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Tages - Neuigkeiten.
(Landesproouktenbörse in Stuttgart vom 2. März 1874.) Die heutige Börse verlief wiederholt in ruhiger Haltung, indem eben Käufe fortwährend zurückhaltend bleiben, und bei der geringen Bedarfsfrage niedrigere Preise erwarten. Wir notiren: Waizen galiz. 9 fl. 6-12 kr, rüss. 9 st. bis 9 fl. 6 kr., nordd. 9 fl. 12 kr., amerik. 8 fl. 45 kr. bis 9 fl. 9 kr.; Kernen 9 fl. 18 bis 35 kr.; Dinkel 6 st. 24 kr.; Gerste, württemb. 7 fl- 18 kr., franz. 7 fl. 54 kr.; Hafer 5 fl. 21 — 30 kr. Mehlpreise Pr. 100 Klg. incl. Sack: Mehl Nr. l: 26 st. »4-48 kr., Mehl Nr. 2: 25 fl. 36-48 kr., Mehl Nr. 3: 23 fl. 24-48 kr., Mehl Nr. 4: 20 fl. 30 kr. bis 21 fl.
Am 2. März Abends zwischen 6 und 7 Uhr ist die Sägmühle der Maschinenfabrik in Eßlingen abgebrannt. Das Feuer ist vernntthlich im Getriebe durch Reibung entständen.
Bopfingeu, 1. März. Heute Morgen 2hr Uhr Feuer- lärm. Es brannte in dem eine Stunde von hier entfernten Pfarrdorfe Kirchheim im Ries. Der Brand brach in einem Flügel des ehemaligen Cistercienscr Frauenklosters, jetzt Besitzthum des Fürsten von Oetlingen-Wallerstein, aus. Durch die Muni- ficenz desselben war es seit einigen Jahren den Armen der Gemeinde, welche einen Miethzins nicht aufzubringen vermochten, gestattet, ihre Wohnung in diesem Klostcrflügel zu nehmen. Das Feuer griff so schnell um sich, daß sämmtliche Insassen, 8 an der Zahl, worunter 2 Mädchen im Alter von 8 und 12 Jahren — ihren Tod in den Flammen fanden. (St.-A.)
München, 26. Februar. Ueber die Stellung des bayerischen Hofes zur altkatholischen Bewegung schreibt man dem „Frk. Kur.": „Es ist ein offenes Geheimniß, daß die altkatholische Bewegung gleich beim Beginn in hiesigen Hof- Kreisen günstige Ausnahme fand und regster Theilnahme sich erfreute, und daß gerade Hof-Chargen und Hof-Beamte mit Begeisterung sich derselben mit bindender Unterschrift anschlossen. Dr. Friedrich wurde von dieser Seite mehrfach angegangen, seine Obliegenheiten fortzusetzen, welchem Ansinnen Friedrich „ex ssse" schon entsprechen wollte, hätte damals nicht ein Hof-Geistlicher, welchem die kirchlichen Functionen übertragen waren, erklärt: „Nur über seine Leiche komme Friedrich in die Hofkapelle." Man war damals bitterböse auf diesen Fanatiker und wollte demonstrativ Vorgehen. Inzwischen scheint die erste Liebe zn der kirchlichen Bewegung erkaltet, das Strohfeuer erloschen zu sein, die Hofgunst gewechselt zu haben. Die jüngste Besetzung der Stelle des Stifts-Dekans am Hochstifte, dessen Propst Dr. v. Döllinger ist, durch einen Mann, dessen kirchliche Gesinnung vor Jahr und Tag bei Hof perhorrescirt wurde, liefert den thatsächlichen Beweis, daß ein Gesinnungs-Wechsel stattgefunden habe. Daß auf jene Hof-Kreise kein Verlaß ist, davon konnten sich die Altkatholiken sattsam überzeugen."
Sächsische Abgeordnete befürworten lebhaft das Projekt eines Ausfluges des Reichstages nach Dresden. Von den dortigen städtischen Behörden soll eine Einladung gleich jener Bremens erfolgen. Die Ausführung wird eventuell sofort nach Schluß des Reichstages erwartet.
Die Reichstagsabgeordneten Dr. Völk und Dr. Hinschius werden demnächst ihren Antrag auf Einführung der Civilehe im ganzen Deutschen Reich erneuern.
Berlin, 28. Febr. Die Frage, ob Geschworenengericht oder Schöffengericht, hat eine unvorhergesehene Erledigung gefunden. Am 27. Febr. trat der Justizausschuß des Bundesraths in die Berathung der Strafprozeßordnung ein. Referent war der württ. Justizminister v. Mittnacht. Er beantragt Beibehaltung des Geschworenengerichts als Strafgericht oberster Ordnung, für mittlere und niedere Straffälle das Schöffengericht. Sofort erklärte der preuß. Justizminister Dr. Leonhardt, daß er, ohne seine Ansicht über die unheilbaren Mängel des Geschworenengerichts zu ändern, nach Lage der Sache dennoch für Beibehaltung desselben stimmen wolle, daß aber die Einführung des Schöffeninstituts für mittlere Straffälle in einem Theile von Preußen undurchführbar wäre. Schließlich vereinigte man sich allseitig dahin, in oberster Ordnung Geschworenengericht, in mittleren Fällen rechtsgelehrtes Kollegialgereicht, in Fällen unterer Ordnung ein Richter mit zwei Schöffen. Am 28. Febr. wurde die Berathung der Strafprozeßordnung im Ausschuß zu
Einrückungsgebühr iür die kleine den 5. Marz. Zeile aus gewöhnlicher Schritt 1874.
je 2 Kreuz ec.
