und gegenüber der Deutschland stets drohenden Gefahr doch gar zu kleinlich und unwürdig.

Man ist schon der Erwägung nahe getreten, in welcher Weise eine ausreichende Stellvertretung für den Reichs­kanzler zu schaffen sei. Von einer Seite will man wissen, daß die Ernennung eines bis zu einem gewissen Grade selbst­ständigen VicekanzlerS erwogen werde, für welchen Posten man den preußischen stellvertretenden Ministerpräsidenten Camp­hausen ins Auge gefaßt habe. Von einer andern Seite hört man den Namen des Grafen Münster, jetzige» Botschafters des Deutschen Reiches in London, nennen, ohne daß über die Art und Weise, wie er für den Fürsten Bismarck eveut. eiuzu- treien habe, näheres angegeben würde.

Es ist von Interesse, zu beobachten, wie das Verhältuiß, in welchem der Avel in den einzelnen Fractioneu des deutschen Reichstags vertreten ist, zusehends wächst, je weiter man von links nach rechts schreitet. Auf der äußersten Lutten, unter Len 9 Social-Demokraten gibt eS keine» Adeligen, dagegen zählt die Fortschritts-Partei unter 49 Mitgliedern schon 4 Adelige --- '/>», die national liberale l61 gar schon 26 >«. Bei dem Centrum wächst das Verhältuiß schon ganz bedeutend, unter seinen 94 Mitgliedern sind 41 Adelige. Von den 31 Frei- Conservativen sind 23 adelig, und bei den eigentlichen Conser- vativeu verschwindet das bürgerliche Verhältuiß fa,i ganz, von ihren 21 Abgeordneten sind 19 adelig. Unter den Polen be­findet sich nur eilt einziger Bürgerlicher.

Aus einer der Commission vorgeiegleu Berechnung des jährlichen R e k r u ten-B ed a r fs des deutschen Heeres geht her­vor, daß für die Infanterie in Preußen 68,790, in Bauern 11,020, in Sachsen 66 !0, in Württemberg 4200, im Ganzen also 89,620 Rekruten erforderlich sind. Die Cavallerie des deutschen Heeres bedarf 16,740, die Feld-Artillerie 9000, die Fuß-Artillerie 4786, die Piouire und Eisenbahutruppen 3040, der Train 3160, die Oekonomic-Handwerker 3776 Rekruten. Danach beträgt das jährliche Rekrutcn-Contingeut deS Heeres 130,000 Manu; dazu kommen etwa 10 pCt. Nachersatz: 13,000 Manu; das Rekruteu- Comingent der Marine beträgt 2600 Manu, mkhin beträgt der jährliche Bedarf für Heer und Marine 146,000 Rekruten.

In der Provinz Hessen-Nassau wurde eine G u t s p äch t e ri u, eine schöne, schlanke Blondine, von einem 'Mädchen entbunden, dessen Körper zum dritten Theil pechschwarz war, während die übrigen Theile mit Tigerflecken überzogen waren. Auch der Vater ist blond. Das gefleckte Kind starb aber schon nach einigen Wochen. Ein Versehen soll nicht statlgefuuden haben.

Ans Schleswig, 4. April. Morgen ist der 26jährige Jahrestag des siegreichen Gefechtes bei Eckernförde. Am 6. April 1849 wurde bei Eckernförde die dänische Flottille durch zwei holsteinische Strandbalterieu und eine uns säuische Feldbatterie besiegt. Das Linienschiff Christian VIll. mit 84 Kanonen schwersten Kalibers flog in die Luft und die Fregatte Gefion mit 48 Kanonen wurde genommen. Der Kampf geschah mir 16 deutschen Geschützen gegen 148 dänische. Von den noch lebenden nassauischeu Kanonireu wurde der Jubiläumstag in Limburg a. d. Lahn gefeiert.

