Hauthaler aus der Haft erfolgte auf Grund günstiger Zeugnisse seiner geistlichen Oberen, der österreichischen Behörden und seiner Heimats-Gemeinde. Es ist übrigens durch eidliches Zeugniß von Augenzeugen festgestellt worden, daß Haulhaler kurz vor dem Attentate mit Kulimann gesprochen hat

Kissingen, 20. Juli. Gestern und heutx ist kein Bulletin über das Befinden des Fürsten Bismarck erschienen. Dem Ver­nehmen nach schreitet die Besserung des Gesundheits-Zustandes des Fürsten in erfreulicher Weise fort. Derselbe empfing heuie den Staatsanwalt v. Tessendorf.

Dem Vernehmen nach hat der Präsident der französischen Republik einen direkten Glückwunsch an den Reichskanzler »ach Kissingen gesandt. Dergleichen sino solche eingetroffeu von der Kaiserin von Rußland, vom Sultan, Khedive Ebenso hat der Geschäftsträger der Vereinigten Staaten im Aufträge seiner Re­gierung der Freude des nordamerikanischen Volkes über das Miß­lingen des Attentats gegen das Leben des Fürsten Reichkanzler gegenüber dem Staatssekretär Ausdruck gegeben.

Das Telegramm, welches der deutsche Kaiser und der König von Bayern an den Fürsten Bismarck richteten, schloß mit den Worten:Mögen Sie Trost und Befriedigung finden im Rückblick auf eine ruhmvolle Vergangenheit, welche Ihnen, lieber Fürst, Buben zu Feinden, Männer zu Freunden gemacht hat."

Kullmann hört's hoffentlich nicht, daß seine geistlichen Väter in Neustadt-Magdeburg, Salzwedel, Berlin rc. und vor allem Ehren-Germania in Berlin mündlich und schriftlich erklären, er sei ein schlechter katholischer Geselle, habe nie oder wunderselten die Kirche besucht u. s. w.; sonst bekommen sie Händel mit ihm. Er selber bethencrt, er sei ein guter Katholik. Am Sonntag schon, sagte er, hätte ich Bismarck todtschießen können, aber ich habe bis Montags gewartet, um als guter Katholik den Sonntag nicht zu entweihen. (Das ist so recht bezeichnend für diese Sorte Christen; am Montage kann mau Jemand zu Ehren der Religion und der Kirche todtschießen, aber am Sonntag wäre es eine Sünde)

Berlin, 20. Juni. Am Sonnabend Abend haben auf telegraphische Weisung ans Kissingen Haussuchungen bei dem Geschäftsführer des Mainzer Katholikenvereins, Legationsrath v. Kehler, in dessen Wohnung und in seinem Arbeitszimmer im Radziwill'schen Palais, sowie bei dem Nedacteur derGermania", Cremcr, in Abwesenheit der beiden Genannten stattgesnnvnr. Bei Erstercm sind gegen 80 Schriftstücke, bei Letzterem nur einige Piecen in Beschlag genommen.

Berlin, 2l. Juli. Das Polizei-Präsidium hat heute de» katholischen Gesellen-Verein, den Bonisasius-Verein mit rmmtlichen zugehörigen Vereinen und den Pius Verein, sämmt- b hier, unter Hinweis ans die Verordnung über den Mißbrauch RereiiiSrechtes und auf die dort für Zuwiderhandlungen an- len Strafen vorläufig geschlossen. Auch -bei dem ehemali- ne obst Ramsczanowski haben Haussuchungen staltgefunden.

' Nordd. A. Z. schreibt: Bemerkenswerlh ist wohl, daß ler bereits am zweiten Tage nach dem Attentat anonyme riefe erhielt, die das Mißlingen bedaue.ru und te Versuche in Aussicht stellen. . . Aus Kissingen selbst eiter gemeldet, daß der Verbrecher Kullmann vor seiner ung nach Würzburg auf Ansuchen des Gerichts vom ,otographen Cronenberg aufgenommen worden ist. Referent .t eine Kopie seines Porträts gesehen, aus dessen Zügen indeß nichts Besonderes, als eine gewisse finstere Entschlossenheit heraus­zulesen ist. Die erste Photographie wurde von Herr Cronen­berg dem Fürsten Bismarck überreicht, andere Exemplare giengen sofort an den Kaiser und den Kronprinzen ab.

