September schon zur Vollendung gelangen wird. Die Inschrift der Tafel lauiet: 'Am 13. «Juli 1874 wurde an dieser Stelle durch GotteS gnädige Fügung Seine Durchlaucht Fürst von Bismarck ans Morderhand errettet. Diese Gedenktafel widmet dem deutschen Volke die Stadtgemcinde Kissingen."
Bayreuth. 11. Aug. Man schreibt der „A. Z." : Die hiesige Kriminalrechtspflege hat heule einen jener schwierigen, weil jeden Anhaltes baren, Untersuchnngsfülle erhalten, welche geeignet sind, ebensosehr das grausige Interesse des Publikums wach zu erhalten, als die ganze Kraft und Schärfe ses Untersuchungsrichters herausznfordern. Am südlichen Slraßencnde der Stadt fand man bei Tagesgrauen den Rumpf eines augenscheinlich schon vor mehreren Tagen ermordeten Weibes, ihres Kopfes, der Arme und des untern Theiles der Beine beraubt und mit einem frisch gewaschenen Hemde bekleidet, Ivelchgs keinerlei Blutspnre» anf- wies. Es mußte also erst nach dem Morde oder vor der Ablagerung in unserer Stadt dem Leichnam übergezogen worden sein. Vorläufig fehlen alle Spuren der Tkäker oder des Thäiers solch grausenhafier Unthat, wie es auch unerklärlich erscheint, warum der Rumpf nicht auf offener Heerstraße abgelagert wurde, anstatt in den Wegen einer Stadt, welches immerhin ein offenes Auge auf den Verbringet? haben konnte.
Dresden, 11. Aug. Kaiser Wilhelm, welcher vorgestern durch Sachsen nach Berlin znrückreiste, fand überall auf allen Stationen eine festlich geschmückte Menge, welche seiner Vorübersahrt oder seines kurz bemessenen Aufenthalts harrte. In Neicheubach i. V. begrüßte der dortige Miliiärverein den Kaiser, der sich freundlichst mit einzelnen 'Mitgliedern desselben unterhielt und sein Bedauern darüber aussprach, dem Wunsche des Vereins, seiner Fahnenweihe beizuwohnen, nicht entsprechen zu können. Leipzigs Einwohnerschaft hatte sich zu Tausenden eingefnnden und tausendstimmiges Hoch bewies auch dem allver- ehrten Oberhaupte des deutschen Volkes, daß die deutsche Gesinnung, welche unsere erste Handelsstadt ziert, in unzeschwächler Kraft ihr erhalten geblieben.
Aus Pappenbürg, 2. Aug., wird dem „Hann. C." mitgetheilt, daß der dortige Club einen achtbaren Bürger der Stadt, der sich zur Aufnahme gemeldet, hat durchfallen lassen, „weil er Zeitungs Artikel schreibt." (Den armen Zeitungsschreibern sucht man doch allerorts eins aufznmutzen )
Berlin, l2. August. Die „Provinzial Correfponüenz" bestätigt, daß die deutsche Reichs-Regierung ihren Vertretern im Auslande mittelst eines Rundschreibens die Gründe entwickelt habe, aus denen die ungesäumte Anerkennung der Madiider Regierung zu befürworten sei, und bemerket diesbezüglich: Dem durch die Gräuel der Carlisten veranlaßten Vorgehen der Reichs Regierung liege jeder Gsdanke einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten Spaniens fern. Wenn die Regierung die bisherigen ossiciösen Beziehungen zu Spanien in ein regelmäßiges völkerrechtliches Verhältnis; umwandle, so gebe sie damit thatjäch- lich ihre Achtung vor der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit Spaniens kund. Das einmüthige Auftreten Europas werde eine moralische Wirkung ausüben, die geeignet wäre, die öffentliche Meinung zu beruhigen und die Aussichten auf Beendigung des Bürgerkrieges näherzurücken. — Die „Prov.-Corr." meldet ferner, daß der Kaiser sich Anfangs September nach Hannover begeben werde, um den Tanf-Feierlichkeileu für den jüngstgebornen Sohn des Prinzen Albrecht beiznwohneu und sodann Truppen-Mnste- rnngen abznhalten. Ende September wird der Kaiser nach Baden-Baden gehen. Fürst Bismarck gedenkt einige Tage in Berlin zu verweilen.
