Das excentrische Wesen des Unglücklichen läßt anneh­men, daß Geistesstörung ihn zu dem traurigen Schritt veranlaßt habe.

Aus dem Horber Oberamt, 26. Aug. In unserer Gegend ist seit einiger Zeit, vermuthlich in Folge der nassen Witterung, die Lungenseuche unter dem Bich aufgetreten, eine Krankheit, der schon man­ches Stück Vieh leider zum Opfer gefallen ist.

In Stuttgart hat Hr. M. H. Levy jr. in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes ein jüdisches Hotel errichtet.

Markgröningen, 25. Aug. Wie alle Jahre, so wurde auch Heuer das Schäferlauf-Fest, ver­bunden mit Walsertragen, Sacklaufen, Klettern auf den Mastbaum, wieder gefeiert. Aus dem Markte, auf dem besonders Zwiebeln in den Handel kommen, war es sehr lebhaft. Der Preis per Simri stellte sich auf cM 33.30, während er voriges Jahr nur 5080 ^ betrug.

Rottweil, 25. Aug. Das hiesige Stadtschult­heißenamt erläßt nachstehende Verordnung:Zur Erhaltung besserer Zucht und im Interesse der Ruhe und Ordnung auf den öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen wird nach geschehener Rücksprache mit dem Kirchen - Konvent und mit Genehmigung des Gemeinderath und Kgl. Oberamts für Rottweil und Altstadt polizeilich bestimmt:daß Kinder unter 14 Jahren ohne Ausnahme nach dem Läuten der Abendglocke (Gebetglocke) die Straßen, Gassen und öffentliche Plätze zu verlassen haben. Dringenden Verschickungen wird im einzelnen Fall Nachsicht cr- theilt." Eltern und Pslcgeelteru haben vorkommende Verschlungen zu vertreten und werden sie nach Maß­gabe des Strafgesetzbuches 8 386 Ziff. 10 mit Geld­strafe bis zu 60 oder Haft bis zu 14 Tagen belegt."

Auch in Laup heim wurden Haussuchungen bei Kapitalisten, die der Steuerdefrandation ver­dächtig sind, vorgenommen.

Ulm, 26. Aug. Heute Nachmittag kam der ehemalige Präsident der franz. Republik, Marschall Mac-Mahon mit Familie über Friedrichshafen hier­an, besichtigte das Münster und reiste mit dein Schnellzuge um 4 Uhr zur Kunstausstellung nach München weiter.

Leipzig Sternwarte, 23. Aug. Palisa in Pola entdeckte am 21. Aug. einen runden, kleinen, aber helleu Eometen. Derselbe steht in der Nähe des Sternes Steinbock und im großen Bären. (Also wirds Heuer jedenfalls einenKometenwein" geben.)

Der Frkf. Ztg. wird aus Darmstadt geschrie­ben : Jin Publikum rufen die Folgen der Ablehnung der Tabaksnachstcuer nicht die angenehmste Stim­mung hervor. Es ist berechnet worden, daß für den Bedarf von fast 2 Jahren ausländischer rrabak im- portirt worden sei. DaS konsumirende Publikum muß sofort die für die eingeführte Steuer erhöhten Preise zahlen; dem Reiche aber entgeht diese Mehr- eimiahme, welche von einzelnen reichen Händlern eingesackt wird, die in der glücklichen pekuniären Lage waren, die Vorlage für die Ma)seaufspeichernng zu machen. Sv soll die Firma Gräf in Bingen allein aus dem Zollamt in Darmstadt 35,000 Zentner importirten Tabak lagern gehabt haben. Diese Ex- tragewinue muß theilweise natürlich das rauchende Publikum ausbringen.

Zur Frage des Mädchen-Turnens schreibt ein Eorrespondeut desWests. Volksbl.":Wenn es denn so sehr nöthig erscheint, dendeutschen Jungfrauen" Turnunterricht zu ertheilen, so möge man, um sie zu deutschen Hausfrauen" zu kräftigen, sie 1) an den Waschkübel stellen, um die Armmuskel zu kräftigen: 2i ihnen ein Plätteisen in die Hand geben, um die Hanteln" zu ersetzen: 3) sie mit dem Kehrbesen Stab- Übungen" machen lassen; 4) uni die Gelenkigkeit der Finger zu vermehren, sie täglich"ein paar Stunden zum Stricken anhalten: 5) endlich, sie beim Abituri­entenexamen am Knettrog arbeiten lassen. Die Gymnastik ist von einer wunderbaren Wirkung. Wenn die Jungfrauen später Gattinnen werden, bezaubern sic den Herrn Gemahl vollständig mit ihrentur­nerischen Fertigkeiten". Welch ein Grobian, wird so manche Leserin ausrufen, und doch hat solcher nicht ganz unrecht.

