Amtsblatt für den OberamtsbezLrk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mat und kostet Einrückungsgcbühr für die kleine

Nit 20 dalbjäbrlich hier 54 tr., im Bezirk > IttNStag döN 17. JebrUllk ^ Z«le ans gewöhnlicher Schrift ly «4. ' ' mit Postanfschlag ! st- 8 kr. ic' 2 Kreuzer.

Amtliches.

Nagold. An die königlichen Pfarrämter. Höherer Weisung gemäß wird hiemit nachstehender Erlaß den k. Pfarr- ämtern zur Kcnnlniß gebracht.

Den 14. Februar 1874

K. Oberamt.

G ü nine r.

Das königl. statistisch-topographische Bureau an das k.

Oberamt Nagold.

Unter Beziehung auf die von dem K. Justiz-Ministerium erlassene Verfügung vom 20. Jan. 1874 (Württemberg. Gerichts- dlatr vom ö. Februar 1874, 'Nr. 1 des VIH. Bandes), wonach die Oberamtsgerichte angewiesen sind, alljährlich und zwar erst­mals schon für das Jahr 1878 nach dem der Ministerialverfügung vom 25 Januar 1871 angehängten Formular (Reg. Blatt S. 86) Verzeichnisse der von ihnen vorgenommenen bürgerlichen Trauungen anzufertigen und bis zum 15. Februar des folgenden Jahres, an die Oberämter zu übergeben, werden die Oberämter beauftragt, diese Verzeichnisse, soweit solche am 15. Februar noch nicht mitgetheill sind, alljährlich einzuverlaligen, beziehungsweise wenn Civil-Trauungen nicht vorgenommen worden sind, eine Fehl Urkunde zu den Akten bcizubringen. Dem §. 3, Abs. 1 und §. 5 der Verfügung vom 25. Januar 1871 gemäß sind die C'-vil- Trauungen sodann der Zahl der Traungen derjenigen politischen Gemeinde zuzurechncn, in welcher das Obcramtsgcricht seinen Sitz hat.

Die Pfarrämter aber sind durch die Bekanntmachung des gegenwärtigen Erlasses in dem Amtsblatt des Bezirks in Kennt niß zu setzen, daß die statistische Ausnahme der Civil- Traunitgcn von jetzt an und zwar schon für das Jahr 1873 lediglich Sache der K. Oberamtsgerichte und OberäMler sei.

Stuttgart, den 10. Februar 1874.

Riecker.

Sagvs-Neuigkeiten.

Nagold, 12. Febr. Es ist ein eigen Ding um die Liebe, zum Glück für die Dichter ein ewiges Räthsel. So haben wir m unserem Äezirk ein Pärchen, welches nach vierjährigem häus­lichen Kriege 2 Jahre lang alle Qualen eines württemb. Ehe­scheidung s p r o z e s se s durchkostete, bis endlich ihre Trennung in üblich feierlicher Weise in Tübingen ausgesprochen wurde. Allein nur ein halbes Jahr erfreuten sie sich ihres uncheliche'n Glücks , als sie desselben überdrüssig wurden und sich abermals kühnlich entschlossen, Freud und Leid des Zämmerthäls als Ehe- gejpönse zu Ihmen. . (N. Tägm )

/ - kNagold, 16. Febr. Der letzten Samstag von der Mu- Tscumsgesellschast gegebene Maskenball ist für unsere an Vergnü­gungen wenig ergiebigen Verhältnisse, geradezu rin Ereigniß zu nennen, so sehr vereinigten sich Kunstsinn und Humor zu einem dcsrikdigenden Ganzen. Den Abend eröffnet« eine Fastnachlspre- digi. deren erster Theil durch edle Concepiion und poetischen Gehalt, der zweite durch neckischen Humor sich auszeichnete. Nun folgte die Aufführung des letzten Aktes aus dem Sommernachts- traum, dir durch Auffassung und gewandte Darstellung die Be­wunderung dersZuschouer erregte. Pyramus, Thisbesammt Mond­schein, Mauer und Löwe treten, herab von den Brettern unter die zahlreichen Masken, deren Treiben nun freilich des Lebeps Unverstand kennzeichneten. Bauern, der vornehme wie der Ur kaffer, Juden, Pagen, vornehme Spanier , unheimliche Domino's und elegante Dainciitvilettcy gaben ein reizendes Bild, während der Pkitschenschlag der Harlekine daran erinnerte» daß man nicht ungestraft der Narrheit huldigen dürfe. Komische Tänze wsch selten mit lebenden Bildern, deren Zauber in bengalischer Be­leuchtung ein vielfachesAh!" hervorlockte. Die geistreich gereimte LzchniHelbank,. an Bildern illustrirt,. verschonte Niemand. Der Abend war nicht durch den leiseste» Mißklang gestört und zcigtses daß auch in kleineren Kreisen der Frohsinn seine Stätte aufschla- gcn kann, wenn die vorhandenen Mittel sich zu einem harmoni­schen Ganzen vereinigen.

