und daß der General, nachdem er bereits dreimal vergeblich seine Demission eingereicht hat, mit einer Handvoll Leute völlig sich selbst überlassen ist.
Aus dem Lager Garibaldi's hat Daily News Briefe bis rum 1. Nov., welche zunächst über die Scharmützel bei Besanyon und Auxonne berichten. Bei Auxonne ließen 7000 Mann Mobilgarden ihre Waffen im Stich und kniffen aus, so daß die Preußen, ohne einen Schnß gethan zu haben, in Dijon einzogen. Cambriels soll sich einen Sxtrazug bestellt haben und per Eisenbahn entflohen sein. Von dem vielgerühmten Enthusiasmus der Bevölkerung ist in den Departements Cote d'Or und Jura nichts zu merken; man glaubt nicht an den Sieg, fürchte die Rache der Preußen und hält es für unnütz und hart, daß trotz dieser Aussichten ihnen so schwere Bürden zur Bekämpfung des Feindes auferlegt werden.
Wie es um die Ausrüstung der Garibaldiner bestellt ist, zeigt folgende Episode. Den 31. Okt. saß der Korrespondent des englischen Blatts mit den Offizieren des Stabes zu Tisch, als im Gespräch erwähnt wurde, daß das erste von Major Azzi befehligte Bataillon sich geweigert hatte, die für dasselbe ausgegebenen Flinten mit Feuersteinschlössern zu nehmen. Kurz darauf trat der Major selber ins Zimmer und richtete sich an den Oberst mit den Worten: „Die Leute weigern sich nicht zu kämpfen, sie sind bereit, unbewaffnet auf Vorposten zu ziehen, aber sie verweigern die Annahme dieser Schießprügel, du sie sehen, daß die Mobilen, die vor den Preußen fliehen, sämmtlich mit Chassepots bewaffnet sind." Der Oberst, zugleich Vizechef des Stabes, bemerkte ernst, daß Feuersteinschlösser besser seien, als gar Nichts, aber die Leute waren anderer Ansicht, und ihnen stimmte General Trspalli bei. Als jedoch auch er seiner Meinung keinen Eingang verschaffen konnte, blieb nichts übrig, als das Diner fortzusetzen. Es dauerte nicht lange, so kommt ein Capitän herein. „Oberst." so sagte er, „die Leute vom zweiten Bataillon sind bereit, selbst mit diesen Gewehren auf Vorposten zu ziehen, aber geben Sie uns Zündhütchen, die dazu passen." „Ah, das ist zuviel," sagte Oberst Bordone; „ich selbst habe sieben versucht, und sie gingen alle los." „Dann versuchen Sie diese einmal," und eine Hand voll wurde vor dem Obersten auf den Tisch gelegt, aber keines von ihnen war auf die Pistons zu kriegen. „Gehen S-ie nach der Reiterkaserne, und sehen Sie, was Sie da bekommen können." Der Kapitän ging und kam nach einiger Zeit zurück. „Nichts zu bekommen, Oberst. Das Einzige, was uns zu thun übrig bleibt, ist, alle Minisgewehre in der Stadt durch Requisition aufzntreibe». Es sind ihrer deren 80 da; mit diesen wollen wir gehen." Und so geschah es denn schließlich.
Wäkrend die scbaarcnweise aus Metz geflüchteten Offiziere in Brüssel alle Federn in Bewegung setzen, um den Verrath Bazaine's zu konstatircn, citirt ein Korrespondent der „Daily News" folgende Aeuße- rung eines alten französischen Obersten: „Die Kette der erlittenen Niederlagen wird nicht genügen, die französische Nation von ihrem Durst nach eitlem Ruhm zu heilen. Die Offiziere sind hauptsächlich die Schreier, die widrigen gedankenlosen Schreier nach Is xtoire. Sie heulten nach Krieg, entnervt wie sie waren durch Liederlichkeit und Absinthe, unwifiend -was den Dienst anbetrifft, geistig ungebildet und körperlich geschwächt. Ich fürchte, es ist zu weit mit ihnen gekommen, sie sind zu tief durch und durch verdorben und entmannt, als daß sie aus den heutigen Prämissen den richtigen Schluß ziehen könnten, und ich würde mich nicht wundern, wenn Sie in Jahresfrist dieselben Bummler wieder nach Krieg järmen hörten, obfchon sie eben so wenig vorbereitet wären, denselben erfolgreich zu führen, als in dem jetzigen Falle."
