preußische. Nach den Empsangsreden und beendigtem Festgesange durchschritt das Kaiserpaar, begleitet von den höchsten Herrschaften, den Ministern und dem Bürgermeister Dr. Felder, das westliche und östliche Transepk der Jiidustrichallc.

Aus allen Theilen Frankreichs wird jetzt bestätigt, daß der letzte Frost a» den Weinbergen furchtbare Verwüstungen an­gerichtet hat. An der Gironde allein wird der Schaden auf 50 Millionen geschätzt.

Rom, 1. Mai. In der heutigen Kammcrsitzuiig kündigte der Präsident des Ministerraths Lanza an, daß das Kabinct in Folge der Abstimmung über den Ban des M i l i lärar s e n a l s in Tarent seine Entlassung eingereicht habe. Oie Kammer hat sich bis Montag vertagt. Das italienische Parlament bietet hier daS eigcnthümliche Schauspiel, daß die Volksvertretung mehr Geld für Militärzweckc anfgewcndcl wissen will, als der Regierung räthlich scheint.

Hu Lüttich soll die städtische Polzeibehörde um einen >Credit von 257 Frcs. nachgesuchr haben zum Zweck der An­schaffung eines Wagens für den Transport der aus der Straße im trunkenen Zustand aufgehobenen Individuen! Das fragliche Fuhrwerk wäre also ein richtigerLumpensammler."

Petersburg, 30. April. Der gestern Abend von 2094 Militärmusikern und Tambours mit der größten Präzision aus- gesührtc Zapfenstreich machte den großartigsten Eindruck. Auf dem Programme standen: Der Krönnugsmarsch aus demPro­pheten", dasPreußenlied", dieWacht am Rhein" und ein Schlußchoral. Der Weg, den die Monarchen aus der Rückkehr von der Oper znrücktegten, war durch elektrisches Licht erhellt; beide Kaiser wurden von der dichtgedrängten Menge mit enthu­siastischen Zurusen begrüßt.

Petersburg, 1. Mai. Bei dem Empfang der Adresse der deutschen Reichsangehörigen dankte Kaiser Wilhelm für die ausgesprochenen patriotischen Eiesinnungen, wies auf die großen in Deutschland vollzogenen Umgestaltungen hin, welche vor Allem durch die unvergleichlichen Thalen der deutschen Armee, außerdem aber durch die eimnüthige und opferwillige Hingebung der ganzen Nation cherbeigeführl worden seien, und fuhr dann fort:Sie ivissen. wie Gottes Fügung uns zum Siege führte in einem Kriege, zu dem wir durch einen Üekerfall gezwungen waren. Die Vor­sehung wird unsere Hoffnung erfüllen, daß Deutschlands Geschicke sich auf der gegenwärtigen Höhe erhalten und im Frieden segens­reich sortentwickcln werden. Die Einheit ist eine Thatsache und wird von Jahr zu Jahr schönere Fruchte tragen. Ein solches Reich inmitten Europas ist eine Bürgschaft für den Frieden. Uederhaupt es ist ein glückliches Gefühl für uns Alle, die wir setzt leben, daß die Vorsehung uns ausermählte, dies zu erreichen, und so werden unsere Hoffnungen ja auch in Erfüllung gehen."

Sk. Petersburg, l. Mai. Beide Kaiser mit ihren Suiten haben heu:e Mittag einen Bortrag angehört, den General Tod leben in der Genieschule über die Veriheidigung Sebastopols hielt und durch Karten, Pläne und Modelle erläuterte. Beide Kaiser umarmten den General. Kaiser Wilhelm insbesondere dankte hocherfreut über die dort glänzend behauptete Waffcnehre der russischen Armee und verlieh dem General den Orden pour 1e märlto.

Madrid, 29. April. Der gestern verhaftete Marschall Serrano ist nach wenigen Stunde» wieder freigelassen worden, gegen die vom Marschall übernommene Verpflichtung, sich frei­willig in das Ausland -zu begeben. Er reist heute nach Paris ab und begiebl sich von da nach Biarritz.

Madrid, 30. April. Die vollkommenste Ruhe herrscht überall. Die in Madrid getroffenen Vorsichtsmaßregeln und Haussilchuugeu haben ausgehört. Die von den Karlisten Komites in London und Paris verbreiteten Telegramme sind erfunden..

Das Haus am Moor.

, Fortsetzung.)

Der Mond fing schon an, von der Morgendämmerung zu erblassen, als der Fremde mit fliegendem Herzen, ganz abgemattet vor Aufregung noch einmal auf seiucm Bette einfchlief. Als er erwachte, war es Heller Morgen, sechs llhr. Er rieb sich die Augen, die Schläfe. War es ein Traum gewesen, das Begegnen mit der räthselhasten Gestalt? Da war das Bild mit dem Schäfer, da war das Fenster ohne Vorhänge, die Thüre ohne Schlüssel all das alte klapperige Gerüche, der dreibeinige Tisch, der Spiegel, der Stuhl, die Winkel und Ecken das war Alles wirklich und sowie es gestern gewesen. Aber was war das mit der Erscheinung, die er gebabt? Hatte ihn seine erhitzte Phanta­sie nicht getäuscht? Die Erinnerungen des ersten und des -zweiten Schlafesvcrrwirrten sich in seiner Einbildungskraft und er schwankte wirklich zwischen dem, was er glauben und nicht glauben sollte. Umsonst, daß er sich jedes Wort wiederholte, das sie gesprochen hatte. Das konnte er ja auch geträumt haben. Und dann wieder konnte er doch auch nicht die Wahrheit untersuchen. Er konnte nicht an die Thüre gehen, hinter welcher sie sitzen mußte; wenn er nicht geträumt Halle, so würde er sich verrglhen und sie und

sich selber verderbe». Er ward zuletzt irre an sich selber. Dann aber rief er sich jede Einzelheit zurück, die das Begegnen in seiner Erinnerung zurückgelassen, und Alles war so klar, so bestimmt so ganz ohne Zweifel, daß er endlich sich überredete, daß es kein Traum gewesen, und daß er jetzt die Schritte thun müsse, die er der Unglücklichen zu ihrer Rettung versprochen hatte.

