München, 6. Nov. Die gesammte Mannschaft von der preußischen Landwehr-Division Kummer, welche als Escorte von Kriegsgefangenen uus Metz i» den nächsten Tagen hier eintref- sen soll, beiläufig 125 Mann, wird auf königlichen Befehl u. a. auch zu einer Festtafel in der k. Residenz geladen werden.

Berlin, 8. Nov. Die Kreuzzeitung schreibt: Wie vor­auszusehen war, haben die Herren der Pariser Regierung die Vorschläge des Bundeskanzlers für einen Waffenstillstand abge­lehnt. Sie wollen von der Wahl einer Constituante, welche ihrer Oberherrschaft ein Ende machen könnte, nichts wissen. So wird die Sache also wohl kriegsgcmäß ihren weiteren Verlauf nehmen. Nordd. Allgemeine: Die Kanonen werden nunmehr dieser Regierung und ihren freiwilligen oder unfreiwilligen An­hängern im Volke Vernunft predigen müssen, welche sich bisher vergeblich Eingang zu verschaffen gesucht hat. Deutscherseits ist das Mögliche geschehen, der unglücklichen Hauptstadt Frankreichs die letzte Katastrophe zu ersparen. Das Blut und der Fluch ver Tausende, die unter derselben zu leiden haben werden, kommen über das Haupt derer, die sich zu Machthabern Frankreichs auf­geworfen, ohne den Muth zu haben, der Situation ins Auge zu sehen und die Consequenzen derselben anzunehmen. (N.-Z.)

Berlin, 9. Nov. Bezüglich des Angriffs auf Paris sagt die Prov.-Korr.: der Befehl wird gewiß im Augenblick ertheilt werden, wo es unter Berücksichtigung aller betreffenden Verhält­nisse, namentlich auch der weiteren inneren Entwicklung in Paris, angemessen erscheint. (S. M.)

Berlin, 10. Nov. Von einem Revisionsreichstag nach dem nächsten norddeutschen scheint abgesehen. Falls Bayern nicht vor dem Zusammentritt des norddeutschen Reichstages sich einigt, würden die nächsten Wahlen für den ersten gesetzgebenden deutschen Reichstag voraussichtlich ohne Bayern stattfinden, das später pure deitreten müßte; eine bessere Wendung Bayerns im letzten Augen­blick ist immer nicht ausgeschlossen.

Die Verluste der Norddeutschen Truppen belaufen sich nach den bisherigen 100 Verlustlisten auf 5093 Offiziere, 60,108 Mann, zusammen 65,211, darunter 5989 Vermißte. (B.-Z.)

Wien, 10. Nov. In vierstündiger Sitzung der Adreß- kommission des Herrenhauses, wobei sämmtliche Minister anwe­send waren, vertheidigten gestern die Minister Potocky, Stremayer, Taaffe und Tschabuschnigg die Regierungspolitik gegen Angriffe von Lichtenfels, Hratig, Carlos, Auersberg, Unger, Schmerling. Namentlich wurde die Erklärung Potocki's, daß er nicht an den Verfassungsgrundlagen gerüttelt, bekämpft, und die Schaffung einer Art Anarchie in Böhmen und theilweise in Galizien der Regierung vorgeworfen. Einstimmig wurde Anton Auersberg zum Berichterstatter gewählt. (S. M.)

