Oesterreich Ungarn.

Wien, 13. Aug. Am Tvnncibend hatte die liebe Jagend in Währing ihr besonderes Ferieiwergnngen. Za Hunderten standen die Schaljungen und Schulmädchen vor einem Hause in der Josefsgasse. Ein Sicherheitsmann za Pferde, eia Schin­derkarren und eia Einspänner hielte» vor dem Hausthore. Eine unverheirathete, aber keineswegs mehr in der Jugendbliithe stehende Dame, die im zweiten Stocke des Hauses eine Woh­nung inne hat, sröhntc dem absonderlichen Bergungen, sich eine Menagerie zu halten, die zwar nicht reich an Arten, desto reicher jedoch an Individuen war. Dieselbe bestand auS 35 Katzen, 4 Hunden, einer Anzabl weißer Mäuse und entsetzlich viel Kanarienvögeln. Einer der Hausbewohner, dem der Tust dieser Menagerie unangenehm wurde, hatte die Anzeige erstat­tet. und die Sicherheitsbehörde verfügte den Transport der Thiere in das Thierarznei-Institut. In 4 Säcken verpackt, wurden die Kasten ans dem Schinderkarrcn nntcrgebracht. Der Zug war imposant. Voran ein Sicherheitsmann zu Pferde, um unter der lachenden, pfeifenden und jubelnden Straßenjngend freie Bahn zu machen, dann der Schinderkarren. sodann die Dame in einem Einspänner, welche ihre Kästchen begleitete, da sie an deren Schicksal den zärtlichsten Antheii nahm. Zu er­wähnen wäre noch, daß die Kastengesellschast täglich 11 Liter Milch und 7 große Knödel, an Sonn- und Festtagen jedoch abwechselnd Brat- und Backhnhner als Futter erhielt.

Wien, 14. Aug. Andrassy's Demission ist vom Kaiser angenommen worden.

Ein Fleischer in Plechvvik in Mähren hat die Mahnung:so dich ein Glied ärgert" :c. wörtlich ausgcsührt. Er hat sich die drei mittleren Finger der linken Hand abgehauen, nm niemals wieder Spielkarten fassen zu können. Er war ein ebenso leidenschaftlicher wie unglücklicher Spieler gewesen. Italic».

Rom, 16. Aug. Wiederum wurden mehrere Deutsche ans Italien auSgewiesen.Fansulla" sagt, es seien Socialisten und versichert, die deutsche Bot­schaft habe die Maßregel gebilligt.

(Ans dc», römischen Findel Hanse.) In Nom hat sich am 7. Aug. ein Norfall ereignet, welcher die Wirthschaft in den dortige» Spitälern in kein sehr günstiges Licht stellt. DieItalic" erzählt nämlich:Ein dickes Weib mit einem Korb ans dem Kopse kam gestern gegen 3 Uhr ani den Plast der trojanischen Säule, nm die Diligence nach Snbiaco zu nehmen. Sie versuchte es zuerst, den Korb im Wagen selbst unterzn- bringen, da ihr jedoch dies nicht gelang, ließ sie ihn ans die Imperiale hinaus,ziehen, wobei sie den Eonductenr ersuchte, den­selbennicht nmznwersen, da etwas Gebrechliches darin sei." Zur gehörigen Stunde sestte sich der Wagen in Bewegung, aber schon nach wenigen Minuten vernahmen die Passagiere ein dumpfes Geräusch von Aechzen und Weinen.Haben wir Kasten ans dem Wagen?" fragte ein Passagier. - Nein, er­widerte die dicke Frau,cs sind keine Kasten, sondern Kinder." Sie besiudeu sich in dem Korb oben aus dem Wagen." Wie, Kinder!" rief der erstaunte Passagier.Sie legen JhreMuder also in einen Korb und setzen sie den glühenden Strahlen die­ser Sonne ans. Das ist ja eine Bestialität. --Wenn sic mir gehörten, wurde ich ein bischen besser für sic sorgen. Sie kommen ans dem Spital der Findelkinder und ich habe den Auftrag, sie nach Lnbiaco zu bringen, um ihnen dort Aminen zu verschaffen." Der indignirke Passagier ließ den Wagen an­hatten, ries zwei Sicherheitswachlente und ließ daS Weib und den Korb, in dem sich fünf Kinder besanden, aus die Polizei bringen. D.r Polizei-Direetor Bolis war nicht weniger aufge­bracht und richtete sogleich ein sehr scharfes Schreiben an die Direction des genannten Spitals, nm ihr ein wenig mehr Menschlichkeit anznempsehlen und cs wird eine Untersuchung eingeleitet werden, nur die Schuldigen zur Berantmortnng zu ziehen."

