Amtsblatt für deu Oberamtsbezirk Nagöld.

Nr. 75.

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Aiensjag den 30. Zum.

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Amtliches.

Nagold.

Amts-Versammlung.

Am nächsten Freitag den 3. Juli findet hier eine Amts- Versammlung statt, zu welcher die Ortsvorsteher und Amtsver- sammlungs-Deputirten nach dem Turnus 22 und zwar präcis 8 Uhr Morgens sich einzusiuden haben.

Zur Verhandlung kommen außer einigen unbedeutenden Ge­genständen :

1) Die/Publikation der halbjährigen Uebersicht über die Ein­nahmen und Ausgaben der Oberamtspflcge,

2) Berothung und Festsetzung des Amtspflege-Erats pro 1 874/75.

3) Feststellung der Amtsvergleichungskostcn pro 1873/74 und der Amtsvergleichungs-Taxen pro 1874/75,

4) die Abänderung des Landpostbotcn-Vcrtrags,

5) Definitivbcsetzung der Distrikts-Arztstelle in Altenstaig,

6) die Wahl

a) des Amtsversammlungs-Ausschnsses,

b) der Mitglieder der Obcramtswahl-Commission für etwaige Landlags-Abgeordnete-Wahlen,

e) von Sachverständigen für Hagelschadens-Abschätzungen, ll) des Bezirks-Ausschusses, welchem nach Art. 43 des Gesetzes vom 13. März 1868 die Auswahl für den Geschwor- nendienst, sowie die Wahl der Gerichtszeugen und der Schöffen obliegt.

Bei dieser Wahl haben die Obmänner der Bürger-Aus­schüsse sämmtlicher Gemeinden mitznwirkcn, welche sich deßhalb genau un» 8 Uhr Morgens gleichfalls in der Amtsversammlung einfinden wollen.

Die Ortsvorsteher wollen dieselben hievon in Kenntniß

setzen.

Den 28. Juni 1874

K- Oberamt. Güntner.

TageS-Reuigkeiten.

Stuttgart, 23. Juni. Im Herbst haben wir wieder den Besuch des deutschen Kronprinzen zu erwarten. Er kommt zu einem Divisionsmanöver, das von einem Theil unserer Truppen in der Umgegend von Heilbronn gehalten wird und wird in Heilbronn bei dem früheren Reichstagsabgeordneten Goppelt Wohnung nehmen. Herr Goppelt ist der erste der Heilbronner Grohßändler und gehörte 1848 dem Märzministerium an, woher ihm der Titel Staatsrath geblieben ist.

Stuttgart, 27. Juni. Gestern wurde Carl Obermann, welcher im März d. I. in der k. Grabkapelle auf dem Rothen­berg einen schweren Einbruch verübte, zu 9 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Nach Erstehung dieser Haft wird er noch 10 Jahre hindurch unter polizeiliche Aufsicht gestellt.

Kissingen, 27. Juni. Graf Herbert v. Bismarck, ältester Sohn des Fürsten Bismarck, ist hier angekommen und imHotel de Russie" abgestiegen, um für den Reichskanzler Wohnung zu bestellen.

Vergangenen Sonntag erstattete in Würzburg der Vor­stand des katholischen Reformvereins, Advokat Schmitt, welcher als Delegirter des Würzburger, sowie des Schweinfurter und Aschaffenburger Vereins der allkatholischen Synode zu Bonn beigewohnt hatte, in öffentlicher Versammlung Bericht. Er setzte auseinander, man habe auf der Synode als allgemeine Grund­sätze für Reformen festgestellt, daß solche dringend, allgemein ge­billigt und auch opportun sein müßten. Man habe sich daher auf die bekannten Beschlüsse über Abschaffung des Zwanges zur Ohrenbeichte, dann über Aufhebung des Fastengebors beschränkt, dagegen den Vorschlag wegen Aufhebung des Cölibats der Geistlichen vorläufig noch abgelehnt. Doch werde den von Bischof Reinkens geweihten Priestern das Versprechen der Ehelosigkeit schon jetzt nicht mehr abgenommen. Ueber die Einführung der deutschen Sprache beim ganzen Kultus sei alles einverstanden gewesen, doch habe dies sich nicht sofort ausführen lassen, da es nicht blos einer Uebersetzung, sondern auch einer Musterung der lateinischen Kirchcngebete bedürfe. Mit diesem Ergebnisse der

ersten Synove könne man nm so mehr zufrieden sein, als es erst der Anfang der Reformen sei. Ueber das Endziel derselben könne man sich nicht täuschen, wenn man erwäge, daß die Hauptauf­gabe der Bewegung die Wiedervereinigung der christlichen Kon­fessionen sei, und folglich nur dasjenige als verbindlich festgestelll werden könne, was allen gemeinsam sei, daß ferner der Wahl­spruch des Bischofs Reinkens laute:Was nicht aus Ucberzeugung geschieht, ist Sünde," und folglich die Gewissensfreiheit gewahrt bleiben werde.