Nicht die Franzo sen nur Er! Zur Steuer der Wahr­heit geben wir folgenden Artikel der WienerPresse": Es ist zum Uebersluß von den republikanischen Blättern behauptet und auch von einigen deutschen Schriftstellern thörichter Weise nach­gebetet worden, daß die französische Nation nicht den Krieg gewollt habe, und deßhalb ist es interessant, zu erfahren, wie sich gegen diese Behauptung dasEcho Franxais" in Brüssel, und zwar in einem Briefe aus Tours verhält. Wir schicken die Bemerkung voraus, daß dieses von französischen Journalisten gegründete und geschriebene Blatt den Partisanen desKrieges bis auf's Messer" gehört: Laßt uns doch ein für allemal die tapferen Diener der Wahrheit sein sagt der Korrespondent laßt uns aufhören, uns niit Hirngespinnsten und Lügen zu be­rücken. Als Frankreich Preußen angriff, hatte es einen Zweck, den Jedermann kannte. Es wollte die letzten Folgen der Ver­träge von 1815 vernichten; es hatte eine alte Schande abzu­schütteln und sich auf seiner Ostgrenze zu sichern. Mit einem Worte, es wollte die Rheingrenzen erobern. Diejenigen, welche das Gegentheil sagen, lügen. Diejenigen, welche sagen, Frank­reich, das seit 1866 durch alle Blätter der Opposition aufgereizt worden war, habe den Krieg nicht gewollt, die lügen. Wir wollen aufrichtig sein, wir wollen es nicht machen wie der Schul­bube, der, auf einem losen Streiche ertappt, weinend ausrust: Ich bin es nicht gewesen! Ja, Frankreich, du hast deine früheren Niederlagen rächen wollen und du hattest Recht, es zu wollen. Aber füge nicht zu deinen jüngsten Niederlagen die Ausflüchte der Lüge; du wolltest den Rhein, die Grenze, die Gott dir gegeben hat. Wohlan, wie kann man Preußen für so wahnsinnig, so feige halten, um nicht gegen Frankreich dasselbe zu thun, was dieses gegen Preußen thun wollte, und zwar nicht aus Rache, sondern seiner (Preußens) Sicherheit wegen? Mit solchen stu­piden Lügen entnervt man das Volk, schließt der Verfasser, das sich vielmehr wie Ei» Mann erheben sollte, um die Deutschen ans dem Lande z» treiben.

Die Glocke berichtet: Man hat im Stadthaus, nach dem Abzug der Ruhestörer, eine chisirirte preußische Depesche gefunden. Dieses kleine Stück Papier, welches ein Agent des Grafen Bismarck dort liegen ließ, wird dort aufbewahrt (d. h. man sucht den albernen Verdacht zu verbreiten, daß die Ruhe­störung am 31. Okt. von den Preußen angestiftet worden sei!). Bazaine hat an seine Gattin in Brüssel die Mittheilung

gelangen lassen, daß er die preußische Regierung um seine Jn- ternirung in Aachen gebeten habe. Er ersucht seine Gattin sobald sein Gesuch genehmigt sein wird, ihm dorthin nachzureisen'.

Metz, 5. November- Die Stadt nimmt jetzt wieder ihr alltäa- Iiches Aussehen an: die Läden haben sich alle wieder geöffnet, und auch die Patisserien, Cafe'S und Gasthöfe können ihren Gästen reichlichere Speisen und Getränke vorsetzen. An Wein hat es in der Stadt niemals gefehlt, und der billige, leichte Moselwein mundet unseren Soldaten recht wohl. Unsere Truppen sind setzt schon vielfach einquartiert. Da die meisten Kasernen und öffentl. Gebäude mit Kranken und Verwundeten belegt sind, an deren Wcgschaffung bis jetzt noch nicht gedacht werden kann, mutzten die erjte» hier einmarschirten Bataillone, soweit sie nicht in den geräumigen bombenfesten Kasernen der Forts Platz fanden in den wenigen noch freien öffentlichen,Gebäuden ernquartirt werden,' wo sie theilweise in den Höfe» bivouakirten. So bot namentlich die Halle deS Erdgeschosses des Hotel de Pille, der Place Napoleon vor demselben und der geräumige Hof des palastartig gehanten schönen Stadthauses in den ersten Tagen der Besetzung einen wildromantischen Anblick. Mäch­tige Feuer brannten, über welchen in den großen Feldkesseln schönes Fleisch brodelte; da herum lagerten auf ihren wollenen Decken hinge­streckt, die kerngesund dreinschauenden meist bärtigen Krieger, und der Wiederschein des Feuers ließ die frischgeputzten Gewehre und Waffen gespenstisch in die Nacht hinein leuchten. Die munteren Witze und Possen der 61er, dis an all den Gefechten der Division Kummer so ruhmreichen Antheil genommen, und deren Name unter der franz. Garnison von Metz einen so gefürchteten Klang hatte, zwangen die herumstehenden verdrossen dreinschauenden Messins immer wieder zum Lachen: das Kau­derwelsch, in dem sie mit den Franzosen plauderten, dis erstaunt auf diese wohlgenährten, durch das lange Lagerleben gebräunten Männer schauten, und die freundliche Rücksicht, die sie gegen die herumgehenden verwundeten Franzosen zeigten, hatten gar bald das Eis gebrochen, das von Anfang an die Herzen der Messins erstarrt zu haben schien. Jetzt, da Abends das Gaslicht wieder die Straßen der Stadt erleuchtet, sieht man schon gar manchen deutschen Krieger mit seinem Quartierwirth her­umgehen, der seinen nordischen Gast, den er für einen wilden Barbaren gehalten, wenn er vielleicht auch nicht einmal sich mit ihm verständigen kann, doch als einen braven, redlichen, zu jeder Gefälligkeit bereiten Soldaten kennen gelernt hat, was er von seinem ehemaligen Lands­leuten meist nicht sagen konnte. Hatte man sich doch in Metz vordem davor stets zu bewahren gesucht, Soldaten in Bürgerquartiere zu legen; denn man fürchtete die eigenen Landeskinder, von deren unsittlichen An­griffen und diebischen Fingern gar manches Haus zu erzählen weiß. Auch das Theater ist in eine Kaserne umgewandelt worden. Drei Kom­pagnien liegen in seinen Räumen, und dis lustigen westfälischen Jungen, die ihr Lager auf den Bänken des Paterre, der Logen und in den Gän­gen aufschlugen, haben wohl mit Absicht den Bühnenraum frei gelassen ; denn sie benutzen denselben zu regelmäßigen allabendlichen Vorstellungen, die einige von dem Geiste Thespis angehauchten Kinder der rothen Erde hier produziren.

