Amtsblatt für den Oüeramtsbezirk Nagold.
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Nr. 124.
^ Tages-Ncuigkeiten.
^ Einrüäungsgebühr für die kleine
Zeile aus gewöhnlicher Schriit 1873.
je 2 Kreuzer. §
* Nagold, 24. Okt. Wie wir vernehmen, werden aus Anregung unseres Hrn. Oberamlmanns Güntner nächsten Dienstag (Feiertag Simon und Jnd.) sämmtliche Feuerwehren des Bezirks sich hier zusammensinden und dabei das ganze hiesige Feuerlösch Corps eine Uebung mit sämmtlichen Geräthschasien vornehmen. Das Nützliche einer derartigen gemeinsamen Theil- und Interessenahme ist einleuchtend, wenn man sich die verschiedenen mangelhaften Einrichtungen des ländlichen Feuerlöschwesens ver» gegenwärtig», die bei austretenden Bränden so sichtlich oft her- vortrelen. Allerdings haben schon manche Gemeinden den gerügten Uebelständen durch einheitliche Organisation der vorhandenen Kräfte zu einer geordneten Feuerwehr und durch Anschaffung zweckdienlicher Geräthschasien Abhilfe verschafft und sich dadurch dem Fortschritte ans diesem Felde in manchem bequeml; aber unmer noch dürste manches zu lernen und zu verbessern sein, was eben durch die Zusammenkünfte der Feuerwehren und deren Hebungen am ehesten möglich gemacht wird. Die Feuerwehr in Nagold kann, als die längst bestehende des Bezirks und wohl mit den besten Löschgeräthschasten ausgestattet, bei der besonnenen Leitung ihrer tüchtigen Offiziere als mustergültig dastehen — wie sie es auch bisher bewiesen — wenn jedermann immer schnell und pünktlich sich den gegebenen Besetzten unterzieht. Und so hoffen wir, daß auch bei der nächsten Probe sie sich ihres Ruhmes würdig zeige und die auswärtigen Zuschauer daraus ersehen, was vereinte- Kräfte im Falle der Noth zu leisten vermögen.
Stuttgart. Wie unsere Leser sich erinnern werden, wurde im Oktober v. I. im Kgl. Naturalienkabinet ein kühner Einbruch verübt und Diamanten und,ein Klumpen kalifornischen Goldes geraubt, ebenso im Juli d. I. ein erheblicher Diebstahl bei einem Goldarbeiter in Ulm begangen. Der beider Frevel schuldige Ver- brecher, der angebliche Albert'Braune wurde in Frankfurt verhaftet und vorgestern in der hiesigen Strafkammer zu 5 h, Jahreu Zuchthaus verurtheilt.
Stuttgart. 22. Okt. Abgeordnetenkammer. Bei Be- ralhung des Etats des Justizministers richtet Mohl gegen die projectirten Reichsjusttzgesetze Angriffe, welche Justizminister Mittnacht als verfrüht zurückweist. lieber den Stand der Compe- tenzsrage bezüglich des Civilrechts und die künftige Abstimmung der württembergischen Regierung in dieser Frage behält der Minister sich eine Mittheilung an die Kammer vor.
Horb, 48. Okt. Gestein sind einem hiesigen Weinhändler bei einer Wagenladung neuen Elsäßerweins etwa 3 Eimer zu Schaden gegangen. Der Neue muß ein Faß gesprengt haben, so daß dessen Inhalt ausgelaufen ist. Der Schaden ist ein bedeutender, da die Eisenbahnverwaltung für neue Weine keine Garantie leistet.
Am 20. d. M. ist auf der Station Zuffenhausen bei der Einfahrt des Zuges 187 von Nagold Abends 10 Uhr 20 Min. ein Passagier — Soldat des 4. Infanterieregiments, welcher aus dem Zug heraussprang, während derselbe noch im Lauf war, verunglückt, indem er beim Herausspringen stürzte und den linken Fuß derart unter einen Wagen brachte, daß ihm derselbe überfahren wurde.
Berlin, 20. Okt. Wie man hört, ist das Schreiben des Papstes an den Kaiser durchwegs von des Papstes eigener nicht allzuleserlicher Hand, und es war die Entzifferung umsoweniger leicht, als sich zur Zeit des Emfanges dieses Briefes allein Hr. v. Schweinitz, der Gesandte ln Wien, und Hr. v. Bülow in der Umgebung des Kaisers befanden, die Beide des Italienischen nur in unvollkommener Weise mächtig sind. Die durchaus wortgetreue Uebersetzung ist im Auswärtigen Amte in Brrlin durch einen der Vortragenden Räthe ausgeführt worden.
Berlin, den 2l. Okt. Es taucht hier wiederum das Gerücht auf, die gegenseitigen Monarchen-Besuche werben noch in diesem Jahre ihre Vervollständigung erhallen durch einen Besuch des Kaisers Franz Josef am Hose von Petersburg. Derselbe soll im Monat Dezember erwartet werden.
