. Uns scheint alle in dieser Richtung aufgewendete Anstrengung verlorene Liebes­mühe zu sein: in der Natur solcher Abmachungen liegt, daß das Detail derselben nicht an die große Glocke gehängt wird.

Fürst Gortschakofs will nicht in die Laube spazieren. Er läßt bekannt machen, von einer Entre- vue, die er demnächst in Berlin mit dem Fürsten Bismarck haben solle, wisse er nichts und zwar schon darum nicht, weil er gedenke, bis Ende November in Baden-Baden zu verweilen. Nun, wir wünschen, daß dem Fürsten die Kur recht gut anschlagcn und daß es ihm in Baden-Baden nicht zu kalt werden möchte. Deutschland hat keinen Grund, über das Nichstattfinden der Zusammenkunft zu trauern. Die Freundschaft Gortschakoffs kann es entbehren.

Bismarck sagte zu dem französischen Botschafter in Wien: Völker und Menschen vergessen schnell, wir (Deutschland und Frankreich) werden noch ganz cordial werden! Französische Zeitungen antworten darauf: Vergessen? Sedan und die Milliarden immerhin, aber Elsaß-Lothringen? Unmöglich!

Wer Steinkohlen brennt, schließe die Ofen­klappe nicht zu früh. Diese Erinnerung ist immer wieder nöthig, da schon bei Beginn des Winters sich viele Leute, namentlich in Berlin, durch zu frühes Schließen der Klappe in Gefahr des Leibes und Lebens gebracht haben, mehrere auch erstickt sind.

OesterreichUngarn.

Wien, 2. Okt. Keine Hexerei, sondern nur Geschwindigkeit der Industrie! Kaum hat der deutsche Reichskanzler Wien verlassen, so kommen auch schon, um die Erinnerung an seine Kopfbedeckung festzuhalten, Bismarck-Hüte in Verkehr und finden vorderhand guten Absatz. Diese breitkrempigen Filze zeigen im Futter den deutschen und österreichischen Adler, dar­unter die Vignette des spekulativen Hutfabrikanten. Dem Bedürfnisse nach Bismarck-Hüten ist, wie man sieht, schnell abgeholfen worden; schwerer dürfte cs, meint dieN. Fr. Pr.", halten, die dazu gehörigen echten Bimarcks-Köpfc bei uns zu finden. Jene neue Allianz-Hutform wird übrigens was ein gutes Omen sein möge als ungemein dauerhaft be­zeichnet.

(Ein Wiedersehen.) Die Gattin des Kauf­manns N. in Pest nahm dieser Tage einen neuen weiblichen Dienstboten auf. Als letztere bei dem Mittagsmahle aufwarten, wollte, entfiel ihr Plötzlich das Geschirr und sie felöst sank mit einem Aufschrei ohnmächtig zusammen. Zum Bewußtsein gekommen, schnürte sie weinend ihren Bündel und verließ zum großen Erstaunen ihrer Dienstgeberin sofort das Haus. Die Erklärung des Vorfalls liegt in Fol­gendem: Bor etwa 15 Jahren war der erwähnte Kaufmann Krämer in einem Dorfe; er besaß nicht nur ein ziemlich beträchtliches Vermögen, sondern auch die schönste Frau der Umgegend. Die schöne Frau war aber etwas coquetter Natur. Das Dorf erhielt Einquartirung und dies sollte das Unglück des Krämers werden. Ein Ulanen - Offizier verführte die schöne Krämerin. Der Ehemaun strengte die Trennungs­klage gegen die Untreue an und gewann den Prozeß. Die Ehe wurde getrennt. Für den Krämer war aber im Dorfe des Bleibens nicht mehr. Er machte sein Vermögen flüssig, ging in die Hauptstadt und eröffnete hier mit seinein, wie erwähnt, beträchtlichen Vermögen ein Kaufmannsgeschäft. Das Glück be­günstigte ihn; er vermehrte sein Vermögen bedeutend, magyarisirte seinen deutschen Namen und verheirathete sich bald auf's neue. Die Magd, die seine Frau ausgenommen, war seine erste Frau, die ihn sofort erkannt hatte.

Italien.