Wie die „N. Nach." hören, wird das Exerzier-Neglement der preußischen Artillerie jetzt auch bei der bayerischen eingeführt.
Der prenß. Jnstizminister hat, wie die „Magd. Ztg." schreibt, folgendes Reskript an die Oberstaatsanwälte zur Mit- theilnng an sämmtliche Beamte der Staatsanwaltschaft erlassen: Durch verschiedene Blätter der Tagespreise wird geflissentlich und in tendentiöser Weise die Behauptung verbreitet, das Attentat auf den Fürsten Bismarck sei simulirt, Kullmann sei das Werkzeug oder Opfer einer Jntrigue, welche darauf abziele, der ultramontanen Partei zu schaden und der Person des Fürsten neue Popularität zu verschaffen. Es e.scheint geboten, die Urheber solcher Verleumdungen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehe», und Ew. re. wollen deßhalb in Ihrem' Amtsbezirke die geeigneten Vorkehrungen treffen, um die strafrechtliche Verfolgung der Urheber und Theilnehmer solcher Verleumdung zu sichern. In Fällen, in denen nicht etwa mit der Verleumdung noch ein härter zu strafendes Vergehen konkurrirt, welches die strafrechtliche Verfolgung gebietet, werden wegen Einholung des Strafantrags die erforderlichen Anträge zu stellen sein.
Der Nedacleur der „Jngolst. Ztg." wurde am 6. d. aus Requisition des Untersuchungsrichters in Schweinfurt als Zeuge eidlich vernommen über eine in der „Jngolst. Ztg." gebrachte Notiz, ein jüdischer Handelsmann habe schon sechs Tage vor dem Attentat auf Bismarck erzählt: „Auf Bismark ist geschossen worden."
-Schwein fürt, 10. Aug. Aus „zuverläßiger Quelle" will die „Nürnb. Pr." gehört haben, daß dieser Tage vor dem vom Fürsten Bismarck bewohnten Hause zu Kissingen ein Individuum verhaftet wurde, das sich dort in verdächtiger Weise hernmgetrieben halte und mit einem Dolch versehen war. Es soll ein Schneidergeselle aus Sachsen sein. Näheres ist vis jetzt noch nicht bekannt.
Gotha. Die zu Aachen gegenwärtig stattfindende Reliquienverehrnng hat zu einer Zählung der überhaupt cxistiren- den Reliquien Anlaß gegeben. Von der Jungfrau Maria, der Mutier Gottes, gibt es 300 angeblich ächte Kleider und 530 Haarkämme. Zur Abwartnng des ChristnskindeS hätte sie, wenn man den katholischen Reliquienfammlern Glauben schenken wollte, nicht weniger als 400 Winseln zu verwenden gehabt. An Leichentüchern Christi finden sich mehr als 50 vor. Dein Kreuze aber, an welches Christus angenagelt gewesen sein soll und welches man im 4. Jahrhundert aufgefunden haben will, schiebt die fromme Sage die Kraft des Nachwachsens unter. Jeder gläubige Wallfahrer läßt sich ein Stückchen davon absplittcrn. Der Glaube vieler Menschen ist wirklich groß!
Es bestätigt sich, daß der ehemalige Paler Hyacinlh (Loysson) seine Pfarrstelle in Genf niedergelegi bat. Er soll hauptsächlich darüber unzufrieden sein, daß mau die Ohrenbeichte abgeschafft habe.
Es attentatelt jetzt auch in Oesterreich. Aus Lemberg erhält das „N. W. Tgbl." von „zuverlässiger Seite" unterm 6. August folgendes Telegramm: „Beim vorgestrigen Feld Manöver wurde in der Nähe des Erzherzogs Albrecht und des Stabes scharf geschossen. Der Landes-Commandieende Graf Neipperg verhängte deßhalb über zwei Regimenter Kaserncn-Arrcst."