Berlin, 2t. Okt. Aus offiziöser Quelle verlautet über die Autorschaft der Antwort des Kaisers an den Papst, daß das
Concept dazu von dem Ersteren selbftandig versagt worden sei; natürlich aber habe es dem Fürsten BiSmarck zur Kenntniß Vorgelegen. Derselbe soll einige Veränderungen oder Zusätze vorgeschlagen haben, welche auch die Billigung des Königs erhielten.
Nicht Canossa-, sondern Wiener Straße wird die neueste Straße in Berlin nach Kaiser Wilhelms Befehl genannt.
Posen, 21. Okt. Das hiesige Kreisgericht hat den Erzbischof Ledochowsky wegen Androhung der Excommunication gegen den hiesigen Religionslehrer Schröter, welcher die schlesische Adresse der „Staatskatholiken" unterzeichnet hatte, aus Grund des Gesetzes vom 13. Mai zu 300 Thalern Geldbuße, eventuell zweimonatlichem Gefängniß verurtheilt.
Dresden. 22. Okt. Der Stadtrath und die Stadtverordneten beschießen einstimmig, eine Dankadresse an den deutschen Kaiser wegen seines Antwortschreibens an den Papst sür die wahrhaft kaiserliche That, welche den Sieg des Rechtsstaats über die Priesterherrschaft sichere.
Wien, 21. Okt. Die bei dem Gala-Diner ousgebrachten Toaste lauten: Der des Kaisers Franz Joseph: „Nachdem mein innigster Wunsch, meinen liebsten Freund und Bruder noch während der Weltausstellung in Wien willkommen heißen zu können, in Erfüllung gegangen ist, so erhebe ich mit freudigem Herzen und bestem Danke das Glas auf das Wohl unseres lieben Gastes. Se. Majestät der deutsche Kaiser und König von Preußen lebe hoch?" Kaiser Wilhelm erwiderte: „Erlauben mir Ew. Majestät, daß ich auf die eben gehörten erhebenden Worte meinen herzlichsten und freundschaftlichsten Dank ausspreche. An diesen Dank reihe ich den sür die gastliche und freundschaftliche Aufnahme, welche die Kaiserin, meine Gemahlin, und meine Kinder hier gefunden haben. Es ist mir eine besondere Genugthuung, daß ich den freundlichen Besuch, den Ew. Majestät in Verbindung mit Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland im vorigen Jahre in Berlin machten, noch während der Weltausstellung habe erwidern können. Die damals unter uns ausgetauschten sreundschastlichen Gesinnungen, vic ich hier jetzt in vollem Maße wiedergefunden habe, sind eine Bürgschaft des europäischen Friedens und der Wohlfahrt unserer Völker. Ich trinke auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich und des Königs von Ungarn, meines erhabenen Freundes und Bruders."
Wien, 22. Okt. Heute kouferirte Fürst Bismarck mit dem russischen Gesandten v. Nowikoff über eine Stunde. Später fand sich in den Appartements des Fürsten der Bankier Bleichröder ein. In den Nachmittagsstunden fuhr der Reichskanzler in die Weltausstellung und dann in's Künstlerhaus.
Kaiser Wilhelm wird von Wien nach Gödöllö in Ungarn reisen, um der Kaiserin Elisabeth seinen Besuch zu machen. Viel Freude haben ihm die Wiener Studenten gemacht; sie hatten sich in vollem Burschenwichs zu seinem Empfange am Schloßthor von Schönbrunn ausgestellt und empfingen ihn mit jubelnden Hochs.
Der Schluß der Wiener Ausstellung findet am 3. November statt.
Trianon, 21. Okt. Prozeß Bazaine. Fortsetzung des Zeugen-Verhörs. Schneider und Rouher sagen aus, daß Bazaine keinerlei Schritte zur Erlangung des Oberkommandos gethan habe. Marschall Conrobert legt seine Theilnahme an den militärischen Operationen, namentlich an dem Tage des 15. August, dar und betont den geringen Werth der französischen Artillerie, von der er nur über 54 Kanonen verfügt habe. Nichtsdestoweniger habe er das Schlachtfeld behauptet. Die Erzählung Canrobert's ruft eine lebhafte Bewegung hervor. Canrobert betont den persönlichen Math Bazaine's und erzählt die Schlacht bei St. Privat; er habe zweimal das Hauptquartier benachrichtigt, daß es an Munition fehle. Mittags habe er Mittheilung erhalten, daß die Garde zu seiner Unterstützung erscheinen werde, es sei aber nichts gekommen. Courobert führt aus, daß Bazaine sich von der Wichtigkeit der Schlacht keine Vorstellung gemacht habe. Leboeuf, .Ladmirault, Bourbaki, Frossard und JarraS gaben ihre Nus sagen über die militärischen Operationen bis zum 19. August ab. Bourbaki sagt, er habe am 18. keine Ordre zur Unterstützung Canrpberi's erhalten, von dessen Gefahr er nichts gewußt Hobe. Er habe nicht geglaubt, ohne Ordre marschiren zu dürfen.