übersteigt, werden zwei Dnttheile des überschießenden Betrages aus der Reichskasse als ein Vorschuß überwiesen. Bis auf Höhe dieses Borschusscs ist der Reichskanzler ermächtigt, Reichs- kassenjcheine über den im §. 1 angegebenen Betrag hinaus an- fertigen zu lasse» und in Umlauf zu setzen. Ueber die Art der Tilgung dieses Vorschusses wird gleichzeitig mit der Ordnung des Zettelbankwesens Bestimmung getroffen. In Ermangelung einer solchen Bestimmung hat die Rückzahlung des Vorschusses innerhalb 15 Jahren in gleichen Jahresraten zu erfolgen. Die auf den Vorschuß eingehenden Rückzahlungen sind znr Tilgung eines gleichen Betrages von Reichskassenscheineu zn verwenden. Hier liegt eine große Anzahl Amendements vor. Bei der Ab­stimmung wird §. 1 mit der einzigen Aenderung der 25 Mark in 20 Mark vom Hanse genehmigt; alle andern Amendements werden abgelehnt. §. 2 wird nach kurzer Debatte angenommen. Bei 3 werden fämmtliche Amendemenle mit Ausnahme eines von B e n d a gestellten, von Staatsminister Delbrück für annehm­bar erklärten, abgelehnt, so daß der 8 3 nunmehr lautet:Den­jenigen Staaten, deren Papiergeld den ihnen nach §. l zu über­weisenden Betrag von Reichskassenscheinen übersteigt, werden zwei Drittheile des überschießenden Betrages aus der Reichskasse als ein Vorschuß überwiesen und zwar, soweit die Bestände der letzteren es gestatten, in baarcm Gelde, soweit sie es nicht gestalten, in Reichskassenscheinen. Der Reichskanzler wird zu diesem Zwecke ermächtigt, Reichskassenscheine über den im 8- 1 angegebenen Be­trag hinaus bis auf die Höhe des geleisteten Vorschusses an­fertigen zu lassen und soweit als möglich in Umlauf zu setzen. Ueber die Art der Tilgung dieses Vorschusses wird gleichzeitig mit der Ordnung des Zettelbankwesens Bestimmung getroffen- In Ermangelung einer solchen Bestimmung hat die Rückzahlung des Vorschusses innerhalb 15 Jahren vom 1. Januar 1876 an gerechnet, in gleichen Jahresrenten zu erfolgen. Die auf den Vorschuß eingehenden Rückzahlungen sind zunächst zur Einziehung der nach vorstehenden Bestimmungen ausgefertigtcn Reichskassen­scheine zu verwenden." Die übrigen M. werden nach dem Re­gierungsentwurf angenommen.

Berlin, 20. April. Der Reichstag nahm in seiner heuti­gen Sitzung den Nachtragsetat für 1874 in dritter Lesung ohne Debatte an. Bei der darauf folgenden dritten Lesung des Mi- iitärgesetzes wurde dasselbe bei namentlicher Schlußabstimmung mit 214 gegen 123 Stimmen angenommen. Nächste Sitzung morgen Aus der Tagesordnung steht die Berathung des Kirchen­diener- und des Preßgesetzes.

Berlin, 2l. April. Die nat.-lib. Partei nahm gestern Abend die wesentliche Grundlage der Vorschläge der freien Kom­mission über das G e i st l i ch e n-G e se tz an: Ein Geistlicher, der von Maßregeln betroffen wird und leugnet, daß er die Hand­lungen, wegen welcher er beschuldigt ist, begangen habe, soll auf den kirchlichen Gerichtshof zur Prüfung seiner Aussage rekurriren können. Wegen Fassung des Amendements wird noch zwischen den Fraktionen verhandelt.

