Amts- und Intelligent-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Donnerstag den 14. August.
Jusrrlionsgrdiihr für dir Ifpalligr Zeile ans ge- wölnilichcr Schrifl bei einmaliger Einrückung 9 4, bei inehrmaiiger je 0 4.
Einigkeit macht stark.
„Der Mensch mit dem größten Genie ist wenigstens zweimal des TagcS ein Narr" und dnrnm können selbst die Klügsten bisweilen den unverzeihlichsten Fehler begehen.
Von einem solchen Felsttritte hat sich die nationall. Partei nicht srei gehalten, als sie über ihre Niederlage in der Zolltarisfrage offenbar in die größte Verlegenheit gcrieth nnd in der ersten Verwirrung gleich völlig lebensnnfälstg zu werden drohte.
Wenn sonst im parlamentarischen Leben die Forderungen einer politischen Partei auf Widerstand stoßen nnd unerfüllt bleiben, so pflegt das nur ein Ansporn zum beharrlichen Zusammen!,alten zu sein.
Seltener Weise ruft ein solcher Fall bei unseren Nativnallib. das gerade Gegenthcil hervor. In dem Umstande, daß ihr verdientsteter Führer feiner pvlit. Thätigkeit entsagte nnd ein großer Theil ihrer Mitglieder von ihr schied, ist ein beginnender Verfall weniger zu sehen, vielmehr ist es eine gewisse unversöhnliche Gereiztheit der Mitglieder selbst, welche für den Bestand dieser politischen Genossenschaft, die doch lange Jahre hindurch erfolg- und segensreich am deutschen Reiche bauen half, schwere Folgen in sich birgt.
Zwei entgegcnslrebende Richtungen versuchen gegenwärtig ans Kosten des schwächeren Theiles die Leitung der Fraktion an sich zu reißen, ohne zu bedenken, daß ein gegenseitiges Ausreibcn die Folge sein muß. ES ist eben ein Unding, zu verlangen, daß eine Genossenschaft zahlreicher denkender Köpfe nach ein und derselben Schablone sich lenken lassen sollen — derartige Bestrebungen können nie anders als großes Unheil mit sich bringen.
Die Mitglieder der Nationalist'. Partei hatten ursprünglich dem Zolltarif gegenüber eine größteu- theils zustimmende Haltung angenommen. Erst im Verlause des Kampfes um den Zolltarif gelang es dem linken Flügel, das unselige Werkzeug der Parteitaktik anwcndend, den schwankenden Theil auf seine Seite zu bringen.
Die Mehrzahl der Mitglieder war halb gegen den eigenen Willen zur Opposition verleitet worden, in der sie sich keineswegs heimisch fühlen konnten.
So lange Fürst Bismarck von seinen Polit. Grundsätzen -- die bis auf heute mit denen der nationall. Partei gleichbedeutend geblieben sind — nichts Wesentliches preis gibt, so lange können mich die Nationalliberalen nicht zu seinen Gegnern gehören.
Die Meinungsverschiedenheiten, welche in der Behandlung der volkswirthschaftl. Fragen zum ersten Male in entschiedener Weise zwischen den Mitgliedern der Nationall. und dem Fürsten Bismarck zu Tage getreten, können keinen ernsten Anlaß geben, nm mit einem Male Alles zu verurtheilen, was von diesem Staatsmaune vorgeschlagen wird, oder gar darnach zu streben, ihn von seinem Platze zu reißen. Wie noch eben erwähnt, war eS ja die Mehrzahl der Nationall. selbst, welche anfänglich von dem Schutzzoll nicht gerade wegwerfend sprachen.
Der Erfolg mag ja ausweiseu, waS aus dem deutschen Zolltarif werden wird: ob er als Eintagsfliege werden und vergehen, oder ob er eine eherne Festigkeit besitzen wird. Gereicht das neue Zollwesen dem Lande zum Unheil, so wird eS sicherlich wie ein Amen in der Kirche über Nacht wieder auSge- merzt worden sein, erweist es sich im Gegenthcil als segenbringend, so muß der Widerstand einfach erlahmen.
Das Bündnis; der llltramontanen und Konservativen ist ein zu seltsames Ding, als daß demselben ein unbegrenztes Vertrauen entgegengebracht
werden könne. Große Luftschlösser werden auf dasselbe schwerlich zu bauen sein.
