Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet Einrückungsgebübr jür die kleine

Nr. 146. halbjährlich hier 84 kr., im Bezirk Dienstag den 16. Dezember. Zeile aus gewöhnlicher Schrift 1873.

mit Postaufschlag l fl. 8 kr. ^ je 2 Kreuzer.

Amtliches.

Nagold.

Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen an ein Ablösungs-Capital.

Das den Gemeinden Effringen, Schönbronn und Wildbcrg gegenseitig zustehende Schaf-Weiderecht auf den betreffenden Mar- knngen ist zur Ablösung angemeldet worden.

Es ergeht nun in Gemäßheit Art 66 des Gesetzes vom 26. März d. I. an die Inhaber von Rechten, welche auf dem abzu- löscnden Weide-Rechte ruhen und nicht in den öffentlichen Büchern vorgemcrkt sind, die Aufforderung, ihre Ansprüche an das Ab­lösungs-Kapital binnen 4b Tagen anzumelden, andernfalls sie sich lediglich an den Berechtigten zu halten hätten.

Den 12. Dezember 1873

K. Oberamt.

Güntne r.

Tages-Neuigkeiten.

Stuttgart, 14. Dez. In der heutigen Sitzung der zwei­ten Kammer wurde vom Kultusminister ein Gesetzentwurf cin- gebracht, in Betreff der Besoldungsanfbcsserung der Lehrer an Volksschulen.

Stuttgart, 11. Dez. Bekanntlich hatte der Rechstbeistand derStuttgarter Bank", Hr. Dr. Kielmeyer, Hrn. E. Adolay, Redakteur der (Stuttgarter)Presse", vorgeworfen, Letzterer habe für den Nicht-Abdruck eines Artikels gegen dieStuttgarter Bank" 1000 fl. verlangt u, s. w. (s. Nr. 144 d. Bl.). Hr. Adolay gibt nun in seinem Blatte eine durch drei Nummern laufende Erklärung ab, deren Kern sich dahin präcistren läßt, Hr. Kiel­meyer habe ihm 150 fl. geboten, wenn der fragliche Artikel nicht vor der General-Versammlung der Bank veröffentlicht werde; er, Adolay habe darauf geantwortet:Nicht für 1000 fl.!" Beide Herren berufen sich auf dieselben Zeugen: die Bankdirec- toren Künstle und Klaiber.

Stuttgart, 11. Dez. Die beiden bürgerlichen Kollegien verwilligten für den Kirchenbau in Heslach 200,000 fl. aus dem neuen städtischen Anlehen uud für den katholischen Kirchenbau einen städtischen Beitrag pon 20,000 fl. in 4 Jahreszielern u 2000 fl., sowie einen Beitrag zur Vollendung des Bau's der Jo­hanneskirche von 80,000 fl. in 10 Jahreszielern a 8000 fl., welche beide mit jährlichen 13,000 fl. in den laufenden Etat ausgenom­men wurden.

Assessor Jäger in München will ein Universalmittel gegen dieCholera entdeckt haben. Er hat sein Geheimniß für 100,000 Thlr. dem Magristat in München angeboten, der es Aerzten zur wissenschaftlichen und praktischen Prüfung übergeben hat.

Berlin, 11. Dez. Zum Cioilehe-Gesetz wird, gutem Ver­nehmen nach, sofort nach dessen Einbringung von liberaler Seite der Antrag gestellt werden, das Aufgebot abzuschaffen. Das Aufgebot, welches in England und Amerika niemals bestanden hat, ist eine rein kirchliche Einrichtung, welche von den Päpsten vorgeschrieben wurde, als sie die Ehe-Verbote wegen Verwandt­schaft und Schwägerschaft bis auf vier Grade ausdehnten, so daß die Brautleute selten mit Bestimmtheit wußten, ob ihnen nicht ein Ehe-Verbot entgegenstehe.

Berlin, 11. Dez. Nach dem Gesetzentwurf über die ob­ligatorische Civilehe erfolgt die Beurkundung der Geburten, Hei- rathen und Sterbefälle ausschließlich durch von den Regierungs­präsidenten widerruflich zu bestellende Standesbeamte. Als solche sind in erster Linie die Gemeindebeamten in Aussicht genommen und zur Ucbernahme der Funktionen von Standesbeamten ver­pflichtet. Neben den ordentlichen Standesbeamten des Hauptbe­zirks kann innerhalb der örtlichen Grenzen auch ein Geistlicher als Standesbeamter bestellt werden und Standesacte bezüglich der Personen, die sich an ihn wenden, mit voller rechtlicher Wirkung vollziehen. Die Führung der Standesregister erfolgt kosten-, und stempelfrei.

Berlin, 12. Dez. Der Bnndesrath genehmigte heute den Lasker'scheu Zivilrechtsantrag mit allen Stimmen, aus­genommen Mecklenburg und Revtz ältere Linie.

46 größere und kleinere Zeitungen in Sachsen haben

dem Vorgänge anderer folgend den Preis des Abonnements und der Bekanntmachungen erhöht.

