Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Lbcramts-Bezirk Nagold.

-» ! Erschci»! Ivöchcnllich Mimt lind kostet halbjährlich

MFy ! hier söhne Träflerlolm) 1 60 in dem Bezirk

»/b * ^ außerhalb dcS Bezirks 2 ,<ll 40 4.

Dienstag den 8. Juli.

IuseriioiiSgebühr iür die lipallche Zeile auS >;c- ^ >M,

ivobulicher Schrift bei eiumali>^r Einrückung 9 Io» bei inehriualiger je 6 4.

Für unsere tzenligcn Llegriffe isl ober ein Feld­zug, alleine >uu eines Glaubens willen, nicht recht

männern als ein höchst begchrenswerthes Fiel er-

Für das 3. Quartal des Abonnements desGesellschafters" nimmt noch immer Be­stellungen an jedes Postamt resp. die betr. Postboten.

Amtliches.

N a g o l d.

An die Ortsvorsteher.

Die Vorschriften über die Wahl der Gerichtsvollzieher

sind in einigen Gemeinden unrichtig anfgcfaßt wor­den, weßhalb unter Hinweisung ans die Art. 29 82

des AnsführungSgesetzeS znm Reichsgerichtsverfas- stingsgesetz nachstehendes besonders eingeschärft wird :

ls Wenn der Ortsvorstehcr den Gerichtsvoll,zieher- diensl freiwillig übernimmt oder zu übernehmen genöthigt wird, so bedarf cs einer Wahl des­selben nicht, und ist nur die Anzeige des Orts- vorstehers hieher vorznlegen, daß er den Ge­richtsvoll,zicherdienst übernehme.

2/ Die stets nothwendige Wahl eines Stellver­treters für den Gerichtsvollzieher geschieht nur durch den Genicinderath, nicht auch durch den Bürgeransschnß. lieber diese Wahl ist ein die Namen der mitwirkcndcn Gemeinderathsmir- glieder enthaltender Auszug ans dem Gemein derathsprotokoll vorznlegen.

!N> Eine urkundliche Aenßcrnng deS Gemeinderaths nnd Bnrgcransschnsscs ist nnr in dem Fall vor­znlegen, wenn der Ortsvorsteher die llebernahmc des Gerichtsvollzieherdienstes mit Genehmigung der bürgerlichen Collegien ablehnt. Auch in dem letzteren Fall ist die Wahl des Gerichts­vollziehers und des Stellvertreters nnr Sache, des Gemeinderaths, nicht beider Collegien.

4j Wenn ein Äündigungsrccht nicht nnr für den Gemeinderath, sondern auch für den Gewählten eingerüumt werden will, so ist dies in dem vor­zulegenden Beschluß bestimmt auszudrücken. Hiebei empfiehlt sich, für den Gewühlten eine bestimmte Kündigungsfrist (mindestens ein­monatliche) zu vereinbaren, damit im Falle der Kündigung anderweitige Borsorge rechtzeitig getroffen werden kann.

Den 5. Juli 1879.

K. Oberamtsgericht.

J.-Ass. Mayer.

Die Gefahren der Orientfrage für Deutschland.

Das Morgenland hat für unS von jeher eine seltene Anziehungskraft besessen und unser Interesse für dieses Land nicht allein seit gestern oder heute, sondern schon seit dem langen Zeiträume zweier Jahr­tausende wach gehalten.

Schon früher knüpften wir unsere Handelsbe­ziehungen mit den fruchtbaren und reichen Ländern des Orients an, und ein seltener Zug des Geistes bewog die zahlreichen Massen der Kreuzfahrer nnter unsäglichen Mühen und Beschwerden nach jenen Län­dern zu pilgern.

Auch heute noch übt der Orient einen solchen Einfluß auf die europäischen Staaten ans, daß die in ihm vorgehcnden Ereignisse mit gespanntester Er­wartung verfolgt werden.