Die Nationalliberalen können ans ihre bisherige Thätigkeit nicht ohne innere Genugthuung znrückblicken, sie haben sich um die Kräftigung, die Ehre und das Ansehen des deutschen Reiches verdient gemacht. Wollten sie nun, nachdem sic Jahre hindurch ihr Werk äußeren wie inneren Feinden gegenüber verfochten, dasselbe mit eigenen Händen wieder niederzureißen versuchen, so laufen sic Gefahr, ihren Einfluß im Volke zu verlieren und darüber selbst zu Grunde zu gehen.
Der Zolltarif ist eine abgeschlossene Thatsachc. Mit Thatsachen ist zu rechnen, aber darüber den Kopf zu verlieren: — ist falsch.
In der Erregung augenblicklichen Eindrücken nachzugebcn, zeugt von Mangel an Selbstbeherrschung --- wollen die Nationall. aber nach wie vor dem Volke ein und dasselbe unerquickliche Bild der Zwietracht und Zerfahrenheit bieten, dann kann es mit ihrer Laufbahn nur nm so jäher bergab dem Abgründe zu gehen.
Präzeptor Sch einer in .Herrcnben; wurde wegen vorgerückten Alters seinem Ansuchen gemäß in de» Ruhestand gnädigst versetzt.
^ z o Tages-Neuigkeiten.
j , Deutsches Reich.
2 Walddorf, 11. Aug. Die schönen Sonntage des August haben bis jetzt in unser meist eintöniges Sonntagsleben eine angenehme Abwechslung gebracht. Hat schon vor 8 Tagen der Besuch des Wildberger Liederkranzes mit seinen frischen Sangeskräften viele Bewohner zum Felsenkeller des Herrn A. Gänßle gerufen, so strömte am letzten Sonntag Nachmittag Alt und Jung aus den Wohnungen in die Ortsstraßen, nm die Proben der zu Gaste hieher gekommenen freiwilligen Feuerwehr Altenstaigs mit ansehen zu können. Wer hiebei mit offenem Auge das Festhalten der jungen emsigen Mannschaft an den Grundsätzen der Disciplin der strengen Pünktlichkeit, des raschen "Lösch- und Rettungswesens, wer überhaupt das uneigennützige Zusammengehen und -Greifen der Feuerwehr gesehen hat, der hat gefunden, daß diese Institute als stets bereitwillige, wirth- schaftlich äußerst nützliche Helfer erfunden werden. Daß es für unsere, der organisirten Feuerwehren noch entbehrenden Gemeinden eine Ehrensache ist, die edlen Zwecke stolzer Vereine bestens zu unterstützen, darüber vernahmen wir keinen Zweifel. Aehn- liche Besuche mit einhergehenden Praktischen Uebungen dürften gewiß nicht ohne Nutzen auch auf andere Nachbargemcinden ausgedehnt werden.
Z Vom hintern Wald. Eine eigenthMst liche Wahrnehmung machen wir an unseren Bast- gewächsen, Hanf und Flachs. Dieselben sind von einer Unzahl Raupen überzogen, welche bei dem Flachs Blätter, weiche Stengel, namentlich aber die Samenkapseln (Bollen), bei dem Hanf hauptsächlich die Blüte des Fimmel vernichten, so daß wir Heuer auf Samen von genannten Kulturpflanzen wenig Aussicht haben. Besonders stark treten die Raupen an solchen Ländern auf, welche Roggenfelder als Nebenlieger haben. ES kann sich niemand denken, daß die Raupen sich je einmal dieser Pflanzen bemächtigten. Der Flachs wird nun nusgezogen (gelincht), trotzdem er noch ganz grün ist. Bei dem Hanf ist dies noch nicht möglich, da er bei weitem nicht ausgewachsen ist.
