Tanzmeister lehnl ein polnischen Jude, welcher, ununterbrochen näselnd, zu beten scheint
Und mitten miter den seltsamere Gruppen steht ein junges, schönes Mädchen von höchstens achtzehn Jahren; ihre feinen, edelgebildeten Züge, die schlanke, elastische Gestalt, nicht minder als der Neisrvck, die schwere Seidenrobe und der damals von den Modedamen getragene Männerpaletot von dunklem Sammt, mit kostbarem Zobelpel; reich auSgeschlagen, der kleine Amazo- nenhut mit wallender weißer Feder verralhen die vornehme Abkunft. Sie scheint die allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen, die zwei alte Herren unter dem Bilde der Semiramis mindestens unterhalten sich sehr lebhaft von ihr.
„Was mag sie suchen/' sprach der Eine gedehnt, „ein Dekret für ihren Liebhaber. Heutzutage kann man es durch nichts so weit bringen als durch die Protektion einer Frau, und welche Vorzüge dazu gehören, dieselbe zu erringen, darüber brauche ich Euere Excellenz wohl nicht anfzuklüren. Genie und Verdienst gelten nichts mehr, ein Paar schöne Augen, eine athletische Gestalt und ein schwarzer Schnurrbart Astes."
„Ja, wir haben das vollkommene Reich der Frauen," erwiderte die Excellenz seufzend, „zur Strafe für die Sünden unserer Väter und die unseren. Eine Frau sitzt auf dem Throne und führt die Zügel der Regierung mit einer Hand, die, so klein und weiß sie ist, doch ans Eisen zu sein scheint; eine andere Frau (die Fürstin Kathinka Daschkow) ist Präsident der Akademie der Wissenschaften, Frauen sitzen über uns zu Gericht und com- mandiren'unsere Regimenter, und nächstens, nun ich erstaune über nichts mehr."
In dem Augenblicke winkte der dierrftthuende Adftrtaut der jungen Dame cinzukreten, welche in der nächsten Sekunde vor der allmächtigen Alleinherrscherin aller Reußen stand.
So mnthig das junge Mädchen war, so klopfte ihr doch bas Herz recht heftig, als sie sich das erste Mal der großen Kaiserin gegenüber sah und ihr Auge auf sich ruhen fühlte, aber die Erscheinung der Monarchin war auch imposant genug und erst dieses große Helle Auge, das einen vollkommen zu dnrch- drirlgen schien. Katharina II. war nicht groß/aber ihr Körperbau war von fo herrlicher, so vollendeter Symmetrie und Form und ihre Haltung eine fo ungezwungen stolze, daß sie- zugleich hoch gewachsen und vollkommen schön erschien. Die strengen Züge ihres Gesichtes, die hohe Stirne, die kühn geschwungene Adlernase, das volle harte Kinn wurden durch den vollen weichen Mund, das reiche, sanft fließende Haar, das gütige Lächeln, das. um ihre Lippen spielte, gemildert. Sie trug eine reichfaltige Robe von blauem Atlas mit filbrrgestickte« Blumen, deren viek- eckger Ansschnitt ihre herrliche Büste unverhüllt zeigte , und eitr rolhes Ordensband.
Äie Kaiserin nahm zuerst das Wort.
„Ihr Name?" fragte sie kurz inid schneidend.
„Jadwiga- Alexandrowy« Niewelinski," stotterte das Mädchen und wurde purpurroth.
' Me Kaiserin lächelte, sie schien sich des Eindrucks ihrer Persönlichkeit zu freuen.
„Weßhakkr fürchten Sie mich?" Mach sie mir dem Ausdruck seltener Güte, aber es war die Güte der Löwin gegen- das arme Mäuschen, das in ihre Höhle gensthen ist. „Sie zittern ja om ganzen Leide, fassen Sie doch Muth," und zugleich nahm sie das bebende Mädchen bei der Hand. „Sprechen Sie offen zu mir, sagen Sie mir Alles, was Sit aus dem HerM habe», Sie sind so schön, fo unschuldig, ich konnte Ihnen sttzr gewogen '.sein, ja ich bin es bereits; Ihre Bitte ist in mir v-orhintin- gewährt, Spreche» Sie sich nur aus." -
„Majestät" — das Mädchen bebte und stotterte tvittzer.
