letzten Tagen bei verschiedenen unserer Vorposten, namentlich des 3. Korps (nordwestlich der Festung) gemeldet haben, haben die Nachricht milgebracht, daß die Mobilgarde, mit Fortsetzung der Nertheidigung unzufrieden, revoltirend dem Marschall Bazaine vor das Quartier gerückt sei, um ihn zur Uebergabe des Platzes zu bewegen, und daß der Marschall Bazaine zu seinem Schutze fünf Mitrailleusen vor seinem Palais habe ausfahren lassen. Die Lage in Metz wird als nicht länger haltbar bezeichnet. Krank­heiten und Proviantmangrl drängen zur Uebergabe oder zum Verlassen des Platzes. Selbst Brod soll nicht mehr vorhanden sein. Daß als Fleischspeise schon seit lange Pferdefleisch ohne Salz gereicht wurde, ist bekannt. Die in und vor der Stadt befindliche Kavallerie ist in Infanterie umgewandelt, weil die Pferde geschlachtet oder aus Futtermangel gefallen sind; nur ein Regiment (Garde-Chasseurs, wenn ich recht gehört habe) soll noch beritten, aber ebenfalls in der Auflösung begriffen sein.

Aus Paris, 17. Okt. wird dem Fr. I. gemeldet: Die Friedensverhandlungen zwischen Bazaine als Bevollmächtigtem der Rrgentin (?) und Versailles nehmen die allerbestimmteste Gestalt an. Die Stimmung verräth hier seit der Einnahme von Soissons die Sehnsucht nach Frieden. Die Sekretäre der amerikanischen Gesandtschaft Moor und Hofmann erhielten die Erlaubniß, die preußischen Linien zn passiren. Die France fordert ganz Frankreich zu Zeichnungen für Straß bürg auf.

Offiziell. Versailles, 20. Oktober. In der Nacht vom 19. zum 20. allarmirte der Feind vor Paris durch heftige Ka­nonade aus den Forts und wiederholte Vorstöße von Infanterie die preußischen Vorposten in der Gegend von Chevilly. Dies­seits keine Verluste.

Brüssel, 20. Okt. Aus Paris sind Nachrichten vom 14. d. eingelangt, wonach daselbst Mangel an frischem, sowie gesal­zenem Fleisch sich fühlbar zu machen beginnt und in Folge des­sen viele Pferde geschlachtet werden. (S. M.)

Offiziell. Versailles, 21. Okt. Heute Mittags wurde von den Franzose» ein Ausfall mit bedeutenden Kräften vom Mont Valerien aus unternommen, wobei etwa 40 Feldgeschütze waren. Durch die vorderen Abtheilungen der 9. und 10. In­fanteriedivision, sowie des 1. Gardclandwchrregiments, zuletzt unterstützt durch Artilleriefeuer des 4. Korps, vom rechten Ufer der Seine wurde der Ausfall unter den Augen des Königs sieg­reich zurückgeschlagen. Bis jetzt sind 100 Gefangene und 2 Feldgeschütze in unfern Händen. Diesseitiger Verlust verhältniß- mäßig gering.

Reims, 21. Okt. In Soissons Gefangene: 99 Of­fiziere, 4633 Manu, 128 Geschütze, 70,000 Granaten, 3000 Centuer Pulver, Kriegskaffe von 92,000 Franks.

Brüssel, 21. Ökt. Die hier eingetroffene France vom Dienstag meldet: Keratry erhielt eine Mission in Madrid. Bei der Nord armee (Rouen) befinden sich angeblich die Prinzen von Orleans. Dieselbe France kommt in den Betrachtungen ihres Leitartikels zum Ergebniß: Alle unsere dermaligen Maß­regeln hätten uns im Monat August Siegesgewißheit gegeben, jetzt aber ist esZu spät." (S. M.)

Berlin, 22. Okt. Vor Paris ist nunmehr eine halbe Million Zentner Munition, namentlich Wurfgeschosse, aufgehäuft.

Brüssel, 22. Okt. Die Jnd6peiidance will wissen, General Boyer sei aus Metz hier eingetroffen und Nachmittags nach Eng­land weiter gereist. Das Blatt fügt hinzu: Es heißt, der Ge­neral sei mit einer Botschaft an Eugenie betraut.

