wäre die Lehre der Kirche:Leid der Obrigkeit (und dem Ge­setze) uuterthan", dann ließe dieser Hirtenbrief nichts zu wünschen übrig.

Berlin, 16. Okt. Den Morgenblättern zufolge fand gestern eine Haussuchung in dem Palais der Gräfin Arnim- Boytzenburg, der Schwiegermutter des Grafen Arnim, statt, wo­bei, angeblich aus Unvorsichtigkeit eines Beamten, ein Brand entstand, der jedoch keinen erheblichen Schaden anrichlete.

Berlin, 16. Okt. Die Entlassung Arnim's ans der Haft wurde vom Kammergericht abgeschlagen, 1) weil die Höhe der verwirkten Strafe nach den §§ 133 und 348 des Strafge­setzbuches gegenwärtig nicht ermeßbar ist; 2) weil zu befürchten stehe, der Angeschnldigte werde die Freiheit zur Verdunkelung der Wahrheit und Erschwerung der Untersuchung mißbrauchen; 3) weil ärztliche Prioatzeugnisse nicht hinreichend sind, die Ent­lassung aus Gesundheits-Rücksichten zu rechtfertigen.

^ Nach derMagdeb. Zig." soll Arnim auf Landcsvcrrath angeklagt sein. Sie schreibt: Personen, welche Kenntniß von den Verfügungen des Stadt- und Kammcrgerichls erhalten haben, durch welche das Gesuch des Grafen Arnim um Entlassung aus der Untersuchungs-Haft abgelehnt wurde, finden in de» Motiven, daß sich die Anklage vornehmlich ans H 92 des Strafgesetzbuches (Landcsverrath) stützen wird.

Berlin, 15. Oct. DieTimes" pnblicirt eine Korre­spondenz zwischen dem Fürsten Bismarck und Regnier, dem be­kannten Unterhändler bei der Metzer Belagerung. Der vom 2. October dalirte Brief des Fürsten Bismarck besagt: er glaube nicht, daß sein Zeugniß Regnier in Frankreich nützen könne, da die Franzosen ihn verleumdeten und uugerechterweise als einen Feind Frankreichs darstellten. Nichtsdestoweniger wiederhole er, .daß er in Neguier's Schritten nur Beweise muthiger Ergebenheit gegen dessen Vaterland erblickt und die Pläne desselben begünstigt habe, weil er de» Abschluß des Friedens dadurch nur zu be­schleunigen geglaubt. Der Brief schließ! mit der Erklärung, daß Regnier deutscherseits niemals persönliche Vortheile verlangt oder erhalten habe.

Postalisches. Der deutsche Geueralpostdirekior beab­sichtigt, zur Wahrung des deutschen Postkanzleigeheimnisses eine P o st st e n o g r a p h i e für die Postbeamten cinzusühreu.

Die Straßburger Zeitungen lheilcn mit, daß es der Justiz gelungen ist, den Mörder der Bertha Schwitzzäbele zu entdecken. Einer der verhafteten Müllerburschen, namens Geier, hat gegen­über den erdrückenden gegen ihn vorgebrachten Beweisen ein Ge­ständnis; abgelegt.

Esse n, 14. Okt. In einer ueulichen Sitzung der Criiniual- Abtheilung des hiesigen Kreisgcrichts wurde, wie dieEss. Volks- Zeitung" berichtet, der Wirth P. aus Stoppcnbcrg in Folge der Aeußeruug in Gegenwart von Polizeibeamteu, er gäbe 25 Flaschen Champagner, wenn die Kugel Kullmauu's den Fürsten Bis­marck gciödtet hätte, zu 100 Thlr. Geldbuße bezw. 2 Monaten Gefängniß verunheilt. .

