am 3. November Nachmittags 4 Uhr nach Hagelstadt zurück. Die Unthat ist bekanntlich am genannten Tage zwischen 5 und 6 Uhr vollführt worden. Bei seiner Anwesenheit kam er auch, um Bekannte zu besuchen, in das Hans deS Buchbinders Octtl Nr. 18 am Marienplatze und hinterließ daselbst seine auf Papier beschriebene Adresse. Dieselbe wurde jedoch zu allem Missgeschicke vor der Thüre der Ermordeten verloren und bei der Augenscheinnahme dem königlichen Untersuchungsrichter producirt. Ans dieses hin wurde nun telegraphisch dessen Verhaftung angeordnet, welche am 6. November'Morgens 3's Uhr in Hagelstadt erfolgte. Zudem hatte der vermeintliche Mörder eine Wunde an der Nase nufzuweisen, — wie sich herausstellte, von einem aufgegangenen Geschwürchen herrührend — ferner sich hierselbst seinen Volldart in einen Stutzbart nmwandeln lassen und zu allem Umglücke war ihm noch vor seiner Verhaftung Nachricht dahin zngegangen: Schulden bezahlt. Hierher verbracht, stellte sich Blümle's Unschuld schnell heraus. Wie aber, wenn Aumer nicht verhaftet worden und geständig wäre?
Der Nordpolfahrer Weyprecht hielt in Frantfnrt einen Vortrag, wobei er hervorhob, daß die schlimmste Zeit nicht die Rückfahrt war, wie man annehmen sollte, denn die angestrengte Arbeit, war sie auch großentheils unnütz, half über vieles weg; sondern die Zeit der thatenlosen Unruhe und Spannung vom Okt. 1872 bis Febr. 73, wo sie in beständiger Gefahr standen, daß ihr Schiff zerdrückt werde, wo sie angeklcidet schliefen, die Boote auf's Eis und die Lebensmittel zur augenblicklichen Rettung auf's Verdeck bereitstellten Die Temperaturverschiedeuheit, welcher sie ansgesetzt wgrcn, bewegte sich, in einer Breite von 70° N., in der Kabine selbst von 0 bis si- 30 , je nach der Nähe vom Ofen, und draußen sank sie bis — 30° R., welches jedoch von den Athemwerkzengen über Erwartung gut vertragen wurde. Zu den schlimmsten Entbehrungen gehörte der gegen Ende der Fahrt sich einstellende Mangel an Laback. Gegen Eis, welches bis 36 Fuß Dicke erreichte, erwies sich jede menschliche Anstrengung mit Bohren, Sägen und Sprengen als fruchtlos. Sehr quälend empfanden die Nordfahrer den Durst, da der Schnee, ungeschmolzen in den Mund genommen, denselben eher noch vermehrte. Da Brennmaterial fehlte, nm Schnee in hinreichender Menge zu schmelzen, so trug jeder auf dem Leibe 'irgend ein kleines Gefäß, z. B. ein Brillenfutteral, nm durch die Körperwärme sich selbst die »öthigste Labung zu schmelzen.
Dresden, 8. Nov. Der treulichen Verbrennung des Leichnams einer Engländerin im Simens'schen Ofen ist vorgestern die des Leichnams der Gattin des Stuttgarter Arztes Thilinius gefolgt. Die junge 23jährige Verstorbene hatWsinH Wunsch nach der Vernichtung ihres Körpers im Verbrennung^
dem Trauerakte hcrbeiznziehen, war nicht gelungen, da diese noch keine gesetzlichen Bestimmungen betreffs ihrer Gegenwart bei Leichenverbrennnngen vorgeschrieben erhalten haben, und so ersetzte Herr Siemens jede anderweitige religiöse Feierlichkeit durch ein einfaches Gebet. Nach etwa anderthalb Stunden war der Verbrennungsprozeß beendet.
Berlin, 7. Nov. Der Bundesrath beschloß heute dis Einführung des Buchstabens M. als einheitliches Zeichen für Mark im Verkehr der Behörden.