Berlin, 26. Aug. Pünktlichkeit in Familien­angelegenheiten ist immer eine Tugend. Am 23. d. M. wurde einem hiesigen Bürger das seltsame Glück zu Theil, den dritten Sohn am 23. Aug. ge­boren zu sehen. Der erste Sohn erblickte daS Licht

am 23. Aug. 1874, der zweite am 23. Aug. 1876, den Abschluß bildete nun der Jüngstgeborene, der, wje gesagt, am 23. Aug. 1879 geboren wurde. Ein derartiger dreifacher Geburtstag in einer Familie dürfte gewiß ein Unikum sein.

Berlin, 27. Aug. Der Reise Andrassy's nach Gastein wird hier große politische Bedeutung beige­legt; dieselbe wird vielfach als Beweis seines amtli­chen Verbleibens anfgefaßt.

Berlin, 27. Aug. Aus Wien wird gemeldet, deni Bankier Todesco gegenüber habe Bismarck ge­äußert, er werde vielleicht Andrassy's Besuch in Wien erwidern. (Fr. I.)

Berlin. 27. Aug. Die heute früh eingetroffe- neu Großfürsten Wladimir und Alexis begaben sich Nachmittags um <U/s Uhr znm Besuch der Majestä­ten und der übrigen Mitglieder des kgl. Hauses nach Potsdam und folgten daun einer Einladung der Majestäten zum Diner nach Babelsberg, wozu auch das Personal der russischen Botschaft geladen war.

Als Kuriosum von dem Feste der Barbierherren wird folgende heitere Episode mitgetheilt: Als Ehren­gast war auch F. Staude, der Leibbarbier unseres Kaisers, anwesend, der den hohen Herrn auf allen Reisen begleitet und auch jetzt täglich nach Babels­berg hiiüiberfährt, um dort seines Amtes zu warten. Als Herrn Staude einige als Gäste anwesende Fach- genossen aus den Hansestädten vorgestellt wurden, erkundigte sich einer derselben sofort darnach, ob Se. Majestät auch den vom Verein festgesetzten Tarifsatz zahle. Schmunzelnd erwiderte Staude:Ja wohl, meine Herren, er zahlt sogar noch etwas mehr!" Staude bezieht nämlich als Leibraseur einen Gehalt von 3600 c-lL

St. Wendel, 19. Aug. Einen hoffnungsvol­len Schüler des hiesigen Progymnasiums hatte eine Fliege, die sehr wahrscheinlich Leichengift eingesogeu, in die Oberlippe gestochen. Trotz sofortiger ärztlicher Hilfe trat plötzlich eine Anschwellung des Kopfes ein, die das Schlimmste befürchten ließ. Die Eltern des jungen Mannes wurden telegraphisch herbeigernfen, iahen aber ihr einziges Kind als Leiche wieder.

Graudeuz. Die schreckliche Redensart:Ich kratze dir die Augen aus" ist in dem benachbarten Dorfe Szezepanken von einer Ehefrau und deren hoffnungsvollem" Sohne neulich au dem Besitzer H. buchstäblich ausgeführt worden. Aus einem ganz nichtigen Grunde entspann sich zwischen den H'schen Eheleuten ein Zwist, der damit endete, daß H. von seinem Sohne gefaßt, zu Boden gerissen und nun von Beiden gemeinschaftlich in rohester Weise mit Faustschlägen bearbeitet wurde. Die Liebenswürdig­keit der Gattin ging noch weiter: sie faßte den am Boden liegenden wiederholt mit beiden Händen in die Augen und ließ, von ihrer bestialischen Wuth geleitet, nicht eher von ihrem Opfer ab, als bis sie demselben beide Augen herausgerissen hatte. H., auf beiden Augen erblindet, hat nunmehr gegen Frau und Sohn den Strafantrag gestellt.

Wir vernehmen, daß auf ergangene Einladung hin die militärischen Vertreter beinahe sämmtlichcr europäischer Staaten und sogar asiatischer Länder den Kaiser Wilhelm zu den Manövern nach Straß­burg begleiten werden. Es sollen sich im Gefolge des Monarchen russische, englische, portugiesische, spanische Generäle und Oberoffiziere, ein chinesischer und ein japanesischer General und, wie es heißt, auch sechs französche Oberofsiziere befinden. Der Statt­halter von Elsaß-Lothringen, Feldmarschall v. Man- teuffel, kommt erst nach der Abreise Sr. Majestät nach Straßburg. Die Pferde des Kaisers, sowie sein besonderes Dienstpersonal, welches aus 140 Personen bestehen wird, werden schon am 14. Sept. eintreffen.

Der DampferVesta", von Hamburg kommend, rannte mit dem DampferCity os London" zusammen. DieVesta" sank. Menschenleben gingen glücklicher­weise nicht zu Grunde.

OesterreichUngarn.

Pest, 25. Aug. Gestern Nachmittag ist in der Nähe von hier ein mit Petroleum und Kurzwareu beladener Eisenbahnzug in Folge Entgleisung der Lokomotive in Brand gerathen und 8 Waggons sammt ihrem Inhalt in Flammen anfgegangen. Im Ganzen sind 600 Meterzentner Petroleum und 240 Meterzentner Kurzwaren verbrannt, deren Werth (sammt dem des zu Grunde gegangenen Materials) über 100,000 fl. betragen dürfte. Ein Verlust an Menschenleben ist nicht zu beklagen.