Posen, 12. Okt. Ein komisches Beispiel von religiösem Fanatismus wird vom Organ der geheimen Diözesanverwaltung, Kuryer. pozu., lriumphirend mitgethcilt. Der Guttsbesitzer v. Kor nicki auf Emchen, im Kreise Schrimm, ließ seinen Haus­arzt aus Tious, den er behufs Konsultirung hatte holen lassen, aus dem Wagen, auf dem er gekommen war, nach Hanse zurück­fahren. Unterwegs begegnete der Arzt unweit des Städtchens Tions dem auf einem Spaziergang sich befindenden Probst Kube c- zak und forderte ihn auf, bis zu seiner Wohnung mitzufahren, was dieser gern that. Nachdem Herr v. Korsnicki von dem zurückgekehrten Kutscher dies erfahren hatte, ließ er den Wagen sofort aufs Feld fahren, unter demselben Feuer anzünden und ihn zu Asche verbrennen, indem er erklärte, daß auf dem Wagen, auf dem der vom Bannfluch getroffene Kubeczak gefahren sei, weder er noch einer seiner Leute fahren könne. Der Hausarzt erhielt noch an demselben Tage von dem fanatischen Edelmann einen Brief, der ihm mit kurzen Morten seine sofortige Entlassung als Hausarzt anzeigte. Also zu solchen Früchten haben es die Verkündiger des göttlichen Worts und der christlichen Liebe und Duldsamkeit gebracht? Und dabei will man sich über den Un­glauben so vieler echausfiren!

Der Besuch Mac Mahon's bei Broglie wurde in Versailles von den Deputaten viel besprochen; man glaubt vielfach, der Marschall wolle Broglie wieder ins Kabinet berufen.

Gestern fanden auf dem Platz des Gefängnisses von La Roquette zwei Hinrichtungen statt, die schon lange erwartet wurden und denen an 20,000 Menschen beiwohnten. Die Blätter find voll von haarsträubenden Einzelheiten. Es scheint, daß sich mehr und mehr das Verlangen geltend macht, man möge die Hinrichtungen im Innern der Gefängnisse vollziehen. Für die Abschaffung der Todesstrafe wagt Niemand die Stimme zu er­heben.

Endlich am 13. October ist, wie schon gemeldet, das viel­besprochene französische KriegsschiffOronoque" aus dem Hafen von Civita-Vecchia westwärts nach seiner Heimath abge­dampft. Selbst der Papst war damit einverstanden, weil er die

Anwesenheit des Schiffs nicht allein für unnütz, sondern auch für unbequem hielt. Für unnütz, weil er Rom gar nicht verlassen will, wo er das Grab des h. Petrus als das beste Grab für sich selbst ansieht, und für unbequem, weil, falls er wirklich ge­zwungen sein sollte, Rom zu verlassen, er durchaus nicht die Absicht hat, sich eines französischen Schiffes zu bedienen.

Die italienischen Räuber haben an einem Kammer­herrn des Papstes, Monsignore Teodoli, einen fetten Fang gemacht. Teodoli befand sich in der berühmten Karthause von Trisulti, die einsam zwischen Frosinoue und Alalri liegt. Ein Unbekannter bat den Prälaten unter einem Vorwände, sich auf die Straße herab zu begeben. Kaum dort angelangt, sah sich der Monsignore von nicht weniger als zwanzig Banditen umgeben, die ihn mit Dolchen und Pistolen bedrohten, ihn hinderten, um Hilfe zu rufen, und ihn mit Gewalt in eine der Schluchten schleppten, die sich dort in nächster Nähe befinden. Nun ward der Prälat gezwungen, den Mönchen in der Karthanse zu schreiben, sie möchten sofort, wenn ihnen sein Leben lieb sei, 50,000 Frks. schicken. Die Mönche setzten sofort die Polizei von Frosinoue in Kenntniß, und diese telegraphirte augenblicklich nach Rom. Der Präsect ordnete sofort einen Capitän von den Carabinieri nach Frosinoue ab und ermächtigte ihn, soviel.Mannschaft, als er für nöihig halte, zur Verfolgung der Räuber aufzubiete». Gleichzeitig begab sich die Familie Teodoli's nach dem Vatikan; denn nur da allein durfte mau hoffen, im Hinblick auf die alte Zuneigung des Papstes für seinen Kämmerling das Lösegeld aufzubringen, lind in der That gab ?lo klono 35,000 und der Vertreter 'Neu Granadas beim päpstlichen Stuhle 15,000 Frks. zu diesem Behuse. Am nächsten Abend wurde das Geld nach der Karthause geschafft und ohne Varmissen der Behörden am frühen Morgen des folgenden Tages in der von den Räubern bestimmten Weise diesen ausgeantwortet. Wenige Stunden später kehrte Monsignore Teodoli gesund und unversehrt ins Kloster von Trisulti zurück. Wie er erzählte, trug er bei seiner Wegführung eine alte werthvolle Uhr samini goldener Kette, zwei Hundert- francs-Smcke in Gold, drei Napoleond'or, einen Ring nnd goldene Schuhschuallen, welche Gegenstände ihm die Räuber ab- nahmen. Dagegen thateu sie ihm keinerlei Unbill an. Freilich mußie er auf dem nackten Boden schlafen und auch niit dem Essen sah es schlimm genug aus; es war wenig und schlecht dazu. Aber es ging den Strolchen nicht besser als ihm. Das Fatalste war, daß sie ihm fort und fort mit dem Tode drohten, falls das Geld nicht käme, oder ein Versuch gemacht würde, ihn zu befreien. Ueber die Localität, in welcher er sich befunden, konnte er nur sehr ungenaue Angaben machen, denn er mußte eine zeillang mit verbundenen Augen marschiren, und als ihm die Binde wieder abgenommen worden, achtete er aus Angst wenig auf das, was ihn umgab.