Die Nachricht von der Ankunft des Generals Boyer aus Metz in Versailles und von den Besprechungen, die er mit dem Grasen Bismarck gehabt hat, nimmt, wie zu erwarten war, das allgemeine Interesse augenblicklich am meisten in Anspruch. Die Menge der auftauchenden Gerüchte ist um so größer, je weniger man von dem Inhalt der schwebenden Unterhandlungen etwas weiß. Der Umstand, daß sie durch den Bundeskanzler geführt wurden, läßt vermuthen, daß sie nicht lediglich militärischer Natur sind, sondern politische Momente dabei in Frage kommen, und so bietet sich ein ergiebiges Feld für allerlei Kombinationen. Bis jetzt haben indeß die hier umherschwirrenden Gerüchte noch keine thatsächliche Bestätigung erfahren.

Orleans ist noch immer von den Preußen besetzt, welche sich aller öffentlichen Anstalten der Stadt, der Post, der Bank, des Generalsteueramts und der Präfektur bemächtigt und eine eigene Verwaltung eingesetzt haben; der Präfekt Prereira ist Ge­fangener in seinen Zimmern und Msgr. Dupanloup hat in seinem Palaste einen Beamten vor der Thüre. Die der Stadt aufer­legte Summe betrug Anfangs 4 Millionen, wurde aber in Folge von Unterhandlungen auf 2 Millionen ermäßigt, die gestern, den 16. Okt., bezahlt werden sollten, abgesehen von den übrigen Re­quisitionen und der Ausleerung mehrerer Magazine.

Wie es heißt, hat sich Gambetta vorzugsweise deßhalb in die Vogesen begeben, um die französischen Generale, welche dort befehligen, von ihrem sehr deutlich ausgedrückten Wider­willen gegen die Waffenbrüderschaft Garibaldi's zurückzubrin­gen. Die Aktien Gambetta's sind übrigens in den Departements bedeutend gefallen, seitdem es sich herausgestellt hat, daß sein

famoses Kriegsbulletin, worin er mittheilte, daß die deutschen Truppen aus allen ihren Stellungen vor Paris vertrieben wor­den seien, eine Erfindung war und zum Zwecke hatte, die Ent- muthigung abznschwächen, welche in Tours und im mittleren Frank­reich die Nachricht von dem siegreichen Marsche der Deutschen gegen die Loire hervorgerufen hatte.

Um die deutschen Feldposten gegen die Angriffe der Frei­schützen sicher zu stellen, hat der Etappenkommandant Oberst v. Blücher jetzt die Anordnung getroffen, daß in jedem Abgangs­orte der Maire dieses Ortes den Postwagen besteigen und den­selben bis zur nächsten Haltstelle begleiten muß. Seitdem ist keine Post mehr aufgehoben oder beschossen worden.

Garibaldi hat am 14. Oktober in Dole folgenden Tages­befehl erlassen:Französische Republik. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Armee der Vogesen. Freiwillige, Freischützen und Mobilgarden! Ich habe das Kommando der für die National- vertheidigung formirten Korps übernommen. Preußen weiß, daß es jetzt auch mit der Nation in Waffen zu thun hat. Ich richte keine langen Worte an Euch. Ich verweise Euch auf die Instruktionen, die Euch in Euer» Operationen gegen den An­greifer und geborenen Feind der Republik als Regel dienen. Ich zähle auf Euch, Ihr könnt auf mich zählen."

