Mort».

10. November: Eine feste Burg ist unfer Gott.

Der herrlich»' Sänger, er tritt herein:

Zu dem Guten bringt er das Beste.

II- Die Wahrheit elfter sich nicht nach uns, wir muffe» uns nach ibr richten.

Waffenstillstand und Friede

lassen »ich! mehr lange auf sich warten, ob nun Paris durch Hunger oder Granaten bezwungen werden muß. Diese Annahme wird um so wichtiger, nachdem in Paris die besseren und des­halb auch einsichtsvolleren Elemente im Kampfe mit dem von Flourens geführte» Pöbel die Oberhand gewonnen haben. Aller­dings könnte seht auch der Fall eintreten, daß die Bataillone, die bis jetzt zur Beobachtung der Floiirens'schen Rotten ausgebo- ten werden mußten, de» Armeecorps von Vinoy und Ducrot zu- getheilt werden könne», so daß diese einen beträchtlichen Zuwachs an Streilkräste erhalten würden. Gerade in Folge dieses Zu­wachses könnte sich der Trotz der Pariser steigern, und wenn auch die Hoffnung, die Belagerungsarmeen zu schlagen oder auch nur zu durchbrechen, eine sehr geringe sein mag, so könnte doch die Absicht, dem kochenden Grimme Luft zu machen und die ver­stärkte Kraft den Gegner wenigstens fühlen zu lassen, zu einem Ausfälle in größerer Ausdehnung Anstoß geben. Nach einer am 20. Sept. ausgestellten amtlichen Berechnung des Adjunkten des Gemeindevorstandes von Paris sind die damals vorhandenen 24,000 Ochsen, 150,000 Schafe, 9000 Schweine nahe daran, aufgezehrt zu sein; auch wenn mau den Abgang in Folge der Rinderpest (Vergiftung", wahrscheinlich durch die Deutschen, nennen's die intelligenten Pariser) nicht in Anschlag bringt. Pferdefleisch ist eine Rarität und Katzen, als Kaninchen präpa- rirt, eine Delicatesse. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Flcischnahrung bis zum 12. Nov. erschöpft ist; Paris wird noch erhebliche Vorräthe an Mehl, Reis, Gerste u. s. w. haben; allein mit dem Verschwinden der gewohnten Fleischnahrung wer­den auch die epidemische Krankheiten ihren Einzug in Paris halten. Die eben verfließenden Stunden sind, falls die Würfel nicht schon gefallen fein sollten, entscheidend. Sollten sich die angeknnpften Un­terhandlungen abermals zerschlagen, so wird der letzte Kampf be­ginnen. Nach dem preußischen Staatsanzeiger sind die Vorbe­reitungen zum Bombardement so weit gediehen, daß es zum Beginn desselben nur noch des Befehls des Königs bedarf. Ob dieser Befehl gegeben wird? die nächsten Tagen bringen die Ant­wort. Die Geschichte wird ruhiger urtheilen, als es der Gegen­wart möglich ist, und in wenigen Jahren, wenn die erbitterte Stimmung der Gegenwart besänftigt ist, würde man nur noch auf die zerstörte Weltstadt blicken, aber sich nicht mehr des Ueber- muthes ihrer Einwohner, die den Krieg schüren halfen, erinnern.

Tages-Neuigkeite

!I.

Kriegsschauplatz.

Aus Metz vom 31. Okt. schreibt der Spezial-Korrespon- dent derDaily News", daß sich der Unwille der Bürger von Metz gegen den Marschall Bazaine größtentheils aus dem Um­stande erklärt, daß die Kapitulation sie der Gelegenheit beraubte, von den von ihnen angesammelten Vorräthen Nutzen zu ziehen. Mangels an Fonrage starben täglich eine Menge Pferde, und jetzt finden die Preußen Heu- und Getreidevorräthe in Plätzen, wo man dergleichen gar nicht vrrmuthete.