Schweiz.

Nach dem neuen deutschen Zolltarif haben die Gerber in der Schweiz, welche Leder nach Deutsch­land liefern wollen, per 100 Kilo 06 -stL Zoll zu vergüten, während das gleiche Oiiantum von Deutsch­land in die Schweiz ein gelieferten Leders blos 46 Francs Zoll kostet. Selbstverständlich muß, schreibt dieSchw. Grenzp.", unter solchen Verhältnissen das Geschäft der schweizerischen Gerber total rninirt wer­den. Letzter Tage waren deshalb die Gerber der Ost­schweiz imLöwen" in Winterthur versammelt, um Maßregeln gegen diese drohende Gefahr zu treffen. Es wurde eine Kommission gewählt mit dem Auf­träge, beim Bnndesrath eine bezügliche Petition ein- znreichcn. Wurst wider Wurst! Erhöht Ihr Euern Lederzoli, sagen die Gerber in der Schweiz zu ihren Kollegen in Deutschland, so wollen wir unfern Ein­gangszoll auf Leder auch erhöhen. Es lebe der Zoll­krieg und die gegenseitige Hinaufschraubnng der For­derungen.

Frankreich.

Paris, 14. Aug. Der nächste Ministerrath wird sich mir der Frage der Einsetzung eines repu­blikanischen National-Festtages zu beschäftigen haben. Der 14. Juli iErslürmnng der Bastille) und der 21. Sept., (Protlamirung der ersten Republik) kommen hierbei in Betracht. DieNspubliqne sran- §aise" meint, der 14. Juli sei der Tag, der sich na­turgemäß biete, da damals zuerst das neue Frank­reich seine Ezislenz thatsächlich dvknmentirte.

Paris, 16. Aug. Bei Flers im Departement

Osne stießen 2 Eisenbahnzüge auseinander. Dabei sind umgekommen 4 Personen und 30 verwundet worden. England.

London, 12. Aug. Ein Berichterstatter bemerkt ans Anlaß des Versuchsschießens ans dem Rrnpp'schen Schießplätze bei Meppen, ein Krnpp'sches Geschütz leiste an Durchschlags­kraft ungefähr ebensoviel wie ein Woolmicher Geschütz von doppeltem Gewicht, ganz abgesehen von der größeren Treff­sicherheit, und die Times kann daraufhin die Klage nicht unter­drücken, daß England weit überflügelt sei. Wenn man frage, wie Krupp diesen Erfolg erzielt habe, so müsse mau zu dem Schlüsse komme», daß dies durch die Anwenduug gerade solcher Vcrsahrnngsiveisen geschehen sei, gegen welche die englischen Behörden eine besondere Abneigung zeigten. Dahin seien zu rechnen die grundsätzliche Verwendung von Stahl zur Her­stellung der Geschütze, ihre bedeutend größere Länge im Ver­hältnis; zum Kaliber, vielleicht auch die Verwendung besseren Pulvers und namentlich ihre Einrichtung als Hinterlader. DaS einzig Tröstliche in der ganzen Angelegenheit sei der Umstand, daß auch in England die Privat-Jndüstrie in der Geschützher- stellung große Fortschritte gemacht habe und daß z B. die Leistungen der Armstrong'schen Geschütze sich denen der Krupp'schen ziemlich genau anschlössen. Die RegierungSwerk- stätten zu Wvvlwich aber seien in Bezug auf die Herstellung schwerer Geschütze geschlagen, wenigstens so weit UnternehmungS- und Erfindungsgeist in Betracht kamen. Jedenfalls sei eine Untersuchung vonnöthen, und wenn die gemeldeten Thatsachen sich im Wesentlichen bestätigen, erscheine nicht bloß eine Ver­besserung in der Geschützsabrikation, sondern in; ganzen engl. Geschützwesen erforderlich.

London, 14. Aug. In vergangener Nacht stieß der die Themse aufwärts fahreude Hamburger Dampfer Vesta mit dem abwärts fahrenden Äberdeener Dampfer Eity os London zusammen. Elfterer wurde stark be­schädigt, letzterer jauk, seine Passagiere und Mann­schaften wurden von der Vesta gerettet.