Das russische Reich setzte seine ganze gewaltige Streitmacht in Bewegung, um in die Türkei mit Gewalt die Gleichberechtigung des Christcnthnms cin- zuführen - - mit unermeßlichen Opfern erst vermochte der Czar sein Werk vollenden. Rußland selbst hatte bei diesem blutigen Kriege nichts Weiteres gewonnen, als das Bewußtsein, dem Christenthnme gedient zu haben.

denkbar, vielmehr sind wir geneigt, in einem ivlchen den Deckmantel für andere gebeime Absichten zu suchen. ,

Und was die Russen, die Britten nnd Ocstrei- chcr im Orient zu suchen buben, liegt ziemlich klar zu Tage. Rußland siebt in der Türkei seinen Erb­feind, dessen Macht um jeden Preis gebrochen wer­den muß, damit der Schifffahrt nach dein Schwarzen Meer, Rußlands größter Lebensfrage kein Hindernis; mehr im Wege stehe.

England sicht den nächsten Weg nach Indien, der Quelle seines Reichthnms, durch den Orient flitz- ren. Grund genug für dieses Reich, sich in der Türkei gleichfalls Macht nnd Einfluß zu verschaffen, damit ihm die Berkehrsadern dieses Landes offen bleiben.

Als Dritter im Bunde netzt Oenreich da, das durch einen großznzietzcnden Handel mit der Türkei einen Bortheil hinsichtlich des Gcldpnnktes zu errin gen hofft, um darum auch eigenttzümlichcrweisc die Provinz Bosnien ans dem russisch-türkischen Feldzüge als Beutestück sich tzeransholte, obgleich es sonn blin- wenig mit dem jüngsten Orientkricge zu schaffen tzane.

Obige drei Reiche sind an den wcchselvvllen Geschicken deS türkischen Reiches anis Höchste bettzci- ligt, leider aber gehen itzre Wünsche auseinander nnd zwar so sehr, daß dadurch der Friede Europas ge­fährdet nnd sehr oft auch gestört worden in.

Während England das Osmanenrcich möglichst zu erhalten bestrebt, weil es sich sagt, daß eine morsche und obendrein chm schuldende türkische Regierung nach dem Willen Englands zu lenken ist, sieht Rußland in der Türkei ein Reich, das eigentlich gar keine Be­rechtigung hat, überhaupt zu existircn.

Oestreich glaubt seine Existenz bedroht, wenn die vorschreitende Macht des Slaventhums auch noch des türkischen Reiches sich bemächtigt. Zwar liegt eine solche Aussicht noch in allzuweiter Ferne, als daß ihnen für unsere Zeit eine ernstliche Bedeutung zngemcssen wäre, allein die östrcichischcii Staatsmän­ner haben sich daran gewöhnt, mit einem solchen zu rechnen nnd darnach zu handeln.

Für die übrigen europäischen Staaten, zu wel­chen glücklicherweise auch unser eigenes Baterland gehört, ist der Orient ein Land, das wohl aui der Landkarte existirt, sonst aber herzlich wenig gcraden- wegs mit uns zu thnn hat.

Trotzdem mischt sich Frankreich sehr eitrig in die orientalische Frage ein, nnd das nicht zu seinem Bortheile. Wir erinnern nnr an den kostspieligen Krimkrieg. Bielleicht, um Gelegenheit zu haben, bei jeder Gelegenheit von einigermaßen hervorragendem Interessedrcinsprechcn" zu dürfen, nnd im Border- grunde der politischen Ereignisse zu stehen, har es in der orientalischen Frage stets eine große Rolle ge­spielt, trotzdem es in derselben doch nichts zu suchen hatte. Gegenwärtig hat es, um wenigstens etwas zu fordern, aus irgend welchen tiefliegenden Gründen sich der schwer zu rechtfertigenden Ansprüche Grie­chenlands angenommen, das sehnliclfft eine Gebiets­erweiterung ans Kosten der zerstückelten Türkei her­beiwünscht.

Allcnthalb en die Hand im Spiele zu haben, das ist in den Angen der französischen Regierung Lebensaufgabe. Um diese Politik dnrchzuführen, be­darf Frankreich einer befreundeten Großmacht, weil es alleinstehend gegenwärtig zu winzig sich ansneh­men würde.