Der am 30. Okt. bei Le Bourgei östlich von St. Denis vom Feind versuchte Ausfall war ein sehr heftiger, der Kampf ein verzwei­felter und blutiger zu nennen. Mit überlegenen Streitkraften griffen die Franzosen die Truppentbeile der Garde und des 4. Korps an: an­fänglich gelang cs dein Feinde, uns aus unserer innegehabten Position bei Le Bourget, einem aus strategischen Gründen für uns wichtigen Flecken, zu verdrängen. Mit Sturm unter Bajvnnettattaqus griffen dar­aus unsere Truppen den Feind an und wurden nach einem mehrstündi­gen blutigem Treffen Herren des Kampfplatzes. Mit Hinterlassung von 30 Offizieren und 1200 nicht verwundeten Soldaten, die gefangen wur­den, zog sich der Feind in Unordnung zurück. Todte und Verwundete batte er in großer Anzahl verloren. Auch auf unserer Seite sind zahl­reiche Verluste zu beklagen, die sich summarisch auf etwa 500 Ntann be-

kaufen. . . E' dZ

Einer Schilderung der Zustände in Metz am 31. Okt. aus der Feder Wachenhusens in der Köln. Z. entnehmen wir Folgendes: Wie Sedün war auch wieder ein großer Äoßmarkt. Die DfslZlere

mußten ihre Pferde verkaufen, schienen aber einstweiken noch aus hohe Vreise zu halten. In den Vorstädten namentlich liefen die abgemagerten Mähre» wie die Hunde umher, herrenlos, ohne Nahrung, m ganzen Rudeln jedem Leiterwagen nachrennend, aus weichem fie ein Bund «trotz liegen iahe». Tie armen Thiere waren in einem bejammernswert!)-!. Zustande : selbst der Metzger hätte kein Pfund Fleisch aus ihnen heraus- aeschiiilteii. Eben so elend waren die Maulthiere, die zu Hunderten aus der Chaussee, an der Brücke, auf den. Feldern umherliefen und aus dem Koth sich neck einige Nahrung heraussuchten- Der Hunger der Pferde und Maulthiere war so arg, daß sie sich von den Koppeln losriffen, wenn sie einen Grasfleck bemerkten, während andere ichon dem Hungertods so nahe waren, daß sie hin und her wankend daslanden und v^ unseren Augen zusammenbrachen. In der Stadt ging alles m Ruhe und Ordnung vor sich. Die französ. Offiziere drängten ,ich vor dem Hotel de i'Europe, die Mannfchasten sammelten sich allmählich, um zu den ihnen angewiesenen Lagerplätzen zu marschiren. Nur in den Vorstädten sahS toll und wüst aus. Hier lagen noch am Abend die Betrunkene» zu Duzenden in dem fußhohen Lehmschiamm: mitten im Wege ,ah man

die Rolhhoicn dastehen, wackelnd, um sich schlagend, taumelnd und end­lich rn den Koth sinkend. Heerdenweise wurden die Pferde davonge- fchleppt, wohin, ich weiß es nicht. Die Marketenderkarren garnirten die Chausseen und die Wege und machten natürlich die glänzend­sten Geschäfte,'denn die Bürgerschaft selbst schickte ihre Dienstboten hin­aus, um Einkäufe machen zu lasten, und in den Schnaps säffern der Maketender gab's so viel Trost für all den Verrath, all die getäuschten Hoffnungen, all den patriotischen Schmerz, den man seit dem 27 zu Mausen bemüht war. "

Hauptquartier Versailles, 2. Nov. Seit der Abreise Thiers' donnern unaufhörlich die Kanonen vom Fort Valerien oder Fort Jssy als Antwort auf die Vorschläge einer Waffenruhe

Versailles, 2. Novbr. Thiers ist mit Sack und Pack, so zu sagen, aus Paris hier angekommen, d. h. mit einer Reihe von Wagen, die ihm seine Habseligkeiten von Paris nach Tours nachschleppen. Also in der Hauptstadt bleibt er nicht. Während Thiers gestern bei Bismarck war, füllte eine Menge von mehre­ren Hunderten von Menschen die Straße, zwar nicht den Raum unmittelbar vor der Wohnung des Kanzlers, den die Schutzleute frei hielten, doch das gegenüberliegende Trottoir, um Geberden- spüherei zu treiben. Diese will bemerkt haben, daß Thiers sehr ernst um 12 Uhr gekommen und um 3 Uhr gegangen ist, daß Graf Bismarck noch ernster ihn bis an die Thür des Hauses geleitet (nicht bis an den Wagen, wie am Sonntag), und daß er sehr ernst darauf zum König in das Präfekturgebände gefah­ren ist, wähe«»p Thiers seine Reise fortgesetzt hat.