DieKöln. Ztg." erzählt folgende kleine Geschichte ans der französischen höheren Gesellschaft: Beim letzten diplomatischen Diner Mac Mahon's wollte die Herzogin Larochefoncauld nicht neben Graf Arnim sitzen. Man veranstaltete also eine Aende- rung der Anordnung und theilte ihm die Frau A. v. Roihschild zu. Als es nun hieß, Antreten zum Diner, und die Dame des Hauses der Frau v. Rothschild sagte, Graf Arnim werde sie zu Tische führen, sagte diese auch Nein, und weigerte sich absolut, sich vom Grasen Arnim begleiten zu lassen. Endlich hat sie sich dann zwar bereden lassen, aber während des ganzen Diners kein Wort mit Arnim gesprochen.

lieber das Sühnopfer französischer Eitelkeit ist nun das Ur- theil gesprochen. Man hat Bazaine zum Tode vernrtheilt. Aber damit das ganze Gebühren ja den Schein der Comödie bis zum letzten Augenblick bewahre, hat man das Urtheil nur gespro­chen, um es im nächsten Augenblick in Begnadigung zu verwan­deln. Von allen Seiten, von weit und breit sind sie gekommen, um den vom Rächerarme ereilten Angeklagten mit Steine» zu wer­fen und nebenbei dem Hasse gegen Deutschland wie dem Hasse der Parteien untereinander Worte geben zu dürfen. Der Pro­zeß ist und bleibt ein großer politischer Fehler, insbesondere für das Heer erscheint er geradezu als ein Unglück. Man hatte ge­hofft, durch Enthüllungen einen großen moralischen Siez über Deutschand zu erringen und damit der künftigen Revanche den Weg zu ebnen. Die Republikaner hatten gehofft, die Bonapar- tisten blos zu stellen, die Orleanisten sahen mit Entzücken auf die große Rolle, welche Aumale zu spielen berufen sei, und wie ha­ben sich die Dinge in Wirklichkeit gestaltet? Die Schmach und Schande des eigenen Landes haben die Franzosen auch da jeder Verhüllung entkleidet, wo das hochherzige Deutschland schweigend vorübergegangen war, der Schmerz und das Unglück achtend und ehrend. Meister Lachaud, ein Franzose, muß den Franzosen zei­gen, wie tief sie gesunken und muß die Orleanisten fühlen lassen, daß kein ehrlicher Mann den Präsidenten um die während der letzten Wochen gespielte Rolle beneidet. Ist es Zufall oder Ab­sicht, daß der Prozeß so in die Länge gezogen worden ist, damit auch ja der Urtheilsspruch nicht am 7. Dez. gefällt und vollzogen werden konnte: am 7. Dez. 1815 hauchte ein anderer französi­scher Marschall, Ney, im Graben des Luxemburg sein Leben aus; französische Exekutionskugeln vollzogen das Todesurtheil damals wie sie es jetzt thun würden, wenn nicht der Marschall Mac Mahonmit dem kurzen Gedächtniß" es vorgezogen, den Kolle­gen zu begnadigen. Der Prozeß Bazaine ist ein Ereigniß; er ist ein lebendiges Bild von dem Parteigetriebc, das in Frankreich nach und nach zernagt, was mit der Politik in Berührung kommt l Der Urtheilspruch bildet den Schlußstein dieses dunklen Gebäudes, in welchem der Geist finsterer Zeiten umgeht: möge eine wunder- thätige Heilige den Bau in einen Baum der Erkenntniß um­wandeln.

Versailles, 11. Dez. Die Haltung B az aine's bei der Urtheilsverküudignng war durchaus gefaßt. Nachdem er das Verlesen des Erkenntnsses angehört hatte, begab er sich auf sein Zimmer; und als er dort den Oberst Lambert, der einst unter seinem Befehl gestanden, traf, küßte er ihn dreimal, mit Thränen in den Angen. Am Abend hörte man nicht ein einziges bitteres Wort von dem Verurtheillen.Die Mitglieder des Gerichtsho­fes haben mich nach ihrem Gewissen verurtheiit," sagte er,das weinige wirft mir nichts vor. Möge man ein Ende mit mir machen. Ich sehe der Kugel ruhig entgegen." Bazaine drückte den Wunsch aus, man möge seine» Sohn, ein 6jähriges Kind, bei ihm lassen. Man kam dieser Bitte um so bereitwilliger nach, als man glaubt, die Anwesenheit dieses Kindes werde dazu bei­tragen, jeden schrecklichen Gedanken in ihm znrückzudrängen. Während die Richter Berathnng pflogen, war die Marschallin Bazaine mit ihrem Söhnchen im Gebet in einer Kirche. Dort theilte man ihr die schlimme Nachricht mit möglichster Schonung mit. Die Marschallin hat sich unmittelbar darauf in das Kloster Saint - Sauveur" zurückgezogen. Sie ist von der heftigsten Er­regung überwältigt. Die Marschallin ist erst 28 Jahre alt.