England amüsirt sich mit Festessen und ähnlichen Feierlichkeiten, um seiner Freude Ausdruck zu geben, sich mit Ehren aus dem schlimmen Handel heraus­gezogen zu haben, in dem cs sich im Anfänge dieses Jahres aus 23 Welttheileu verwickelt fand. Nur der Friedeusschluß in Süd-Afrika läßt noch viel zu wünjcheu übrig, weil der schwarze Kaffer sich eben hartnäckig weigert, mit seinen weiße» Feinden geneig­ten Frieden zu schließen. Der König der Kaffem fühlt sich durch die Gewalt der engl. Waffen wohl noch nicht besiegt, nur iveil einer seiner Angriffe auf eine engl. Truppe fruchtlos ausgefallen sei. Die engt. Waffen können nicht wohl einen Anspruch aus hohen Ruhm erheben. Das, waS die Engländer in Wahr­heit erreicht haben, mögen sie vielmehr den unblutigen Schlachtplätzen der spitzfindigen Diplomatie verdanken. Den vielen dem Kaffernkönige unterthanen Häupt­lingen ist leicht eine Floh ins Ohr gesetzt: »tan braucht so einem leichtgläubigen Schwarzen nur vvr- zuschwatzen, daß mau ihn, falls er seinem eigenen Könige untreu würde, selbst zum Könige der Kasferu machen wolle - - und Tausend ist gegen Eins zu wetten, das; der gute Mann daraus reinfüllt, denn Ehrgeiz und Strebennach Höherem" wird wohl selbst die Brust eines Hottcntvteu mit Hoffnung zu schwellen vermögen, lstiviäo «t inrpoi-a jTheile und herrsche), sagte Caesar, als Christus noch nicht das Licht der Welt erblickt, da hetzte ec die deutschen Völkerstümme in Haß auseinander, ließ diese sich aufrciben und bemächtigte sich endlich selbst der er­lahmten und ermatteten deutschen Völkerschaften.

Die Generäle der engl. Truppen müssen wahre Confussionsräthe sein. Zuerst schlagen sie in einem gewaltigen Siege die Kasferu bei tltundi, schicken die besten Truppen nach Hause, kehren auf ihrer Sieges­lausbahn zurück, dann gehen sie wieder vor und lassen die mittlerweile abgedampfteu Schiffe durch telegra­phischen Befehl wieder umkehreu. Da kann dann freilich auch nicht viel Gutes dabei herausfchaueu. Rußland.

Petersburg, 1k. Aug. Einem auswärtigen Blatte erzählt man von hier eine pikante Anekdote über General Gnrkv, den bekannten provisorischen Generalgouverneur von Petersburg, die sich vor einige» Tagen in einer Sviroe bei Baron Z. zngetragcn haben svll: Der Geiicralgonvcrncur, von Erziehung junger Damen sprechend, drückte seine Ansicht dahin aus, daß etwas weniger Bücher und mehr Ruthe zu wesent­lich besseren Resultaten führen würde. Da erhvb sich die Grä­fin Galitzin und sagte zum Erstaunen der Anwesenden:Wenn ein derartiges barbarisches Regime thatsächtich eingesührt wer­den sollte, dann freut es mich zu sagen, werden meine Töchter wenigstens genügende Courage besitzen, dem Beispiel von Wera Sassntitsch zu folgen!" Sprach's und verlieh, indem sie General Gnrkv einen Blick tödtlichcn Hasses zuwarf, den Salon.

Rußland hat beschlossen, Kuldja au die Chi­nesen abzutreten. Die letzteren zahlen dafür 5 Mil­lionen Rubel.

Die verbissenen wüste» und ob ihrer greuzeu- loseu Plumpheit wahrhaft haarsträubenden Hetzereien der russischen Presse verdienen es, einmal ein wenig beleuchtet zu werden, obgleich der Deutsche in seiner

