DieNat.-Ztg." schreibt:Was nicht ausbleiben konnte, ist eingetretcn. Das Priestecseminar in Posen ist vom Kultus­minister geschlossen worden. Da der Erzbischof ausörücklich sich geweigert hatte, über eine den Gesetzen entsprechende Einrichtung desselben auch nur zu verhandeln, blieb nichts übrig, als die Anstalt zu schließen. Ohne Zweifel wird es demnächst zur Schließung sämmilicher Priesterseminare kommen und dann der jedenfalls wünscheuswerthesle Zustand hergestellt sein, den auch die neue Gesetzgebung als den normalen betrachtet, daß auch das geistliche Studium in Preußen für Katholiken nur noch aus den Siaatsuniversitälen betrieben werden kann. Daß die von den Bischöfen erzwungene Schließung der Seminare auf die Slaats- regierung irgend welchen Eindruck machen sollte, ist nicht zu er­warten.

Wie dieBoss. Ztg." erfährt, liegt es in der Absicht der Behörden, die österreichischen V i erl e l-G u l d e n st ücke, welche jetzt sehr zahlreich an Stelle der Fünfsilbergroschenstücke in Deutschland eursiren, aus dem Verkehr zu beseitigen. Aus Anregung der Reichsregierung wird zunächst in den einzelnen Staaten ein Verbot der Annahme dieser Münzsorten bei den Staatscassen erfolgen. (Für Sachsen schon erfolgt.) Es ist diese Maßregel nur eine Consequenz des früheren Verbots der An­nahme der österreichischen Doppelgulden und Guldenstücke. Die D. R. C." erfährt noch, daß i» Bezug auf die Frage, ob es sich empfehle, ein Verbot für die Annahme der österreichischen Silber-Münzen zu erlassen, bereits Nückäußeruugen eiuzelner Staatsregierungen eingetroffen sind, welche namentlich mit Rück­sicht darauf, daß auch Seitens der Gewerbtreibeuden die Annahme der Gulden verweigert wird und mit Rücksicht darauf, daß diese Münze jetzt zu einem Speculationsartikel geworden ist, deren Werth willkürlich von der Meinung der Börse abhängt, sowie endlich, daß dadurch eine Schädigung namentlich der ärmeren Volksclassen herbeigeführt wird, sich für ein gänzliches Verbot dieser Münze innerhalb des geiverblichen Verkehrs des deutschen Reichs aussprechen.

DasVolksfest," welches im Weltausstellungsraum am 22. gehalten wurde, war von 106,000 Personen besucht, wie die Tourniguels Nachweisen. 10 Musikkapellen spielten aus ver­schiedenen Plätzen des ungeheuren Areals. Auf dem Mozart- platz war Konzert des Männer-Gesangvereines. Die langgezo­genen monotone» Töne des Nebelhorns signalisirten um 8 Uhr den Beginn.

DerSoir" will wissen, Hr. v. G o nt an t betrachte seine Mission in Berlin durch die vollzogene Räumung des besetzten Gebiets für beendet und habe deßhalb seine Abberufung erbeten. Als sein Nachfolger wird Hr. v. St. Vallier bezeichnet, der sich als franrösischer Kommissär bei der Okkupationsarmee be­funden und von beiden Seiten viele Anerkennung für seine dor­tige Wirksamkeit geerntet hat. DerAgence Havas" zufolge entbehrt diese Nachricht für jetzt der Begründung.

DieOpinion nationale" schreibt mit gesperrten Lettern: Man meldet uns in der letzten Stunde, daß die Fusion defi­nitiv an der Fahnenfrage gescheitert sei.