Wie der Korrespondent der Times in Tours mittheilt, hat E. Arago den verschiedenen Bürgermeistern von Paris die Weisung gegeben, das Eigenthum der aus Paris vertriebenen Deutschen als steuerpflichtig anznsehen. Wenn diese Steuern nicht gezahlt werden, soll das Mobiliar mit Beschlag belegt werden.

In Paris verkaufte dieser Tage ein Butterhändler an gras 2000 Pfund gesalzene Butter für die Summe von 38,000 Fr., d. h. er ließ sich das Pfund mit 19 Franken bezahlen.

Der frühere Präfekt von Paris, Haußmann, ist am 31. Oktober in seiner Villa Montboron bei Nizza eingetroffen, aber sofort verhaftet worden.

Genf, 8. Novbr. Nachrichten aus Lyon zufolge begann die dortige Filiale der Bank von Frankreich mit der Uebersiedelung der Fonds nach Toulon. Der Maire von Lyon, Henon, hat in Tours wiederholt um Verstärkung der Besatzung gebeten.

Brüssel, 9. Nov. Der Times zufolge richtete Thiers ein Schreiben an den Papst, besagend, er habe sich zum Anwalt seiner Sache während seiner Rundreise an den europäischen Höfen ge­macht. Alle Mächte seien einig, die Sache des Papstes bei einem zukünftigen Kongreß (?) in Erwägung zu nehmen. (S. M.)

Der deutsche Mann.

von G. Kemmler.)

(Aus:Deutsche Lieder' Wer ist ein deutscher Mann? l Der, treu dem Vaterlande, > Bring's Ehre oder Schande, ^ Sich selbstlos opfern kann:

Der ist ein Deutscher Mann.

Wer ist ein deutscher Mann? Der allem Träumen ferne ! Nach seines Zieles Sterne Ringt, wie er irgend kann:

Der ist ein deutscher Mann.

Wer ist ein deutscher Mann? Der, ob ihm Haß geschworen . Die Klugen und die Thoren, ! Doch furchtlos lächeln kann:

Der ist ein deutscher Mann.

Wer ist ein deutscher Mann? Der allzeit seine Pfade Geht wahrhaft und gerade,

Nicht Schliche leiden kann:

! Der ist ein deutscher Mann.

Wer ist ein deutscher Mann? Der stets, so warm er fühle, Den Kopf doch in der Kühle Und oben halten kann:

Der ist ein deutscher Mann.

Wer ist ein deutscher Mann? Der nur aus Gott die Stärke Sich schöpft zu allem Werke Und ihm vertrauen kann:

Der ist ein deutscher Mann.

Wer ist ein deutscher Manu? Graf Bismarck ists vor Allen Ihm soll ein Hoch erschallen! Und wer ihn schmähen kann, Der ist kein deutscher Mann.

Graf Bismarck, deutscher Mann, Dich woll' uns Gott erhalten Und segnen all Dein Walten! Leucht' allem Volk voran Noch lang, du deutscher Mann!

! Redaktion. Druck und Vertaq der G. W. Zaiser 'scheu Buchhandlung.