Versailles, 3. Nov. An den Pariser Straßenecken be­fanden sich in den letzten Tagen große Plakate angeschlagen, in denen zu lesen war, daßin München eine große Revolution ausgebrochen, daß die Republik dort erklärt und das Haus (!) Richard Wagner's zerstört worden sei." Ein anderer Anschlag­zettel hatte in Paris verkündet, daß der Kronprinz von Preußen an einer Lungenentzündung lebensgefährlich darnieder liege. Dar­auf rechnet man mm und baut Hoffnungen, ebenso wie auf die große Südarmee", die zum Ersatz Bazaine's auf Metz heran­rücke, um dann vereint mit diesem gegen die Belagerer von Paris vorzngchen und diese, zwischen zwei Feuer gebracht, vernichte.

CHa umont, 3. Nov. Es haben in den letzten Tagen im Vogeseiidepanement wieder mehrere hitzige Gefechte mit größeren Banden von Franctirenrs stattgefnnden, in denen diese übrigens stets sehr entschieden von unseni Truppen zurückgeworfen wurden.

Altbreisach, 6. Nov. FortMortier"'hat 2 Uhr Nachts kapiluiirl.

Cuxhafen, 0. Nov. Nach Nachrichten aus Helgoland waren heute 10 Uhr nenn große feindliche Schiffe westlich in Sicht.

Berlin. (Offiziell). Am 5 Nov. sind zwei Ballons mit fünf Passagieren von preußischen Husaren abgefaugen und nach Versailles abgeliesert worden. Von der Armee vor Paris bis 5. Nov. Abends kein Zusammenstoß gemeldet.

Versailles, 7. Nov., Nachm. 1 Uhr 41 Min. In fünf­tägigen Verhandlungen mit Herrn Thiers ist demselben ein Waffen­stillstand aus Grundlage des militärischen Status qno von einer beliebigen Dauer bis zu 29 Tagen behufs der Vornahme der Wahlen, unter Gestattung derselben in den okkupirten Theilen Frankreichs wiederholt angeboten worden. Hr. Thiers war auch nach erneuerter Besprechung mit der Pariser Regierung nicht er­mächtigt, das eine oder andere anzunehmen, und verlangte vor Allem die Verproviantirnng von Paris, ohne ein militärisches Aequivaleut dafür bieten zu können. Da diese Forderung für die Deutschen militärisch unannehmbar war, erhielt Thiers gestern aus Paris die Weisung, die Verhandlungen abzubrechen.

Versailles, 7. Nov. Nach Privatmittheilungen aus Paris ist Favre und die Mehrzahl seiner Kollegen für die Wah­len und für den durch Thiers vermittelten Waffenstillstand ge­wesen. Trochu aber, der dagegen agitirte, hat seine Ansicht durchgesetzt.

Versailles, 7. Noo. Nachdem die französische Regierung durch Thiers erklärt hatte, das deutsche Angebot eines Waffen­stillstandes von beliebiger Dauer auf der Basis des militärischen 8tatus guo nicht annehmen zu können, schlug Bismarck vor, die Regierung von Paris und Tours'möge die Wahlen nach Belie­ben ausschreiben und den Termin mittheilen. Die deutschen Heere würden versprechen, auch ohne Waffenstillstand die Wahlen in den ganzen okkupirten Theilen Frankreichs zuzulassen und zu för­dern, und ihre Freiheit zu achten. Thiers hatte darauf eine Be­sprechung an der Vorpostenlinie mit Favre und Trochu, war aber, nach Versailles zurückgekehrt, nicht ermächtigt, den deutschen Vorschlag anzunehmen, hatte vielmehr Befehl, die Verhandlungen abzubrechen.

Bern, 7. Nov. In der Richtung von Montbeliard wurde gestern starker Kanonendonner gehört, deßgleichen in der Richtung von Belfort. Die Franzosen haben das Dorf Verclois theilweise eingeäschert. Die Bevölkerung flüchtete in Massen mit ihrer Habe nach der Schweiz. (S. M.)

. Durch die Kapitulation des Fort Mortier wird Neubreisach sich nun unmöglich länger halten können. Mit Belfort, Bitsch und Psalzdurg wird nun ohne Zweifel auch bald ein Ende ge­macht werden. Belfort ist seit dem 3. November eng cernirt.

Der in Metz in Gefangenschaft gerathene General Chan-

»