In Cambrai stürzte bekanntlich bei einer religiösen Wun­derfeier eine Tribüne um, auf welcher sich der Erzbischof, viele andere Geistliche und einige Versailler Abgeordnete befanden. Die Geschichte des Wunders, zu dessen Feier jene Versammlung sich eingefunden hatte, ist interessant genug. Dieses Wunder soll sich während des Krieges im Januar 1871 vor der Stadl Cam­brai ereignet haben. Deutsche Uhlancn waren in ihrer bekannten Unverschämtheit herangesprengt, um die Stadt zur Uebergabe aufzufordern. An den Thoren angekommen, erblickten sie die Jungfrau Maria und einen Engel mit einem flammenden Schwerte, was ihnen einen solchen Schrecken einjagte, daß sie bis zum Dorfe Masniöres zurücksprengten. Dort stiegen sie bei einem Wirthe ab, dem sie dle Sache aus Deutsch erzählten, und, wel­ches Wunder! er verstand sie, obgleich er nur der französischen Sprache mächtig war. Um das Wunder zu verewigen, errich­tete man zwei Lampenstöcke in der Kathedrale. Diese Lampcn- stöcke sind mit. vier preußischen Köpfen geschmückt, von denen zwei unbedeckt den Kaiser Wilhelm und Bismarck, und zwei be­helmt, deren Mitschuldige Moltke uud Göden darstellten. Das Ganze kostete 14,000 Fr. Um dieses Monument einzuweihen, hatte man eine Wallfahrt veranstaltet. DasXIX. Siscle", welches den Tatbestand mittheilt, meint:Ob die Preußen über uns spotten werden, wenn sie die Sache erfahren?"

Bern, 25. August. Die deutsche Regierung hat die Ver­schiebung des amerikanisch-europäischen Postcongresses beantragt, da Rußland augenblicklich gehindert sei, an demselben theilzu- nehmen.

Der in den letzten Tagen in Luzern angekommene alte Thiers ist sammt seiner Gattin, wo er erkannt wird, der Gegen­stand von Begrüßungen und Ovationen. Die Ehrenbezeugungen sind zugleich Demonstrationen gegen die jetzige französische Re­gierung, aus die man in der Schweiz mit großem Mißtrauen blickt.Gott sei Dank, daß Deutschland jetzt eine Macht ist," hört man jetzt dieselben Schweizer ausrufen, die im letzten Krieg

die Siege der Deutschen nicht genug beklagen konnten, und immer mehr verbreitet sich die Ueberzeugung, daß die Schweiz von Deutsch­land Nichts, Alles dagegen von Frankreich zu fürchten hat, daß sie aber un Nothfall an Deutschland einen starken und treuen Alliirten haben werde.

Rom^25. August. DieFanfulla" meldet: Der König erhielt ein schreiben des deutschen Kaisers, worin er eingeladen wird, falls er nach Wien reise, auch Berlin zu besuchen.

Der Unfehlbare hat dem Pfarrer in Chislehurst seinen päbftl. Segen gespendet, weil er am Napoleoustage dem hoff­nungsvollen kaiserlichen Prinzen, seinen Paihen, eine so schöne Lobrede gehalten habe, daß die ganze Versammlung Thränen vergoß.

Die Juden haben bekanntlich nicht das Recht, in Rußland zu wohnen. Seil einiger Zeit wird auf das bestehende Verbot strenge gehalten und werden z. B. die in Petersburg wohnenden Inden ausgewiesen.