Darum ist der Gedanke einer rnffffch-französi- schen Allianz von jeher den französischen Staats­

schienen, das sich nnr noch nicht tzar verwirklichen lassen wollen.

Seitdem aber Rußland in dem unter dem Bor­sitze deS Fürsten Bismarck geschlossenen Berliner Bcr- trage fast seine gesammten Kriegs-Errungenschaften tzat antgcbcn müssen, nnd dieser Mißerfolg einen an­geblich schlechten Eindruck ans das russische Bolk geübt nnd u. A. die nihilistische Bewegung hervor- gerusen haben soll, wie es in St. Petersburger Hof- kreiscn herrschende Ansicht nnd stehende Redensart geworden - seitdem haben die Hoffnungen ans ein Bündnis; mit Rußland bei den französischen Politikern neue Nahrung gefunden.

Tie bei dem ägyptischen Handel hervorgetrelene tiefgehende Spaltung, welche England nnd Frankreich von einander trennt, läßt letzteres umsomehr auf ein russisches Bündnis; hinstreben. Sieht es in einem solchen ja auch die einzigste Möglichkeit, mit Aussicht ans Erfolg seinen Revanchekrieg gegen Deutschland ins Werk zu setzen.

Erwiesen ist, daß die russische Diplomatie es sich besonders angelegen sein läßt, gegenwärtig in Cvmtantinovel Fühlung mit Frankreich zu gewinnen.

Unter der Regierung des jetzigen russischen Czaren ist ei» derartiges Bündnis; nicht zu erwarten nnd unter der des russischen Thronfolgers noch nicht voransznjehcn, sollte aber eine Allianz zwischen Ruß­land und Frankreich zu Stande kommen, so haben wir Deutsche die Augen offen zu halten - - nach rechts nnd nach links! Mit welchen Forderungen eine solche an uns herantreken würde das wissen wir ja bereits im Boraus.

0) e n orbcIII Den 0. Juli zu Stuttgart Louis Schmidt, Hcmdcw-icbrcr, 68 I. a.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

) Altenstaig, 6. Juli. Im Hinblick auf das bevorstehende Iuslebentreten der neuen Reichsjustiz­gesetze nnd die damit geforderte Ucbernahme des Ge­richt sv o ll z i ch e rd i e n sie s haben sich 25 Orts­vorsteher des Bezirks Nagold heute Nachmittag im Gasthaus zum Löwen dahier versammelt, um unter sich die diesbezüglichen Paragraphen des Gesetzes zu besprechen und die Einschließung über die etwaige Annahme des Amts eines Gerichtsvollziehers zu fassen. Nachdem von sachverständiger Seite praktische Mittel nnd Wege zur minder beschwerlichen Ausführung ei­niger Bollstreckungsverordnungcn gegeben waren, erklärten sämmtliche Anwesenden ihre Bereit­schaft zur Uebernahme fraglicher Funktionen wenigstens auf so lange, bis die gemachten Erfahrungen über die praktische Bedeutung der neuen Einrichtung sie für oder gegen längere Beibehaltung des Gerichtsvoll­zieherdienstes werden entscheiden lassen. Der hiesige Herr Stadtvorstehcr ist durch lleberbnrdnng mit Ge­schäften behindert, dies Amt übernehmen zu können, weßhalb die Wahl eines Stellvertreters vorgenommen werden muß. Den Verhandlungen der Herren Ortsvorsteher schlossen sich die der im Löwengarten zahlreich erschienenen Männer aus Stadt und Land zur Beratbnng der Gründung einer Feuerwehr­kasse an. Nachdem Herr Stadtschnltheiß Richter die Stelle des Vorsitzenden durch Zuruf übernommen, H. Baron A. v. Gültlingen nnd H. Stadtpfarrer Mezger die sie leitenden Grundsätze für die Grün­dung einer Tcuerwehrkassc in sehr warmen Worten den Versammelten nahe gelegt hatten, entspann sich eine lebhafte Debatte über die Nothwendigkeit, Art und Weise des Zustandekommens nnd der Realisirung