Straß bürg, 21. Juli. Heute Mittag verschied nach langem Leiden Professor Dr. Bruch, Nestor der hiesigen Uni­versität und früher erster Rector derselben.

Eine Frau Regierungsrath in Berlin bekam Fische von ihrem Sohn geschickt, rieb sie mit Salz ein und verletzte sich dabei durch eine Gräte an dem Ballen der Hand. Sie achtete es nicht, aber nach einer Stunde war der Arm geschwollen und wurde rasch dunkelschwarz; am folgenden Tage starb die Arme trotz aller ärztlichen Hilfe an Blutvergiftung. In Potsdam ritt ein Reiter (Soldat) zum Thor hinaus und tummelte sein Pferd in Wald und Haide. Eine Fliege, wahrscheinlich vom Aas kommend, stach ihn und sein Pferd und beide starben rasch an Blutvergiftung. «

Da noch immer viele Coburger Kassenscheine vom Jahre 1849 im Umlauf sind, so ist die Einzahlungsfrist noch­mals vom 1. Juli auf den 1. Oktober verlängert worden. Wer aber diese Frist wieder versäumt, der hat sich's selbst znzuschreiben, wenn seine Kassenscheine werthlos werden und höchstens zu Fidibussen verwendet werden können.

(Vom Scheintod erwacht.) Im städtischen Leichen­hause zu Gotha ist dieser Tage ein Kind, das an Starrkrampf gestorben sein sollte, erwacht und wurde auf sein Schreien von dem erst etwas furchtsam gewordenen Leichenwächter bald im Särglein ganz munter sitzend gefunden. Dasselbe sollte am Morgen begraben werden und ist nun auf wunderbare Weise den glück­

lichen Eitern zurückgegeben. Wenn es einen Tag später aus dem Scheintode aufgewacht unter wie schrecklichen Qualen würde es dem ewigen Schlafe sich haben in die Arme werfen müssen.

In altkatholischen Kreisen hat heute eine Nachricht einige Sensation erregt. Das östr. Ministerium hat nämlich die Maß­nahmen der untern Behörden, die dem altkatholischen Geistlichen in Warnsdorf die Vornahme geistlicher Funktionen untersagt, aufgehoben und demselben die Berechtigung hiezu zugestanden.

Das Attentat in Kissingen erregt in Ungarn un­geheure Sensation und hat vor der Hand selbst das Interesse in Bezug auf die inneren Verwicklungen des Landes in den Hintergrund gedrängt. Die Folgen, welche der Tod des großen deutschen Staatsmannes für Oesterreich-Ungarn nach sich gezogen hätte, werden lebhaft erörtert, und allgemein hört man wieder­holen. daß der plötzliche Tod des Reichskanzlers eine große Ge­fahr gewesen wäre für den Frieden Europas. Nur im Einver­nehmen mit dem Fürsten Bismarck ist Graf Andrassy im Stande, den reactionären Jntriguen und den gewissenlosen Agenten der Revanche-Politik die Stirn zu bieten. Ohne die Unterstützung des Reichskanzlers würde Graf Andrassy nur zu bald den Cleri- calen und Gaugrafen zum Opfer fallen. Das Attentat in Kis- singen, hörte man hier äussern, interessirt Ungarn beinahe so sehr wie Deutschland selbst.