Rom, 2. Okt. DieLibcrtä" schreibt: Die Unterredung zwischen Cairoli und Baron Hahmerle war eine sehr herzliche. Letzterer versicherte, in dem Besuche deS Fürsten Bismarck in Wien sei kein Symp­tom bevorstehender Verwickelungen zu erblicken. Deutschland und Oesterreich-Ungarn wünschten nur einen wahren, dauerhaften Frieden. Baron Hahmerle bemerkte, er hege die feste Zuversicht, daß die Bezie­hungen zwischen Oesterreich und Italien entsprechend den zahlreichen gemeinsamen Interessen beider Natio­nen und der gegenseitigen Achtung fortdauernd herz­liche bleiben werben. Cairoli gab, den gleichen Ge­sinnungen Ausdruck und sprach den Wunsch aus, daß die zwischen Italien und Oesterreich bestehenden Bande sich noch mehr befestigen. DieLibertä" bemerkt, die Ankunft Nigra's in Italien sei ohne politische Bedeutung. (Fr. I.)

Frankreich.

Den Parisern, die trotz ihres republikanischen Charakters so gern glänzende Persönlichkeiten und fremde Fürsten in ihren Mauern sehen, wird dieser Genuß demnächst in reichem Maße zu Theil werden, und zwar sind cs Angehörige des russischen Kaiser­hauses, welche für das Vergnüge» sorgen. Großfürst Konstantin will auf längere Zeit Paris beehren; außerdem wollen dort eintreffcn die Großfürsten Ni­kolaus, Wladimir und Alexis, die letzteren beiden Söhne des Zaren, und die Großfürstinnen Marie und Katharina. Blau könnte diesen Besuchen einen demonstrativen Charakter beilegen, allein der Umstand, daß der Träger der deutschfreundlichen Politik Ruß­lands, Graf Schuwalow, mit den genannten Fürst­lichkeiten zugleich in Paris weilen wird, nimmt ihnen die Schärfe einer Demonstration.

Die deutsche Artillerie scheint den Berichter­stattern der Pariser Zeitungen hinter der eigenen zurückzustehen, trotz der großen Erfolge, deren ersteren von 70/71 her sich zu rühmen hat. In den Jnfan- terietruppen bewundern sie den inneren Zusammen­hang der Glieder, die deutsche Cavallerie halten sie der französischen für überlegen. Alles in Allem, lautet das Schlußurtheil, könne die französische Armee sehr bald mit der deutschen eoncurrircn, falls sie nur noch einigeVervollkommnungen in der Organisation, Ausbildung und militairischen Erziehung" erführen.

Die Strebsamkeit der Legitünisten, wie sie so begeistert auf den Chambord - Banketten ausposaunt wurde, scheint der Regierung nur sehr geringe Kopf­schmerzen zu verursachen.Alles sagen, nichts ge­schehen lassen"; soll Präsident Grevy auf die Frage, was er dem Treiben gegenüber zu thun gedenke, ge­antwortet haben. Herr Grevy hält also die Roya­listen für durchaus gefahrlos.

Spanien.

Zur Abwechslung sind jetzt wieder einmal Spanien sund Portugal hintereinander gerathen und zwar wegen einer dummen Geschichte. Da hat nämlich Einer, der nichts besseres zu thun wußte, in Madrid eine Broschüre veröffentlicht, in welcher er nachzuweisen sucht, Portugal sei ein integrirender

Theil der spanischen Monarchie und es wäre zeitge­mäß, die beiden Reiche wieder zu vereinigen. Diese Schrift hat in ^Portugal unverdientes Aufsehen er­regt; die Lissaboner Journale faßten die Geschichte ernst auf und erüffneten ein Leitartikel-Bombardement gegen Spanien, daß dort den Leuten Hören und Lehen verging. Me Sünden, welche Spanien je begangen, wurden demselben in chronologischer Rei­henfolge vor Augen geführt und schließlich pathetisch erklärt, die Portugiesen würden eher das letzte Kind im Mutterleibe tödten, ehe sie dasselbe unter spani­sche Herrschaft gelangen ließen. Diese fürchterliche Drohung hat die Affaire natürlich sofort ins Komische gezogen und von dieser Seite nehmen sie denn auch jetzt die Spanier, die ganz trocken erklären, sie hätten genug in ihrem eigenen Hause zu ordnen, es verlange sie ganz und gar nicht danach, auch noch den por­tugiesischen Augias-Stall zu reinigen. Der Sturm im Glase Waffer ist damit glücklich beschworen. England.

London, 1. Okt. In der Humbejr, unweit Grimsby, wurden dieser Tage 7 Wallfische, jeder etwa 12 Fuß lang, gefangen. Die Fische kamen mit der Fluth in den Fluß und geriethen in seichtes Wasser, wo sie von Fischern bemerkt wurden. Drei derselben wurden durch Schüsse vom Ufer, die übri­gen mit dem Messer getödtet.

Von den in England stinkenden Arbeitern haben sich schon viele eines Besseren besonnen und die Ar­beiten wieder angetreten; sie können auch Angesichts der trübseligen Zustände nichts Besseres thun.

