Nr. 10.
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1874.
Am t l i ch e s.
N a g o l d.
An die Ortsbchörden und an die Militärpiflchtigeu.
Betreffend die Ansprüche auf Zurückstellung Militärpflichtiger wegen Familien- oder sonstiger Verhältnisse im Frieden, sowie der Landwehrleutc und Reservisten im Falle einer Mobilmachung.
In Betreff dieser Ansprüche wird nachstehende Belehrung erlassen:
1) Die Zurückstellung erfolgt je nur auf 1 Jahr und ist daher, wenn sic weiter beansprucht wird, dis zum dritten Con- rurrenzjahr alljährlich wiederholt geltend zu machen und zu begründen.
2) Es sind hiebei die Bestimmungen der §§. 42, 43 und
44 der Militär-Ersatz-Jnstruklion und des 8- 2 über die Classi- sicirung der Reserve und Landwehrmannschaslen rücksichllich ihrer häuslichen und gewerblichen Verhältnisse (Retter's Handbuch L>.
45 — 53 und S. 309 — 313) maßgebend.
Dabei wird insbesondere auch auf den §. 78 der Militär- Ersatz-Jnstruktion hingewiesen, wornach die zur Begründung der Zurückstellungsgesuchc bestehenden Verhältnisse einige Zeit vor Beginn der Musterung oder spätestens im Musterungstermin selbst zur Sprache zu bringen und nachzuweisen sind.
Auf die Verheißung eines nachträglich zu führenden Beweises wird keine Rücksicht genommen.
3) Militärp sichtige Schulamts - Kandidaten , welche die Anwendung der Bestimmungen der §§. 8 und 46 der Militär- Ersatz-Jnstruktion beanspruchen, haben durch Zeugnisse, welche in amtlich beglaubigter Abschrift vorzulegen sind, darüber sich aus- zuweisen, daß sie die für die Anstellung als Lehrer abzulegende Prüfung erstanden haben oder als solche angrsteüt sind.
Die Zurückstellungsgesuche solcher Militärpflichtigen, über deren Militärpflicht erst zu entscheiden ist, sind von den zur Reklamation Berechtigten bei dem Ortsvorsteher des Domicilorts anzubringen. Von diesem sind nach Beibringung der etwa fehlenden Notizen und Zeugnisse und nach sorgfältiger Prüfung der Verhältnisse, die in dem Fragebogen Formular Isit. X. gestellten Fragen genau zu beantworten, worauf das Gesuch dem Gemeinderath zur Begutachtung und Unterzeichnung vorzulegen ist. Der ausgefüllte, von dem Gemeinderath Unterzeichnete Fragebogen ist, wo immer möglich vor, spätestens aber in dem Musterungstermin dem Civilvorsitzenden der Kreisersatz'Commission des Gestellungsorts zuzusenden. Ist der letztere in einem andern Aushebungsbezirk als der Domicilort, so ist der Fragebogen dem Oberarm des Domicilorts vorher zur Begutachtung vorzulegen.
Gesuche der Landwehrleute und Reservisten um Zurückstellung im Falle einer Mobilmachung, zu denen das Formular des Fragebogens 8 zu benützen ist, sind ebenfalls bei dem Ortsvorsteher des Domicils anzubringen, sie sind von diesem unter Zuziehung einiger (mindestens zwei) zuverlässiger Reservisten oder Landwehrmänner zu prüfen, vom Gemeinderath zu begutachten und auf I. April d. I. von jeder Gemeinde mit einem Verzeichniß nach dem Formular v. versehen, einzureichen. Die näheren Bestimmungen sind aus Retter's Handbuch S. 292 u. 309—313 ersichtlich.
Wie viele Fragebogen von jeder Gattung nothwendig sind, ist in Bälde anzuzcigen, woraus die erforderliche Zahl den Ortsbehörden zugchen wird.
Den 21. Januar 1874.
K. Oberamt. Güntner.
Nagold An die Gemeindebehörden. Tabellen zur Sammlung von Notizen für die Grundsteuer- Einschätzung betreffend.
Auf mehrfache Anfragen sieht sich die unter;. Stelle veranlaßt, bekannt zu machen, daß Tabellen zu Sammlung von Notizen für die Grundsteuer-Einschätzung in der Zaiser'schen Buchdruckerei hier bezogen werden können; bei der Bestellung ist jedoch anzugeben, in wie viele Classen die Aecker, sowie die Wiesen u. s. w. eingetheilt sind.
Den 22. Januar 1874.
K. Oberamt. Güntner.
Nagold. An die Ortsvorstcher. Dieselben werden hie- mit aufgcfordert, innerhalb 5 Tagen die im Kalenderjahre 1873 zur Ausführung gekommenen Ablösungen von Trepprechten anzuzeigen, mir Namen der Gewände und Angabe der Morgenzahl.