Paris, 17. Juli. Die offiziösePresse" bestätigt, daß Matthieu Bodet (geheimer Bonaparlist) zum Finanzminister ernannt ist. Der Minister Decazes hat vo» Spanien eine längere Note wegen der Begünstigung der spanischen Karlisten durch die französischen Behörden, erhalten. Die Note weist mit Biterkeit darauf hin, daß dieser schreckliche Bürgerkrieg ohne französiche Unterstützung schon längst beendet sein würde; und macht zugleich Frankreich für alles Geschehene verantwortlich. Der offiziöseMoniteur" enthält einen Artikel, der darzuthun sucht, daß die Regierung nicht gegen die völkerrechtlichen Gesetze verstoßen habe, der Regierung aber doch den Rath gibt, weitere Maßregeln zu ergreifen und den bezüglichen Präfekten abzusetzen.

Versailles, 20. Juni. Nationalversammlung. Cissey, als Vice Präsident des Ministerrathes, zeigt die Ernennung Chabaud Lalour's zum Minister des Innern und Mathieu-Bodets zum Finanzminister an.

Magne, der seit dem 24. Mai 1873 ausgehalten hatte, besitzt nun in einem Alter von 66 Jahren nicht mehr die Kräfte, die ihm erlauben würden, die Bühne, von der er soeben ge­schieden, noch einmal zu betreten. Er hat sich immerhin einen bedeutenden Namen und zugleich ein, wie man sagt, kolossales Vermögen gemacht, mit dessen Verwaltung und Genuß er sich nunmehr beschäftigen wird.

Nach dem Gesetzesentwurf, betreffend die Verbesserung der Verlheidiguug der Ostgrenze, werden neue Festungswerke aufge­führt bei Verdun, Toul, Epinal, im Thale der obern Mosel, bei Belfort, Besanyon, Dijon, Chagny, Rheims, Epcrnay, Nogent an der Seine, Langrcs, Lyon, Grenoble, im Jserethal, bei Albert­ville, Chamouffet und Brian§on. Die Kosten hiefür sind auf 88,500,000 Francs veranschlagt.

Bei der am 17. in Vaucluse begangenen 500jährigen Gedächtnißfeier des Todestages Petrarcas hielt der italienische Gesandte, Ritter Nigra, eine längere Rede, worin er sagte: Italien ergreife mit besonderem Eifer die so natür­liche Gelegenheit, Frankreich seine herzlichsten Wünsche für die Fortdauer der zwischen beiden Ländern bestehenden Freundschaft zu übersenden. Dank dem Andenken Petrarcas wohnen wir dem schönsten Schauspiele bei, indem wir in demselben Gedanken zwei große Nationen vereinigt sehen, welche demselben Blute ent­stammen und durch dieselben Traditionen der Kunst und Literatur erzogen sind, Nationen, welche geschaffen sind, sich mit Liebe und Hochachtung zu begegnen, und zukünftig keinen Streit haben dürfen, als friedliche und fruchtbare Geisteskämpfe. Nigra schloß seine Rede, indem er den Gefühlen unwandelbarer Dankbarkeit Italiens und des Königs Viktor Emannel für die Theilnahme Frankreichs an der nationalen Befreiung Italiens Ausdruck gab.

Madrid, 19. Juli. Die Carlisten haben, laut officieller Mittheilung, Cuenca genommen. Die amtliche Zeitung veröffent­licht ein Decret, durch welches iu gqnz Spanien der Belagerungs­zustand eingeführt wird, ein zweites, welches die Beschlagnahme carlistischer Besitzungen verfügt, um daraus die Familien der füsilirten Offiziere und Soldaten entschädigen können, ein drittes, welches die außerordentliche Aushebung von 125,000 Mann bis bis zum 23. August anordnet.

Madrid, 20. Juli. Ein Decret der Regierung bestimmt, daß die Kriegsgerichte über Aufruhr, Verschwörung und Rebellion und in denjenigen Fällen das Urtheil zu sprechen haben, wenn die Delinquenten in der Zahl von Dreien oder mehr betroffen werden. Dasselbe stellt die Todesstrafe auf Unterbrechung der Eisenbahnen und Zerstörung der Telegraphenlinien.