Berlin, 8. Nov. Von den im vorigen Monat vor den hiesigen Standesbeamten getrauten Paaren hat, zuverlässiger Mittheilung nach, nur ein geringer Theil die kirchliche Einsegnung folgen lassen. Darnach läßt sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß von den nach dem 1. Oktober geborenen Kindern hiesiger evangelischer Eltern nur eine Minderheit die kirchliche Taufe empfangen wird. Der Oberkirchenrath hat also in seiner Ansprache vom 14. August mit Recht Furcht gehabt, daß viele Eltern „sich nicht scheuen werden; die Taufe ihrer Kinder freventlich zu unterlassen oder wenigstens muthwillig verzögern", und seine Mahnung, die Kinder nicht „als Heiden" aufwachsen zu lassen, ist für Berlin vorläufig erfolglos Ob bei vielen der Ungetansten die Taufe mach vor der Schul-Pflichtigkeit nachgeholt werden wird, dürfte wesentlich abhängen einmal von der Abschaffung oder Beibehaltung der Stol-Gebühren und sodann überhaupt von der künftigen Umgestaltung der evangelischen Kirche. Bleibt die Orthodoxie darin herrschend, so werden sicher die vom 1. Oktober 1880 au schulpflichtig werdenden, in Berlin geborenen Kinder zum großen Theile in den Schüler-Verzeichnissen als „religionslose" oder „Heiden" zu buchen sein. Auch aus Görlitz wird von ähnlicher Wahrnehmung berichtet und soll deßhalb der Gemeindekirchenralh daselbst die Absicht haben, die Stolge- bühren ganz abzuschaffen.
Der Mord an dem Bäckerlehring Corny, welcher in der Nacht zum 18. Februar 1867 am sogenannten Grützmacher in Berlin hinter der Kaserne des Garde-Füsilier-Negiments auf grausamste Weise verübt worden ist, bildet, der „Bürger-Ztg." zufolge wieder den Gegenstand polizeilicher Recherchen. Bereits zur Zeit der Einleitung der Untersuchung wurde Verdacht auf Mitbeiheiligung von Militärpersonen geworfen. Ein damals
dort eingestellt gewesener Soldat etablirte sich nach seiner Entlassung in der Provinz und erhielt bis in die neueste Zeit vielfach Geldbeträge aus Berlin zugeschickt. Von seiner Frau über die Ursache dieser Sendung befragt, soll er derselben mitgetheilt haben, daß er Zeuge des Mordes gewesen und daß er für sein Stillschweigen von dem Mörder bezahlt werde. Die Frau hat hiervon ihrer Schwester Mittheilung gemacht, welche ihrerseits nicht reinen Mund hielt, so daß die Angelegenheit zur Kenntniß der Behörde gelangte, welche dieselbe jetzt weiter verfolgt und dem Mörder auf der Spur zu sein glaubt.
Ueber das Ende des armen Hauptmanns Schmidt erhält man jetzt einen authentischen Bericht. Ein ehemaliger Carlist, der später in die republikanische Armee übertrat, hat dem Berichterstatter der „Schles, Ztg." Folgendes erzählt: Der Capitän Schmidt besaß bei seiner Gefangennahme weder Waffen, noch Legitimationspapiere. Man fand in seiner Tasche den Entwurf eines ihn in keiner Weise gravirenden Correspondenzberichts. Sein Uebertritt zum Katholizismus wurde durch ein Falsum erschwindelt, indem ihm in einer mit singirten Unterschriften versehenen Ordre im Falle der Conversion die Begnadigung zugesichert und seine Detention im Fort Estella bis zur Beendigung des Krieges verheißen war. Schmidt ist, wie von einem deutschen Soldaten zu erwarten, mit Todesmuth gestorben. Er ließ das Verbinden der Augen nicht zu, legte ruhig seinen Rock ab und empfieng stehend in die entblößte Brust "drei feindliche Kugeln. Der brave Offizier endete mit den Worten: „Hoch lebe mein Kaiser!" Dem Opfer der Barbarei wurde auch die Hinrichtung erbittert. Zum Ablegen des Rockes, in dessen Knopfloch das eiserne Kreuz und eine norddeutsche - Oldenburger oder Mecklenburger — Dekoration befestigt waren, fand Schmidt sich durch den Befehl veranlaßt: „Sie müssen das eiserne Kreuz abnehmen I" Auf die Frage: „Warum?" erfolgte die Entgegnung: „Weil jedem Soldaten des Königs Carlos die preußischen Farben verhaßt (oclioso, Hassenswerth) sind." Schmidt verweigerte die Abnahme des Ordens und entkleidete sich, um jeder weiteren Vexa- tion vorzubeugen.