Gutinüthlgkcit diese immerwährenden Schmähungen mit stoischem Gleichmuthe hat über sich ergehen lassen. Das gesamte Sinnen und Trachten der russ. Zei- tnngspresse muß ernstlich darauf gerichtet sein, einen in seinen Folgen entsetzlichen Unfrieden zwischen 2 mächtigen Reichen Rußland und Deutschland heraufzubeschwören. Aus persönlichem Gefallen be­geht man ein solch' moralisches Verbrechen nicht, es müßten denn die russ. Leitartikelschreiber ganz verwahrloste Menschen sein. Aus reiner Modethvr- heit -- einzelne tonangebende Journale in Peters­burg und Moskau sollen die ganze russ. Presse ins Schlepptau nehmen - predigt man doch auch nicht den Krieg - cs ist vielmehr anzunchmen, daß hier die Auswüchse und unerfüllt gebliebenen Wünsche einer am Petersburger Hofe wühlenden deutschfeind­lichen Camarilla zum Ausdrucke gelangt sind, und die russ. Presse sich somit von den vom Hofe ausgehen­den Einflüssen lenken und leiten läßt. Der russ. Thronfolger ist der Tonangcber. Diese Leute hegen die wundersame Ansicht, daß die öffentliche Meinung einen kleinen Krieg erhalten müßte, mit dem sie sich beschäftigen könnte, um durch ihn von ihren inneren faulen Angelegenheiten abgeleukt zu werden. Die Nihilisten-Mvrde, -Brände und -Ver­schwörungen schreiben sie nur diesem einen Umstande zu und darum Krieg - Krieg um jeden Preis. L-ie hatten es wirklich so weit gebracht, in das deutsch-russische Freundschaftsverhältnis; einen Schatten hineinzilwerfen und die europäischen Friedeusaussichten zu trüben, obgleich gerade von letzteren doch Glück und Wohlfahrt, sowie Handel und Wandel in erster Linie abhängen. Der leiseste Anflug noch so entfernt im Hintergrund lauernden Möglichkeit der Friedens­störung ruft das Stocken des Geschäftes nach sich, hemmt die Unternehmungslust und verhindert bis in die kleinsten Canäle hinein stetiges Schaffen und unentwegtes Arbeiten. Die Leute aber, welche den eigenen im Leibe fressenden Krebsschaden nicht mehr ausmerzeu mögen, und um sich am Leben zu erhalten, das Blut ihrer Mitmenschen aussaugeu, müssen jämmerlich er dämliche Ereaturcn sein.

Im Grabe geboren. Aus Jschewst be­richtet mau demPetersburger Nowosti" über fol­genden gräßlichen Fall: Vor Kurzem wurde eine Beamtenfrau bestattet, die eines plötzlichen TodeS gestorben war. Nach der Bestattung verbreitete sich in der Stadt das Gerede, daß die Frau nur scheiu- todt gewesen und daher lebendig begraben worden sei. Dieses Gerede gelangte zur Kenntnis; der Be­hörde, welche die Exhuminirnug der Leiche anordncte. Wie groß war nun die Bestürzung der Tvdteugräber, als dieselben den Sarg halb geöffnet und die Leiche in beinahe sitzender Stellung fanden. Man schaffte den Sarg hinaus, und jetzt erst bot sich der Com­mission ein grauenvoller Anblick. Die Kleider waren mit Blut getränkt, die Angen der Verstorbenen aus den Höhlungen fast ansgetreten, aus dem Munde und der Nase rieselte Blut, und die Hände hielten krampfhaft ein neugeborenes todtes Kind. (Wir erlauben uns über die Glaubwürdigkeit dieses That- bestandes ein ? beizusetzen.)

Montenegro.

In Montenegro sollten die Einwohner gezählt werden. Die Lcntlein, welche ehemals unter türkischem Seepter ihre Lage so gut verbrachten wie es eben gehen wollte, hatten von dieser Procedur keine rechte Ahnung und glaubten natürlich, gewohnt an die ewige Steuerschraubcrei von früher, das Zählen ge­schehe nur, um mehr Steuer ansschreiben zu können. Waffen wurden vcrtheilt und Alles vorbereitet, an allen Orten zu gleicher Zeit die harmlosen Volkszähler niederzumetzeln. Der Fürst von Montenegro faßte den Spas; jedoch anders auf, faßte die Rädelsführer ab und ließ sie einsperren. Schon glaubten diese, daß ihnen die Volkszählung den Hals kosten würde -- schon wurden sie in langen Rechen ans dem Ge- fängnißhof ausgestellt als der Fürst erschien und ihnen ihre Begnadigung verkündete. Die Freigelas­senen versprachen aber, künftighin hübsch gehorsam zn sein.

Türkei.

Ans Eonstantinopel kommt schon wieder eine vielverheißende Nachricht: Die Umgestaltung des Mini­steriums in liberale!» reformatorischcm Sinne soll unmittelbar nach der bevorstehenden Berufung Mid- hat Paschas erfolgen." Wann wird den schönen Worten endlich die That folgen?

Der Sultan, so schreibt diePolit. Korr.",