München, 11. Febr. Die klerikaleDonau-Zeitung" legt wenig Werch auf die bayerischen Reichstags-Wahlen. Sie schreibt:Unser Jubel über die jüngsten Wahlen ist nicht groß, wett die Männer, die daraus hervorgingen, doch allzu klein sind. Welleimaycr und vielleicht noch einen oder zwei ausgenommen, ist nichi eine einzige Capacität darunter. Und die Charakter. Piovrn wollen wir abwarlen. Mit den Zoll-Parla- menls-Wahkii »eigiicheu, haben wir seit sechs Jahren keinen Fortschritt gemacy, Umei die Herrschaft des Liberalismus zer­bröckelt auch das vayenscye Volk sichtlich. Die Social-Demokraten nehmen in den Städten, und ihre Vorläufer, die Liberalen, nehmen auf dem Lantu aeoauerlich überhand. Was die Wahlen auf dem Lande anvelaugt, so erscheinen die Resultate geradezu be- weincnswerlh Wenn wir nicht bald Luft bekommen, dann gehen wir zu Giuaoe! Oer Lioeralismus ist im Zunehmcn " Eine eigenthümliche Ironie des Schicksals, daß der Ulkramontanismus selbst die Nachiy ite der von ihm großgezozenen Unwissenheit und CyaraNellosigkeit beklagen muß

München, 12. Febr. Gestern ist folgender Brief des Fürsten Bismarck in Kempten eingetroffen:Herrn Wilhelm Schnetzer in Kempten. Berlin, 8 Fcdr. Ich sage Ihnen für die der Gelegenheit der Wahl des vr. Volk mir telegraphisch ausgesprochenen freundlichen Gesinnungen meinen verbindlichsten Dank und freue mich persönlich und politisch, diesen erprobten Vertreter der nationalen Sache bei Ihnen wieder gewählt zu sehen, v. Bismarck."

München, 1-. Jebr. Heute Vormittags nach 10 Uhr fand in der Pfarrkirche bei St. Bonifaz dahier die Trauung des Reichstagsab- geordneteir v. Mallinckrodt mir Freifräulein v. Bernhard, der Schwester seiner verstorbenen ersten Gattin, statt. Der Sängerchvr des katholischen Casfino's überraschte das Brautpaar mir einer gesungenen Messe. Schön NachmittügS 1 Uhr reiste der Neuvermählte nach Berlin zurück-

Offenvach, 13. Februar. In der Nacht vom 10. zum 11. d. M. starb der um das hiesige Gemeindewesen verdiente großh. Bürgermeister Hr Hirschmann. Sein schneller Tod hat seine betagte Gattln so sehr angegriffen, daß sie zwölf Stunden später ebenfalls eine Leiche war. So werden beide Gatten morgen Nachmittag gemeinschaftlich zur Ruhe gelegt werden.

Berlin, 11. Fevr. Dem Vernehmen nach geht der

Antrag, welchen Preußen beim Bund esrath einzubringen beabsichtigt, auf Erlaß eines Gesetzes, welches den Gesetze» wiLerstkcbendeit Geistlichen den Aufenthalt an bestimmten Orren zu versagen oder anzüiveiscil gestattet.

Berlin, 13. Februar. Der alljährlich im Reichs­tag erscheinende Antrag dör Fortschrittspartei auf Ge­währung vün Diäten Und Reise-Kosten an dir

Rieichsta'gskÄvgeordnelen wilrd'e gestern mit größerer Majorität als jeinäls zuvor, mit 229 gegen 79 Stimmen, angenommen.

In Berlin wird demnächst eine altkatholische Gemeinde ge­bildet werden.

Die Römlinge in Deutschland nehmen nun auch den delttschen Kronprinzen auf's Korn. Seither haben sie ihn immer als Gegner Bismarcks geschildert und sich angestelll, als könnten sie auf ihn rechnen. Das ist nun aus, seitdem der Kronprinz den Deutschen in Petersburg, die ihn in einer Ad­resse begrüßten, ausdrücklich erklärt hat,das deutsche Reich werde, treu seiner Bestimmung, auch auf dem geistigen (religiös- tirchl.) Gebiete keinen Kampf für das Wohl und die Sicherung Deutschlands scheuen." Diese Erklärung hat ihm sofort eine Perwarnung der jesuitischen ZeitungGermania" in Berlin zu- gezogrn, sic ruft ihm zu, die angebahnten Kämpfe mit der Kirche igürdcn Deutschland nicht sicher», sondern schaden und gefährde». Die Erklärung des Kronprinzen berührt die schwarzen Herren um so schmerzlicher, als sie seither immer auf einen Umschwung in den höchsten Kreisen rechneten oder sich doch stellten), als ob si!s es glaubten. Eine ZtilUng ln Westfalen wußte zahlreiche Vorfälle am Hofe zv schildern , aus welchen hervorgehen sollte, daß Bismärck nut seiner Politik am Hofe mutierseelallein stehe und persönlichen Beleidigungen ausgesetzt sei. Der hohe Adel, in Westfalen, Rheinland und Schlesien, der sich dem Mträmonta-