'Aus der Schweiz, 8. August. Zn dem internationalen Post-Eongreß in Lern, welcher am 15. September zusammeulreteu soll, haben bis jetzt l5 Staaten ihre Vertreter bezeichnet, nämlich das deutsche Reich, Belgien, Niederlande, Großbritannien, Schweden und Norwegen, Rußland, Türkei, Rumänien, Serbien, Aegypten, Griechenland, Oesterreich-Ungarn, Portugal, Spanien und die Schweiz. Es stehen noch ans Dänemark, Italien, Frankreich und die Vereinigten Staaten; indessen ist sicher, daß Frankreich, welches zuerst Schwierigkeiten machte, ans dem Eongreß vertreten sein wird, und Italic» und die Vereinigten Staaten haben ihre Theilnahme schon früher zngesagt. Deutschland wird durch den GeoeralPost-Dircctor v. Stephan und den Postrath Günther vertreten sein. Der Eongreß wird sich fpcciell mit der Aufstellung eines einheitlichen Systems für die Transit Gebühren von Briefen, Drucksachen, Zeitungen und Waaren-Mustern beschäftigen und seine Beraihung au einen Vertrags-Entwurf des deutschen General-Post-Direktors v. Stephan anlehnen.
B r ü s s e l, 12. Aug. Die Ex-Marschallin Bazaine ist gestern in Spaa angekommen und erwartet ihren Mann morgen, Donnerstag. Die Zimmer waren seit 14 Tagen schon in demselben Hotel bestellt, wo die Kronprinzessin von Italien adgestiegen ist. Man iignalisirt die Anwesenheit mehrerer Bonapartisten in Spaa.
B r n s s e l,' 13. August. Bazaine soll hier in Brüssel sein. Bestätigung ist abznwarten. Sicher ist indeß, daß Frau Bazaine seit Wochen schon eine Wohnung in der Nne Luxembourg ge- miethet hat. (FE I )
Die radikalen Bläller feiern heute mit viel Phrasen-Gekiingcl den 02. Jahrestag der Erstürmung der Tuilerien, „deS thatsächlichcn und unwiderbringlichen Sturzes des König-- thnms" rc.
Der „Rappel" versichert, daß offiziell konstatirt worden sei, daß in den ersten sechs Monaten dieses Jahres in Paris 42 Personen buchstäblich Hungers gestorben seien.
Paris, 11. Ang. Die Flucht Bazaine's ist düs Tagesgespräch. Hier ist man ganz allein der Ansicht, daß seine Flucht von oben begünstigt worden sei, trotz der energischen Sprache des „Jonrnals Ofsiciell", welches sagt: „Die Regierung hat eine Untersuchung eingeleitel. Diejenigen, welche den Ausbruch des Exmarschalls veranstaltet oder erleichtert haben, werden streng bestraft werden. Die Negierung ist entschsossen, solche Akte nicht unbestraft zu lassen." Die Flucht ist für die Regierung ein unangenehmer Fall, zumal man argwohnt, Bazaine werde in bona- panistischen Unternehmungen eine Rolle spielen. Uebrigens kann man sich über das Ereignis; nicht zu sehr wundern: was Roche- fort recht ist, ist Bazaine billig.
Paris, 12. Aug. Bazaine entfloh auf einem Boot, tas an das Fort heranfnhr. Das Seil, an welchem er hinabglitt, trägt Blutspuren. Das Boot wurde ausgenommen von einem Dampfer, welcher zwischen Ventimiglia und Genua landete. Oberst Villette ist in dem Fort Nicolay bei Marseille intcrnirt. General Laoal, der mit der Untersuchung beauftragt wurde, ist nach St. Marqus'rite abgereist.
Paris, 12. Aug. Der Plan zur Flucht Bazaine's soll bereits 6 Wochen bestanden haben. Bazaine sei demselben anfangs abgeneigt gewesen und hätte erst zugestimmt, als der letzte Versuch seiner Frau, die Umwandlung seiner Gesängnißstrafe in