(Dem Papa Wränget) hat der BerlinerUlk" zum 00. Geburtstag sehr lustig gratulirt, nämlich so: So viel Schlach­ten Du geschlagen, So viel Orden Du getragen, So viel Pferde Du geritten, So viel Hurrahs Du erlitten, So viel Schwerter Du geschliffen, So viel Backen Du gekniffen, So viel Toaste Du gered'i hast, So viel Worte Du verdreht hast, So viel Kinder Du geküßt hast, So viel Damens Du gegrüßt hast, So viel Bibeln Du verschenkt hast, So viel Dativs Du gekränkt hast, mich gebrauchend anstatt mir So viel Grüße send' ich Dir.

Paderborn, 14. April. Gestern präsentirte sich eine Deputation von zwanzig adeligen Damen dem Bischof; die Spreche­rin, Maria Freifrau v. Brenken, erneuerte im Namen aller An­wesenden das seierliche Versprechen unverbrüchlicher Treue und unwandelbarer Anhänglichkeit an den apostolischen Stuhl und an den einzig rechtmäßigen, von Gott bestellten Qberhirten.

Melsungen, 18. Avril. Dem abgesetzten Pfarrer und Metropolitan Vilmar ist bekanntlich Seitens des Consistoriums verboten worden, innerhalb des Consistorial-Bezirks geistliche Amtshandlungen vorzuuchmen, namentlich aber das Abendmahl zu reichen. Um nun allen Unannehmlichkeiten vorzubeugen, ist der fromme Hirt ans ein besonderes Mittel verfallen. Bei dem altniederhessischen" Gottesdienste im hiesigen Missionshause sollte kürzlich auch das Abeudmakl von demrechtmäßigen und berufenen" Pfarrer, also von Vilmar selbst, gespendet werden. Dieser fürchtete jedoch Verralh und legte daher vor Beginn des Gottesdienstes einem jeden Theiluehmer ein Stücklein von ihm (Vilmar) consecrirten Brodes auf dessen Platz, während er den geweihten Wein in einem Gefässe in eine Ecke stellte. Die frommen Zuhörer der Viimar'schen Predigt aßen nun das ihnen vorge- legie Brod und tranken nach einander aus dem Kelche den Wein. Vilmar aber glaubt, durch diese Manipnlaion zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und das an ihn ergangene Verbot beobachtet zu haben, eine reservatio mentalis, die mehr heiter als kühn ist.

Wien, 18. April. DerVolksfreund" enthält heute als 'Nachtrag folgende Nachricht:Einer uns soeben aus Rom zu- gekommenen Miltheilung zufolge lautet die Antwort des Kaisers an Se. Heiligkeit wirklich mild und liebensvoll; zwar gesteht L>e. Majestät, daß er die konfessionellen Gesetze sanktioniren muß, weil es der ausgesprochene Wille des Parlaments sei, er fügt aber diesen Worten Zusicherungen hinzu, welche die Bitterkeit dieses Ereignisses milder». Auf Se. Heiligkeit machte der Brief einen mildernden und günstigen Eindruck."

Wien, 20. April. DieMontags-Revue" meldet: Die confessionelle Commission des Herrenhauses hat das Gesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche nunmehr in der Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen.

Bern, 20. April. Bei der gestrigen Abstimmung über die Annahme der Bnndesrevision stimmten nach dem jetzt be­kannten Gesammtresultat mit Ja, Hz mit Nein. In der Ab­stimmung der Stände haben 14'/s Cantone für, 7',s Cantone gegen die Annahme gestimmt. Bei den Wahlen zum großen Rath im Canto» Neuenbürg wurden 90 Radicale und 11 Con- servalive gewählt In der Stadt Bern sind die Konservativen vollständig durchgefallen. Auf dem Lande sind die Wahlen zum Großen Rath meist liberal ausgefallen.

Bern, 21. April. Der Bundesrath hat aus Washington, Rom, Frankfurt a. M., Stuttgart, Bremen und anderen Städten telegraphische Beglückwünschungen zur Annahme der Bundesre­vision erhalten.