In einem Walde bei Straubing wurden zwei zufällig des Weges daherkommende Gendarmen auf ein leises Wimmern aufmerksam, sic schritten auf das gleichsam gurgelnde Geräusch zu, sahen einen jungen Burschen davon lausen und einen (jähri­gen) Knaben an einem Fichtenbaume hängen. Der arme Junge war schon dunkelblau im Gesicht und wurde rasch abgeschnitten und gerettet; der Entlaufene, ein verkommener Bauernbursche, hatte ihn aufgehängt; er ist bereits verhaftet und geständig. Sein Vater, ein braver Mann, ist Vormund und Verpfleger des armen Kindes.

Berlin, 25. Juni. Die Bundesausschüsse für Handel, Verkehr und Rechnungswesen beantragen auf Grund des Art. 13. des Münzgesetzes ein Verbot, wonach die östreichisch-ungarischen und die ungarischen Viertel gülden stücke fortan weder in Zahlung gegeben, noch genommen werden dürfen.

Die Einkünfte des Fürsten Pu tbu s werden auf höchstens 150,000 Thlr. jährlich veranschlagt. Es ist daher unbillig, ihm das Streben nach einem kleinen Nebenverdienst zum Vorwurf machen zu wollen.

Fulda, 26. Juni. Die Bischofsconferenz verhandelte am heutigen zweiten Berathungstage gutem Vernehmen nach darüber, welche Kirchengesetze bedingt oder unbedingt angenommen werden können. Ueber gefaßte Beschlüsse verlautet nichts.

Aus derPredigt", welche Bischof Ketteler bei Gelegen­heit eines Ausfluges des Mainzer Katholikenvereins nach der Nochuskapelle bei Bingen hielt nebenbei bemerkt, war die Predigt" so politisch, daß der Bischof seine Bravo rufenden Zuhörer speziell darauf aufmerksam machen mußte, daß erpredige" ist das interessante Diktum Ketteler's zu erwähnen, der Rhein sei nicht ein deutscher, sondern ein katholischer Strom. Auf derselben Höhe der Anschauung bewegte sich Redakteur Cremer von derGermania", welcher einkatholisches Neichsministerium" verlangte und seine Zuhörer auf die Zeit vertröstete, wo es im Reichstage nur noch eine Zentrumsfraktion geben und die ganze übrigeBande" den Platz geräumt haben werde.

Hannover, 23. Juni. König Georg scheint ernstlich erkrankt zu sein, denn die welfischeDeutsche Dolks-Ztg." schreibt: Neuere Nachrichten über das Befinden Sr. Majestät des Königs Georg V. lauten leider minder befriedigend. Hoffen und bitten wir zu Gott, daß der erlauchte königliche Herr recht bald ver Genesung wieder zugesührt werden möge!"

Aus Deutsch-Lothringen, 23. Juni, schreibt man der Karlsr. Ztg": Man wird sich des Falles mit dem Fuhrmanne Fritz aus Wintersburg, Canton Pfalzburg, erinnern, der von Franctireurs ermordet wurde. Den Hinterbliebenen des Er­mordeten, seinen drei Kindern, ist ganz kürzlich der von der französischen Regierung gewährte Entschädigungs-Betrag von 8000 Franken zu gleichen Theilen durch die Landes-Haupl-Cafse ausgezahlt worden.

In Falkenau in Böhmen sind am 23 Juni Vormittag? 120 Häuser eine Beute der Flammen geworden. Nachmittags 5 Uhr wurde man Herr des Feuers, das Morgens 10 Uhr be­gonnen hatte.

Paris, 25. Juni. DerSiecle" veröffentlicht eine na­mentliche Statistik, aus welcher hervorgeht, daß von den 91 Präfecten der französischen Republik 40 und von 273 Unter- Präfecten und General-Secretären der Präfecturcn 143 dem Kaiserreich gedient und nahe gestanden haben. Alle diese Beamten sind erst seit dem 24. Mai 1873 ernannt worden. So viel nur von der politischen Verwaltung; in der Armee und in den Finanzen ist der Procent-Satz ein noch viel stärkerer.Kein