Varis, 8. April.Temps" pnblizirt den Wortlaut einer Depesche Beust's vom 20. Juli 1870, sagend:Wir werden die Sache Frankreichs für die uuserige anseheu uns werden zu den Erfolgen seiner Armeen in den durch die Möglichkeit ge­botenen Grenzen beitragen." Beust koustatirt sodann, daß Ruß­land an der Allianz mit Preußen festhalle, und daß die Inter­vention Oesterreichs eine sofortige Intervention Rußlands her- beiführen würde. Beust acceptirt schließlich die vorgeschlagene Basis einer Verständigung mit Italien als Ausgangspunkt einer gemeinsamen Aktion.

Im Laufe dieses Monats kommt der Vizekönig von Egypten nach Paris. In Versailles trifft man großartige Vorbereitungen zu einem Feste, mit dem der Gast geehrt wer­den soll.

Aus Sidney den 6. April wird gemeldet: Die Flucht Noch esort's und seiner Genossen geschah in der Weise, daß sie, nachdem sie die Erlaubniß eines Ausflugs zum Fischfang erhalten hatten, an Bord einer Barte stiegen, ans welcher sie versteckt gehalten wurden, bis das hohe Meck' gewonnen war.

Aus Italien kommt eine Mitiheilung, welche Bestätigung verdient. Antonelli soll dem französischen Gesandten beim Vatikan eröffnet haben, der h. Stuhl könne nicht zu einer neuen Abgrenzung der Diözesen auf der französisch-deutschen Grenze seine Zustimmung geben. Vor zwei Jahren wäre eine solche Zustimmung möglich gewesen, abpr der Ausbruch des Krieges zwischen der Berliner Regierung und dem Katholizismus nötlsige die Kurie, sich über den diplomatischen Anstand hinweg­zusetzen Sic bedauere dies sehr gegenüber einer Regierung, welche soviel guten Willen gegen das Kirchenoberhaupt kuudge- geben, wie die Regierung von Versailles, aber die Katholiken von Elsaß-Lothringen dürften nicht der Willkür der preußischen Behörden überliefert werde».

Auf dein Felde bei Jvry sind spielende Kinder zu Schatz­

gräbern geworden; sie gruben ein Packet mit 800,000 Franks in Banknoten aus. Das Gels stammt jedenfalls aus der Zeit der Belagerung oder der Commune.

Im Monat März war in Griechenland der Schnee ein täglicher Gast, dabei rief der rauhe Boreas eine solche Kälte hervor, daß die Leute nicht wußten, wie sie sich dagegen schützen sollten. Da es an Futter mangelte, sind ganze Heerden von L-chafen zu Grunde gegangen. Ein Hirte nahe bei Athen hat sich nach dem Verlust seiner Heerde selbst entleibt. In den Gärten sind fast sämmtliche Orangen und Citronenbäume erfroren und ganze Provinze» schwer hcimgesucht.

London, 4. April. I» den östlichen Grafschaften, die bekanntlich durchweg landwirthschaftliche Distrikte siud, herrscht augenblicklich zwischen den Pächtern und ihren Arbeitern bitterer Krieg. Einige der letzteren hatten, um höhere Löhne zu erlangen, die Arbeit eingestellt, worauf die Pächter alle zu den Gewerkvcreinen gehörigen Tagelöhner aus ihren Diensten entließen. Der Krieg nimmt täglich größere Ausdehnung an, und die Spannung ist so stark, daß der Bischof von Manchester sich veranlaßt sieht, in einem Brief an die Times den Farmern ein wenig den Standpunkt klar zu machen. Nachdem der Bischof die Gefahren geschildert, zu denen das selbstmörderische Verfahren der Pächter fahren müsse, fährt er fort:Es siud indessen nicht die Motive der Furcht, sondern die höher» Motive der Billig­keit und Vernunft, an die ich appelliren wollte. Sind die Forderungen selbst die höchsten der landwirthschaftlichen Tagelöhner, wenn mau alle Umstände der Sachlage in Erwägung zieht, wirklich unbillig und unmäßig? Kann ein Manu bei den gegenwärtigen Preisen der nothwendigen Lebensmittel sich und seine Familie erhalten, ich will nicht sagen behaglich, sondern mit nur ausreichend Nahrung, Heizung uns Kleidung für weniger als 16 Sh. oder 16 Sh. die Woche, wenn er mit voller Kraft bei der Arbeit fein soll? Und wenn die Farmer behaupicteu, daß sie mit ihrer gegenwärtigen Pacht solche Löhne nicht zahlen können und die Wahrheit dieser Behauptung zu beweisen vermögen, daun muß die Pacht ermäßigt werden; eine unangenehme Sache auch nur daran zu denken für diejenigen, welche das Pachtgeld eurer Farm von 300 Acres in einer einzigen Ballnacht oder für ein Paar stattlicher Kutschpferde ausgegeben, aber nichtsdesto­weniger eines der vermeidlichen Dinge. JL bin kein Freund der von den Gewerkvereinen adoptirlen Grundsätze, aber sie siud den Arbeitern aufgezwungen worden durch die unbillige Aus­deutung der Kapitalmacht."