Daß die französischen Staatsfinanzen noch nicht vollständig gestohlen oder ermorde« worden sind, ist ein wahres Wunder, größer als das der Jungfrau von Lourdes. Es hat sich näm­lich herausgestelll, daß in dem Finanzministerium in Paris nicht weniger als 37 ehemalige Galeerensträflinge angestellt sind.

London, 20 April. Einem Telegramme derTimes" aus Calcutta vom 19. zufolge fanden dortselbst zwei große Feuersbrünste statt, die sich aus zwei englische Meilen erstreckten. Sehr bedeutende Quantitäten Getreide, die zur Verwendung für die Bezirke bestimmt waren, in denen Hungersnoth herrscht, sind zerstört worden. Das Werk der Unterstützung ist dadurch sehr erschwert und die Noch im Steigen.

Die Leiche L i v i n g st o n e's wurde Samstag Nachmittag unter großer Theilnahme des Publikums in der Westminster- Abtei feierlich beigejetzt. Eine unabsehbare Reihe von Equipagen, darunter die der Königin und des Prinzen von Wales, folgte dem Leichenzuge, dessen Ausgangspunkt das Gebäude der königl. geographischen Gesellschaft war. Unter den Anwesenden bemerkte man auch den deutschen Botschafter, Graf Münster.

Madrid, 18. April. Ein Brief aus Bilbao meldet, es sei noch Proviant für einige Zeit vorräthig. Ihre Auffassung der Lage in Spanien kennzeichnet dieGermania" durch folgen­den Satz in ihrer Wochenrundschau:Endlich ist die erste Aner­kennung Don Karlos' als König erfolgt, und zwar von Seiten des h. Vaters in einem die Königin zu ihrer Entbindung be­glückwünschenden Schreiben. Noch ein entscheidender Waffener- solg, und die widerwilligen revolutionärenliberalen" Regierungen Enropa's werden diesem Beispiele folgen müssen.

Ein Telegramm derTimes" aus S an Länder vom 17. d. M. meldet: Die Regierung ist znr Fortsetzung des Kampfes gegen die Karlisten fest entschlossen und läßt jeden Gedanken an eine Unterhandlung dementiren. Die Gouverneure der Provinzen sind angewiesen, jede alphonistische Propaganda ganz energisch zu unterdrücken. Admiral Topete ist nach Erledigung des Aus­gleichsversuchs mit den Madrider Ministern in Somorrosto ein- getroffen. Die Differenzen sind beigelegt. Zuerst soll Bilbao entsetzt werden und sind deßhalb 12,000 Mann unter Befehl des Generals Concha von Santander abgegangcn. Von andern Theileu Spaniens marschiren 12,000 Mann, um sich mit der Abtheilung Concha's zu vereinigen.

Figueras, 18. April. DerAgence Havas" wird von hier telegraphirt: Die Regierungstruppen nahmen den General­stab Saballs nahe bei Vich gefangen. Saballs und andere Carlistenführer flüchteten über die französische Grenze.

Allerlei.

Fraue»- Schönheitsmittel. Wir schmeicheln uns den Dank unserer Leserinnen zu verdienen, indem wir ihnen folgende, einer medicinischen Zeitschrift entnommene Schönheits­mittel mittheilen: Die Frauen dürfen nie vergessen, des Morgens sich mit reinem Wasser zu waschen; sie müssen sorgfältig alle plötzlichen Gemüthsbewegungen unterdrücken und vorzüglich den Neid, der dem Gesichte eine häßliche gelbliche Blässe gibt; auch die Mäßigkeit darf nicht von ihnen überschritten werden, wollen sie sich nicht mit jenen unangenehmen Bläschen und Pusteln be­straft sehen, die zuletzt das Gesicht verkupfern. Wie Gift müssen sie die Schminke meiden; eine mäßige Bewegung wird auf na­türlichem Wege ihren Wangen das Roth verleihen, das keine Kunst nachzuahmen vermag. Ungezwungenheit, Unschuld und