Der Günstling des Glücks.

(Zorisetzung.j

Er antwortete aus die hergebrachten Fragen nach Aller, Namen, Beruf mir festem Tone, so daß keins feiner Worte ver­loren ging. Als er aber gefragt wurde, was er am Abend des vierten Mai gemacht, zeigte sich einige Aufregung rn seiner Stimme und er zögerte einige wenn auch nur kurze Zeit mit der Antwort.

,,Jch hatte den Abend bei einer mir verwandten Person verbracht," sagte er dann mit Auflegung,und haue meinen Bruder bis zur Thür seiner Wohnung begleitet, doch da es noch nicht spät war, entschloß ich mich, nach den, Clubb zucückzukehrcu, den ich gewöhnlich besuchte, und btied dort ein paar Stunden."

Um wie viel Uhr verließen Sie den Elubb?"

Gegen Mitternacht."

Begegneten Sie Niemanden auf Ihrem Wege nach Hause?"

Ich begegnete HerrnSchlesinger. Er redete mich an der Ecke der Straße an und fragte mich, ob ich nicht eine Brieftasche gefunden, die er soeben verloren habe. Ich verneinte es und setzte meinen Weg fort."

Sie geben also zu, daß Sie nach Herrn Schlesinger den Ort betreten haben, wo ihm seine Brieftasche entfallen ist?"

Ich begegnete Herrn Schlesinger, der sehr eilig in die Straße einbog, aus welcher ich kam. Ob er vorher dort ge­wesen, weiß ich nicht. Er behauptete es, doch können andere Personen vor mir die Straße passim haben."

In jener Straße, wo Ihr Clubbhause liegt, hat Herr Schlesinger wirklich seine Brieftasche verloren. Auch er Hai sie dort wieder gesunden, nur war eine Summe von 5000 Thalern, die darin gewesen, verschwunden. Wie erklären Sie den Um­stand, daß ein Handschuh, der bei der leeren Brieftasche lag, genau zu einem andern Handschuh paßt, der am nächsten Morgen bei Ihnen vorgefunden wurde?"

Ich versuche nicht, ihn zu erklären. Dieser Umstand scheint mir ohne Gewicht zu sein. Biele Personen tragen Hand­schuhe von derselben Größe und Farbe, und ich hatte eure so große Auswahl von Handschuhen aller Art vorrälhig, daß wohl einer oder der andere«izn dem gefundenen passen konnte. Wenn ich übrigens wirklich meinen Handschuh fallen gelassen hätte, wie Schlesinger seine Brieftasche, so würde dies immer noch kein Be­weis sei», daß ich mich an der Stelle noch länger aufgehalten."

Aber dieser Briefumschlag, der ebenfalls unter Ihren Papieren gefunden wurde und der die Adresse des Herrn Schlesinger trägt, wie erklären Sie es, daß er zu Ihnen gekom­men, und wie erklären Sie den merkwürdigen Umstand, daß nach der Angabe des Herrn Schlesinger ein ähnlicher Umschlag die Bankbilleis enthielt, die aus der Brieftasche verschwunden sind?"

Ich selbst bin von diesem Umstand sehr überrascht ge­wesen und ich vermag mir die Art, wie dies Papier mir zuge­kommen, nicht anders zu erklären, als daß irgend ein mit Herrn Schlesinger in Geschäftsverbindung stehender Kaufmann irgend einen kleinen Toiletten- oder Schmuckgegenstand, den ich von ihm gekauft, darin eingewickelt hat."

Das ist sehr unwahrscheinlich, denn der Umschlag hatte ein erbrochenes Siegel und war offenbar Dem zugekommen, dessen Adresse er trug. Wir werden noch beim Zeugenverhör auf diesen Umstand zurückkommen. Doch ehe dies geschieht, erklären Sie sich darüber, ob Sie auch in letzter Zeit in Ihrem Clubb gespielt und ob Sie beträchtliche Summen verloren haben?"