lieber den Eindruck, welchen die Ankunft Garibaldis in Frankreich auf die besitzenden Klassen machte, wird dem Daily Telegr. aus Amiens geschrieben:Die Nachricht von Garibaldis Erscheinen kam am Montag nach Amiens, und die Hoffnungen, welche durch die Nachricht von einigen kleinen, angeblich glücklich abgelaufenen Tressen erregt worden waren, sanken im Augenblick tiefer als jemals. Vielen enthusiastischen Engländern, welche Garibaldi als einen Helden betrachteten, der den Sieg in der Tasche mit sich führe, mag dies seltsam erscheinen, aber ich gestehe, daß die Franzosen ausnahmsweise einmal logisch verfahren, wenn sie den Eintritt Garibaldis in ihre Reihen als einen unheilvollen Zuwachs an- sehen. Der Name Garibaldi's, sagen sie, wird sich als ein Fluch für unsere Sache erweisen. Er wird ein Gefolge von 500 - 600 Mann heran­ziehen, aber alle Vendeer, Bretagner, und jeden aufrichtigen Katholiken Frankreichs der Sache des Landes abwendig machen.Es ist zu Ende, Gott ist gegen uns", sagte mir gestern ein französischer Offizier, ein Pro­testant. Und ein anderer Franzose, dessen Name in der Literatur nicht unbekannt ist, bemerkt:Wir sind jetzt gewiß, einen jahrelangen Bürger­krieg zu bekommen. Was, um Himmels Willen, bewog die Regierung, die Dienste dieses Mannes anzunehmen? Er wird der Mittelpunkt für die Revolutionäre und die Rothen von Marseille und Lyon werden, und jeder Franzose, der etwas zu verlieren hat, wird für sein Leben und Eigenthum zittern müssen. Weit bester noch, daß Preußen über Frank­reich herrsche, als daß wir ein Schreckensregiment bekommen."

Eine preußische Patrouille fand vor etwa 8 Tagen in einem der Wälder von Meudon einen Mann vom 7. preuß. Jnf.-Reg., an einem Baum gebunden, todt, mit einem Sperrholze zwischen den Zähnen, Hirnschale und Brustkasten mit einem stumpfen In­strumente, wahrscheinlich einem Knittel, zerschmettert. Da sich bei näherer Untersuchung des Unglücklichen auch eine Schußwunde vorfand, so sind manche zu glauben geneigt, daß nur eine scheuß­liche Leichenschändung stattgefunden hat. Wie sehr übrigens eine einzige solche Unthat unsere Soldaten gegen die ganze Bevölke­rung erbittert und daher das Loos der Einwohner verschlimmert, braucht man nicht besonders herorzuheben.

Vertrauliche Mittheilung eines Soldaten des 9. Bataillons von der 5. Division der schweizer. Armee: Den 17. Septbr. d. I. hat einer der tüchtigsten eidgenössischen Offiziere, H. Oberst Trümppi, welcher vor drei Wochen auf dem Kriegsschauplatz die Kriegsmanövers der deutschen Truppen beobachtete, Bataillon 9 von der 5. Division ungefähr mit folgenden Worten verabschiedet: Soldaten: Offiziere und Unteroffiziere! Mit eurem Muthe und eurer Willigkeit bin ich zufrieden, jedoch fehlt es bei euch gänz­lich an der rechten Führung, am Geiste streng militärischer Ord­nung und Disciplin. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich euch erkläre, daß ihr hinter der deutschen Armee, deren Kriegsmanö­vers ich in der letzten Zeit beigewohnt habe, weit zurücksteht. Bei euch geht es nicht so am Schnürchen, wie bei jenen. Dort war eS nicht so, wie bei euch, wo das halbe Bataillon oft 10 Schritte voraus, das andere 10 Schritte hinterdrein marschirt. Auch sollte vom Obersten bis zum Untersten das Militärwesen besser orga- nisirt sein, sonst sind wir verloren, wenn wir mit Feinden zu kämpfen haben. Gott schütze unser Vaterland!

Von der württemb. Felddivision schreibt ein Soldat, seines

Zeichens ein Gerber, aus Noisiel, 16. Okt.Wie du

siehst, bin ich wieder hier, aber Gott sei Dank nicht als Kran­ker , sondern um den Weißgerber zu machen. Unser Regiment hat nämlich über 200 Schafe requirirt. Um die Felle nicht zu Grunde gehen zu lassen, wurde ich befragt. Ich sagte unserm Herrn Oberst, daß die Sache schon zu arrangiren wäre, und er­hielt sodann den Auftrag, die Schaffelle weiß zu gerben. Wir sind bis jetzt schon so weit, daß wir 70 Stücke gegerbt und die nächste Woche schon damit anfangen können, fertig zu machen. Was man alles nicht werden kann, im Felde 16 Kilometer von Paris als Belagerer und Schaffellgerber, um den Kranken im Spital und Regiment Fußteppiche und Wärmehalter zu machen. Da werden die Franzosen noch vielmals davon sprechen, wenn wir deutsche Soldaten so in aller Ruhe und Gemüthlichkeit neben­her noch solche Sachen machen und unser Handwerk wie in Frie­denszeiten treiben!