München, 22. Dez. Das ultramoittane Wahlcomite für Schwaben hak einen Aufruf ein die katholischen Wähler erlassen, in welchem es heißt:Wir verlangen, daß keine weitere Beein­trächtigung unserer katholischen Interessen durch die Reichs-Ge­setzgebung unchr siatlsinde. 'Was wir auslrebcn, ist veruänfllge freiheitliche Entwicklung aus allen Gebieten des öffentlichen Le­bens, Pflege der geistigen Interessen des Volkes im christlichen Sinne, Schutz und Förderung seiner materiellen Interessen". Von allen Fracttoncn des Reichstages habe nur dasEenlrnm" diesen Anforderungen entsprochen. Die vorgeschlagenen Eandi- daten seien bereit, dieser Fraction beizulretcu. Am Schlüsse des Aufrufs heiß! es:Katholiken: Thne jeder seine Schuldigkeit. Es gilt, eine heilige Pflicht zu erfüllen! Dämchen wir nicht die Hoffnungen, welche das katholische Rheinland, Westphalen und Schlesien auf das katholische Bayern gesetzt haben, und folgen wir unfern mulhigen katholischen Glaubensgenossen un Norden ans der Bahn, welche zum Siege führt!"

München, 20. Dczbr. Die Cholera ist in konstanter Abnahme: von vorgestern auf gestern Abend sind nur 0 neue Erkrankungen und 0 Todesfälle vorgekommen.

Berlin, 21. Dez. Das Verfahren gegen den Erzbischof Grasen Ledochowski ans Amts-Enisetziing scheint sich nur langsam entwickeln zu wollen. Wie offiziös mitgetheilt wird, wird der k. Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten erst nach 'Reujahr znsammentteteii, »m ans die Anklageschrift der Siaatsregierung zu beschließen. Es muß alsdann noch erst ei» Uiilersnchnngs- Richter bestellt werden, welcher den Erzbischof zu vernehmen hat, bevor die weiteren Beschlüsse des Gerichtshofes gefaßt werden können. Es werden also noch mehrere Wochen verstreichen, bis die Amts-Entsetzung eine Thaisache geworden sein wird.

Berlin, 23. Dez. Gestern Abend verbreitete sich in allen Stadtlheilcn gleichzeitig das Gerücht, der Kaiser sei um 10 Uhr gestorben. Von heute früh an fanden Ansammlungen des Pub­likums vor dein Palais statt, von dem die Trauerflagge wehte. Dieselbe bezieht sich indeß auf den Tod der Königin Wittwe. Lakaien suchten dem Publikum die Versicherung zu geben, der Kaiser sei ziemlich wohl Der Kronprinz machte mit drei Söhnen ziemlich ostensibel eine Promenade durch die belebtesten Straßen. Die Ansammlungen dauern fori. Das Befinden des Kaisers erregt Besorgnisse.

Berlin, 23. Dez. DieProv.-Eorr.", die bevorstehenden Reichstagswahlen besprechend, mahnt alle Patrioten, sich dabei fest um des Kaisers Regierung zu schaaren, um das fernere Ge­deihen des deutschen Reichs von jeder Gefährdung zu bewahren. Wenn es noch eines besonderen Antriebes bedürfte, schreibt das Blatt, so wäre derselbe in den Hoffnungen zu finden, welche Deutschlands Feinde im Auslände auf die Erschütterung der bis­herigen nationalen Entwickelung setzen zu dürfen meinen. Von jenseits der Alpen und Vogesen holen sich die uitramontnnen Reichsseinde Ermunterung bei verderblichem Streben. Um so mehr werden die deutsch - patriotischen Parteien entschlossen und einig sein, um alle jene Hoffnungen zu vereiteln. Dasselbe Blatt bestätigt, daß die Besserung im Befinden des Karsers durch den Todesfall der ngin Wittwe und einen neu binzngetrelenen Katarrh im letzten Laufe der Woche aufgehallen und eine große Schonung nöthia geworben sei.