Es ist wahr, ich habe mich verleiten lassen, hoch zu spielen. Aber alle meine Spielschulden sind vor Ende April be­zahlt und man kann mir nicht beweisen, daß ich nach diesem Zeitpunkte noch welche gehabt hätte."

Es ist indeß bewiesen, daß die Anlehen, die Sie vor jenem Zeitpunkt gemacht und die Ihr Bermögen in Verwirrung brachten, Ihnen noch nicht genügten. Denn gerade am 4. Mai versuchten Sie, eine Summe zu leihen, deren Betrag Sie nicht nannten, obwohl Sic zugaben, dieselbe sei sehr bedeutend. Die Person, an die Sie sich wandten, wies Sie ab und Sie wurden dadurch so aufgeregt, daß Sie äußerten, diese Weigerung würde Sie in Verzweiflung stürzen."

»Ich sah in diesem Augenblick die Nothwendigkeit großer Ausgaben voraus und ich war durch den Ton, mit dem man mich abwies, verletzt. Die Schulden, die mein Vermögen be­lasteten, erschöpften es keineswegs, wie man fälschlich verbreitet hat, und würden durch Einschränkungen in wenigen Jahren ge­deckt worden sein."

Der Präsiden! stellte noch zwei oder drei unbedeutende Fragen an Ferdinand, ehe er das Verhör schloß, das auf die Zuhörer eine sehr verschiedene Wirkung uusübte. Die Einen waren erstaunt, daß man auf so schwache Bezichtigungen hin einen Man» wie Sauden verhaftet habe. Die Andern waren bcnnrnhigt und überrascht dadurch, daß er die Anklagen nicht sieg­reich widerlegt. Der Angeklagte selbst schien von einer Last erleichtert. Sein Gesicht wurde ruhiger und seine Wangen färbten sich mit leichter Röche.

Herr Schlesinger ward jetzt gerufen. Er erzählte, daß er spät aus seinem Hanse gekommen sei, wo man ihm 5000 Thaler bezahlt habe, daß er in der Absicht, seine Brieftasche in die Tasche zu stecken, sie daneben habe fallen lassen. Als er bald darauf seinen Verlust bemerkt, sei er eiligst umgekehrt und da er Herr Sauden an der Ecke der Straße bemerkt, habe er ihn angeredct und gefragt, ob er nicht die verlorene Brieftasche gefunden. Er legte großes Gewicht darauf, daß Sandeu sicht­lich aufgeregt gewesen sei und, nachdem er verneinend geant­wortet, sich schnell entfernt habe. Indeß dieser Umstand sei ihm »och nicht so sehr aufgefallen, wohl über sei er auf's Höchste überrascht gewesen, als er neben seiner leeren Brieflasche einen Handschuh gefunden und sich dabei erinnert habe, daß Herr Sanden an der einen Hand keinen Handschuh gehabt. Am frühen Morgen gleich sei er zum Staatsanwalt gegangen, habe diesem seine Verdachtsgründe mitgetheilt und nicht ohne Mühe es erreicht, daß eine Haussuchung bei Sauden eingelcitet worden.

Hierauf wurde der Staatsanwalt selbst als Zeuge vernommen. Er erklärte, daß der Verdacht Schlesinger's 'Anfangs ihm ganz unsinnig erschienen sei und daß er endlich nur die Haussuchung angeordnet habe, um die Grundlosigkeit derselben überzeugend darzuthun.