In Steiermark, Kärnthen, Krain und im Salz­kammergut sind alle Bäder und Sommerfrischen überfüllt. Von der Noth der Zeit merkt man da nicht viel, und doch besteht sie leider für eine Menge Individuen und ganze Klassen der Bevölkerung. Sehr viele z. B.. die sich der Technik zugewendet haben, sind seit längerer Zeit ohne jeden Verdienst; nicht besser ergeht es Vielen, welche sich dem Thea­ter oder der Musik zugewendet haben u. s. w. Italien.

Rom, 23. Aug. Es ist kaum ein Geheimniß mehr, daß der junge König Humbert von Italien von sehr geschwächter Gesundheit ist. Sein Nebel, ein Brnstleiden, soll nach den Mittheilungen des BadeblattesSprudel" in letzter Zeit sich verschlim­mert haben, so daß die Aerzte, die den Leidenden gern nach Madeira schicken möchten, auf das Bestimm­teste darauf dringen, daß derselbe wenigstens den Winter nicht in Nom zubringt.

Rom, 27. Aug. Es wird garantirt, daß keine Entrevue zwischen Cairoli und Bismarck stattgefun­den habe. (Fr. I.)

Schweiz.

Schweizer Blätter zufolge langte letzten Mitt­woch im Roschacher Kornhause ein Waggon ungar. Frucht an, die den gefürchteten Kornkäfer enthielt. Der Waggon wurde wieder geschlossen und zurück- spedirt.

Frankreich.

Paris, 26. Aug. Der König von Spanien befindet sich noch immer in Arcachon. Die Schwie­rigkeiten betreffs des Heirathskontrakts sind gehoben. Es handelt sich einerseits darum, die Stellung der Erzherzogin Marie Christine für den Fall zu sichern, daß ihr königlicher Gemahl seinen Thron verlieren würde, und andererseits um die Bildung des Hof­staates der zukünftigen Königin von Spanien. Die­selbe wünscht nämlich, daß sie in ihrer Umgebung zwei österreichische Hofdamen, einen österr. Arzt und einen österr. Sekretär haben kann. Die Sache wurde nach den Wünschen der Prinzessin geregelt.

Paris. DerMonde" läßt sich von der letz­ten Wallfahrt ans Lvnrdes wörtlich telegraphi- ren:Man hat schon über 40 Heilungen zu Pro­tokoll genommen. Die Freude ist groß und groß auch die Hoffnung. Morgen geht die Wallfahrt nach Betharram."

England.

London, 28. Aug. DerStandard" schreibt: Die Begegnung von Bismarck und Andrassy in Ga­stein sei ein würdiges Pendant zu der Kaiserbegeg­nung. Das gute Einvernehmen zwischen Deutschland und Oestrereich bedeute keine neuen Abenteuer. Die Annahme, Deutschland suche Streit mit Rußland, sei nicht der Erwähnung werth. England begrüße die Freundschaft der beiden Großmächte im Herzen Eu­ropas als eine ausgezeichnete Vorbedeutung des Frie­dens. Die Erhaltung des Friedens in Europa sei der theuerstc Wunsch Englands.

Glasgow, 23. Aug. Dieser Tage hielten hier 2000 arbeitslose Personen eine Versammlung ab, wobei aufrührerische Reden gehalten wurden und mehrere der Redner sagten, daß sie auf dem Punkte seien, Hungers zu sterben. Die gespendeten frei­willigen Beiträge betrugen IIN 2 Schill., gerade genug, um die Anzeigen und Maueranschläge zu be­zahlen. Die ganze Versammlung marschirte im Aufzuge durch die Stadt, um zu zeigen, wie groß die Anzahl der Unbeschäftigten sei.

Rußland.

Mobilem. DasSsarat. Jntelligenzblatt" erzählt: Josef Besmen war vor einigen Tagen auf dem jenseits der Shukowki'schen Dampfmühle belege- nen Grundstücke mit Lehmgraben beschäftigt. Bei dieser Arbeit stieß er auf ein Blechgefäß, das die Form einer Theekanue hatte. Er öffnete es und siche da! lauter wvhlgefaltete kleine Päckchen Fünf­zigrubelscheine lagen darin. Die Freude war groß, aber größer noch war die ihr folgende Trauer. Kaum berührte der glückliche Finder die Päckchen mit dem Finger, als dieselben auseinander fielen und in ganz kleine Stückchen stieben. Keins von ihnen blieb heil und brauchbar; Alles wurde geradezu zu Staub, je mehr man es mit den Händen berührte. Die Ziffer 855" war deutlich zu erkennen gewesen; es waren also wohl Fünfzigrubelscheine aus dem Jahre 1855 gewesen. Was halfs, daß man, nach dem Umfange des Pandora-Gefässes zu schließen, hier mindestens für fünfzigtausend RubelKreditbillete vorgefunden hatte ?