Der gefangene Kaffernkönig Cetewayo ist noch immer der Löwe des Tages. Leine königliche und würdevolle Haltung flößt den Engländern einen ge­waltigen Respcct ein. Als die Soldaten sich ihm näherten, um ihn zu ergreifen, streckte er seine Hände aus und sagte:Tödtet mich, wenn ihr wollt, aber rührt mich nicht an." Das steht im Einklänge mit der traditionellen Heiligkeit der Person eines Zulu­königs. Es wird jede Vorsichtsmaßregel sgetroffen, um zu verhindern, daß er begafft oder behelligt werde. Das Land ist nun unter die Kaffernhäup- linge verthcilt worden, welche wegen des ihnen von England in Aussicht gestellten Thrones über ein wenn auch kleines Stückchen Land natürlich nichts Besseres zu thun hatten, als ihren despotischen Herr­scher Cetewayo in die Hände der Engländer fallen zu lassen.Theile und herrsche" ist demnach ein Wahlspruch, der sich diesmal wieder besser bewährt hat, als ein Dutzend Armstrong'scher Kanonen und ein paar Regimenter der besten Truppen.

Türkei.

Wie furchtbar die Noth in Konstantin opel ist, geht recht klar aus den Schilderungen eines Augen­zeugen hervor, derselbe sagte u. A.:Es gibt Oberste und Chefärzte, in deren Hause es feit Monaten nicht ein Stückchen Fleisch zu essen gab und die ihre Kin­der nicht zur Schule schicken können, weil es ihnen an Kleidern mangelt." Da thut es allerdings Noth, daß endlich auch der Sultan zu sparen anfängt.

Landet L Werkehr.

Stuttgart, 4. Okt. Bum Obst- , Karto ff ei­lt nd Kr aut mar kt. Wilhelmsplatz: Mo st ob st. Zufuhr 400 Sack inländisch und 200 Sack fremdes Obst; Preis per Ztr. -Kl 4.305.20. Alles rasch verkauft. Tafelobst, na­mentlich Aepfel und Zwetschgen, lebhafter Umsatz. Kartof­feln, Zufuhr 450 Sack; Preis per Ztr. »Kl 33.30. Verkauf außerordentlich lebhaft. Kraut. Ziemlich Vorrath. Preis 100 Stuck »Kl 811.

Stuttgart, 4. Okt. sP reise der Lebensbedürf­nisse auf dem Wochenmarkt, j 1 Kilio süße Butter ^kl 2, 1 Kilo Rindschmalz 2.40, 1 Kilo Schweineschmalz »Kl 1.20, 1 Liter Milch 16 -l, 10 frische Eier 60 -j, 50 Kilo neue Kar­toffel »Kl 33.20, yz Kilo Mastochsenfleisch 70 Kilo

Schweinefleisch 65 yz Kilo Kalbfleisch 50 1/2 Kilo Rind­fleisch 56 yz Kilo Hammelfleisch 5070 1 Kilo Weitz- brod 26-1, 1 Kilo Schwarzbrod 24 1 Kilo Hausbrod 18

bis 24 -1, 1 Paar Wecken wiegen 100 Gramm, 50 Kilo Heu »Kl 3, 50 Kilo Stroh »Kl 1.90, 1 R.-M. Buchenholz »kl 12.50, 1 R.-M. Birkenholz »Kl 10.50. 1 R.-M. Tannenholz »kl 9.50. Fleisch preise in der Markthalle: Rindfleisch 50 -1, Schwei­nefleisch 50 -1, Kalbfleisch 48 -4, Hammelfleisch 60 -1 je pr. U 2 Kilo.

Tübingen, 3. Okt. (Vo m Wochenmarkt.) Zufuhr ca. 70 Säcke Aepfel, verkauft zu 810 »Kl, ca. 20 Säcke Birnen, verkauft zu 1012 »kl Kartoffeln: ca. 30 Säcke, verkauft zu 67 »Kl Kraut: ca. 25,000 Stück, verkauft zu 79 »Kl pro Hundert. Auf dem Bahnhof kamen heute 3 Wagenladungen Aepfel und Birnen an, wovon crstere zu »Kl 4.304.60, letztere zu 5 »Kl pro Ctr. abgingcn.

Hall, 2. Ökt. (Schafmarkt.) Derselbe war mit den einzelnen Gattungen nicht sonderlich stark befahren und der Handel nur flau. Jährlinge kosten 2630 fl., Lämmer 20 bis 22 fl. Von der Zuckerfabrik Waghäusel wurde eine größere