Nachdem er sich rasch angekleidet, verließ er das Schlaf­zimmer, ging an den Gemächern, die er des Abends gesehen, vorüber, kam an die Thüre, die das Geheimniß ver­barg sie war fest verschlossen, wie am Abend vorher stieg die Treppe hinunter uno trat in die Stube zu ebener Erde, wo die alte Frau mit dem Frühstück beschäftigt war. Ihr Sohn müsse früh sort an die Arbeit, sagte sie, und sie selber wolle in einer halben stunde nach dem Dorfe um Einkäufe zu besorgen.

Der Fremde sagte, sie solle das Frühstück sür ihn nur hin- slellen. Er sei nicht gewöhn,, es so früh zu nehmen. Er wolle, da der Zug noch vor Mittag gehe, die Zeit benutzen, um sich die Außenseite des Hauses und die Gründe umher, den Garten, das Gehölz anzusehen. Der alte Mann warf ihm einen großen bösen Blick voll Mißtrauen zu.Thuel, was Ihr wollt, sagte er dann und kehrte sich ab.

Der Fremde ging durch den Garte» und, so lange ihn die Leute vom Hause noch allenfalls hätten sehen können, langsam; sobald er aber die hohe Mauer hinter sich hatte, rascher, immer rascher. Zuletzt lies er, den Bach enllanq, den Pfad nach dem Dorfe zu, bis ihm der Schweiß vor der Stirne stand. So kam er in dem Haufe des Sheriffs an, welches ihm gestern Abend der Bauer gezeigt hatte. Der Sheriff, welcher eben erst aufge­standen war. wußte gar nicht, was er aus dem Manne machen sollte und da er sah, wie aufgeregt derselbe fei, und wie er selbst zwischen Ueberzeugung und Zweifel schwankte, so schenkte er seiner räthselhasten Enthüllung wirklich wenig Glauben.

Bedenkt," sagte er zu dem Fremdenwas Ihr zu thun im Begriffe seid! Ihr zeichnet eine Familie, die bisher Jahre und Jahre lang unbescholten gewesen, des gräßlichsten Verbrechens, welches Menschen zu verüben im Stande sind ja einer ganzen Kette von Verbrechen."

Ich weiß, was ich thue," sagte der Fremdeund ich nehme die ganze Verantwortlichkeit auf mich." Sein Athem stockte, als er dieses gesagt, und sein Gesicht ward todtenbleick.

Nun gut", erwiderte der Sheriffich muß Euch Folge leisten, sonst würde ich es vielleicht nicht ohne Weiteres thun."

Dann beorderte er zwei Constabler. die geladene Büchsen trugen, und zusammen machten sich die Viere, der Fremde, der Sheriff und die beiden Bewaffneten auf den Weg nach dem Hause am Moor.

Als sie vor der Pforte angekommen, war diese verschlossen. Sie zogen die Glocke. Der alle Mann erschien, um zu öffnen. Nicht die geringste Spur vor Angst oder auch nur Ueberraschung war in seinem Gesichte wahrzunehmen, als er die seltenen Gäste sah. Dem Fremden aber fuhr es wie ein Schlag durch die Glieder, daß der Alte so gleichgültig bleiben konnte.

'Wo ist Eure Frau?" sagte der Sheriff, nachdem sie ein- ge.treten waren.

Nach dem Dorfe, Sir", erwiderte der alte Mann sehr ge­lassen.

Und wo ist Euer Sohn?"

Ans dem Zimmerplatze, Sir", war die Antwort ebenso.

Dieser'Herr" begann der Sheriff nach einer Pauseklagt Euch dreie eines schlimmen Verbrechens an."

So!" erwiderte der Alte, ohne eine Miene zu verziehen.

Seid Ihr Euch keiner bösen That bewußt, die Euer Ein- geständniß vielleicht in ihren bösen Folgen für Euch mindern könnte?"

Keiner, Sir," versetzte der Alte, ohne nur mit den Augen zu zucken.

So führt uns", wandte sich der Sheriff hierauf an den Fremden,zu der Thüre, hinter welcher nach Eurer Angabe das Mädchen gefangen sitzen soll. Das Mädchen, welches die Zeugin eines Mordes gewesen," setzte er mit einem'forschenden Seiten­blick auf den Alten hinzu.

Auf diesen aber machte derselbe nicht den mindesten Eindruck.

Habt Ihr heute den Schlüssel zur Hand?" fragte der Fremde den alten Mann.

Ich habe ihn nicht, aber ich kann ihn suchen", sagte dieser gleichgültig.

Dann gingen Alle zusammen in das Haus und die große Stube zu ebener Erde, auch der Hund lief mit, welcher dem Sheriff gesolgr war. Nach langem Suchen in einer Schublade, während dessen dem Fremden das Herz klopfte, als ob es ihm zerspringen wollte, fand der alte Mann den Schlüssel und sagte: Ich habe den Schlüssel gefunden." Dann stiegen sie zusammen die Treppe hinan; der alte Mann steckte den Schlüssel in das Schloß der von ihm bezeichneten Thüre; die Thüre öffnete sich, und das Gemach war leer. Nur altes Gerümpel war darin, wie der alte Mann am Abend vorher gesagt hatte, aber kein Mädchen. (Schluß folgt.)