Ende gebracht. Die erforderliche theilweise Umarbeitung des Entwurfs erfolgt durch Commissäre von Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg.
Berlin, 28. Febr. Eine von den in jüngster Zeit so zahlreich vorgefalleuen Mordthaten bildete gestern den Gegenstand der Verhandlung vor dem Stadtschwurgericht. Der in Ketten geschlossen in den Saal hineingeführte Angeklagte ist der Arbeiter Speer, welcher aus Eifersucht seine Geliebte erstochen hat. Aus der Vernehmung betreffs der Personalien stellte sich heraus, daß der Hauptcharakterzug des Angeklagten eine rasende Eifersucht ist und daß er durch dieselbe bereits zu einer Unterschlagung verleitet ist, für welche er mit 3 Monaten Gefäugniß bestraft wurde, während er sich sonst musterhaft geführt hat und ihm von seinen Dienstherren und Arbeitgebern das hefte Zeugniß gegeben wird. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten des Mordes für schuldig, worauf dessen Verurtheilung zum Tode erfolgte. — Die beiden Raubmörder Schneidergeselle Jonek Mctt- turski und Schuhmachergeselle Ferdinand Malitz, welche am 14. Dezbr. v. I. der Frau Handelsmann Springer mittelst eines Rasirmessers den Hals durchschnitten haben, sind für schuldig befunden und zum Tode verurtheilt.
Berln, 1. März. Sehr großes Aufsehen macht in ollen politischen Kreisen die Ernennung des Fürsten Chlodwig v. Hohenlohe zum Botschafter in Paris, denn des Grafen Arnim Abgang von dort und seine Ersetzung gerade durch den ehemaligen bayerischen Minister ist ein Schachzug Bismarck's gegen das Gouvernement Mac Mahon's den man in Frankreich bald genug mit argem Lärm erwidern wird. Der neue deutsche Botschafter in Frankreich ist kein diplomatisches Genie, auch kein sonstwie geistig bedeutender Mann, aber er ist durch und durch Character. Vor Allem gehört er zu den energischsten Gegnern des Ultramontanismus, und es soll wohl dem Versailler Cabinet begreiflich gemacht werden, daß es mit der Unterstützung einer Richtung auf seiner Hut sein möge, der Alles darauf ankommt, den Haß gegen Deutschland zu unterhalten und das Rache-Geschrei nicht aufhören zu lassen. Die Römlinge finden, daß Frankreich in dem Widerstreit gegen das Reich ihr natürlicher Bundesgenosse sei, also läßt sich das Reich in Frankreich durch einen Mann vertreten, der von allen deutschen Ministern zuerst und zu allermeist Rom die Stirn geboten hat. Der erste Vice- Präsident des Reichstages hat durch alle seine Abstimmungen und Reden zu erkennen gegeben, daß er noch jetzt zu Roms erklärtesten Gegner gehört. Sein Bruder, der Cardinal, sollte nach Rom gehen, um zwischen der Curie und Deutschland einen moäus vivoncii herzustellen. Der Papst refusirte den Cardinal, und jetzt geht dessen Bruder nach Frankreich, um dort zu erkennen zu geben, daß und wie sehr es Deutschland mit seinem Wider- spurch gegen den Ultramontanismus Ernst ist. (Frkf. I.)
Berlin, 2. März. Die Preßgesetzkommission des Reichstages hat den 8 20, betr. die Bestrafung solcher Personen, welche mittelst der Presse den Ungehorsam gegen das Gesetz oder die Verletzung desselben als erlaubt resp. verdienstlich darstellen, mit überwiegender Majorität abgelehnt.
Die Ultramontanen haben in der Militärgesetzkommission durch den Mund des Hrn. v. Mallinckrodt erklärt, daß sie die bestehenden Kadres zwar nicht für gesetzwidrig, aber auch keineswegs für rechtsbeständig hielten. Sie behalten sich also auch eine Reduktion der Kadres vor. v. Mallinckrodt erklärte ferner sein Mißtrauen gegen unsere Staatsleitung, die den nächsten Krieg einfädeln und unfern Nachbarn aufzwingen werde. Nach seiner Ansicht ist in Frankreich zwar Neigung zum Kriege vorhanden, aber wenn es wirklich zum Kriege kommt, so werden wir cs sein, welche die Schuld daran tragen. Weiter behauptete der Vertreter der Ultramontanen, die einjährige Dienstzeit der gebildeten Klassen sei ein unerträgliches Privilegium, welches man vergeblich vor der großen Masse, die 3 Jahre dienen müsse, zu beschönigen suche. Er werde daher auch nur die Mittel für eine zweijährige Dienstzeit bewilligen und von diesem Boden aus seine Berechnung der Friedenspräsenzstärkc weit unter das Maß der geforderten 401,000 Mann machen. Auch auf §. 2, die Fixirung der Kadres, sowie auf die folgenden Paragraphen,