Der Gemeinderath von Lyon hat folgende Verordnung erlassen: Der Gemeinderath, von der Nothwendigkeit überzeugt: verordnet: Die Stadt wird sich eher bis zu ihrer vollständigen Vernichtung vertheidigen, als daß sie die Schmach einer Uebergabe annimmt. Die Greise, die Kinder und die Frauen können allein den Platz verlassen. Die Feigen vor dem Feinde werden als Deserteure behandelt. Ihre Namen werden der Infamie Preis gegeben werden. Der Maire von Lyon: Hönon.
Ein tüchtiger Feld Prediger muß nicht nur das Schwert des Geistes, das Wort Gottes, gut zu führen verstehen, sondern, wenn es noth thut, selbst mit dem Schwert drein schlagen. So hat es der Feldprediger Matth es aus Wittenberg gethan. Er hatte eben seine Division durch das Wort Gottes zum Gefechte angefeuert, als eine feindliche'Ka- nonenkugel ihm das Pferd unter dem Leibe tödtete und eine andere Kugel den Compagnieführer neben ihm niederstreckte. Da stieg er auf das Pferd des Offiziers, übernahm das Kommando und führte seine Schaar zum Siege. Dafür wurde ihm das eiserne Kreuz zu Theil.
Aus den Lazarethen. Kürzlich kam mit einem Transport Verwundeter ein Pole hier an, der einen Schuß im Bein hatte, aber dennoch nicht ins Lazareth gefahren sein wollte. Ja, als ihm ein .Herr vom Sanitätscorps wenigstens Tornister und Flinte tragen wollte, meinte er lächelnd: „ne, dat wäre mir doch zu wenig männlich" und humpelte so gut es ging mit Sack und Pack ins Lazareth. — Bei einem ankommen- den Husaren stack die Kugel noch im Bein und der Arzt konnte sie nicht finden: er machte tiefe Einschnitte mit der Sonde, aber alles vergeblich. Da nahm der Husar seine Cigarre aus dem Mund und sagte: „Geben Sie mich mal das Dings da." Nun ficng er selbst an zu schneiden und brachte bald mit dem triumphirenden Rufe: „Sehen Sie, da ist sie!" die Chassepotkugel zum Vorschein.
Aus Versailles vernehmen wir aus guter Quelle, daß Bayern eine Ansnahmsstellung beanspruche, welche die Festhaltung des militärischen Commando's im Frieden und die diplomatische Vertretung dem Auslande gegenüber in sich schließen werde. Wir gestehen, daß wir bei dem notorischen Partikularismus der Herren Prankh, Bray und der unentschiedenen Schlauheit des Justiz
ministers vom Anfänge an auf ein vollstänt'ig befriedigendes Ergebniß der Verhandlungen in Versailles verzichteten; dennoch wird es gut sein, die Freude über das Errungene nicht durch die Erbitterung über partikularistifche Nörgeleien sich verderben zu lassen. Ein bayerisches Sprichwort lautet: „Allweik fchö kloa- weis!" eins nach dem andern; man wird auch mit Herrn v. Prankh, Bray und Lutz, wenn sich die Nachrichten aus Versailles bestätigen sollten — noch fertig werden. (S. V.)
Aus Versailles, 3. Nov. schreibt man der A. A.: Wiederholte Informationen bestätigen leider das bayerische Schisma. Sollte die öffentliche Meinung des Landes und Deutschlands überhaupt nicht durch einen lauten Protest dieses drohende Unheil verhindern können?
Stuttgart, 8. Nov. Unsere Münchener Quelle vervollständigt ihre Mittheilungen vom 1. Nov. über die Verhandlungen in Versailles und berichtet ferner: Die süddeutschen Staaten treten vollständig in den deutschen Bund auf Grundlage der Nordbundverfassung ein. Sie acceptiren das zu erweiternde deutsche Oberhandelsgericht in Leipzig, die allgemeine Freizügigkeit, sowie freie Wahl der Kriegsdienstpflichtigen über den Ort der Ableistung derselben, norddeutsches (noch zu ergänzendes) Strafgesetzbuch. Die nordd. Gesetze vom 13. Mai 1870 doppelte Steuerleistung betreffend, vom 16. Juni 1370 über die Ausgabe von Papiergeld, vom 10. Juni 1869 über Wechselstempelsteuer, ferner vom 14. Juni 1868 schleswig-holsteinische Pensionen betr., vom 3. März 1870 Elbzölle betr., sowie über allgemeine deutsche Marine-Anleihe sollen sofort in Kraft treten, deßgleichen die Bundesgesetze vom 1. Juli 1868 über Aufhebung der Spielbanken, vom 7. April 1869 über Maßregeln gegen die Rinderpest, vom 1. Juni 1870 über Flößereien und endlich das Gesetz vom 3. Juli 1869 über die Gleichberechtigung der Confessionen. Gemeinsames Nationalindigenat soll auf dem Wege der deutschen Bundesgesetzgebung alsbald eingeführt werden. (N.-Z.)