Ich ersahre.soebeu, daß die T ü r k e i die Ex c k u t i v g e w a l t Serrano's anerkannt hat. Arisi Pascha wurde vom Sultan beauftragt, dem spanischen Vertreter in Konstantinopel mitzutheilen, daß die Pforte sich dem Vorgehen der anderen Kabinete in der spanischen Anerkennungsfrage anschließe. Man glossiri diese Nachricht von unterrichteter Seite mit der Bemerkung, daß Hussein- Avni-Pascha mit diesem Schritt nur eine Demonstration gegen Rußland ausführen wollte, was denn nicht unwahrscheinlich ist.

Die Kunstreiterin.

(Schluß.)

Tief bewegt trat er in sein Cabinet. Er war ein Anderer geworden. Er hatte bei seinem Nundgang durch die Fabrik in den Zügen eines Jeden eine ungetrübte Heiterkeit gelesen, während er früher oft Gelegenheit fand, sich über den Mißmuth und die Verdrossenheit seiner Arbeiter zu beklagen. Er sah ein, daß da­mals die Schuld nicht an den Leuten, sondern an der strengen, wegwerfenden Behandlung lag, er sah ferner ein, daß mit liebe­voller Nachsicht mehr ausgerichtet wurde, als mit rücksichtsloser Strenge. Und war er nicht zu streng gewesen gegen Moritz? Bildete diese Strenge nicht die Grundlage der Entfremdung zwischen ihm und seinem Sohne?

Er setzte sich in seinen Sessel und versank in Sinnen. Das Bild des Sohnes tauchte vor seinem Geiste auf, und neben diesem das Bild Derjenigen, die er betrogen, deren Lebensglück er vernichtet hatte. Er gedachte der Liebe, die er damals zu der Kunstreiterin im Herzen trug, er gedachte seiner ganzen trüben Vergangenheit, die nur wenige heitere Bilder ihm zeigen konnte. Da wurde leise die Thüre geöffnet. Frau Feldner trat ein und legte ihre Hand auf die Schulter ihres träumerisch aufblickenden Gatten.Bist Du zufrieden?" fragte sie.

O, gewiß," entgegnete Feldner lebhaft.Nur Eins be­trübt mich noch, daß ich nicht weiß, wem ich danken soll."

Und wenn er erschiene, wenn er vor Dich hinträte und sagte:Alles sei vergeben und vergessen!" würdest Du"

Mein Gott!" rief der Fabrikant, von seinem Sessel auf­springend.

Er thal's und seine Gattin bewog ihn dazu," fuhr Frau Feldner ruhig fort.Er kehrte zurück, nicht um eine Verzeihung