Der alte Hecker drüben in Amerika eröffnet in der Jllinois- Zeiinng folgende» Kreuzzug wider die wirthshausstürmendeii Weiber:Wenn dem Bet- nutz Plärr-Scaudal der Weiber nicht ein batoiges Ende gemacht wird, so blamireu wir iu der Union uns ja vor Botokaüeu und Baschkiren mit diesem Stück Mittelalter. Oer Kukucspeter, der Kinder Kreuzzug, die Flagel­lanten, die Beghardeu waren ja Goto gegen diesen Unsinn. Mau verhöhnet uns in der ganzen ^ioiiisirten und barbarischen Weil, Alles um einer Haudooll hungriger, habsüchtiger englisch- amerikanischer Pastöre willen. Daß auch ein Deutscher millhut, ist schäudtich. Ich meine den Bruder Rast vomChristlichen Apologeten", iu Cincinnati mit der sanften Aurora seiner Nase. Denselben habe ich schon wiederholt mit kritischer Kennerschaft und sanftem Behagen Wein kneipen sehen nach dem alten Satze: Nicht nach Blut dürstet die Kirche, sondern nach Wein." Und derselbe Heilige spielt jetzt den Wasser Kreuzzug! Es gibt kein wildes und kein zahmes Volk auf der ganzen Erde, das sich nicht irgend ein stimulireudes Getränk bereite!. Es ist dies ein Bedürsuiß der Naiur und als solches vom Apostel Paulus, I. Timolh. V., 23 und iu den Makkabäern II. 15 u. ff. aner­kannt. Ich kann wohl sagen, daß ich fast alle Religionsbächer der verschiedenen Völker und Religionsgesellschasten auf der Erde dnrchgelesen; aber in keinem einzigen habe ich so viele auf Wein, Weinerzeuguug und Weiutrinkeu bezügliche Stellen gefunden, wie im Alten und 'Neuen Testament der Bibel. Und doch berufen sich diese Betbrüder und Betschwestern ans dies Buch! Das ist offenbar Verrückiheit, Pfaffeusackuarrheit d. h. Narrheit in den Pfaffeu- sack! Sie sollten den Apostel Paulus lesen, welcher den Weibern empfiehlt,sich mit Scham und Zucht zu schmücken, nicht mit Zöpfen (besonders falschen) oder Gold, oder Perlen, oder köst­lichem Gewand", sondernsie sollen lernen iu der Stille mit aller Unterthäuigkeit".Einem Weibe aber gestatte* ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, daß sie des Mannes Herr, sondern stille sei." I. Timoth. II, 9, 11, 12. Ich schäme mich vor der Welt, daß solcher Blödsinn iu einer Republik grnssireu kann! Diese puritanischen amerikanischen Prosit-Pfaffen haben wahre Drachcumäuler über die Wallfahrten nach Lourdes, znm heiligen Kittel oder zu Christi Windeln, aber der -scandal der Beterinnen und heulenden Derwische überbieiet doch Alles, was mar, ist, sein wird und sein kann. Die Väler und Mütter die­ser Weidsleute werden schöne Doctor-Rechuungeu bekommen! Baldrian und andere Mittel gegen Hysterie werden um 100 Percent ausschlagen, die Narreuhäuser aber werden aubauen müssen."