Den 22. Januar 1874.
Kgl. Oberamt. Güntner.
T a g e s - N e n i g k e i t e n.
Nagold, 22. Jan. Laut heule früh von Eßlingen hier seingelaufenem Telegramm ist der bis in die jüngste Zeit hier - praktizirende Rechtsanwalt Maier aus der Eisenbahn dort derart verunglückt, daß er schrecklich verstümmelt sogleich seinen Tod fand. , Nähere Nachrichten fehlen noch.
s Herrenberg, 19. Jan In dem Filialorte Mönchberg > wurde durch Entladung eines Pistols, welchen ein lediger Bursche im Hause seiner Schwester auf den Tisch gelegt hatte, ein dreijähriges Kind, dem die Papierpatrone ins Herz drang, erschossen. Ein zweites, das daneben stand, sank zu gleicher Zeit zu Boden in Gegenwart der Mutter, war aber nur durch einen Streifschuß am Auge verwundet.
'Waldsee, 20 Jan. Montag Abend wurden 2 Arbeiter bei Grabung eines Lagerbierkellers verschüttet. Beide Arbeiter waren verheirathcte Maurer mit Kindern.
Ravensburg. Frecher Schwindel und Leichtgläubigkeit. Veronika Arnegger von Brand, O.A. Tettnang, des Betrugs und der Fälschung angeklagt, früher Dienstmagd, 47 Jahre alt, von nichts weniger als ansprechendem Aenßern, lebte in letzter Zeit behaglich für sich in Brand und wußte sich schon seit etwa 8 Jahren die Gunst und das Vertrauen eines Geistlichen in der Nachbarschaft so sehr zu erwerben, daß sie diesen im Lause von 2 Jahren — Mitte des Jahres 1871 bis Sommer 1873 — bestimmen konnte, ihr etwa 29 Anlehen im Betrage von 30 bis 250 fl., im Ganzen von über 2000 fl. für zum Theil erdichtete Personen anzuvertrauen. Um diesen Zweck zu erreichen, schrieb sie etwa 35 Briefe an den geistlichen Herrn, in denen sie von Personen, die gar nicht existirten, alle möglichen haarsträubenden Unglücksfälle und Selbstmorde erzählte. Ebenso wußte sie dritte Personen zu Anlehen für sie selbst zu veranlassen, indem sie diesen vorspiegelte: der betr. Geistliche habe zu Bezahlung von Möbeln u. s. w. Geld nöthig, und verschaffte sie sich auf diese Weise gegen 2400 fl. Unter dem weiteren Vorgeben, sie könne „arme Seelen aus dem Fegfeuer erlösen", schwindelte sie mehreren irre geleiteten unter der Vorspiegelung, der betreffende Geistliche verrichte dafür „gute Werke für die armen Seelen", über 1500 fl. ab (indem z. B- einzelne dieser Geprellten nicht weniger als 900 fl. bezw. 500 fl. zu diesem Samariterdienst lieferten), welche sie. nach ihrer Behauptung, vein Pfarrer mit dem Anfügen übergab: es seien zurückbezahlte Anlehen rc. Zu Verdeckung dieser vielfachen Spiegelfechtereien stellte sie falsche Quittungen, Schuldscheine, Kaufbriefe in etwa 35 Fällen aus und — um den Herrn Pfarrer doch nicht zu sehr wegen der erhaltenen Anlehen in Schaden zu lassen. kaufte die gute Seele von verschiedenen Kaufleuten rc. die verschiedenartigsten Gegenstände aller Art, insbesondere Meubel, Gold und Silber, Schmucksachen, Piano's rc. und wendete solche dem Herrn Pfarrer unter allen möglichen falschen Vorspiegelungen als Geschenk, an Zahlungsstatt und in sonstiger Weise in so überaus reichlichem Maße zu, daß einmal eine große Versteigerung abgehalten werden mußte; der Betrag dieser dem Herrn Pfarrer so in die Hände gespielten Gegenstände beläuft sich über 5000 fl. — Die Angeklagte wurde am 15. und 16. d. M. von der hiesigen Strafkammer zu fünf Jahren Zuchthaus verurtheilt. Auf die zahlreich versammelte Zuhörerschaft machte das Verhältniß, das zwischen der Angeklagten und dem Herrn Pfarrer bestanden haben mußte und das auch durch die Vorträge des Vertheidigers, Rechtsanwalts Schnitzer von Biberach , zwar gehörig beleuchtet, durch die Verhandlung selbst aber doch nicht genügend aufgeklärt wurde, den größten'Eindruck. Mußte man sich doch fragen und es war mehr als auffällig, wie dieser geistliche Herr dazu kommen konnte, Geschenke von so bedeutendem Werthe von gänzlich unbekannnte