Die neuen Mansergcwehre sind bereits an die Truppeniheile der Berliner Garnison ausgegebcn, und bald wird die Armee wenigstens für den Friedensstand mit der neuen Bewaffnung ver­sehen sein. Auch an der Geschützausrüstung wird eifrig gearbei­tet und wie dieVoss. Ztg." berichtet, soll auch das Gepäck erleichtert werden, aber nicht durch eine sonstige Veränderung, sondern nur durch eine Verringerung der Gegenstände, die im Tornister getragen werden. Endlich soll für die Infanterie und Artillerie eine bessere Fußbekleidung Angeführt werden.

Die Reichstagswahlen in Elsaß-Lothringen werden am 1. Feb- rnar 1874 stattfinden. Man befolgt damit die ältere französische Praxis, wonach derartige Wahlen an dem geschästsfreien Sonn­tag stattfinden.

Soweit hat man's schon mit der Hetzerei gebracht, daß in Ei efcld mehrere Römlinge öffentlich bekannt machten, sie würden ihre ailkalholischen 'Mitbürger und Bekannte nicht mehr grüßen. Sie berufen sich dabei auf ein päpstliches Rundschreiben vom 2l. Nov. d. I., welches den Verkehr mit Ungläubigen untersagt.

Hubert Reinkens ist als katholischer Bischof im Groß- herzogthnm Hessen seitens der Großherzoglichen Regierung aner­kannt worden.

Wenn man in Wien in Folge des großen Krachs über Stockung der Geschäfte und einen schlechten Weihnachtswarkt klagt, so hat B er l in bis jetzt zwar nur einen kleinen Krach er­lebt, aber die Folgen spürl man auch dort, und namentlich sieht es auf dem Wcihnachtsmarkt ungewöhnlich öde aus. Die Lokal­blätter bringen Beschreibungen über die Noch der kleinen Weih- nachtsverkäuser, die mit ihrem Ruse:Nur einen Dreier das Schäfchen!" das Mitleid der Vorübergehenden anflehen. Ein Knabe, der den ganzen Tag nur einen Silbergroschen gelöst hatte, wagte nicht nach Haufe zu gehen, wo ihn ein hartherziger

Vater mit Schlägen empfangen haben würde. Erschöpft und er­starrt hatte er sich in der Dunkelheit ans das Steinpflaster ge­setzt und wäre dem Schlafe oder dem Tode verfallen, wenn sich ein barmherziger Samariter nicht des armen Kleinen erbarmt hätte. Man glaubt m einer Dlckens'fchen Weihnachtsgeschichie zu lesen. Im schreiendsten Gegensätze zu dieser Berdienstlosig: keit scheint allerdings die Erzählung zu stehen, die der Redakteur eines hiesigen Blattes veröffentlichte, daß von 11 Schlosser meistern niemand sich habe bereit finden lassen, eine Reparatur an einem Bnreanschloß vorzunehmen, der zwölfte habe einen Jungen ge­schickt, der mit der Bemerkung, er müsse Werkzeug holen, sich entfernt habe und nicht wicdergekommen sei: zwölf Schlosser­meistern fei also, folgerte der Betreffende, an einem Verdienst von etwa anderthalb Thalern nichts gelegen. Und ein Korre­spondent bemerkt bekrästtgend: 'Mir begegnete, daß ein Glaser erklärte, um eine Fensterscheibe könne er doch nicht kommen."