In Calw tritt Georgii nicht mehr auf; die Volkspartei stellt, wie schon gemeldet, Wagner, die nationale den Stadtschultheiß Schuldt auf.
Wie verlautet, wird Herr Rechtsanwalt OskarWächter in Leonberg auftreten. (B.-Z.)
Im Enzthäler wird als Abgeordneter für Neuenbürg von einer Anzahl Patrioten Herr Eduard Leo von Höfen als der Mann des Vertrauens bezeichnet. (B.-Z.)
Hohenasperg, 7. Nov. Nachdem seit dem Ausmarsch
unserer Garnison hier oben beinahe Kirchhofstille geherrscht, ist es nun auf einmal anders geworden. In vergangener Woche rückte ein 120 Mann starkes Depot Landwehr vom 4. und 6. Regiment ein und heute Nacht */»12 Uhr kamen die schon seit einigen Tagen erwarteten Gefangenen von Metz an, 800 an der Zahl. Es war ein wehmüthiger Anblick, als diese mit Schmutz bedeckten, in Mäntel und Teppiche aller Art gehüllten, vor Kälte zitternden Gestalten durch das Thor zogen und in dem vom Hellen Mondschein erleuchteten Festungshofe aufgestellt wurden. Bald jedoch strahlte Freude auf allen Gesichtern, als sie die gut erwärmten Säle betraten und lautes Jauchzen tönte aus aller Munde, als sie die für sie bestimmten Betten mit frischer Leinwand und wollenen Decken sahen; hatten ja die Armen schon seit 3 Monaten, wie sie sagten, kein Bett mehr gesehen, sondern stets auf nassem Boden geschlafen. Die ihnen noch in der späten Nacht gereichte Nudelsuppe mit Ochsenfleisch schien ihnen trefflich zu munden. Ein komisches Bild bot der anbrechende Morgen, als sie sich um die Brunnen schaarten, um wieder einmal die schon lang versäumte Toilette zu machen und die mit Koth überzogenen Hosen, Mäntel und Stiefel zu waschen, ein Geschäft, das bis zu diesem Augenblick emsig fortgetrieben wird und beweist, daß es mit ihrem Reinlichkeitssinn nicht so schlecht bestellt ist. Trotz der ausgestandenen Strapatzen ist ihr Aussehen im Ganzen gesund.
(Zur Arbeiterfrage.) Bezüglich der aus Frankreich verwiesenen Arbeiter, welche als nahezu die geschicktesten ihres Faches betrachtet werden dürfen, schreibt eine deutsche Jndustrie- zeitung die beherzigenswerthen Worte: „Was hielt den deutschen Arbeiter in Frankreich so fest, daß er nicht gleich sein Vaterland aufgesucht hat, als der erste Kriegslärm ertönte? Es war der Verdienst, welcher in so manchen Branchen dort besser ist als bei uns, und muß der deutsche Industrielle, welcher den vertriebenen Arbeiter fesseln und zwar dauernd an die heimathliche Erde fesseln will, auch darauf Rücksicht nehmen, und ihm das geben, was er beanspruchen kann. Die deutschen Arbeiter werden von ihren Prinzipalen schmerzlich vermißt werden, darum sollen die deutschen Arbeitgeber dafür sorgen, daß nie eine Sehnsucht sie nach dem Lande zurnckträgt, welches sie so schmählich daraus verjagte. Die besten Kräfte unserer Industrie sind uns zurückgekehrt, stellen wir dieselben nun so an, daß ihr Wirken der deutschen Industrie zu Gute kommt, für welche ja jetzt eine neue Periode eintret en wird, wie das im politischen Leben schon der Fall ist." (N.-Z.)-
Ein Goldarbeiter in Karlsruhe hat sich, wie der Neckar. zeitung von da geschrieben wird, erboten, alle in einem der Karls, ruher Lazarethe ausgeschnittenen Kugeln den betreffenden Ver mundeten unentgeltlich in Silber zu sassen.