Herr Schlesinger," fuhr der Staatsanwalt fort,schien höchst erfreut über meinen Entschuß, und wir kamen überein, daß wir zu einer bestimmten Stunde bei Herrn Sanden zusammen- treffen wollten. Ob ich mich nun zu sehr beeilt oder Herr Schlesinger gezögert hatte, ich kam vor ihm an und wurde in das Zimmer des Herrn Sanden geführt. Dieser Umstand war mir einigermaßen störend, denn ich konnte die Ursache meines Besuchs füglich nicht vor der Ankunft Schlesinger's angeben, der ohnehin meine Unparteilichkeit zu bezweiseln schien. Nichtsdesto­weniger trat ich ein und ich ward durch die entstellten Züge des Herrn Sanden sichtlich überrascht. Bald zeigte er eine tiefe Niedergeschlagenheit, bald eine fieberhafte Aufregung. Sein Be­nehmen war ganz verwandelt und ich glaubte beim Eintritt zu bemerken, daß er bei Nennnug meines Namens zitterte. Doch meine Ueberraschung verwandelte sich in Bestürzung, als ich, mich im Zimmer umsehend, diesen Briefumschlag mit der Adresse des Herrn Schlesinger auf dem Tische neben einem Handschuh liegen sah, dessen Farbe und Aussehen ganz und gar demjenigen ent­sprach, den mir Schlesinger gezeigt. In diesem Augenblicke meldete man Letzteren. Herr Sande», den ich fest anblickte, wurde todtenbleich und zitterte dergestalt, daß er sich an dem Marmor des Kamins halten mußte, um nicht umzusinken.

(Fortsetzung folgt.)

Der Rechenschaftsbericht der Le b en s v erst ch er u n g s- L Ersparniß- Bank in Stuttgart pro 1873 ist erschienen. Lautdem- selben ist die schwere Krisis, welche über die Börsen hereinbrach und welche auch den weiteren geschäftlichen Verkehr so wesentlich beeinträchtigte, auf diese Bank nicht nur ohne allen nachtheiligcn Einfluß geblieben, sondern dieselbe hatte sich vielmehr eines Zu­gangs an neuen Versicherungen in einem Maaße zu erfreuen, das alle bisherigen Jahrgänge übertraf. Ebenso hat der mit der Bank verbundene Capilalisten-Vercin durch neue Einlagen einen ganz ungewöhnlich starken Zuwachs erfahren.

Auch die Rechnungs-Ergebnisse der beiden Institute sind äußerst günstig ausgefallen.

In der Versicherungsbrauche sind 3081 Anträge mit fl. 7,817,984. eingegangen, wovon 2663 Anträge mit fl. 6,382,078 berücksichtigt werden konnten; nach Abrechnung deS Abgangs durch Tod und Löschung hob sich der Versicherungsstand von 22,276 Policen für 20,340 Personen mit fl. 41,739,673. auf 24.249 22.091 ., ., 46,933,346.

Die Prämieneinnahme stieg von fl. 1,394,386. auf fl. 1,574,979.

Nachdem für das Deckungscapital (Prämienreserve) die rechnungsmäßige Zuschreibung gemacht und solches einschließlich der Ueberträge bei den beiden Versicherungsbranchen von fl. 5,703,500. aus fl. 6,593,601. erhöht, bezw. um fl. 890,101. vermehrt ist, und für die im Jahre 1873 eingetretenen 232 Sterbsälle fl. 411,002. 28. in Rechnung gestellt sind rc., verbleibt der Lebensversicherungsbranche für das Jahr 1873 ein reiner Ueberschuß von fl. 526,496. 11. ^ 39,8 °o der Prämie und den Altersoersicherten ein solcher von fl. 7,677. 9.

Der sehr günstige Abschluß des vorigen Jahres, welcher 39.«°» ergab, wurde sonach durch das Jahr 1873 sogar noch übertroffe».

Der Dividendenfonds der Lebensversicherten hat dadurch pr. 31. Dez. 1873 die Höhe von fl. 1,914.536. 41. erlangt. Dies entspricht einer Durchschnittsdividende von 37,r°/s und kommen demgemäß in dem nächsten Dividendenjahr vom 1. Juli 1874 bis 30. Juni 1875 37 Proceut unter die in diesem Jahr zum Dividendeubezug berechtigtigteu Versicherten nach Maß­gabe ihrer Prämien je am Fälligkeitstermin zur Vertheilung. Vom 1. Jan. bis 30. Juni d. I. beträgt die Dividendenaus­zahlung 36 °,o der Prämie fl. 198,063. 43. und vom 1. Juli