Die Politik treibenden Kreise der Pariser Well haben noch nicht genug an der Geschästslosigkeit i» Favriken und Werk­stätten, an den Streitigkeiten der Nationalversammlung unter sich und'mit dem Ministerium, sowie an den Verhandlungen der Dreißiger- und Rcnnercommission, welche mit der Berathnng der conslittttionellen Gesetze nicht vom Flecke kommen, sondern brüten auch noch allerhand Ungeheuerlichkeiten ans, von denen Niemand sonst eine Ahnung hat. Sie vemerken einen schwarzen Punkt am politischen Horizont und nennen ihn diePriester Frage", weil die italienische Regierung im Einverständniß mit dem Ber­liner Eabinei den Tnesler Boden iiitterwühll, um s. Z. die ab­fallende Frucht im eigenen Schooße aufzusangen. Die Habs­burger sollen mit ihrer 'Marine ans dem adriatrschen 'Meere ver­drängt werden uns Deutschland specnlirt ans den Teansi! der Producle, die bisher über Triest ansgesühct wurden. Die deutschen Armeen führen deßhalb trotz des Winters alle Arten Kriegsmanöver ans, um im Frühjahr bereit zu sein, ins Feld zu rücken, während Italien seine Truppen unlee den Augen preuß. Offiziere einexer- ciren lässt und seine Fettungen in Stand setzt. Aber Oester­reich Hai bereits Kunde von dem Plane, läßt zahlreiche Verhaf­tungen vornehmen, häuft an der deutschen und italienischen Grenze enorme 'Munitionen an und gießt in aller Eile seine Geschütze um. Ferner heißt cs, der Graf Chambord gehe damit um, Don Carlos zu adoptiren, um andere legitime Erben zu hinterlasscn, als die Orleans'schen Prinzen. Dieser gule Rath sei ihm von Rom aus enheilt worden und finde bei allen seinen Anhängern großen Anklang.

Versailles, 20. Dez. Bazaine ist gestern Abend 8 Uhr von hier abgereisl und wird heule Abend ans Sie. Margnerlte einlresfen.

San Sebastian, 23. Dez. Zehn Dampfer sind heute hier angekommen, um die Armee des Generals Moriones einzn- schiffen. Letztere ist von 30,000 Carkiste» eingeschkossen und konnte ohne große Verluste ihren Marsch nicht forisetzen.

Washington, 22. Dez. Offiziell wird gemeldet, der amerikamsche General-Procurcuor habe sich dahin ausgesprochen, daß derVirginias" nicht berechtigt gewesen sei, die amerikanische Flagge zu führen, da er sich die bezüglichen Docnmente mittelst falschen Zeugnisses verschafft habe. Die amerikanische Regierung nehme die aus vieser Sachlage sich ergebenden Consequenzen in Gemäßheit des Protokolls an.

New-Aork, 23. Dez. Infolge des gestern gcmeldeien Ausspruchs des Generalstaatsanwalts soll die üderlebende Mann­schaft desVirginius" bei ihrer Ankunst Hierselbst gerichtlich ver­folgt werden. Von der Begrüßung der Unions lagge durch die spa nischen Beh örde» ist abgesehen. _

Lintadung zum Abonnement auf denGesellschafter."

Ein neues 'Abonnement beginnt mit dem 1. Januar 1874, weßhalb die verehrliche» Abonnenten ersuch! werden, ihre Bestel­lungen zeitig zu erneuern, indem hievon der fortlaufende und regelmäßige Empfang des Blattes abhängl.

Der Pränumerationspreis beträgt bei der Expedition halb­jährlich 54 kr., (es kann auch vierteljährig abonnirl werden) wozu für Auswärtige der übliche Poftzuschlag kommt. Das Blatt ist somit eines der billigsten des Landes und bietet nach Form und Inhalt einen Ersatz für diejenigen, die weder Zeit noch Geld besitze», sich eine der theuren, täglich erscheinenden Zeitungen anzuschasfen, wofür auch die stete Zunahme der Abon­nentenzahl spricht.

Der große Leserkreis, den sich das Blatt bis setzt zu erwer­ben wußte, berechtigt uns, dasselbe auch zur Aufnahme von In­seraten angelegentlichst zu empfehlen, indem denselben ein guter Eriolg stets gesichert sein wird. Dieselben werden per kleine (Garmond-) Zeile zu je 2 kr. berechnet.

Indem wir nun bitten, unser Bestreben, dem Publikum ein billiges ZeilungS- und Anzcigeblatt zu bieten, durch zahlreichen Beitritt zum Abonnement zu unterstützen, werden wir es uns auch angelegen sein lassen, demselben alle redaktionelle Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Redaktion des Gesellschafters.