Köln, 6. Nov. Demnächst wird hier ein Mann zum fünften Male getraut. Das Heirathen war für ihn ein lucratives Geschäft; denn die Mitgift der vier ersten Frauen repräsenlirt das artige Sümmchen von 80,000 Thalern. Die fünfte Ehe scheint der mittlerweile zum Greis gealterte Mann aus Liebe einzugehen, da die Braut mehr stattlich als vermögend ist.
(Alte Liebe rostet nicht.) In Gumbinnen hatskürzlich ein Mezgermeister seine Fran zum dritten Male geheirathet. Zweimal ist er schon mit derselben geschieden worden, und böse .Zungen prophezeiten, daß dieß auch noch zum dritten Male geschehen werde.
Lieutenant Zubovits ist am Sonntag, also 24 Stunden vor dem festgesetzten Termin, in Paris eingetroffen. Die Wette ist daher gewonnen.
Trier, 4. Nov. In der Frühe vergangenen Montags, a» des Tages nach jenem, an welchem Kaplan Schneiders verhaftet worden war, fanden sich an einigen Straßenecken geschriebene Plakate angeschlagen, in welchen den hiesigen Polizeibeamten der Tod angcdroht und dem Kaplan Schneiders ein Hoch gebracht wird. Die Schreiber dieser Plakate sind zwei Mädchen aus dem niederen Staude, die eine von 14, die andere von 18 Jahren. Beide wurden bereits polizeilich verhört und haben eingestanden, daß sie es aus eigenem Antriebe gethan, „um ihren Gefühlen Luft zu machen".
Aus Schlesien, 6. Nov. Aus dem Haynauer Kreise, wo vor wenigen Jahren die bekannte Somnambule Hermine Schul ihr Wesen trieb, ist abermals über einen ähnlichen Unfug zu berichten, der durch das rechtzeitige Einschreiten der Behörde wahrscheinlich in engere Schranken gebannt worden wäre, jetzt aber einen Besorgnis) erregenden Umfang angenommen hat. Ein Bauernmädchen aus Georgenthal am Gröditzberge hat schon seit geraumer Zeit durch ihre Somnambulisterei eine Menge von Gläubigen an sich zu ziehen gewußt und ihnen vorgeredet, daß demnächst der Würgengel GottSß Deutschland durchschreiten und mit Krieg und Mord, Brand und Seuchen verheeren werde. Nur ein sicheres Mittel gebe es, dem Untergange zu entgehen, die Auswanderung nach Palästina. In den unter ihrer Leitung abge- halteuen Conventikeln ist denn auch beschlossen, nach Palästina zu ziehen, und trotzdem in dem Haynauer Stadtblatt in rückhaltloser Weise der Schwindel gekennzeichnet ist, werden in der nächsten Woche etwa 130 Personen von Georgenthal aus die Reise nach Palästina antreten, nach dem sie ihr Hab und Gut verkauft haben.
Colmar, 5. Nov. Auf der Straße zwischen Weittols- heim und Logelbach hat heute Nacht ein Mord stattgefunden. Ein Schweizer Fuhrmann, welcher in Katzenthal Weine verladen wollte, ist mit zwei Revolverschüssen niedergestreckt und seiner Baarschaft beraubt worden.
Diedenhofen, 3. Nov. Ein Offizier des hiesigen Ulanenregiments gelangte vor einigen Monaten in den Besitz eines jungen wilden Schweines, das jetzt ein halbes Jahr alt ist. Machte
Prozeß mit ihrem Gatten getheilt und dieser nach ihrem Tods« hier die Ausführung desselben bewirkt. Einen Geistlichen zu<