* Wir werden in Betreff der Correspondcnz von Ober- weiter in Nr. 99 ersucht, zu berichtigen, das; das daselbst verunglückte Kind nicht K sondern 2 Jahre alt war, das; es nicht in einer Güllengrnbe, sondern in einer der Gemeinde gehörigen,
mit Wasser gefüllten Kalkgrube ertrank nnd daß gegen die Eltern des Kindes keine Untersuchung cingeleitet sei. Auch die Erlegung von Hochwild i»> Revier Simmersseld scheint dem Berichtiger der Wahrheit zu entbehren. In Betreff des erstcren Falles wird sich unser geehrter Correspondent wegen den ganz geringen Irrungen keine grauen Haare wachsen lassen, und wenn auch die Hirschgeschichte ^.j„ erfunden sein sollte,
so scheint in «. doch allem nach noch eine Art Bären zu eri- stiren, die leicht jedem nnd nicht blos den Zeiinng-Zreportern anfgebnnden werden können.
WU— Die Obstzeit veranlaßt uns, insbesondere die Eltern auf die Gefahr des Genusses unreifen Obstes hinzuweiscn. Ten Müttern erwächst die Pflicht, unnachsichtlich gegen ihre Kinder zn verfahren uild nicht etwa, wie leider nur zu oft geschieht, in unzcitiger Schwäche nachzugebcn. Bei cintreten- den Symptomen von Krankheiten, die meist in Folge des Genusses unreifen Obstes einen schlechten Verlauf nehmen, ist cs allemal gcrathcn, rechtzeitig einen Arzt zu consultiren.
Stuttgart, 10. Aug. Heute wurde eine einst viel genannte Persönlichkeit zu Grabe getragen. Wer sollte sich nicht an des großen Fichte „Reden an die deutsche Nation" erinnern? Es ist sein Tvhu, der heute begraben wurde. Er erreichte ein Alter von 83 Jahren; seine Blüthezeit als Schrifstellcr und Lehrer verbrachte er an der Universität Tübingen, wo er von 1842—67 wirkte.
Stuttgart, 11. Aug. In der "Nacht vom Sonntag auf Montag, 24. auf 25. d. M., wird Se. Kais. Kön. Hoh. der deutsche Kronprinz hier ankommen und im K. Residenschlossc absteigen. Der Zweck seines Hierseins ist ein rein militärischer. Als Generalinspekteur auch des XIII. (K. württ.) Armeekorps kommt er, um die Truppen zu inspiziren. Seine Anwesenheit gilt der Infanterie und Kavallerie. Diese Waffen werden im Schul- (Regiments- u. s. w) Excrziren ihre Probe vor dem Kronprinzen zu bestehen haben. — Die Thätigkeit des Landtags wird allem Anscheine nach mit der kommenden Woche ihr Ende erreichen.
Stuttgart, 12. Aug. Gestern kehrten die in 5 Abtheilungen ausgesandtcn Kinder der Ferienkolonien, sämtlich von ihren Lehrern begleitet, zurück. Die Eltern der Kinder und Mitglieder des Komites begrüßten die Ankommenden. Alles war mit Recht erfreut über das Aussehen der bei ihrem Abgänge recht kränklichen Kinder. Sie haben durchschnittlich um 3—5 Pfund an Gewicht zugenommen. Nicht genug konnten Lehrer und Kinder erzählen von dem Wohlwollen, das ihnen von den Einwohnern der Orte entgegengebracht wurde, wo sie untergebracht waren. Besondere Opfer brachten Baron v. Gült- lingen auf Berneck, in dessen Schloß die Knaben lohnten, Kameralverwalter Küblcr in Kapfenburg, Apotheker Seeg er in Lorch u. A.
Degerloch, 11. Aug. Ein hiesiger Einwohner, Namens Christian Raff, Familienvater, wurde von einem Bremsenstich vorgestern Vergifter und ist vergangene Nacht gestorben.
Urach, 9. Ang. Kürzlich wurde von hier berichtet, daß der jüngere der beiden wegen Mords inhaftirten Brüder von Glems einem vom älteren derselben abgelegten Gcständniß zufolge dem Vater mit einem Todtschlägcr einige Streiche auf den Kopf versetzt habe. Dem gegenüber können wir heute berichten, daß der jüngere Sohn als ganz unschuldig bereits seit vorgestern auf freien Fuß gesetzt ist.
München, 10. Aug. Der Kaiser von Oesterreich ist, von Gastein kommend, diesen Abend 7 Uhr hier eingetroffcn und im Bahnhof von dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Gisela, sowie den Herzogen Max und Ludwig empfangen worden. Das