„Nun — rasch!"
„Ich — ich will Soldat werden," rief das schöne, zu Tod erschrockene Mädchen und warf sich zugleich schluchzend der Monarchin zu FWsN. - ' ' '
„Soldat? Sie?" entgsgnete die Kaiserin, „und das sagen Sie 'mir/vnttr ThrSwm, ich finde — ich finde- es eher zum 'Hache«'—" und die schöne Defpokin- brach, in ein- fchakkndes Gelächter aus', „und was treibt Sie zit diesem Entschlüsse?" führ sie fort.
„Unglückliche Liebe," rief das Mädchen.
„Armes Kind — nnd deßhalb wollen Sie —" Katharina II. lachte von Neuem, daß ihr die Thränen in die Augen traten, „aber stehen Sie doch aufs"
Sie hob das Mädchen zu sich empor und küßte sie auf die Stirne.
„Vertrauen sie mir, Jadwiga," sprach die Monarchin mit entzückender Liebenswürdigkeit. „Ich. bin zu Ihrem Glück zu gleicher Zeit Frau, um Sie verstehen, und Kaiserin, um Ihnen helfen zu können, aber ich muß Alles wissen, Alles — setzen Sie sich zu mir und beichten Sie."
Katharina führte die noch immer zitternde Jadwiga zu einem Sammtdivan nnd zog sie an ihre Seite nieder.
(Fortwsung folgt.)
Allerlei.
— Einiges über den Gebrauch des Flußbades. DaS Bad ist ein Bedürfnitz des menschlichen Organismus, dessen Befriedigung niemals ohne Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit vernachlässigt werden kann. Selbst Kopfschmerz, Rheumatismus, Diarrhoe und leichtere Katarrhe geben keinen Grund, das gewohnte Bad einzustellen, welches umgekehrt. sogar fast gegen alle diese Krankheiten ein Heilmittel dielet. Selbst bei vielen fieberhaften Krankheiten kann man mit größtem Bortheile Bäder nehmen lassen. Was jedoch speciell den Gebrauch von Flußbädern betriff!, so ist hierüber Folgendes der allgemeinen Beachtung dringend zu empfehlen.
Das Flußbad entzieht dem Körper Wärme und wirkt deßhalb allerdings erfrischend, es kann aber auch durch diese Wärmeentziehung bei solchen Personen, welche nicht genug Körperwärme innerhalb ihres Bluies erzeugen, also z. B. bei Blutarmen Ernährungsstörungen veranlassen. Wer daher nach dem kalten Bade nicht ein Gefühl von angenehmer Erfrischung und Kräftigung, sondern vielmehr ein Gefühl von Unbehaglichkeit und Frösteln, von Appetitlosigkeit und Mattigkeit verspürt, darf nicht kalt baden. — Sodann wirkt das kalte Bad auch zusammenziehend auf die Haut und ihre Gesässe, weßhalb erstere bleich und rauh, (Gäusehaul) und Hautausdünstung gemindert wird. Natürlich muß sich in Folge dieser Zusammenziehung ein großer Theil des Blutes, von welchem in der Haut eine bedeutende Menge circu- lirt, in den inneren Organen anhäufen und dies gibt gar nicht selten Veranlassung zu inneren Blutungen (Bluthusten, Schlag- flntz) und Entzündungeo. Deßhalb wird das kalte Bad auch allen Personen mit sogenannten Cougestionen und solchen, die darnach stärkeres Herzklopfen. Kopfschmerz, Schwindel u. s w. bekommen, mehr schaden als nützen können. — Eine weitere Einwirkung des kalten Bades auf den Körper ist die nicht unbedeutende Erregung der Hautnervev. Diese Nerven sind nun aber empfindende nnd wurzeln alle im Gehirn und Rückenmark, ihre