New Jork, 8. August. In Masachussetis, Ivo der Ausschank von Bier nicht allein am Sonntag, sondern jederzeit vom Gesetz zum Verbrechen gestempelt worden ist, wurden von der Central Distrikts-Csurt in Worcefter am 7. d. M. sechs deutsche Bier wirthe, die sich dieses Verbrechen zu Schulden kommen ließen, zu 6 Monat Korreklionshaus und einer Geld­strafe von 100 Doll, oerurtheilt. Dabei wurde noch vom Richter ungeordnet, daß die Verurtheilten dafür 1000 Doll. Bürgschaft stellen, daß sie sich innerhalb eines Jahres sich nicht wieder des­selben Verorecheus schuldig machen; in Ermangelung der Bürg­schaft aber haben dieselben für die ganze Zeit ins Gefängniß zu wandern. In Chicago sind die Zustände auch nicht minder schön. Dort wendet die Polizei ihre Kräfte nicht nur für strenge Durchführung der Polizeistunde auf die Wirthshäuser an, sondern sie verbietet auch den Privatgesellschaften die Zusammenkunft über die Polizeistunde hinaus. Erst neulich trieb sie eine Ge­sellschaft von Deutschen auseinander, indem sie unter dieselbe nach Ablauf der Polizeistunde mit ihren Knüppeln bearbeiten ließen, nach dem Polizeigewahrsam schleppte. Der Unwille der Deutschen gegen die Polizei über diese Behandlung ist groß, und sie sagen, daß cs in Deutschland selbst in der schlimmsten Polizei- und Nachtwächterszeit nicht ärger gewesen sei.

New - A> ork, 24. August. Grant hat das Unheil, welches den Kapitän Jack und 5 Modoc's zum Tod durch Erhenken ver- urtheilte, ratifizirt.

AH - r l - i.

(Der größte Wein stock.) Etwa 3'/, Meilen von Santa Barbara, im Hofe eines alten spanischen Adobe.Hauses, befindet sich eines der Wunder Califoruiens, der größte Weinstock der Welt. Der Stamm dieses Weinstocks, welcher vor 48 Jahren gepflanzt worden, ist am Loden 4 Fuß 4 Zoll im Durchmesser. Acht Fuß vom Boden beginnen die Zweige, welche wagerecht auf Spalieren rings umhergezogen sind und jetzt 2 Acres Land be­decken. Der jährliche Ertrag an Trauben von diesem einzigen Stock beläuft sich auf 100 bis 120 Centner, und Trauben von 2 bis 6 -stfund sind keine Seltenheit. Der Weinstock befindet sich auf einer Anhöhe und ist niemals gedüngt worden. Ein nicht weit entfernter Weinstock, welcher erst vor 15 Jahren gepflanzt worden ist, scheint noch größer als der erwähnte Stock werden zu wollen uud trägt auch feinere Trauben.

(Mittel gegen die Cholera.) Ein englischer Schiffskapitän erzählt, daß, als die Cholera auf seinem Schiffe ausgebrochcn und eine namhafte Anzahl seiner Passagiere davon besallen war, er die Erkrankten alle durch Eingebung von ge­branntem Kork gerettet habe. Dieses Mittel sei in England und Ostindien mit sehr gutem Erfolg angewendet worden. Man brenne ein Stück Kork zu Pulver und nehme einen Theelöffel davon in ein wenig Wasser oder Milch. Wenn es nöthig ist, so wiederhole man dieses zwei- oder dreimal, bis der Kranke genesen ist.

Die nächste Weltausstellung im Jahre 1876 wollen bekanntlich die Amerikaner in Philadelphia abhalten, und ist die Concurrenz zur Einreichung von Plänen für die betref­fenden Gebäude bereits ausgeschrieben. Die Ausstellung soll räumlich die größte der bisherigen Weltausstellungen werden, denn das Areal umfaßt nicht weniger als 450 Acres. Die zweite Pariser Ausstellung gebot nur über ein Grundstück von 100 Acres und ebenso ist es mit der jetzigen Wiener Ausstellung.

Nachden neuesten statt stischen Tabellen ergibt sich Folgen­des : Aus 100 eheliche Geburten kommen uneheliche in London 4, in Paris 48, in München 91, in Wien 118, in Rom 243. In England kommt ein Mord auf 178,000 Einwohner, in Hol­land auf 163,000, in Preußen auf 100,000, in Oesterreich auf 59,000, in Spanien auf 4113, in Neapel auf 3751, in Rom auf 760.

(Schuldenreichthum.) Die Franzosen, bemerkt dieGegenwart", lieben es, Deutschland wegen seiner Armuth zu