stärkere und häufigere Reizung läßt eine Schwäche des Nervensystems zurück, die man im gewöhnlichen Leben als Rervös-oder Reizbarsein bezeichnet. Deßhalb ist denn auch das Bad für alle reizbare«. Personen, besonders für Blutarme (bleichsüchtige) Frauen und Kuampskranke geradezu gefährlich. Daß man sich nach der Einwirkung des kalten Wassers belebter und kräfigrer fühlt, hat seinen Grund nur irr den Erregung des Gehirns durch die Nerven,. fast wie nach dem Genüsse sprrituöser Getränke. Diese Wirkung ist jedoch nicht dauernd und hi-nterläßt in der Regel Abspannung. Die- meisten der genannten Nachtheile des kalten Badens werden glücklicherweise durch die aus dasselbe folgende Reaktiv«, bestehend in Ausdehnung der Haut und ihrer Gefäße, verhütet, zumal wenn der Badende sich durch Schwimmen, Auf- und Abgehen im Wasser .in Bewegung erhält und nur fo lange in demselben verweilt, als nicht vollständige Abkühlung (Frösteln) eiugecrelln ist, was bei vom Einen früher-, bet dem Andern spület geschieht, wvßhalb sich Jeder in dieser Beziehung selbst prüfen mutz. Rasches Abtrackven und Ankleiden mit darauffolgender Bewegung, wird de« Eintritt der Renction begünstigen. Das- in bis inneren Organs zurückgetrstene Blut, witd um so kräftiger dann nach der-Dkerflächb des Körpers hingetrisben, welcher Bor- gang freilich nicht bei allen Personen gleich kräftig hörrwrtritk, nicht hotte« auch zu spät erfokgt. Darum ist. tms kalte Bad auch nur Jenen zu empfehlen, die sich ganz wohl fühle« und danach auch wicht die geringsten Beschwerden verspüren. S« mögen so oft und fo lange kalt badm, als sie selbst nach ihrem Gefühle und' ihrer Erfahrung es zuträglich finde«. Für kleine Kinder ulch- alte Leute ist das kalte Bad nicht gestmdheitsdrenlich.
- Was die Badezeit betrifft, so sind beim Gebrauch des lallen BadeS die Vormittagsstunden, oder noch besser die Abendstunden zu wählen. Das Baden in den Mittagsstunden wird nur Erschlaffung zur Folge haben. Mrchtheilig ist auch das öftere Baden an einem und demselben Tage, sowie! die üble Gewohnheit mancher Personen, aus dem Flusse hkncms-zusteigen, eine längere Zeit autzyohakb des Masters zu verweilen imd dann wieder in das Wasser zurückzngehen. Daß man nicht mit vollem Magen,
- sondern erst 2—3 Stunden nach der Mahlzeit baden darf, ist allbekannt. Eine ausdrückliche Erinnerung aber bedarf die Vor-
! schrist, daß man nicht langsam und allmählich in's Wasser ein- l treten , sonder«, nachdem ma« Kopf und Brust gewaschen hat, rasch untertauchen soll, damit in kürzester Zeit der ganze Körper
- eine gleiche Temperatur annehmerr kan«, indem durch ein langsames Eintreten in den Fluß selbst bei sonst Gesunden leicht Kongestionen nach dem Kopfe herbeigeführt werde«.
— (Das menschliche Herz), so behauptet ein engli-
- scher Arzt auf Grund langjähriger Untersuchungen, wiege beim Manne durchschnittlich 9-, beim Weibe dagegen 8 Unzen; auch nehme das männliche mit dem Alter <m Schwere zu, das. weibliche aber werde vom 30. Lebensjahre ab um ein Geringes leichter.